Werner Heldt

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Felix Martin Werner Heldt (* 17. November 1904 in Berlin-Mitte; † 3. Oktober 1954 in Sant’Angelo, Ischia) war ein deutscher Maler, Essayist und Lyriker.

Seine Kindheit verbrachte Heldt im Pfarrhaus der Berliner Parochialkirche, an der sein Vater Karl Martin Paul Heldt (1867–1933) Pfarrer war. Sein erster Berliner Vorfahr war bereits unter dem Großen Kurfürsten nach Berlin gekommen.[1] Die Mutter, Charlotte Helene Friederike Lucie Heldt, geb. Weber (1867–1947), hatte hugenottische Vorfahren.[2] Heldt, dem diese lange Berliner Familientradition viel bedeutete, wuchs im alten Berlin in der Gegend zwischen Kloster-, Waisen- und Neuen Friedrichstraße auf. Nach dem Abitur 1922 am Gymnasium zum Grauen Kloster besuchte er von 1923 bis 1924 die Kunstgewerbeschule in Berlin. Von 1925 bis 1930 studierte er an der Hochschule für die bildenden Künste in Charlottenburg.[3] Zu dieser Zeit freundete er sich mit Heinrich Zille (seinem damaligen Vorbild) an. Heldt war homosexuell,[4] hoffte aber, angesichts der elterlichen Moralvorstellungen, eine „normale Existenz“ aufbauen zu können. Seine Hoffnungen zerschlugen sich, als 1929 seine Freundin „Lo“ bei einem Unfall starb und seine bis dahin „glückliche Zeit“ abbrach. Bis zu seinem Tod litt er unter der damals aufgebrochenen Wunde.[5] Lo taucht in späteren Arbeiten wiederholt auf. Heldt quälten von nun an Depressionen – bis 1933 war er deswegen psychiatrischer Behandlung.[4]

Im Frühjahr 1933, kurz nachdem die Nationalsozialisten die Macht übernommen hatten, beschloss Heldt, Deutschland zu verlassen und flüchtete nach Mallorca. Im Herbst 1933 starb sein Vater. „Unfähig nach Berlin zurückzukehren, verzehrt er sich in Selbstvorwürfen und erlebt die geistige Lähmung nun auch physisch. Er kann den rechten Arm nicht mehr bewegen, was ihm auch später mehrmals widerfahren wird.“[6] 1936 kehrte er nach Berlin zurück[7], wo er ein Atelier in der Ateliergemeinschaft Klosterstraße erhielt. Er wurde obligatorisch Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste und konnte sich an einigen Ausstellungen beteiligen.

1940 wurde er in die ihm verhasste Wehrmacht einberufen[8] und kam zur Flugabwehr nach Westeuropa.[9] Ende 1945 geriet er in britische Kriegsgefangenschaft und kehrte anschließend nach Berlin zurück, wo er im Sowjetischen Sektor wohnte.[10] Das Jahr 1947, in dem er sehr erfolgreich war, endete für Heldt mit zwei Schicksalsschlägen. Seine Mutter starb im Herbst und eine gute Freundin nahm sich das Leben.[11] Im Frühling 1948, kurz vor Beginn der Berlin-Blockade, wechselte Heldt nach West-Berlin in den Britischen Sektor,[12] wo er zunächst als Untermieter bei dem Kunsthistoriker Fritz Hellwag wohnte.[13]

Die Gesundheit Heldts, der seit langem trank,[14] verschlechterte sich sehr. Nach einer kurzen Besserung konnte Heldt im Sommer 1954 nach Ischia reisen,[15] wo er seinen Freund und Malerkollegen Werner Gilles besuchte, den er bereits 1939 in der Berliner Ateliergemeinschaft Klosterstraße kennengelernt hatte.[16] Geplagt von anhaltenden Todesahnungen erlag er am 3. Oktober 1954 einem Schlaganfall.[17] Sein Grab befindet sich in Sant’Angelo, Ischia.

Heldt begann als Autodidakt. 1922 entstanden erste Arbeiten mit Szenen aus dem alten Berlin und religiösen Motiven. In dieser Zeit war der Einfluss Zilles spürbar.[18] Die nächste maßgebliche Entwicklung nach seinem Studium war sicherlich der Parisreise 1930 geschuldet: In der Folge der Begegnung mit Maurice Utrillo, entstanden zahlreiche Arbeiten. Das Werkverzeichnis zählt allein für 1930 80 Arbeiten. Dagegen folgten in der Zeit zwischen 1931 und 1933 nur zwölf Arbeiten.[19] Die für das weitere Werk typischen Motive tauchten bereits hier auf: Stadtansichten, Fensterbilder, Kirchtürme, Brandmauern und Berliner Häuser, in denen er sein Schicksal zwischen Exil und innerer Emigration verarbeitet.[20]

Während des Weltkrieges half ihm die Stationierung in Westeuropa, den Kontakt zur Moderne zu halten. So kaufte er sich 1942 Reproduktionen von Werken Picassos wie beispielsweise Guernica[21] und konnte 1942 in Belgien den 82-jährigen James Ensor sprechen.[22] In seinem Tagebuch und in Briefen tauchten nun die Motive der späteren Arbeiten auf: das zerstörte, in einem (Trümmer-)Meer stehende Berlin, menschenleere Straßen, Gitarren.

1947 berichtete Heldt auf einer Ausstellungseröffnung, dass die Bilder eines Freundes 1937 in der Ausstellung Entartete Kunst neben denen eines Wahnsinnigen gehangen hatten. Die Unterschrift lautete damals Was ist der Unterschied? Heldt betonte nicht die Unterschiede, sondern die Gemeinsamkeiten beider Formen der Kreativität. Heldt war 1929 auf Bildnerei der Geisteskranken gestoßen – mit Werken, die heute Teil der Sammlung Prinzhorn sind und wies auf die große Wirkung hin, die das Buch auf den französischen Surrealismus gehabt hatte (vergleiche Schmied[23]).

Bereits 1946 und 1947 konnte er in Berlin seine Arbeiten erstmals nach dem Krieg vorstellen.[24] 1947 entstanden in einem kurzen Rausch 120 Bilder und das Berliner Bürgertum zeigte nun großes Interesse an Heldt, der witzig und geistreich sein konnte. Heldt erwiderte das Interesse jedoch nicht.

1950 nahm er den Berliner Kunstpreis an, während er Angebote einer Professur mehrmals ausschlug.[25]

In den letzten vier Jahren vor seinem Tod verschlechterte sich Heldts Gesundheit und es entstanden nur wenig mehr als hundert Bilder.[26] Nun zeigten seine Bilder auch flächige Bauten und ungegenständliche Figuren im Stadtbild.

Einige seiner Werke wurden posthum auf der Kasseler documenta 1 (1955), der documenta II im Jahr 1959 sowie auf der Großen Kunstausstellung München 1963 im Haus der Kunst[27] gezeigt.

Werner Heldt war Mitglied im Deutschen Künstlerbund.[28]

Heldt als Essayist

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Neben seiner Arbeit als Maler und Zeichner, verfasste Heldt Gedichte und Essays.

Zu den bekanntesten Essays gehören:

  • Von Baudelaire bis Picasso, 1929 begonnen.[29]
  • Einige Beobachtungen über die Masse, 1927 begonnenen und 1935 beendet, der längste Aufsatz Heldts.[30]

Öffentliche Sammlungen mit Werken Heldts (unvollständig)

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Ausstellungen (unvollständig)

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Sicher belegte Teilnahme an Ausstellungen in der Zeit des Nationalsozialismus

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  • 1938: Hamburg, Hamburger Kunsthalle („Kunstausstellung“ der NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude)
  • 1938: Rostock, Städtisches Kunst- und Altertumsmuseum („Ausstellung der Ateliergemeinschaft Klosterstraße“)
  • 1939: Hannover („107. Große Frühjahrsausstellung“ des Kunstvereins Hannover)
  • 1939: Berlin („ Die Ateliergemeinschaft Klosterstraße“)

Ausstellungen nach 1945

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  • 1948: „150 Jahre soziale Strömungen in der bildenden Kunst“, Dresden[33]

Werner Heldt nahm an den ersten vier Jahresausstellungen des Deutschen Künstlerbundes[34] teil:

postum:

  • Wieland Schmied (Hrsg.): Werner Heldt. Oeuvre-Katalog der Bilder von Heldt 1920–1954. Kestner-Gesellschaft, Hannover, 8. März bis 7. April 1968. Hannover 1968.
  • Wieland Schmied: Werner Heldt. Mit einem Werkkatalog von Eberhard Seel. DuMont, Köln 1976.
  • Christos M. Joachimedes, Norman Rosenthal, Wieland Schmied (Hrsg.): German Art in the 20th Century. Painting and Sculpture 1905–1985. Royal Academy of Fine Arts, London, 11. Oktober bis 22. Dezember 1985. Prestel-Verlag u. a., München u. a. 1985, ISBN 3-7913-0743-6.
  • Berlin am Meer. Edition Brusberg, 1987, ISBN 3-87922-060-6.
  • Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. Kunsthalle Nürnberg, 2.12.1989 – 11.2.1990; Berlinische Galerie, Museum für Moderne Kunst, Photographie und Architektur, 23.2. – 15.4.1990; Kunsthalle Bremen, 25.5. – 8.7.1990. Mit Beitr. von Annie Bardon. 2. Auflage. Nicolaische Verl.-Buchh. Berlin 1990, ISBN 3-87584-289-8.
  • Jörg Deuter: Das verkehrte Bild: zur Revision einer Ikone. Werner Heldts „Tote Krähe am Fenster“, das Programmbild der Kriegsgefangenschaft. In: Kevin E. Kandt, Hermann Vogel von Vogelstein (Hrsg.): Aus Hippocrenes Quell’. Festschrift Gerd-Helge Vogel. Berlin 2011, S. 230–252.
  • Jörg Deuter: Kriegsgefangener – Kahlschlagmaler – Anti-Held. In: ders.: Festschrift Matthias Koeppel zum 85. Geburtstag. Buchholz 2022, ISBN 978-3-933-077-66-0.
  • Verena Hein: Werner Heldt (1904–1954). Leben und Werk. utzverlag, München 2016, ISBN 978-3-8316-4413-1.
  • Kristine Haarmann: „Wie man träumt, so soll man malen.“ Der Berliner Malerpoet Werner Heldt (= Kommunikation & Kultur. Band 9). Tectum, Baden-Baden 2017, ISBN 978-3-8288-3713-3.
  • Irmgard WirthHeldt, Werner. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 467 f. (Digitalisat).

Einzelnachweise

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  1. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 11.
  2. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 10.
  3. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 12.
  4. a b Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 14.
  5. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 61.
  6. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 35.
  7. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 39.
  8. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 41.
  9. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 40.
  10. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 49.
  11. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 52.
  12. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 51.
  13. Verena Hein: Werner Heldt. 2016, S. 54.
  14. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 60, 61.
  15. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 62/63.
  16. Werner Heldt hatte von Herbst 1936 bis Februar 1945 in der Klosterstraße 75 den Atelierraum Nr. 112, s. Kurzvita Heldt, Werner, in: Ateliergemeinschaft Klosterstraße – Berlin 1933–1945. Künstler in der Zeit des Nationalsozialismus, Akademie der Künste (Edition Hentrich), Berlin 1994. ISBN 3-89468-134-9
  17. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 63.
  18. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 32 und 73.
  19. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. Werner Heldt. 1990, S. 32–33.
  20. Martin Schieder: Berlin im Bilde seines Wesens. Werner Heldts Stadtlandschaften. In: Berlin im Kopf – Arbeit am Berlin-Mythos. Exil und Innere Emigration 1933 bis 1945, hrsg. von Hermann Haarmann, Berlin 2008, S. 44–57.
  21. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 44.
  22. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 45.
  23. Wieland Schmied: Werner Heldt. 1976, S. 90.
  24. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 50 f.
  25. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 59.
  26. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 60.
  27. Grosse Kunstausstellung München 1963. Süddeutscher Verlag München, offizieller Ausstellungskatalog 1963, S. 182; Abb. S. 226.
  28. kuenstlerbund.de: Ordentliche Mitglieder des Deutschen Künstlerbundes seit der Gründung 1903 / Heldt, Werner (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kuenstlerbund.de (abgerufen am 19. August 2015)
  29. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 31.
  30. Lucius Grisebach (Hrsg.): Werner Heldt. 1990, S. 32 (dort S. 17–31 teilweise abgedruckt).
  31. Recherche | Staatliche Museen zu Berlin. Abgerufen am 18. Dezember 2023.
  32. Stale Session. Abgerufen am 18. Dezember 2023.
  33. digital.slub-dresden.de
  34. kuenstlerbund.de: Archiv seit 1950 / Ausstellungen (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kuenstlerbund.de (abgerufen am 19. August 2015)
  35. Schloß Gottorf in der Galerie der Klassischen Moderne (Memento vom 2. Februar 2008 im Internet Archive)