August Heinrich von Seckendorff

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Freiherr August Heinrich Eduard Friedrich von Seckendorff (aus der Rinhofer Hauptlinie) (* 13. Februar 1807; † 30. Dezember 1885 in Leipzig) war ein deutscher Jurist.

Von Seckendorff studierte in Bonn Jurisprudenz, promovierte dort 1826 und trat 1830 in den preußischen Staatsdienst ein. Als rheinischer Jurist war er unter anderem beim Justizamt in Ehrenbreitstein und beim Appellationsgericht in Köln, dem Vorgänger des Oberlandesgerichts Köln, als Richter tätig. Er wurde dann Staatsprokurator in Trier, später Oberprokurator in Köln. 1856 ernannte man ihn zum Mitglied des Obertribunals in Berlin und 1871 zum Generalprokurator am Appellationsgericht in Köln. 1849–1851 vertrat er einen rheinischen Wahlbezirk in der Zweiten Kammer des preußischen Landtags.

Sein bedeutendster Prozess war der Kölner Kommunistenprozess 1852. Dieser Prozess ging auf eine Idee Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen zurück. Er selbst gab im Fall des Bundes der Kommunisten das Ziel in einem Schreiben an Ministerpräsident Otto Theodor von Manteuffel vom 11. November 1850 vor: Aufgabe müsse es sein, mit allen Mitteln „das Gewebe der Befreiungsverschwörung“ auszuspionieren. Dem „preußischen Publikum“ solle das „ersehnte Schauspiel eines aufgedeckten und (vor allem) bestraften Komplotts“ gegeben werden.[1] Alle Angeklagten wurden beschuldigt „im Laufe der Jahre 1848, 1849, 1850 und 1851 zu Köln ein Komplott gestiftet zu haben, dessen Zweck war, die Staatsverfassung umzustürzen und die Bürger und Einwohner gegen die königliche Gewalt und gegeneinander zur Erregung eines Bürgerkrieges zu bewaffnen. Verbrechen gegen Art. 87,[2] 89[3] und 91[4] des Rheinischen und § 61 Nr. 2[5] und § 63[6][7] des Strafgesetzbuches für die preußischen Staaten.“[8] Er beantragte für sieben Angeklagte zwischen acht und drei Jahren Festungshaft, Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte und zur Tragung der Prozesskosten.[9] Die beiden Staatsprokuratoren von Seckendorff und Otto Saedt wurden unmittelbar nach dem Ende des Prozesses vom König Friedrich Wilhelm IV. persönlich mit dem roten Adlerorden „dritter Klasse mit Schleife“ bzw. „vierter Klasse“ ausgezeichnet.[10] Karl August Varnhagen von Ense urteilte über den Prozess:

„Niederschlagende Nachricht aus Köln! […] Ein schändliches, ganz ungerechtes Urtheil! Die Regierung hat abscheulich alles dazu vorbereitet, anderthalbjährige Untersuchungshaft gebraucht, die Geschworenen ernannt, Schelmenstück veranlaßt etc. – Und ein solcher – wie Stieber geht frei umher, darf sich brüsten Belohnung zu fordern, während die besten Männer im Kerker schmachten! […] Alle Rechtskundigen hier und im Rheinland waren überzeugt, die Angeklagten könnten nach den jetzt geltenden Gesetzen nicht verurtheilt werden.“[11]

Mit Errichtung des Reichsgerichts am 1. Oktober 1879 wurde er als Oberreichsanwalt an die Spitze der Reichsanwaltschaft berufen. 1884 vertrat er die Anklage gegen den Anarchisten August Reinsdorf.

Er starb am 30. Dezember 1885 in Leipzig.

Sein Sohn war Rudolf von Seckendorff, der von 1905 bis 1920 Präsident des Reichsgerichts war.

  • De capitis deminutione minima. DuMont-Schauberg, Köln 1828 (Dissertatio ab ill. Ictorum Bonnensium ordine a. MDCCCXXVI. una cum altera ejusdem argumenti praemio ornata) Digitalisat
  • S[alo]. Werner: Der Anarchisten-Prozess Reinsdorf und Genossen verhandelt vor dem. 2. und 3. Strafsenat des Reichsgerichts zu Leipzig vom 15. bis 22. Decbr. 1884. Verlag der Leipziger Gerichts-Zeitung. Werner & Comp., Leipzig 1885.
  • Seckendorff, August Heinrich Eduard Friedrich, Freiherr von. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. gänzlich umgearb. Aufl. Bd. 14. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, S. 796
  • Karl Bittel: Der Kommunistenprozeß zu Köln 1852 im Spiegel der zeitgenössischen Presse. Hrsg. und eingeleitet. Rütten & Loening, Berlin 1955
  • Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band XIII, Band 128 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 2002, ISSN 0435-2408

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Faksimile Karl Bittel S. 17, Text S. 18.
  2. „Attentate oder Verschwörungen gegen das Leben und die Person der zu Familie des Landesherrn gehörigen Glieder; desgleichen solche Attentate oder Verschwörungen, deren Zweck dahin geht, entweder die bisherige Staatsverfassung oder Thornfolge umzustürzen oder zu verändern oder die Bürger und Einwohner des Staats anzureizen, sich gegen die landesherrliche Macht zu bewaffnen, werden mit der Todesstrafe und der Confiscation des Vermögens geahndet.“ (Rheinisches Straf-Gesetzbuch nach der von den französischen Gouvernement angeordneten offiziellen deutschen Uebersetzung. C. M. Schüller, Crefeld 1836, S. 19)
  3. „Eine Verschwörung ist vorhanden, sobald der Beschluß zur That von zwei oder mehreren Personen verabredet wurde, wenn es gleich noch nicht bis zum wirklichen Attentat gekommen ist.“ (ebenda S. 20.)
  4. „Ein Attentat oder eine Verschwörung, deren Zweck dahin geht, entweder einen Bürgerkrieg durch Bewaffnung der Bürger oder Einwohner des Staats gegen einander, oder durch Anreizung dazu, zu erregen, oder auch Verheerung, Blutvergießen und Plünderungen in eine oder mehrere Gemeinden zu bringen, soll mit der Todesstrafe belegt und das Vermögen confiszirt werden.“ (ebenda)
  5. „Hochverrath- und Landesverrath. Ein Unternehmen, welches darauf abziehlt die Thronfolge oder die Staatsverfassung gewaltsam zu ändern.“ (Strafgesetzbuch für die preußischen Staaten. Nebst Einführung desselben. Vom 14. April 1851. Decker, Berlin 1851, S. 20.)
  6. „Haben zwei oder mehrere Personen die Ausführung eines hochverrätherischen Unternehmens verabredet ohne daß es von zum Beginn der in § 62 bezeichneten Handlung gekommen ist, so soll sie die Straf von fünfjährigem bis lebenslänglichen Zuchthaus treffen.“(ebenda, S. 21)
  7. „§ 62 Als ein Unternehmen, durch welches das Verbrechen des Hochverraths vollendet wird, ist eine solche Handlung anzunehmen, durch welches das verbrecherische Vorhaben unmittelbar zur Ausführung gebracht werden soll.“ (ebenda, S. 21)
  8. Karl Bittel, S. 48.
  9. Karl Bittel, S. 298.
  10. Justiz Ministerial-Blatt für die Preußische Gesetzgebung und Rechtspflege. Decker, Berlin 1853. 15. Jg. Nr. 5 vom 28. Januar 1853, S. 46 und 47.
  11. Aus dem Nachlaß Varnhagen's von Ense. Tagebücher von K. A. Varnhagen von Ense. Bd. 9. Hoffmann & Campe, Hamburg 1868, S. 411.Online