Bibliothèque nationale et universitaire de Strasbourg

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Bibliothèque nationale et universitaire de Strasbourg

Die Bibliothèque nationale et universitaire de Strasbourg (BNUS; deutsch National- und Universitätsbibliothek von Straßburg) in Straßburg ist mit über drei Millionen Medieneinheiten die zweitgrößte Sammlung Frankreichs nach der Bibliothèque nationale de France in Paris. Sie ist Pflichtexemplarsbibliothek für die Region Elsass und Universitätsbibliothek der Universität Straßburg.

Die Sondersammlungen, die seit 1872 neu aufgebaut wurden, umfassen rund 6900 Handschriften, davon etwa 700 aus dem Mittelalter[1], darunter Codices mit Schriften von Heinrich Seuse, Meister Eckhart und Johann Tauler. Unter den 2098 Inkunabeln finden sich Exemplare aus den Offizinen Straßburger Drucker wie Heinrich Eggestein, Johannes Mentelin und Hans Grüninger.[2]

Historisches Exlibris der Straßburger Universitätsbibliothek von 1871[3]

Die deutsche Zeit (1870–1918)

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Im August 1870 wurde im Deutsch-Französischen Krieg die Straßburger Stadtbibliothek im Temple Neuf vollständig zerstört. Der Donaueschinger Hofbibibliothekar Karl August Barack rief zu Bücherspenden zum Wiederaufbau der Bibliothek auf und hatte damit enormen Erfolg. Bis zur Eröffnung der Bibliothek waren 120.000 Geschenke zusammengekommen. Die Bibliothek wurde am 9. August 1871 im Palais Rohan als Universitätsbibliothek eröffnet, Barack wurde als Bibliotheksdirektor berufen. Im Juni 1872 erhielt die Bibliothek den Namen Universitäts- und Landesbibliothek. Die Einrichtung wurde vom Deutschen Kaiserreich massiv gefördert und mit einem hohen Erwerbungsetat ausgestattet. Die Bestände überschritten 1913 die Millionengrenze.

Das Gebäude wurde von 1889 bis 1894 nach Entwürfen der Architekten August Hartel und Skjøld Neckelmann im Zentrum der Neustadt am Kaiserplatz (heute Place de la République) im Stil des Historismus nach Vorbildern der italienischen Renaissance errichtet. Die Baukosten betrugen 1,4 Mio. Reichsmark, die Kosten für die Inneneinrichtung beliefen sich auf 285.000 Reichsmark. Als erstes Bibliotheksgebäude wurden hier so genannte „Lipman-Regale“ eingebaut. Am 29. November 1895 wurde das neue Bibliotheksgebäude offiziell eingeweiht.

Nach Baracks Tod 1900 übernahm Julius Euting die Leitung der Bibliothek, die unter seiner Leitung eine der führenden Orientalistikbibliotheken der Welt wurde. 1901 erwarb man eine Sammlung von 2000 Papyri und 2000 Ostraka. 1905 wurde mit dem Nachlass des Rassentheoretikers Graf Joseph Arthur von Gobineau die größte Sondersammlung in der Geschichte der Bibliothek erworben. 1909 ließ Euting sich mit 70 Jahren pensionieren.

Nachfolger Eutings wurde Georg Wolfram (1858–1940), der zuvor Kaiserlicher Archivdirektor in Metz gewesen war. Unter seiner Leitung wuchsen Personal, Geldmittel und Bestand der Bibliothek.

Im Ersten Weltkrieg wurde die Bibliothek zunächst geschlossen, wertvolle Bestände wurden feuersicher untergebracht, da man die Belagerung Straßburgs erwartete. Die Bibliothek tat sich besonders hervor durch den Aufbau von Lazarettbibliotheken, die zum Teil auch mit Dubletten der Bibliothek aufgebaut wurden. Nach Kriegsende übertrug der „Elsässische Nationalrat“ am 20. November 1918 die Leitung der Bibliothek an den altelsässischen Oberbibliothekar Karl Klein. Die 21 altdeutschen Beamten der Bibliothek wurden nach Deutschland ausgewiesen.

Die französische Zeit von 1918 bis 1940

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Im Februar 1919 übertrug man die Leitung dem jungen französischen Bibliothekar Ernest Wickersheimer (1880–1965), sie trug nun den Titel „Bibliothèque universitaire et régionale“ und wurde den französischen Universitätsbibliotheken gleichgestellt. Nach französischem Muster wurde die Aufstellung der Bestände nun von einer systematischen zu einer Aufstellung nach Numerus Currens (innerhalb systematischer Großgruppen) geändert. Die Kataloge wurden öffentlich zugänglich und in der Organisation der Bibliothek wurden verschiedene Abteilungen gebildet. Als zweitgrößte Bibliothek Frankreichs und in Anlehnung an den „ancien statut allemand“ erhielt die Bibliothek 1926 ihre bis heute gültige Bezeichnung „Bibliothèque Nationale et Universitaire“. Besonderer Sammelschwerpunkt war die Literatur aus und über Deutschland.

Die Bibliothek im Zweiten Weltkrieg

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Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs überführte man sämtliche ca. 1,5 Millionen Bände sowie die Kataloge ab Anfang September 1939 nach Clermont-Ferrand. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen wurde der Leiter der Stadtbibliothek Colmar, Franz Albert Schmitt (1895–1967; auch: Schmidt-Leinen und Schmitt-Claden sowie als Pseudonym: P.(aul) M.(aria) Morand Claden) am 10. Juli 1940 als kommissarischer Leiter der nun wieder so bezeichneten Universitäts- und Landesbibliothek Straßburg eingesetzt. Auf Weisung der Deutschen wurden die Bibliotheksbestände von Mitte März bis Oktober 1941 wieder nach Straßburg zurücktransportiert, die Bibliothek kam in den Verantwortungsbereich des Reichserziehungsministeriums. Im Mai 1941 wurde Karl-Julius Hartmann zum kommissarischen Leiter der Bibliothek bestellt, der gleichzeitig Direktor der Universitätsbibliothek Göttingen blieb.

Das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Intérieur wurde von 1951 bis 1956 nach funktionalen Gesichtspunkten wiederaufgebaut.

  • Henri Dubled: Histoire de la Bibliothèque Nationale et Universitaire de Strasbourg. 2. Auflage, Straßburg 1973.
  • Peter Borchardt: Die deutsche Bibliothekspolitik im Elsaß. Zur Geschichte der Universitäts- und Landesbibliothek Straßburg 1871–1944. In: Paul Kaegbein und Peter Vodosek (Hgg.): Staatliche Initiative und Bibliotheksentwicklung seit der Aufklärung. Wiesbaden: Harrassowitz 1985 (Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens 12), S. 155–213.
  • Volker Wittenauer: Die Bibliothekspolitik der Bibliothèque Nationale et Universitaire de Strasbourg, dargestellt am Projekt der Retrokonversion des Zettelkatalogs der deutschen Zeit (1870–1918). Heidelberg 2005. (online; enthält einen Abriss der Geschichte der Bibliothek).
  • Christophe Didier: Die neue BNU (übersetzt von Katja Selmikeit). In: WLB-forum, Jg. 17 (2015), Heft 1, S. 13–15 (Digitalisat).
  • Christophe Didier: Irrungen und Wirrungen eines Kulturdenkmals: der Sonderfall Kaiserliche Universitäts- und Landesbibliothek - Bibliothèque nationale et universitaire de Strasbourg. In: Klaus Gereon Beuckers (Hrsg.): Bibliotheksarchitektur um 1900. Die Kieler Universitätsbibliothek von Gropius und Schmieden im Kontext europäischer Bibliotheksbauten (= Kieler kunsthistorische Studien, N.F., Bd. 20). Ludwig, Kiel 2020, S. 183–208, ISBN 978-3-86935-379-1.
  • Offizielle Website
  • Eintrag bei Calames (Catalogue en Ligne des Archives et des Manuscrits de l’Enseignement Supérieur) zu den Handschriften der Bibliothek

Einzelnachweise

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  1. Seite der Handschriftenabteilung (Memento des Originals vom 12. März 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bnu.fr
  2. Seite der Inkunabelabteilung (Memento des Originals vom 4. August 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bnu.fr
  3. Aus: Hannes Obermair: „Hye ein vermerkt Unser lieben frawn werch ...“: Das Urbar und Rechtsbuch der Marienpfarrkirche Bozen von 1453/60. Hrsg.: Stadtarchiv Bozen (= bz.history. Nr. 2). Stadtgemeinde Bozen, Bozen 2005, S. 30.

Koordinaten: 48° 35′ 14″ N, 7° 45′ 21″ O