Carl Christoph von Lengefeld

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Carl Christoph von Lengefeld (* 15. Mai 1715 in Rudolstadt; † 3. Oktober 1775 ebenda) war deutscher Forstmeister, Pionier der Forstwissenschaft, Vater der Schriftstellerin Karoline von Wolzogen und von Charlotte Schiller sowie Schwiegervater Friedrich Schillers. Er ist der Schöpfer des Begriffs „Forstwissenschaften“ (1745).

Friedrich Wilhelm Christoph Morgenstern: Porträt Carl Christoph von Lengefelds, 1773, mit dem brandenburg-ansbachischen „Ordre de la sincérite“ („Orden der Aufrichtigkeit“, dem Vorläufer des preußischen „Roter Adlerordens“) im Schillerhaus (Rudolstadt), einziges bekanntes Porträt Lengefelds.

Carl Christoph von Lengefeld kam aus einer alten thrüringischen Adelsfamilie, von denen einige Mitglieder in fürstlichen Jagd- und Forstdiensten standen. Darauf weist das Wappen von Lengefeld, das ein Jagdhorn zeigt. Sein Vater war der Landeshauptmann und Oberforstmeister Berndin Alexander von Lengefeld.[1] Seine Mutter Maria Dorothea von Schauroth starb 1717, als Carl Christoph noch nicht zwei Jahre alt war, mit 11 verlor er auch seinen Vater. Lengefeld, ein Einzelkind, wuchs auf dem elterlichen Gut Reschwitz (heute zu Saalfeld/Saale) auf. 1728–1733 war er Weisung von Fürst Friedrich Anton (Schwarzburg-Rudolstadt) Page am Rudolstädter Hof, hier beschäftigte er sich mit Naturwisenschaften und Geometrie und durfte er die Hofbibliothek benutzen. Seine forstliche Lehrzeit, die Jägerlehre, begann er 1733 im Alter von 18 Jahren in Paulinzella beim Oberjägermeister Johann Georg von Feilitzsch. 1737 wurde er Hof- und Jagdjunker, woraufhin er eine eineinhalbjährige Bildungsreise durch Mitteleuropa unternahm, die August 1738 mit der Rückkehr nach Rudolstadt endete. Durch ein persönlichen Empfehlungsschreiben seines Landesherrn fand er dabei kurzfristige Aufnahme in den Jägerdienst verschiedener Jägerhöfe oder freier Städte.

1740 wurde Lengefeld Oberforstmeister über die als Oberherrschaft bezeichneten Gebiete des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt. In den ihm nun unterstehenden acht schwarzburgischen Forsten führte er eine genaue Forstvermessung und Kartierung durch (Karten dieser Forstgebiete hatten zuvor nicht existiert). Dafür erfand er eigens ein Messrad. Er begleitete als Adjutant des Erbprinzen Johann Friedrich diesen 1742 zur Krönung Kaisers Karl VII. nach Frankfurt.

Am 17. Juli 1744 erlitt Lengefeld während der Holzabpostung[2] im Quittelsdorfer Forst bei Paulinzella eine „plötzliche überfallene Krankheit“, wahrscheinlich einen Schlaganfall, in dessen Folge der rechte Arm und das linke Bein zeitlebens gelähmt blieben.[3] Der Zustand blieb die Sommermonate über lebensbedrohend, Lengefeld machte am 19. August 1744 sein Testament, erholte sich aber langsam wieder. Ein Arbeiten im Wald war nun nur noch am Stock, in der Sänfte oder im Wagen möglich. In der Genesungszeit schrieb er 1745 eine Abhandlung Über den verlorenen Werth der Jagd- und Forstwissenschaften (ungedruckt), in der zum ersten Mal der Terminus „Forstwissenschaften“ auftaucht. Kuraufenthalte in Karlsbad und Teplitz 1746 und 1748 sowie die Weiterbehandlung in Jena 1749 konnten ihn nicht heilen. Ab nun schrieb er Aufsätze und Anordnungen mit der linken Hand.

Lengefeld wurde der Reformator des Schwarzburg-Rudolstädter Forstwesens. Sein Ansehen war so gewachsen, dass er um Gutachten auch für außerhalb gebeten wurde, so 1749 vom Markgrafen von Brandenburg-Schwedt über die Wälder von Schwedt, dann über die Raupenplage von Mainz und die Wälder von Zeitz, 1752 nach einer Harzreise über die Wälder von Niedersachsen. Bereits 1749 wurde er in die „Teutsche Gesellschaft zu Jena“, eine 1728 von Johann Albert Fabricius gegründete Gelehrtengesellschaft, aufgenommen, einige Jahre später in die 1754 gegründete „Churfürstlich Mayntzische Akademie der nützlichen Künste zu Erfurt“.

Mit Erlaubnis seines Landesherrn war Lengefeld auch außerhalb des Schwarzburg-Rudolstädter Herrschaftsgebietes tätig. 1759 wurde ihm zusätzlich die Aufsicht über die zwölf unterherrschaftlichen Kammerforste in Frankenhausen am Kyffhäuser übertragen. Er schloss die Bearbeitung 1762 mit einem Gutachten ab.[4] Dort taucht erstmals der Begriff Forsteinrichtung auf. Das wiederum war im Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach unter Herzogin Anna Amalia, die auch versuchte mit Hilfe der Forste ihren Staatshaushalt wieder in Ordnung zu bringen.[5] Die Forsteinrichtung war nicht nur eine Kalkulation und Regulierung des Holzeinschlages, sondern setzte auch auf nachhaltige Wiederaufforstung bzw. Regeneration.

1761 heiratete der 46-jährige Jägermeister das 18-jährige Gnädige Fräulein Luise Juliane Eleonore Frederike von Wurmb aus Wolkramshausen, die er kennen gelernt hatte, als er ab 1759 die Waldungen um Frankenhausen und den Kyffhäuser reorganisierte. Das Ehepaar ließ sich im Heisenhof in Rudolstadt nieder, der Gottlob Ernst Josias Friedrich von Stein und seiner Frau Charlotte von Stein gehörte.

Seine im Forstdienst gewonnenen Erkenntnisse legte er in seinen theoretischen Schriften über die Forstwissenschaft nieder, wovon aber nur eine im Druck erschien. Sein Bekanntheitsgrad wurde trotzdem so groß, dass sogar Friedrich II. (Preußen) ihn 1763 nach Berlin berufen wollte, was eine große Ehre gewesen wäre. Doch dazu kam es sowohl aus gesundheitlichen, als auch aus familiären Gründen nicht: während der Verhandlungen, die in Leipzig stattfanden und in einer persönlichen Audienz bei Friedrich II. gipfelten, wurde in Rudoldstadt Lengefelds erste Tochter Caroline geboren. Zwei Jahre, 1766, später kam Charlotte zur Welt, Patentante wurde Charlotte von Stein. Die beiden Töchter wurden fortschrittlich erzogen, literarische und musische Bildung, aber auch naturgeschichtliche Kenntnisse standen im Vordergrund.

1764 verlieh ihm Markgraf Carl Alexander von Brandenburg-Ansbach den "Ordre de la sincérité ("Orden der Aufrichtigkeit") am Band für seine Verdienste um das Forstwesen in Brandenburg-Ansbach, mit dem Lengefeld auch auf dem einzigen von ihm erhaltenen Porträt dargestellt ist.

Nach Lengefelds Tod am 3. Oktober 1775 nachts an „Stickfluss“[6] bemühten sich die Erben um die Drucklegung seiner hinterlassenen Manuskripte, auch mit der Unterstützung Friedrich Schillers, was aber letztendlich nicht gelang. Schiller hatte Lengefeld persönlich nie kennengelernt, der Vater der Braut war 15 Jahre vor der Hochzeit seiner Tochter im Jahre 1790 verstorben.

Auch Lengefelds Enkel Karl von Schiller diente als königlich-württembergischer Oberförster im Forstdienst.

Lengefeld ist einer der bedeutenden Forstpraktiker und Autoren forstwissenschaftlicher Arbeiten nicht nur im Thüringen des 18. Jahrhunderts: in diese Reihe gehören neben anderen auch der Oberlandjägermeister Hermann Friedrich von Göchhausen in Weimar (der Großvater der Hofdame Luise von Göchhausen), der Braunschweiger Johann Georg von Langen, der Schöpfer einer „nachhaltigen Forsthaushaltung“ in Weimar Johann Georg Christian Sckell, der Ilmenauer Carl Christoph Oettelt (forstwissenschaftlicher Autor, Oberförster und Wildmeister in Heyda) sowie der Gründer der Forstakademie Dreißigacker Johann Matthäus Bechstein. Lengefeld dauerhafte Wirksamkeit wurde durch den Umstand, dass seine Manuskripte weitgehend ungedruckt blieben, stark geschmälert.

Zum 300. Geburtstag Lengefelds fanden in Rudoldstadt Gedenkveranstaltungen statt, dabei wurde auf der dem Schillerhaus in Rudolstadt gegenüberliegenden Seite auch eine Stele mit seinem Porträt aufgestellt.

Unter den Forstleuten, welche im vorigen Jahrhunderte anfingen, das Forstwesen umzugestalten, das Chaos verjährter Vorurteile zu beseitigen und verworrene Ideen zu klären, ragt als einer der vorzüglichsten der Schwarzburg-Rudolstädtische Jägermeister und Kammerrath C.C. von Lengefeld hervor. Anonyme Würdigung Lengefelds 1885.[7]

Mein Vater, einer der interessantesten Menschen seiner Zeit, war heiter, gesprächig, hatte viel Witz, Lebhaftigkeit des Geistes und etwas Genialisches in seinem ganzen Wesen und Treiben. Charlotte von Schiller.[8]

Nur eine Schrift Lengefelds wurde zu seinen Lebzeiten gedruckt, eine zweite nach seinem Tod in einer Zeitschrift veröffentlicht,[9] die anderen liegen in thüringischen Archiven wie dem Goethe- und Schiller-Archiv Weimar und dem Thüringischen Staatsarchiv Rudolstadt:[10]

  • Nötigste Wissenschaft eines Jägers. (1739)
  • Information über Flöße aus den unteren (Wald-)Forsten Dittersdorf, Sitzendorf und Quelitz. (1741)
  • Über den verlohrnen Werth der Jagd- und Forstwissenschaften. (1745)
  • Anmerkungen von denen auf dem Thüringer Walde bekanntesten drey Arten Nadelhölzern; als der Tanne, Fichte und des Kienbaums, welche zur Vermehrung der Waldungen vieles beytragen mögten. (1748, gedruckt Nürnberg 1762 bei Nicolaus Friedrich Eisenberger; Nachdruck 2014, 68 S., herausgegeben und mit einer Einführung von Bernd Bendix.)
  • Nöthigste Unterrichte von der Land Wirtschaft. (1748)
  • Forstanmerkungen zum Gebrauch in Niedersachsen. (1752)
  • Von der Eiche und Buche. (1755)
  • Zufällige Gedanken vom Ober- und Unterstamm oder Buschholz, wie solche anzubauen, einzuteilen, abzutreiben und zu nutzen, in sechs kurzen Abhandlungen. (1755)
  • Erste Grundlinien der Forstwirthschaft (1784)

Umfangreiches Verzeichnis von Sekundärliteratur unter forstverein.de. [11]

  • Ekkehard Schwartz: Wegbereiter nachhaltiger Waldwirtschaft in Thüringen. Remagen-Oberwinter 2005 (über Lengefeld: S. 41–47).
  • Bernd Bendix: Vorwort zu C.C. von Lengefeld: Anmerkungen von denen auf dem Thüringer Walde bekanntesten drey Arten Nadelhölzern (Nachdruck), Remagen-Oberwinter 2014, S. V-XVI.
  • Helmut Witticke: Carl Christoph von Lengefeld – Wegbereiter nachhaltiger Waldbewirtschaftung, Stadt Rudolstadt (Herausgeber), Rudolstadt 2016, ISBN 978-3-910013-91-9
  • Lengefeld, Carl Christoph von. In: Bücher-Wiki.
  • Jahresbericht des Thüringer Forstvereins e. V. 2015.
  • Carl Christoph und Louise von Lengefeld. In: Das Schillerhaus in Rudolstadt. Archiviert vom Original am 21. Oktober 2014;.
  • Reschwitz bedeutendenster Sohn, Carl Christoph von Lengefeld. In: lengefeld-stiftung.de.

Einzelnachweise

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  1. Schiller-Familienstammbaum. In: adel-genealogie.de. Abgerufen am 3. Juni 2020.
  2. Vgl. Pierer, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart (1857): „Abposten, in gewissen Posten oder Summen abzählen, ein Zeitwort, welches nur im Forstwesen üblich ist, wo es so viel bedeutet, als das verkaufte Holz dem Käufer in gewissen Posten zuzählen.“
  3. Der Vorfall muss als ungewöhnlich gelten, denn Lengefeld war erst 29 Jahre alt, weswegen mitunter - allerdings ohne Belege - auch ein Unfall vermutet wurde.
  4. Die Vermessung der Forsten vollzogen ab 1762 die Oberförster bzw. Wildmeister Johann Georg Christian Sckell (Troistedt), August Johann Adrian Reiß, (Weimar), Philipp Ernst Köhler, (Jena) und Carl Christoph Oettelt, (Heyda).
  5. https://www.forstverein.de/fileadmin/pdf/TFV/TFV_Jahresbericht_2015_a.pdf Hier findet sich ein Aufsatz über Lengefeld, der seine Bedeutung für die Forstwirtschaft und -wissenschaft hervorhebt.
  6. D.h. an Lungenödem infolge Herzversagens, nach dem Bericht der Tochter Caroline von Wolzogen 1820, zit. nach Bernd Bendix in der Einleitung zu Lengefelds Anmerkungen ..., 2014, S. XII.
  7. Anonym: Erinnerungen an C.C. von Lengefeld, ein Forstkundiger des vorigen Jahrhunderts, in: Forstwissenschaftliches Zentralblatt, 1885, S. 584.
  8. Charlotte von Schiller: Erinnerungen aus den Kinderjahren, zit. nach Witticke 2016, S. 37.
  9. Erste Grundlinien der Forstwirthschaft, in: Journal von und für Deutschland, 1784, Bd. 1, 1. Stück, S. 10–27 (wieder abgedruckt in Bernd Bendix (Hg.): Anmerkungen ..., 2014, S. 46–63).
  10. Eine kommentierte Auswahl der Schriften Lengefelds unter: https://www.forstverein.de/fileadmin/pdf/TFV/TFV_Jahresbericht_2015_a.pdf. S. 57–71
  11. https://www.forstverein.de/fileadmin/pdf/TFV/TFV_Jahresbericht_2015_a.pdf. S. 86–86. Geht bis 2015.