Johann Gottlob von Wrochem

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Johann Gottlob von Wrochem (* 17. Juni 1938 in Greifenberg in Pommern; † 8. Juli 2020 in Berlin[1]) war ein deutscher Pianist und Komponist.

Er wurde als zweites Kind des Diplom-Landwirts und späteren (Berlin-)Zehlendorfer Stadtrats Hanswerner von Wrochem und Annemarie von Wrochem geb. Herrmann geboren. Er erhielt ersten Klavierunterricht mit sechs Jahren und war 1949 Mitglied des Dresdner Kreuzchores; der Aufenthalt des Elfjährigen im zerbombten Dresden hinterließ bleibende Erinnerungen.

Er studierte Klavier an den Musikhochschulen Detmold, Hamburg und Berlin (West), u. a. bei Hans Richter-Haaser, Conrad Hansen und Heinrich Elter (Konzertexamen1963); prägend war aber vor allem der Zweitgenannte, dessen Anschlagstechnik von Wrochem sich intensiv zu eigen machte. Er besuchte einen Meisterkurs von Stefan Askenase, nahm aber kaum an Wettbewerben teil.

Neben seiner solistischen Tätigkeit (Londoner Debüt 1970, Wigmore Hall), Festivalauftritte u. a. in Berlin, Osaka, Athen, war von Wrochem stets als Kammermusiker aktiv, zuerst kurze Zeit mit seinem Bruder Klaus von Wrochem (Klaus der Geiger), von 1965 bis 1979 mit seinem Bruder (Ulrich von Wrochem, Viola) und 1983 bis 2006 mit seinem Sohn (Claudius von Wrochem, Cello). Auch einige Berliner Orchestermusiker, Organisten und Hochschullehrer gehörten zu seinen Kammermusikpartnern, sowie Sänger. Aufgrund seiner Fähigkeit, sich schnell neue Stücke anzueignen, wuchs sein solistisches wie kammermusikalisches Repertoire rapide an, und er interessierte sich zunehmend für ausgefallene Programmkonzepte, selten aufgeführte Komponisten und zeitgenössische Musik. Hierzu gehörte auch sein Engagement für die Musik von deutschen und jüdischen Vertriebenen (Interpretenpreis der Künstlergilde Esslingen 1992) und seine häufige Mitwirkung in Konzerten der Gruppe Neue Musik in Berlin (West).

Zu den von ihm uraufgeführten Komponisten gehören Maki Ishii, Marek Kopelent, Makoto Shinohara, Isang Yun u. v. a. Als Solist mit Orchester trat er mit dem 5. Klavierkonzert von Beethoven, dem Mendelssohn-Konzert in g-Moll, dem Klavierkonzert von Khachaturjan, der Polychromie von W. Steffen sowie dem Doppelkonzert von K. A. Hartmann in Deutschland und Japan auf.

1964 ehelichte er die Textildesignerin Renate von Wrochem (geb. Gabler), mit der er die Söhne Claudius und Johannes hat. Neben Englisch, Französisch, Italienisch und Latein hat er sich jahrelang intensiv mit Japanisch und Ungarisch in Wort und Schrift befasst.

Von Wrochem war seit den 1960er Jahren als Klavierlehrer tätig, anfangs an Berliner Musikschulen, zwischenzeitlich als Lehrbeauftragter an der Pädagogischen Hochschule und der Hochschule der Künste (heute UdK) Berlin. Neben seiner Lehrtätigkeit in Deutschland gab er mehrere Kurse in Japan und unterrichtete als Gastprofessor an dem American College of Greece in Athen.[2]

Von Wrochem war als Komponist Autodidakt, ausgestattet mit soliden Theoriekenntnissen und absolutem Gehör. Seine Aneignung zeitgenössischer Kompositionstechniken vollzog er punktuell und nach Interessenlage, z. B. in seiner Verwendung serieller Verfahren, Zufallsoperationen, grafischer Notation und szenischer Elemente. Die Besetzungen, für die er schrieb, standen oft in autobiografischen und beruflichen Zusammenhängen. Daher überwiegen Werke für Klavier und kleine Kammermusikbesetzungen.

Nr. Titel Jahr Besetzung Bearbeitungen
1 Thema und Variationen I für Klavier (Préludes somnambules) 1963 Klavier
2 Thema und Variationen für Klavier 1964 Klavier
3 Stück für Violine, Bratsche und Klavier 1962 Vl, Va, Klav
4 Tanzsätze für Violine und Klavier, Szenische Improvisation 1963 Vl, Klav
5 Klaviersonate 1963 Klav
6 Lieder für Gesang und Klavier 1965 Stimme, Klav
7 Duo für Bratsche und Klavier 1966 Va, Klav Vl, Klav
8 Mysterium für B-Klarinette und Klavier 1965 Klar, Klav
9 Choral mit Choralvorspiel und Fuge 1971 Klav
10 Duo für zwei Celli 1973 2 Vc Vc, Kb
11 Zwei Lieder mit Klavier nach Texten von Anni-Ruth Streckenbach ??? Stimme, Klav
12 Konkrete Musik 1977 Vl, Vc, Klav Kl, Vc, Klav / Va, Kb, Klav
13 Bergwiese am Waldsee 1979 Klav
14 Verklärte Nacht 1981 Vl, Bbar, Klav
15 Bläsertrio 1982 Kl, Ob, Fg s. "der Mond" / 2 Kl, Fg
16 der Mond 1982 Klav
17 Opossumdenuoviverecentumannos 1982 großes Orchester
18 „Das Leuchten“ für Bariton und Klavier 1983 Bar, Klav
19 Prelude, Fuge und Tango 1984 Bandoneon, Klav Or, Klav
20 Drei Kompositionsstudien für Harfe solo 1985 Hfe
21 Stück für Cello und Klavier 1984 Vc, Klav
22 Genshiryokuhatsudensho 1985 Vc, Bbar
23 Die güldene Sonne 1986 Bearb. f 26 Bläser
24 Das eine Wort 1987 Sopr, Klav
25 Solostück für Klarinette in B 1987 Kl Sx
26 Der junge O.M. auf der Gitarrenschule von Malaga 1986 Git, Klav
27 Alles fließt 1987 Sopr, Pos, Or
28 Herr Reibeholz am Rio de la Plata 1988 Klav
29 Das Vaterunser 1989 Kl, Or
30 im Gefälle der Nacht 1990 Sopr, Vc
31 Fagottquartett 1990 3 Fg, KFg
32 Der große Frieden 1991 Spr, Klav
33 3 Lieder 1991 Sopr, BKl, Klav
34 Bilder einer Ausstellung 1992 Klav
35 Solostück 2 für Klarinette in B 1992 Kl
36 Drei Klavierwerke über andalusische Impressionen 1994 Klav
37 Zupforchestermusik in A 1996 Zupforch.
38 Im Astwerk schrill 1998 Sopr, Hfe
39 ABC-Toccata 2000 Or, Spr
40 „Ich wollte fliegen und erfand die Flügel“ 2001 Spr, Klav
41 „Und was sagt Ursula dazu?“ 2006 Klav, Spr
42 Largo für Waldhorn und Klavier 2013 Hn, Klav
43 5 Minuten 2008 Bajan, Glashfe
44 „aus wohlschmeckenden Fischen“ 2009 Klav.
45 Trio für Klavier und 2 andere Instrumente 2009 Klav, 2 beliebige Melodieinstr.
46 Melodram für Klavier und Sprechstimme 2010 Klav, Spr
47 Melodram, Vertonung von 6 Montagen von Siegfried Kühl 2010 Vc, Git, Klav, Elektr., Stimmen
48 „Entblösse den Gesichtsstein“ 2011 Klav, Stimme
49 Klavierstück 2012 Klav
50 Stück für Waldhorn und Klavier 2013 Hn, Klav

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Todesanzeige
  2. The American College of Greece