Litigation-PR

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Litigation-PR (etwa „Öffentlichkeitsarbeit im Rechtsstreit“, auch strategische Rechtskommunikation oder prozessbegleitende Öffentlichkeitsarbeit[1]) ist eine Form der Pressearbeit, bei der die Kommunikation nach außen vor, während und nach juristischen Auseinandersetzungen gesteuert wird. Ziel der Litigation-PR ist es, die juristische Strategie der beteiligten Staatsanwälte und Verteidiger zu unterstützen, das Ergebnis der juristischen Auseinandersetzung mit Hilfe der Öffentlichkeit zu beeinflussen und gleichzeitig Schäden an der Reputation des Mandanten zu vermeiden. Sie ist verwandt mit Reputationsmanagement und Krisen-PR.

Herkunft und Geschichte

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Litigation-PR hat ihren Ursprung in den Vereinigten Staaten, wo sich in den 1980er Jahren die Erkenntnis durchsetzte, dass die herkömmlichen Mittel und Werkzeuge der Public Relations bei juristischen Auseinandersetzungen ihre Ziele verfehlen. Stattdessen wurde eine spezialisierte Form der Öffentlichkeitsarbeit entwickelt. Während Litigation-PR vor allem in angelsächsischen Ländern wie den USA, Großbritannien und Australien bei juristischen Auseinandersetzungen regelmäßig zur Anwendung kommt, wurde sie in Kontinentaleuropa und vor allem im deutschsprachigen Raum erst 2001 eingeführt.[2] Die Fälle Josef Ackermann, Klaus Zumwinkel, Leo Kirch, Jörg Kachelmann, Gerhard Gribkowsky, Cornelius Gurlitt, Christian Wulff und Uli Hoeneß haben auch in Deutschland zu mehr medialen Auseinandersetzungen mit versuchter Einflussnahme auf den Prozessverlauf durch professionelle Öffentlichkeitsarbeit geführt. Besondere Bedeutung gewinnt dabei zunehmend die Onlinekommunikation und die Diskussion in sozialen Medien wie Facebook, Twitter[3] und Youtube,[4] aber auch der Einsatz visueller Instrumente durch die professionalisierte visuelle Rechtskommunikation.[5]

Wenn eine Person oder ein Unternehmen in juristische Auseinandersetzungen verwickelt wird, dann kann das der Reputation massiven Schaden zufügen. Gerichtsverfahren können massiven Einfluss auf die Geschäftsabläufe und -entwicklungen haben und die Mitarbeitermotivation beeinträchtigen. Selbst wenn ein Prozess vor Gericht gewonnen wird, kann er in der Öffentlichkeit „verloren“ werden. Gerade börsennotierte Unternehmen können schwer unter einer Niederlage im „Gerichtshof der Öffentlichkeit“ leiden. Die Litigation-PR soll diesem Umstand Abhilfe leisten, indem sie zum einen die Reputation des betroffenen Unternehmens oder der Person schützt.[6] Zum anderen kann die Litigation-PR auch die Auseinandersetzung selbst beeinflussen. Dieser zweite Punkt wird nach einer Ansicht „in der Branche gerne etwas verschämt unter den Tisch fallen gelassen“,[7] eine andere Darstellung fordert, dass die Verfahrensführung auch in den Medien „zum 'Grundgesetz' jedes Verfahrens gehören“ sollte.[8]

Litigation-PR in der juristischen Ausbildung

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Litigation-PR ist nicht Bestandteil des Pflichtstoffes in der juristischen Ausbildung. Gleichwohl bieten einige juristische Fakultäten Lehrveranstaltungen zu diesem Thema Litigation-PR bzw. Rechtskommunikation an. So bieten die juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin[9] und die juristische Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg[10] Veranstaltungen zur strategischen Rechtskommunikation an.

  • Alfred Autischer: Court of Public Opinion – Litigation PR als Muss einer professionellen Streitführung? In: Pilgermair Walter (Hrsg.): „Wandel in der Justiz“, Verlag Österreich, 2013, . ISBN 978-3-7046-6531-7.
  • Volker Boehme-Neßler (Hrsg.): Die Öffentlichkeit als Richter? Litigation-PR als neue Methode der Rechtsfindung. Nomos-Verlag, Baden-Baden 2010. ISBN 978-3-8329-5276-1.
  • Peter Engel, Walter Scheuerl: Litigation-PR. Erfolgreiche Medien- und Öffentlichkeitsarbeit im Gerichtsprozess. Carl Heymanns Verlag, Köln 2011. ISBN 978-3-452-27537-0.
  • Stephan Holzinger, Uwe Wolff: Im Namen der Öffentlichkeit. Litigation-PR als strategisches Instrument bei Auseinandersetzungen. Gabler-Verlag, Wiesbaden 2009. ISBN 978-3-8349-0839-1.
  • Stephan Holzinger: Kampf ums Recht. In: message - Internationale Zeitschrift für Journalismus. 2/2011, S. 59–61.
  • Lars Rademacher, Alexander Schmitt-Geiger (Hrsg.): Litigation-PR: Alles was Recht ist. Zum systematischen Stand der strategischen Rechtskommunikation. Springer VS Verlag, Wiesbaden 2012. ISBN 978-3-531-18201-8.
  • Hendrik Wieduwilt: Angriff der Medienversteher. In: unternehmensjurist - Zeitschrift für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Rechtsabteilungen. 1/2011, S. 38–41.
  • Uwe Wolff: Medienarbeit für Rechtsanwälte. Gabler Verlag, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-8349-1460-6.
  • Uwe Wolff: Kommunikation in gerichtlichen Auseinandersetzungen. In: Leo Staub und Hehli Hidber (Hrsg.): „Management von Anwaltskanzleien - Erfolgreiche Führung von Anwaltsunternehmen“. Zürich 2012, ISBN 978-3-7255-6448-4.
  • Patrick Minar: Litigation PR – Strategic Impact. In: Bundesministerium für Justiz (Hrsg.): Die Medienlandschaft 2015 – Herausforderungen für die Justiz. NWV Verlag, Wien/Graz 2016, ISBN 978-3-7083-1101-2

Einzelnachweise

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  1. Ralf Zosel: „'Litigation-PR' durch das Bundesverfassungsgericht“, Beck-Blog vom 14. April 2009
  2. Stephan Holzinger/Uwe Wolff: "Im Namen der Öffentlichkeit - Litigation-PR als strategisches Instrument bei juristischen Auseinandersetzungen", Gabler, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-8349-0839-1.
  3. Armin Sieber, Thomas Klindt: Litigation-PR auf dem neuesten Stand der Technik. Beeinflussen Live-Tweets von Journalisten Gerichtsprozesse?, In: pressesprecher. Magazin für Kommunikation, 25.11.2014.
  4. Peter Engel/Walter Scheuerl: Litigation PR. Erfolgreiche Medien- und Öffentlichkeitsarbeit im Gerichtsprozess, Heymann, Köln 2011, ISBN 978-3-452-27537-0.
  5. "Visuelle Rechtskommunikation", Interview mit Uwe Wolff, in: NJW 05/2011
  6. Martin Wohlrabe: Litigation-PR Im Zweifel gegen den Angeklagten. Legal Tribune Online, 21. Oktober 2016, abgerufen am 21. Januar 2017.
  7. Patrick Minar: Litigation PR – Strategic Impact. (PDF) Abgerufen am 25. September 2016.
  8. Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, 8. Auflage, Verlag Otto Schmidt, Köln 2015, S. 67.
  9. Vorlesungsverzeichnis. Humboldt-Universität zu Berlin, abgerufen am 3. April 2018 (Wintersemester 2012/2013).
  10. Veranstaltung der Freiburg Legal Clinics. Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, abgerufen am 3. April 2018.