Peter Scheitlin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Peter Scheitlin, porträtiert von Johann Caspar Weidenmann

Peter Scheitlin (* 4. März 1779 in St. Gallen; † 17. Januar 1848 ebenda) war ein Schweizer Theologe, Universalgelehrter und Schriftsteller. Er schrieb unter anderem eine Thierseelenkunde, pädagogische Ratgeber, gesellschaftskritische Werke und die Lebensgeschichte des armen Mannes im Tokenburg.

Peter Scheitlin war Sohn eines Kaufmanns. Er studierte evangelische Theologie und Naturgeschichte in Göttingen und Jena. In Göttingen versuchte Johann Friedrich Blumenbach vergeblich, ihn für eine Stelle als Naturforscher im Dienste der Afrikanischen Gesellschaft Englands zu gewinnen.[1] Nach Abschluss seines Studiums war er von 1803 bis 1805 als Pfarrer in Kerenzen tätig. 1804 heiratete er Anna Katharina Tschudi, deren Vater ebenfalls Pfarrer war.

Von 1805 bis 1833 war Peter Scheitlin Professor für Philosophie und Naturkunde an der Höheren Theologischen Lehranstalt St. Gallen, dazu Erster Stadtpfarrer und Dekan. Ausserdem arbeitete er sechs Jahre lang als Redaktor einer Wochenzeitung. Nachdem die Theologische Lehranstalt aufgehoben wurde, unterrichtete er am evangelischen Stadtgymnasium.[2]

Scheitlin genoss hohes Ansehen als vielseitiger Gelehrter, der sich nicht nur für Kultur und Wissenschaft, sondern auch für benachteiligte Menschen einsetzte. Während mehr als 40 Jahren hatte er grossen Einfluss auf das kulturelle und gesellschaftliche Leben in der Stadt St. Gallen. Er war Mitbegründer des städtischen Waisenhauses und zahlreicher Vereine: der ‹städtischen Hülfsgesellschaft›, der literarischen Gesellschaft, des St. Gallischen Künstlervereins, des wissenschaftlichen Vereins und der kantonalen landwirtschaftlichen Gesellschaft.[1]

Grabmal von Peter Scheitlin bei der Kirche St. Mangen in St. Gallen

Peter Scheitlin starb am 17. Januar 1848 im Alter von 68 Jahren in seiner Heimatstadt St. Gallen. Sein Grabmal ist erhalten und befindet sich an der Südseite der St. Mangenkirche.

In der Allgemeinen Deutschen Biographie (1890) schrieb Ernst Götzinger über ihn: «Hier in St. Gallen hat er dann bis zu seinem am 17. Januar 1848 erfolgten Tode eine so energische Thätigkeit entfaltet und eine so reiche Wirkung hinterlassen, dass er unbedingt der geistig hervorragendste Bürger St. Gallens seit der Reformation genannt werden darf.» Aber bereits damals musste hinzugefügt werden: «Aus allen seinen Schriften spricht der Prediger und Erzieher. So ist es denn auch zu begreifen, dass die Erinnerung an diesen Mann, der fast ein halbes Jahrhundert weitaus der angesehenste Mann seiner Vaterstadt war, doch bei den Nachlebenden auffallend schnell erblaßte...»[1]

Denkmal und Porträt

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anlässlich des Waisenhaus-Jubiläums errichtete die Stadt St. Gallen 1861 ein Denkmal zu Ehren von Peter Scheitlin. Die bei der Enthüllung am 22. Juli 1861 von dem Pfarrer Johann Jacob Rietmann (1815–1867) gehaltene Festrede erschien im selben Jahr auch in gedruckter Form.[3] Die Büste ist ein Werk des Münchner Bildhauers Johann von Halbig. Das Monument steht heute noch im kleinen Park bei der Kantonsschule St. Gallen, Ecke Burggraben/Kantiweg.

Das oben abgebildete Porträt von Peter Scheitlin ist ein Ausschnitt aus einem Gemälde des Winterthurer Malers Johann Caspar Weidenmann. Dieser war bekannt dafür, seine Motive sehr genau und wirklichkeitsgetreu wiederzugeben. Und er kannte Peter Scheitlin persönlich, aus familiärer Beziehung: Weidenmanns Vater hatte in zweiter Ehe Scheitlins Schwester Cleophea (1780–1857) geheiratet.[4]

Von den zahlreichen Büchern zu ganz unterschiedlichen Themen, welche Peter Scheitlin verfasste, fanden die Thierseelenkunde (1840) sowie die pädagogischen Werke Agathon oder der Führer durchs Leben (für ‹Jünglinge›, 1842) und Agathe oder der Führer durchs Leben (für ‹Jungfrauen›, 1843) die grösste Verbreitung.[2]

Zum Versuch einer vollständigen Thierseelenkunde ist in der Allgemeinen Deutschen Biographie von 1890 nachzulesen: «Thierbeobachtung war von Jugend auf Scheitlin’s Lieblingsstudium gewesen, jetzt verarbeitete er, in schon höherem Alter, seine Beobachtungen, Erfahrungen und Kenntnisse zu einem großen Werke, dessen drei Hauptabschnitte eine Geschichte der Ansichten der Thierpsychologen, dann Thatsachen und endlich Anwendungen enthielten. Als Leitfaden diente Carus’ Geschichte der Psychologie, für die alten Völker Creuzer’s Symbolik, für die Thatsachen größtentheils Oken[1]

Publikationen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Johann Jakob Bernet: Nekrolog von Peter Scheitlin, Dekan und Professor. In: Theologisches Literaturblatt. Nr. 23. Leske, Darmstadt 23. Februar 1853, Sp. 191, 192 (online).
  • Alfred Hartmann: Peter Scheitlin. In: Friedrich Hasler (Hrsg.): Gallerie berühmter Schweizer der Neuzeit. Band 2. Baden im Aargau 1871, S. 72–75 (online – ausführlicher Lebenslauf).
  • Ernst Götzinger: Scheitlin, Peter. In: Allgemeine Deutsche Biographie. 30 (1890), S. 734–736.
  • O. Fässler: Prof. Peter S. von St. Gallen. 1929 (mit Werkverzeichnis)
  • P. Wegelin: Geschichtsschreibung und Naturkunde. In: W. Wunderlich (Hg.): St. Gallen: Geschichte einer literarischen Kultur. 1, 1999, S. 527–575, S. 537–542.
  • Jutta Müller-Tamm: Peter Scheitlin (1779–1848), Pfarrer, Lehrer und Naturphilosoph. In: Verstandenes Lebensbild: ästhetische Wissenschaft von Humboldt bis Vischer; eine Anthologie. LIT Verlag, Münster 2010, ISBN 978-3-643-10263-8, S. 477 (online).
Commons: Peter Scheitlin – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d e Ernst Götzinger: Scheitlin, Peter. In: Allgemeine Deutsche Biographie. 30 (1890), S. 734–736.
  2. a b Georg Thürer: Scheitlin, Peter. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2012, abgerufen am 6. Januar 2022.
  3. Johann Jacob Rietmann: Festrede bei Enthüllung des Denkmals auf Peter Scheitlin, Professor, anläßlich des Waisenhaus-Jubiläums zu St. Gallen, gehalten von J. J. Rietmann, Pfarrer, den 22. Juli 1861. Zollikofer, 1861 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Richard Häsli: Johann Caspar Weidenmann. Ein Winterthurer Maler 1805–1850. Winterthur 1966 (= Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur. 297). S. 108 sowie Abbildungen 9 und 10. – Cleophea Weidenmann-Scheitlin wurde folgendermassen beschrieben: «lebhaft, rührig, ‹cheferig›, gewandt, ein edles Herz»; sie soll «immer fröhlich, mit den Kindern kindlich, sinnig und klug mit den Erwachsenen» gewesen sein.