Yuval Abraham

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Yuval Abraham auf der Berlinale 2024.

Yuval Abraham (hebräisch יובל אברהם, * 1995)[1] ist ein israelischer Journalist und Dokumentarfilmer. International bekannt wurde er durch den Dokumentarfilm No Other Land, der sich mit dem Alltag der Besatzung im Westjordanland beschäftigt, und der in Deutschland unter anderem daraus resultierende Berlinale-Antisemitismus-Kontroverse.

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abraham ist Nachfahre von Holocaustüberlebenden.[2] Der Großteil der Familie von einer seiner Großväter wurde von dem nationalsozialistischen Deutschland während des Holocausts ermordet. Eine seiner Großmütter wurde in einem vom faschistischen Italien errichteten Konzentrationslager in der Kolonie Libyen geboren. Sein Vater spricht als arabischer Jude fließend Arabisch.[2] Yuval Abraham lebt in Jerusalem.[3]

Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Journalismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abraham schreibt als Journalist unter anderem für das israelische Online-Magazin +972 Magazine,[3] die in London ansässige Nachrichtenagentur Middle East Eye[4], The Intercept[5] und dem Quincy Institute for Responsible Statecraft.[6] In seiner journalistischen Arbeit dokumentiert Abraham insbesondere die israelische Besatzungs- und Siedlungspolitik im Westjordanland, sowie Gewalttaten religiös-nationalistische Siedler und der israelischen Armee im Gazastreifen und im Westjordanland.[7]

Filmemacher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Podiumsdiskussion mit Yuval Abraham (zweiter von rechts) und Basel Adra (zweiter von links) nach einer Vorführung von No Other Land auf der Berlinale 2024

Zwischen 2019 und 2023 drehte er mit seinem Freund und Co-Regisseur, dem palästinensischen Aktivisten Basel Adra den Dokumentarfilm No Other Land über das Vorgehen der Armee und Siedler in den Dörfern von Masafer Yatta, eine Gruppe von 19 Dörfern in den südlichen Hügeln von Hebron im Westjordanland. Der Film zeigt auch die Angriffe von Siedlern auf Palästinenser, in vielen Fällen steht ihnen die Armee zur Seite. Die Uraufführung fand 2024 zu den 74. Internationalen Filmfestspielen Berlin statt. Im Anschluss an der Filmvorführung wurden im Kinosaal einzelne Rufe wie „Free Palestine“ laut – zwei Zuschauer, die Frieden für Palästina und Israel riefen, wurden niedergeschrien und beleidigt.[8]

Der Film wurde als bester Dokumentarfilm mit dem Berlinale Dokumentarfilmpreis ausgezeichnet und erhielt den Panorama Publikumspreis.[9][10] Bei der Preisgala hielt Abrahams nach dem Überraschungssieg eine spontane, 90 Sekunden Dankesrede. Er bezeichnete die israelisch Besatzung im Westjordanland, wo israelische Menschen unter Zivilrecht leben, palästinensische Menschen unter Militärrecht, als „Apartheid“ und äußerte die Hoffnung auf einen baldigen Waffenstillstand im Krieg in Gaza. Im besetzten Westjordanland waren nach dem dem 7. Oktober mehr als 400 Palästinenser getötet worden.[11] Seine Rede wurde von den Zuhörern mit großem Beifall bedacht, enthielt keinen Antisemitismus[12], löste aber im Nachgang eine Kontroverse um Antisemitismus aus. Dass seine Rede als antisemitisch bezeichnet wurde, schockierte ihn und machte ihn ihn fassungslos. Abraham sagte eine Botschaft „gegen den Krieg, für Gleichheit und ein Ende der Besatzung“ antisemitisch zu nennen, nehme dem Begriff jede Bedeutung.[13][14]

Seine Verwendung des Begriffs „Apartheid“ löste bei deutschen Politikern und Medien Antisemitismusvorwürfen aus, was er als Versuch interpretiert, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen.[15] Abraham berichtete von Morddrohungen gegen sich und seiner Familie in Israel. Wobei der staatlicher israelischer Fernsehsender Kan den Antisemitismusvorwurf von seinen Plattformen löschte.[15] Insbesondere verurteilt er "den ungeheuerlichen Mißbrauch", der mit der Antisemitismuszuschreibung in Deutschland getrieben wird. Das brächte Juden in der ganzen Welt in Gefahr: „Ihr könnt harte Kritik üben an dem, was Basel und ich bei der Preisverleihung gesagt haben – ohne uns zu dämonisieren. Wenn ihr das aber macht, mit eurer Holocaust-Schuld im Rücken – dann will ich eure Schuld nicht.“[16] Die Reaktionen in Deutschland auf die Äußerungen der Filmemacher reichten von scharfer Kritik durch Medien und Politik, darunter Vorwürfe antisemitischer Hetze und Überlegungen strafrechtlicher Konsequenzen, bis hin zu spezifischen Verteidigungen einzelner politischer Figuren.[15] Die Berliner Stadtverwaltung gab bekannt, dass sie eine Untersuchung darüber einleiten werde, ob die Festivalveranstalter dafür gesorgt hätten, dass die Preisverleihung ein breites Spektrum an Standpunkten widerspiegele, und wenn nicht, warum.[14]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Yuval Abraham – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. No Other Land. Abgerufen am 29. Februar 2024.
  2. a b Yuval Abraham berichtet nach Berlinale-Gala von Morddrohungen und wehrt sich gegen »Antisemitismus«-Vorwürfe, Der Spiegel, 27. Februar 2024, abgerufen am 28. Februar 2024.
  3. a b Yuval Abraham - +972 Magazine, abgerufen am 28. Februar 2024.
  4. Yuval Abraham | Middle East Eye, abgerufen am 28. Februar 2024.
  5. Yuval Abraham, Author at The Intercept, abgerufen am 28. Februar 2024.
  6. Yuval Abraham - Responsible Statecraft, abgerufen am 28. Februar 2024.
  7. Siehe Artikel von Yuval Abraham für das +972 Magazine, abgerufen am 28. Februar 2024.
  8. Filmfestival »Free Palestine«-Rufe bei Berlinale-Premiere von »No Other Land«. In: Jüdische Allgemeinee. 17. Februar 2024, abgerufen am 16. Mai 2024.
  9. Berlinale Dokumentarfilmpreis und Jury. Abgerufen am 3. Februar 2024.
  10. Die Panorama Publikums-Preise. In: berlinale.de, 24. Februar 2024.
  11. Berlinalefilm in der Westbank :Kein anderes Land. In: taz. 15. März 2024, abgerufen am 16. Mai 2024.
  12. Public Broadcaster Kan Removes Segment Labelling Israeli Berlinale Winner's Speech Antisemitic. 27. Februar 2024, archiviert vom Original; abgerufen am 27. Februar 2024.
  13. Basel Adra und Yuval Abraham / Berlinale: Über das Filmemachen als Widerstand, Der Spiegel, 17. Februar 2024, abgerufen am 28. Februar 2024.
  14. a b 'When My Speech Was Called Antisemitic, I Was Shocked'. In: Haaretz. 28. Februar 2024, archiviert vom Original; abgerufen am 16. Mai 2024.
  15. a b c Jannis Hagmann: Nach Israel-Äußerungen auf Berlinale: Regisseur kritisiert Deutschland. In: taz.de. 28. Februar 2024, abgerufen am 29. Februar 2024.
  16. Susanne Lenz: Nach Berlinale-Eklat greift israelischer Regisseur deutsche Politiker an: „Will eure Schuld nicht“. In: Berliner Zeitung. 28. Februar 2024, abgerufen am 29. Februar 2024.