Drachenfelser Ländchen

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Blick über das Drachenfelser Ländchen auf das Siebengebirge (von Berkum in nordöstliche Richtung)
Drachenfelser Ländchen (Nordrhein-Westfalen)
Drachenfelser Ländchen (Nordrhein-Westfalen)
Lage des Drachenfelser Ländchens in Nordrhein-Westfalen

Koordinaten: 50° 37′ 39″ N, 7° 8′ 51″ O

Das Drachenfelser Ländchen (vereinzelt auch Drachenfelser Hügelland[1]) ist eine hügelige Landschaft im Bereich der Gemeinde Wachtberg im linksrheinischen Teil des Rhein-Sieg-Kreises, entlang der Grenze zu Rheinland-Pfalz, zwischen Bonn im Osten und der Stadt Meckenheim im Westen. Es liegt im Südosten des Naturparks Rheinland.

Geprägt wird das Drachenfelser Ländchen durch alte Rheinterrassen, das Tal des Mehlemer Bachs und von markanten Kuppen vulkanischen Ursprungs, unter anderem dem Wachtberg (258 m ü. NHN, zwischen Villip und Berkum), dem Stumpeberg (ca. 230 m), dem Hohenberg (263 m) (beide bei Berkum) sowie dem Dächelsberg (zwischen Oberbachem und Niederbachem). Ebenfalls ein erloschener Vulkan ist der Rodderberg am Grenzpunkt zu Bonn-Mehlem und Remagen-Oberwinter.

Das 25 Millionen Jahre alte vulkanische Gestein (Trachyt und Basalt) wurde bereits von den Römern abgebaut und später für den Bau des Kölner Doms verwendet. Die Pfarrpatrozinien von Niederbachem (St. Gereon) und Oberbachem (Heilige Drei Könige) weisen auf Köln hin. Die früheren Steinbrüche haben sich heute größtenteils zu artenreichen Biotopen entwickelt und stehen unter Naturschutz.

Naturräumlich gehört das Drachenfelser Ländchen zur Großlandschaft Unteres Mittelrheingebiet (292) und speziell zur Unterkategorie der Rhein-Ahr-Terrassen (292.2).[2][3]

Herkunft der Bezeichnung

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Die Bezeichnung Drachenfelser Ländchen stammt von den kurkölnischen Burggrafen zu Drachenfels. Diese residierten auf dem Berg Drachenfels im rechtsrheinischen Siebengebirge und verwalteten das gegenüberliegende linksrheinische Gebiet. Die vielfach angenommene Herkunft durch den Blick auf den Drachenfels ist falsch, auch wenn dieser Blick, wie man ihn von vielen Punkten im „Ländchen“ aus hat, durchaus reizvoll ist. Das Drachenfelser Ländchen war eine Unterherrschaft des kurkölnischen Amtes Godesberg-Mehlem und wurde auch als Burggrafschaft Drachenfels bezeichnet.[4]

In der Mitte des 12. Jahrhunderts ließ Erzbischof Arnold die Burg Drachenfels zur Absicherung des kurkölnischen Territoriums nach Süden errichten. 1149 übertrug er die Burg noch vor Fertigstellung als freies Lehen an den Probst des Stiftes St. Cassius in Bonn. Unter Probst Gerhard von Are wurde die Burg 1166 fertiggestellt. Dieser wiederum beauftragte Godart mit der Verwaltung der Burg. Die Burg wurde kurze Zeit später zugunsten der Burgverwalter belehnt, die nun Burggrafen waren und das Lehen weitervererben durften.

Die Burggrafschaft Drachenfels (unterer Kartenrand) (1789 nach einer Karte von Wilhelm Fabricius)

Die Burggrafen befanden sich in einer isolierten rechtsrheinischen Lage. Sie konkurrierten mit der ebenfalls kurkölnischen benachbarten Wolkenburg, deren Territorium ein Gebiet um Königswinter und Ittenbach umfasste und das rechtsrheinisch vollständig von Territorien des Herzogtum Berg umgeben war. Daher strebten die Burggrafen wiederholt an, Einkünfte aus dem gegenüberliegenden linksrheinischen Gebiet zu erhalten, das durch die Klöster des Kölner Erzstifts geprägt war.[5] Schließlich verlieh Erzbischof Wigbold im Jahr 1301 den Gerichtsbezirk Bachheim (heute Niederbachem und Oberbachem) auf Burggraf Heinrich von Drachenfels. Dieser hatte auch für die benachbarten kurkölnischen Gerichtsbezirke up deme geuwe (umfasste Berkum, Gimmersdorf, Kürrighoven, Ließem, Züllighoven) sowie Pissenheim (heute Werthhoven) die Verwaltung inne.

Diese acht Dörfer bildeten das Drachenfelser Ländchen.[6] Es war eine Unterherrschaft des kurkölnischen Amtes Godesberg-Mehlem.

Am 13. Mai 1402 erweiterten Burggraf Godart von Drachenfels und seine Frau Aleid ihr Herrschaftsgebiet mit dem Erwerb des Hauses Gudenau in Villip. Nach dem Tod Godarts von Drachenfels und Olbrück wurde die Burg Drachenfels einer Erblinie und das Haus Gudenau einer zweiten Erblinie zugeordnet. Es begann eine über Generationen währende Erbauseinandersetzung über die Verwaltungszuständigkeit. Ursache war eine Erbteilungsabmachung, gemäß der die Einnahmen aus dem Drachenfelser Ländchen hälftig zwischen den zwei Erblinien aufgeteilt wurden. Kontrahenten waren die Burggrafen von Drachenfels und ihre Nachfolger sowie die Waldbott von Bassenheim, die aufgrund der Heirat von Otto Waldbott von Bassenheim († 1498) in den zweiten Erbzweig der Familie der Burggrafen legitimiert waren. Den Waldbott von Bassenheims gehörte die Burg Gudenau in Villip, von wo aus sie den ab 1546 zum Herzogtum Jülich gehörenden benachbarten Gerichtsbezirk Villip (umfasste Holzem, Pech, Villip) verwalteten.

Von 1695 bis 1794 wurde das kurkölnische Drachenfelser Ländchen schließlich doch von den Burgherren zu Gudenau (auf die Waldbott von Bassenheims folgten – wiederum nach einer Erbauseinandersetzung – die von Vorst–Lombecks) von Villip aus verwaltet.[7] Grundlage war der erkaufte Verzicht der Erbansprüche der Grafen von Croy, die durch Heirat in der Nachfolge der Burgherren von Drachenfels standen.

Im Oktober 1794 eroberten französische Revolutionstruppen die linksrheinischen Gebiete und führten 1798 die französischen Verwaltungsstrukturen ein.[8] Die Ortschaften Berkum, Gimmersdorf, Ließem, Niederbachem, Oberbachem (mit Kürrighoven), Pissenheim (heute Werthhoven) und Züllighoven des Drachenfelser Ländchens[9] sowie die Ortschaften Holzem, Pech und Villip (mit Villiprott) der Reichsherrschaft Villip wurden zur französischen Verwaltungseinheit Mairie zusammengefasst.[5] Die zehn selbstständigen Ortschaften bildeten die Mairie Villip.[8] im Kanton Bonn externe im Arrondissement de Bonn im Rhein-Mosel-Département.

Benennung öffentlicher Einrichtungen

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  • Familienzentrum Drachenfelser Ländchen[10]
  • Gemeinschaftsgrundschule Drachenfelser Ländchen[11]
  • Winfried Biesing: Drachenfelser Chronik: Geschichte eines Berges, seiner Burg und seiner Burggrafen. Hrsg.: Norbert Kühn, Bruno P. Kremer. Rheinland-Verlag, Köln 1980, ISBN 3-7927-0559-1.
  • Bruno P. Kremer: Das Drachenfelser Ländchen. Natur und Landschaft im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis. In: Rhein-Sieg-Kreis, der Oberkreisdirektor (Hrsg.): Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises 1989. Rheinlandia, Siegburg 1988, ISBN 3-925551-08-5, S. 88–93.
  • Monika Gussone: Die Entstehung des Drachenfelser Ländchens. In: Norbert Kühn, Bruno P. Kremer (Hrsg.): 600 Jahre Drachenfelser Ländchen: Natur- und Kulturgeschichte. Streifzüge durch eine Kulturlandschaft. Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Köln 2002, ISBN 3-88094-893-3, S. 42.
  • Frank Hüllen: Die Burggrafen von Drachenfels. In: Norbert Kühn, Bruno P. Kremer (Hrsg.): 600 Jahre Drachenfelser Ländchen. Natur- und kulturgeschichtliche Streifzüge. Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz-Verlag, Köln 2002, ISBN 3-88094-893-3, S. 82–88.
  • Bruno P. Kremer: Die Bäche des Drachenfelser Ländchens. In: Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e. V. (Hrsg.): Godesberger Heimatblätter. Heft 50. (= Jahresheft 2012 des Vereins für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e. V.). Bonn 2012. ISSN 0436-1024, S. 193–204.

Einzelnachweise

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  1. Jörg Grunert: Geomorphologische Entwicklung des Bonner Raums. In: Eberhard Mayer, Klaus Fehn, Peter-Wilhelm Höllermann (Hrsg.): Bonn – Stadt und Umland. Festschrift zum 75-jährigen Bestehen der Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde zu Bonn (=Arbeiten zur Rheinischen Landeskunde, Heft 58). Ferdinand Dümmlers Verlag, Bonn 1988, ISBN 978-3-427-71581-8, S. 165–180 (hier: S. 165).
  2. Landschaftssteckbrief: 29201 Rhein-Ahr-Terrassen und Linzer Terrasse. Bundesamt für Naturschutz, abgerufen am 10. Oktober 2019.
  3. Bundesamt für Naturschutz: Landschaften in Deutschland – Kartendienst
  4. Wilhelm Fabricius: Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz, 2. Band: Die Karte von 1789. Bonn 1898, S. 61.
  5. a b Franz Müller: Leben rund um den Wachtberg. Eine Zeitreise durch 30.000 Jahre Geschichte einer rheinischen Landschaft. Wachtberg 1993, ISBN 3-925551-60-3, S. 174,277.
  6. Monika Gussone: Die Entstehung des Drachenfelser Ländchens. In: Norbert Kühn, Bruno P. Kremer (Hrsg.): 600 Jahre Drachenfelser Ländchen: Natur- und Kulturgeschichte. Streifzüge durch eine Kulturlandschaft. Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Köln 2002, ISBN 3-88094-893-3, S. 42.
  7. Frank Hüllen: Die Burggrafen von Drachenfels. In: Norbert Kühn, Bruno P. Kremer (Hrsg.): 600 Jahre Drachenfelser Ländchen. Natur- und kulturgeschichtliche Streifzüge. Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz-Verlag, Köln 2002, ISBN 3-88094-893-3, S. 82–88.
  8. a b Handbuch für die Landleute vom Rhein-Mosel-Departement für das Jahr 1808, S. 16, 126 delibri Rheinland-Pfalz
  9. Gemeindelexikon für die Provinz Rheinland. Auf Grund der Materialien der Volkszählung vom 1. Dezember 1885 und anderer amtlicher Quellen bearbeitet vom Königlichen statistischen Bureau. In: Königliches statistisches Bureau (Hrsg.): Gemeindelexikon für das Königreich Preußen. Band XII, 1888, ZDB-ID 1046036-6, S. 134 ff. (Digitalisat).
  10. Familienzentrum Drachenfelser Ländchen (Memento des Originals vom 20. Dezember 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.familienzentrum-wachtberg.de
  11. Gemeinschaftsgrundschule Drachenfelser Ländchen