Haftungsklausel

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Eine Haftungsklausel (auch Freizeichnungsklausel oder Haftungsausschluss) ist eine vertragliche Haftungsbeschränkung, also eine Klausel, welche die Verantwortlichkeit für Pflichtverletzungen – etwa die Mängelhaftung – begrenzt oder sogar ausschließt.

Gesetzlicher Grundsatz

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Jedes Schuldverhältnis bringt für die Parteien Haftungsrisiken mit sich.

Das Gesetz bestimmt grundsätzlich, dass der jeweilige Schuldner einer Schuld eigenes Verschulden, also Vorsatz und Fahrlässigkeit, zu vertreten hat (§ 276 Abs. 1 BGB). Vertretenmüssen ist eine Voraussetzung verschiedener Haftungstatbestände, insb. von Ansprüchen auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung (§§ 280 ff. BGB).

Privatautonomer Spielraum und seine Grenzen

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Die allgemeinen Regelungen des BGB§ 241 ff. BGB) gewähren den Parteien eines Schuldverhältnisses erhebliche Spielräume (→ Privatautonomie) bei der vertraglichen Gestaltung der Haftung.

Gesetzlich zulässig ist die Begrenzung der Haftung auf Vorsatz (§ 276 Abs. 3 BGB). Damit lässt das Gesetz in Individualvereinbarungen den Ausschluss aller Fahrlässigkeitsstufen zu, also sogar der groben Fahrlässigkeit. Im Nachhinein kann sogar die Haftung für Vorsatz ausgeschlossen werden (Umkehrschluss aus § 276 Abs. 3 BGB). Bedient sich der Schuldner bei der Pflichterfüllung Erfüllungsgehilfen, so hat der Vertragspartner nach § 278 BGB deren Verschulden zu vertreten wie eigenes Verschulden. Nach § 278 Satz 2 BGB findet § 276 Abs. 3 BGB hier keine Anwendung, es kann also sogar die Haftung für Vorsatz des Erfüllungsgehilfen im Vorhinein ausgeschlossen werden.

In gesetzlich besonders geregelten Fällen besteht sogar eine verschuldensunabhängige Haftung.

Verträge zulasten Dritter sind grundsätzlich unzulässig.

Das AGB-Recht setzt weitere Grenzen. Individualvereinbarungen sind der AGB-Kontrolle entzogen, § 305b BGB.

Inhaltliche Ausgestaltung

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Ein Abweichen dieser gesetzlichen Haftungsverteilung erfordert in der Regel einen Vertrag, § 311 Abs. 1 BGB. Von einer Haftungsklausel spricht man dann, wenn das Abweichen zugunsten des Schuldners geht. Sie kann z. B. nach Verschuldensgraden unterscheiden oder betragliche Grenzen setzen.[1]

Allgemeine Geschäftsbedingungen

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Werden Verträge jedoch nicht individuell ausgehandelt, sondern benutzt eine Vertragspartei (Verwender) für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die sie der anderen Vertragspartei bei Vertragsabschluss stellt, so handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB; § 305 Abs. 1 BGB). Insbesondere standardisierte Verträge und Vertragsformulare des alltäglichen Massengeschäfts mit Verbrauchern und das so genannte Kleingedruckte sind typischerweise AGB. Dem Gesetzgeber lag insbesondere wegen des Verbraucherschutzes daran, den Verbraucher, aber auch teilweise den kaufmännisch versierten Vertragspartner, vor unangemessen benachteiligenden Haftungsklauseln zu schützen.

Bereits das Reichsgericht (RG) hielt im Januar 1906 Haftungsbeschränkungen gemäß § 138 Abs. 1 BGB für sittenwidrig, wenn sie auf einer marktbeherrschenden Stellung des Verwenders beruhten.[2] Es bemängelte im Dezember 1933, dass ein Monopolist seine „Stellung missbraucht, um dem allgemeinen Verkehr unbillige und unverhältnismäßige Opfer aufzuerlegen bzw. unbillige und unverhältnismäßige Bedingungen vorzuschreiben“.[3] Die Nachteile, die ein Haftungsausschluss mit sich bringe, sollten dabei durch anderweitige Vorteile des Kunden ausgeglichen werden können.[4] Das RG ist in fünf von zehn Fällen zu dem Ergebnis gekommen, dass die umstrittenen Freizeichnungsklauseln unwirksam sind. Ein Urteil des RG erklärte den Ausschluss für eigenes Verschulden und das leitender Angestellter für unwirksam.[5] Ein weiteres betraf eine Klausel, mit der die Haftung für das Verschulden von Angestellten ausgeschlossen wurde.[6] Die drei übrigen Entscheidungen hatten jeweils summenmäßige Haftungsbeschränkungen zum Gegenstand.[7]

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat erstmals im März 1956 die vom Reichsgericht entwickelten Grundsätze zu Haftungsklauseln aufgegriffen und fortgeführt.[8] Dabei ist er jedoch dazu übergegangen, die Inhaltskontrolle auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu stützen, und gab den vom RG herangezogenen Aspekt der Sittenwidrigkeit auf.[9] Der BGH hielt im Juli 1973 die Haftung für „Kardinalpflichten“, also Vertragsverpflichtungen, deren Beachtung erst die Voraussetzung für eine korrekte Vertragserfüllung schaffen, für nicht beschränkbar.[10] Das im April 1977 eingeführte AGB-Gesetz beruhte in wesentlichen Teilen auf der BGH-Rechtsprechung, insbesondere der hieraus in der Schuldrechtsmodernisierung vom Januar 2002 hervorgegangene heutige § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Hiernach darf der Verwender wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, nicht derart einschränken, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Im internationalen Privatrecht werden Haftungsklauseln (englisch liability clauses) häufig verwendet. So ist im internationalen Kreditverkehr in den Musterverträgen der Loan Market Association vorgesehen, dass der Konsortialführer keine Verantwortung für die Angemessenheit (englisch fairness), Richtigkeit (englisch accuracy) und Vollständigkeit (englisch completeness) getroffener Vereinbarungen übernimmt (Ziff. 32.8a Mustervertrag). Ein Haftungsausschluss ist zudem nach Ziff. 32.8b Mustervertrag für die Rechtmäßigkeit (englisch legality), Gültigkeit (englisch validity), Wirksamkeit (englisch effectiveness) und Vollstreckbarkeit (englisch enforceablilty) von Finanzierungsdokumenten vorgesehen.

In Österreich ist nach § 879 Abs. 3 ABGB eine in AGB enthaltene Vertragsbestimmung nichtig, wenn sie „unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt“. Hierzu entschied der Oberste Gerichtshof (OGH) im November 2012, dass „nicht verhandelte und aus der Sicht des Verwenders beizubehaltende Klauseln unter den Anwendungsbereich des § 879 Abs. 3 ABGB fallen, auch wenn andere Vertragspunkte erörtert und auf Wunsch des Vertragspartners abgeändert wurden“.[11] Das Schweizer Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) enthält in Art. 8 UWG eine Regelung zur Inhaltskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen, die seit Juli 2012 ausschließlich für Verbraucherverträge gilt. Danach sind einzelne Klauseln unwirksam, wenn sie zum Nachteil einer Vertragspartei von der anwendbaren gesetzlichen Ordnung erheblich abweicht oder eine der Vertragsnatur erheblich widersprechende Verteilung von Rechten und Pflichten vorsieht. Gemäß Art. 100 Abs. 1 OR kann die Haftung für „rechtswidrige Absicht oder grobe Fahrlässigkeit“ nicht ausgeschlossen werden, was nach Art. 101 Abs. 2 OR jedoch nicht für Hilfspersonen gilt.

In Frankreich sind Freizeichnungsklauseln unwirksam, wenn sie im Falle ihrer Anwendung dem Vertrag jede Substanz rauben und das Synallagma zwischen Leistung und Gegenleistung soweit beeinträchtigt, dass der Sinn des Vertrags schlechterdings entfällt.[12] Eine Freizeichnungsklausel ist nur in dem Ausnahmefall unwirksam, dass sie den Schuldner nahezu von jeder Haftung entbindet. Summenmäßige Haftungsbeschränkungen, die die Ersatzfähigkeit von Teilen des vertragstypischen Schadens ausschließen, sind hiermit vereinbar.[13]

Die Wirksamkeit von Freizeichnungsklauseln hängt im englischen Recht entscheidend davon ab, ob sie dem „test of reasonableness“ (Angemessenheitsprüfung) des Unfair Contract Terms Act 1977 (UCTA) standhalten.[14]

Die US-amerikanischen Gerichte haben aufgrund der Unconscionability-Klausel (Unangemessenheitsklausel) des § 2-302 Uniform Commercial Code (UCC) die Möglichkeit, unangemessene Ergebnisse zu verhindern, wenn sie eine Vertragsklausel für unangemessen befinden. Dazu können sie die Vollstreckung eines Vertrages verweigern oder die Vollstreckung der unangemessenen Klausel verweigern oder ihre Anwendung beschränken. Eine Klausel ist unangemessen, wenn sie eine Partei übermäßig benachteiligt oder wenn diese Partei keine Wahl hatte, als den betreffenden Vertrag in dieser Form abzuschließen.[15] Der Anwendungsbereich der Regelung beschränkt sich dabei nicht auf besondere Klauseltypen, sondern ermöglicht die Überprüfung des gesamten Vertragsinhalts jeder einzelnen Klausel. Ein Haftungsausschluss für mittelbare Schäden ist üblich und zulässig.

Einzelnachweise

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  1. Joachim Gernhuber, Das Schuldverhältnis, Band 8, 1989, S. 543.
  2. RG, Urteil vom 8. Januar 1906, Az.: I 320/05, RGZ 62, 264, 266
  3. RG, Urteil vom 15. Dezember 1933, Az.: VII 292/33, RGZ 143, 24, 28
  4. RGZ 99, 107, 111
  5. RGZ 102, 396.
  6. RGZ 62, 264.
  7. RGZ 103, 82; 106, 386; 115, 218.
  8. BGH, Urteil vom 6. März 1956, Az.: I ZR 154/54
  9. BGH NJW 1956, 1065, 1066.
  10. BGH NJW 1973, 2107, 2108.
  11. OGH, Urteil vom 28. November 2012, Az.: 7 Ob 93/12w, S. 22 f.
  12. Cour de cassation, Chambre Commerciale, 30. Mai 2006, D. (Dalloz Actualité) 2006, 2288
  13. Lars Leuschner, AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen - unter besonderer Berücksichtigung von Haftungsbeschränkungen, Abschlussbericht vom 30. September 2014, S. 99.
  14. Lars Leuschner, AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen - unter besonderer Berücksichtigung von Haftungsbeschränkungen, Abschlussbericht vom 30. September 2014, S. 108.
  15. Lars Leuschner, AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen - unter besonderer Berücksichtigung von Haftungsbeschränkungen, Abschlussbericht vom 30. September 2014, S. 110.