Hebammenwissenschaft

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Die Hebammenwissenschaft ist ein Teilgebiet der Gesundheitswissenschaften. Unter Zuhilfenahme vieler Bezugswissenschaften, wie beispielsweise der Medizin, den Sozialwissenschaften, und Versorgungsforschung beschäftigt sie sich mit der evidenzbasierten Hebammentätigkeit.

Weitere hebammenwissenschaftliche Themen sind die Physiologie der reproduktiven Lebensphase, Lehrmethoden im Hebammenstudium, die Entwicklung der eigenen wissenschaftlichen Disziplin und ihrer Forschungsmethoden sowie die interprofessionelle Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen (z. B. Gesundheits- und Krankenpflege, Medizin, Frühe Hilfen).

Wie bei anderen angewandten Gesundheitswissenschaften auch, steht die Erhaltung der Gesundheit und die Prävention von Erkrankungen der (werdenden) Familie im Zentrum des Interesses[1], wohingegen sich die Medizin vornehmlich mit der Pathogenese und Therapie von Erkrankungen beschäftigt.

Situation in Deutschland

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Die Hebammenwissenschaft hat in Deutschland einen primär berufspolitischen Ursprung: Hervorgegangen aus dem Hebammenwesen betont sie die von den Akteuren gewünschte Akademisierung und Professionalisierung dieses Berufsstandes, ähnlich wie sie in der Krankenpflege schon teilweise erfolgt ist.[2] Es soll ein „hebammenorientiertes, frauenzentriertes Betreuungsparadigma“ aufgebaut werden[3]. Während die Ausbildung der Hebammen bisher hauptsächlich an Fachschulen erfolgte, gibt es seit 2009 primärqualifizierende Hebammenstudiengänge in Deutschland[4]. Mit dem Inkrafttreten der Änderungen des Hebammengesetzes (HebG) 2020 und der damit verbundenen Studien- und Prüfungsverordnung für Hebammen (HebStPrV) findet die Qualifikation von Hebammen ausschließlich auf Bachelorniveau statt. Hebammenwissenschaftliche Bachelorstudiengänge können seitdem an immer mehr Fachhochschulen bzw. Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und Universitäten besucht werden[4]. 2011 hat die Medizinische Hochschule Hannover erstmals einen Masterstudiengang für Hebammenwissenschaft eingerichtet[5] (aktuell pausiert). Weitere Masterstudiengänge speziell für Hebammen sind gerade im Aufbau oder geplant.

Die Fachgesellschaft der deutschen Hebammenwissenschaft ist die Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (gegründet 2008)[6]. Ihre Fachzeitschrift ist die Zeitschrift für Hebammenwissenschaft (ZHWi)[7].

Aufgaben der deutschen Hebammenwissenschaft

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In Deutschland haben Schwangere, Gebärende, Wöchnerinnen und Stillende gesetzlichen Anspruch auf Hebammenhilfe zulasten der Krankenversicherung. Aufgabe der Hebammenforschung ist es primär, die Wirksamkeit und den Nutzen der selbstverantwortlichen Arbeit der Hebammen nach den Kriterien der medizinischen Evidenz nachzuweisen – nicht nur bei der eigentlichen Geburt, sondern auch in deren Vorbereitung und in der emotional und sozial schwierigen ersten Phase junger Eltern, etwa die Förderung des Stillens.

Situation in anderen deutschsprachigen Ländern

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In Österreich gibt es zurzeit (Stand 2019) einen dedizierten Fachbereich mit Bachelor-Studiengang an der privaten Fachhochschule Krems. Die von den Berufsgesetzen geforderte praktische Ausbildung kann auf den Hochschulen allerdings nicht absolviert werden.[8]

In der Schweiz hat die Hebammenwissenschaft zurzeit (2019) noch einen schweren Stand.[9] Die erste Frau, welche auf diesem Gebiet doktorierte, war 2007 Eva Cignacco. Seit 2008 gibt es ein Fachhochschulstudium für Hebammen.

Einzelnachweise

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  1. Doris Schaeffer, Klaus Wingenfeld: Handbuch Pflegewissenschaft. Juventa, Weinheim/München 2010, ISBN 978-3-7799-0794-7.
  2. Guido Adler, Jost-H. von dem Knesebeck: Gesundheitsfachberufe: Auf akademischen Wegen. In: Deutsches Ärzteblatt. 107. Jahrgang, Nr. 9, 2010, ISSN 0012-1207 (aerzteblatt.de [abgerufen am 15. Juni 2022]).
  3. Sigrun A. E. Bohle: Frau Magister statt Schwester... Österreichische Hebammenzeitung 2/04 (Memento vom 12. Juni 2013 im Internet Archive)
  4. a b Studiengänge Bachelor. In: Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e.V. Abgerufen am 27. Mai 2024 (deutsch).
  5. Birgit Hibbeler: Mechthild Gross: Erste habilitierte Hebamme in Deutschland. In: Deutsches Ärzteblatt. 108. Jahrgang, Nr. 5, 2011, ISSN 0012-1207 (aerzteblatt.de [abgerufen am 23. April 2011]).
  6. Historie. In: Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e.V. Abgerufen am 27. Mai 2024 (deutsch).
  7. ZHWi (Zeitschrift). In: Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e.V. Abgerufen am 27. Mai 2024 (deutsch).
  8. Michael Billig: Akademisierung der Gesundheitsberufe: Hebamme mit Bachelor. In: Frankfurter Rundschau. 19. Oktober 2010, abgerufen am 23. April 2011.
  9. Irene Grüter: Kampf um Akademisierung - Die Hebamme – ein unterschätzter Beruf. In: srf.ch. 26. Mai 2019, abgerufen am 14. Mai 2021.