Michèle Binswanger

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Michèle Binswanger (* 1972[1]) ist eine Schweizer Journalistin, Autorin und Bloggerin.

Michèle Binswanger, 2023 in Zürich

Michèle Binswanger studierte an der Universität Basel Philosophie und Germanistik. Von 2009 bis 2011 war sie als Konzepterin und Co-Autorin aktiv für den Mamablog, eine Plattform von Tages-Anzeiger.ch/Newsnet.[2] 2010 gewann sie gemeinsam mit Nicole Althaus die Publikumswahl des Branchenmagazins Schweizer Journalist zur «Journalistin des Jahres».[3] 2016, 2017 und 2018 wurde sie zur «Gesellschaftsjournalistin des Jahres» gewählt.[4]

2012 publizierte sie zusammen mit Nicole Althaus das Buch Machomamas: Warum Mütter im Job mehr wollen sollen.[5] 2017 folgte ihr zweites Buch Fremdgehen – Ein Handbuch für Frauen.[6]

Im Mai 2020 untersagte ein Einzelrichter des Zuger Kantonsgerichts erstinstanzlich der Tages-Anzeiger-Journalistin Michèle Binswanger per superprovisorischer Verfügung «persönlichkeitsverletzende» Äusserungen über Jolanda Spiess-Hegglin zu verbreiten.[7] Hintergrund war Binswangers Buchprojekt rund um die Zuger Landammann-Feier. Binswangers Berufung vor dem Zuger Kantonsgericht war allerdings erfolgreich, die erstinstanzliche Entscheidung wurde aufgehoben. Spiess-Hegglin ging hiergegen mit einer Revision vor, diese wurde jedoch vom Schweizer Bundesgericht nicht bearbeitet. Nach einem erneuten Revisionsgesuch von Spiess-Hegglin lehnte es derselbe Richter wiederum ab, den Fall zu bearbeiten, was zur Folge hatte, dass sich Spiess-Hegglin an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wandte. Ihre Klage "Spiess-Hegglin vs. Switzerland" wurde – als eine von 1,5 % aller Klagen aus der Schweiz – vom EGMR angenommen. Inzwischen wurde dem Bundesrat ein Fragekatalog zugestellt.[8] Sollten Vergleichsgespräche scheitern, wird der EGMR ein Urteil fällen und entscheiden, ob Spiess-Hegglins Rechte vom Bundesgericht verletzt wurden. Die Tages-Anzeiger-Journalistin nutzte derweil die zeitliche Lücke, in welcher Spiess-Hegglin vom Bundesgericht keinen Schutz erhielt und publizierte ihr Buch im Februar 2023 unter dem Titel Die Zuger Landammann-Affäre. Eine Recherche im Eigenverlag, da Binswanger keinen Schweizer Verlag gefunden hatte.[9] Das Buch wurde in mehreren Medien besprochen[10][11][12][13][14] und hatte zur Folge, dass Spiess-Hegglin 197 Passagen des Textes einklagte.[15] Ein Urteil steht aus.

Jolanda Spiess-Hegglin zeigte Binswanger aufgrund eines privat geäusserten Tweets, in welchem sie Spiess-Hegglin wiederum der Falschbeschuldigung bezichtigte, wegen übler Nachrede an.[16] Diese wurde im Juli 2021 von der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt wegen Verleumdung verurteilt.[17] Tamedia akzeptierte das Urteil nicht und zog den Straffall einer privaten Äusserung ihrer Journalistin ans Strafgericht weiter, wo Michèle Binswanger im Mai 2023 erneut wegen Verleumdung verurteilt wurde.[18][19] Michèle Binswanger wurden am Gerichtsprozess in Basel erstmals Ausschnitte aus dem ersten Einvernahmevideo von Jolanda Spiess-Hegglin abgespielt. Laut anwesenden Medienschaffenden, Spiess-Hegglin selbst und einem Anwalt, welcher für einen Podcast ebenfalls Zugang zum gesamten Video erhalten hat, widersprechen sich Binswangers These und Spiess-Hegglins Aussagen anlässlich ihrer polizeilichen Einvernahme vom 22. Dezember 2014 diametral.[20] Dem schriftlich begründeten Verleumdungsurteil ist unter anderem auch erstmals eine behördliche Einordnungen zur Auseinandersetzung zwischen der Tages-Anzeiger-Journalistin und der ehemaligen Politikerin zu entnehmen. Der Richter hält fest, dass die Journalistin von Anfang an Stellung gegen Spiess-Hegglin bezog und immer wieder Artikel und Tweets zu deren Ungunsten veröffentlichte, was obsessiv erscheine. Es sei unter anderem Michèle Binswanger anzulasten, dass die Diskussion um die Zuger Landammannfeier, welche das Leben sowohl von Jolanda Spiess-Hegglin wie auch von Markus Hürlimann seit Jahren negativ beeinflusse, noch immer Gesprächsthema in der Öffentlichkeit sei. Auch über Binswangers "Nachtatverhalten" äusserte sich der Basler Gerichtspräsident schriftlich: Der Beschuldigten könne weder ein Geständnis noch Einsichtz oder Reue zugehalten werden. Während des gesamten Strafverfahrens wie auch anlässlich der Hauptverhandlung sei die "Verbissenheit", mit der sich Michèle Binswanger der so genannten Landammann-Affäre und Jolanda Spiess-Hegglin widme, "deutlich spürbar".[18] Das Strafmass wurde vom Gerichtspräsidenten erhöht. Binswanger sprach in der Folge von einem "Skandalurteil" und meldete Berufung an.[21]

Im Herbst 2020 gehörte Binswanger zu den Erstunterzeichnern des Appell für freie Debattenräume.[22]

Im Dezember 2021 wurde Michèle Binswanger vom Schweizer Presserat gerügt, weil einer ihrer Tamedia-Artikel die Wahrheitspflicht und das Gebot des Anhörens bei schweren Vorwürfen des Journalistenkodex verletzt habe. Es handelte sich um schwere Vorwürfe, mit denen die Journalistin einen KESB-Gutachter hätte konfrontieren müssen. Was sie unterliess: Sie informierte den Beschwerdeführer zwar, dass sie einen Artikel über ihn schreibe, benannte die Vorwürfe aber nicht genau oder gar nicht. Michèle Binswanger schreibt im Artikel, der Gutachter sei zweimal wegen falscher Rechnungsstellung verurteilt worden und biete psychiatrische Dienstleistungen an, obwohl er nicht über die richtige Ausbildung verfüge. Beide Behauptungen im Artikel waren falsch.[23][24]

Einzelnachweise

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  1. Michèle Binswanger, Website der Hanser Verlage, abgerufen am 12. Dezember 2013.
  2. Michèle Binswanger (Memento vom 11. Dezember 2013 im Webarchiv archive.today), auf Radio 1
  3. Newsnetz-Autorinnen sind Journalistinnen des Jahres. In: Tages-Anzeiger.ch/Newsnetz vom 16. Dezember 2010
  4. Michèle Binswanger. In: Tagesanzeiger.ch, abgerufen am 6. Februar 2021.
  5. Michèle Binswanger (Memento vom 3. Januar 2012 im Internet Archive), Tages-Anzeiger online.
  6. Weshalb Frauen betrügen, auf tagesanzeiger.ch
  7. Raphael Waldvogel: Michèle Binswanger darf nicht «persönlichkeitsverletzend» über Jolanda Spiess-Hegglin schreiben. In: kleinreport.ch. 7. Mai 2020, abgerufen am 11. Mai 2020.
  8. Strassburg: Jolanda Spiess-Hegglin klagt gegen die Schweiz. 27. November 2023, abgerufen am 2. Januar 2024.
  9. Michèle Binswanger: Gerichtsverfahren von Zug bis Strassburg – Das verbotene Buch: Was hinter den Kulissen geschah. In: Tages-Anzeiger. Tamedia AG, 4. Februar 2023, abgerufen am 5. Februar 2023.
  10. Katharina Fontana: Was geschah in der Captain’s Lounge? In: Neue Zürcher Zeitung, 30. Januar 2023, S. 8 (E-Paper; NZZ.ch).
  11. Doris Kleck: Nun erscheint das umstrittenste Buch der Schweiz: Was bringt die Recherche zur Zuger Affäre? In: Aargauer Zeitung, 31. Januar 2023.
  12. Alex Baur: Ein Hauch von Kehrsatz. In: Die Weltwoche, 5. Februar 2023.
  13. Oliver Steffen: Wieso ist Michèle Binswangers Buch zur Zuger Landammann-Affäre so umstritten? In: Tele Züri, 1. Februar 2023 (Video, 22 Min.)
  14. Lukas Hässig: „Jolanda Spiess-Hegglin hatte das Bedürfnis, sich reinzuwaschen“. In: Inside Paradeplatz, 4. Februar 2023 (Video, YouTube, 45 Min.)
  15. Redaktion zentralplus: Jolanda Spiess-Hegglin reicht Klage wegen Buch ein. Abgerufen am 2. Januar 2024 (Schweizer Hochdeutsch).
  16. Pascal Hollenstein: Fall Spiess-Hegglin: Jetzt muss sich die Staatsanwaltschaft mit einer «Tagesanzeiger»-Journalistin befassen. In: www.tagblatt.ch. 11. Mai 2020, abgerufen am 11. Mai 2020.
  17. SDA: Binswanger wegen Verleumdung von Spiess-Hegglin verurteilt. In: nau.ch. Abgerufen am 17. November 2021.
  18. a b Ruedi Stricker sagt: Schriftlich begründetes Urteil des Strafgerichts Basel-Stadt | Verleumdung | Michele Binswanger - Jolanda Spiess. 19. August 2023, abgerufen am 2. Januar 2024 (deutsch).
  19. Schuldspruch für Journalistin Michèle Binswanger wegen Verleumdung. 24. Mai 2023, abgerufen am 2. Januar 2024.
  20. Duri Bonin: #485 Zuger Landammann-Affäre: Die Ersteinvernahme von Jolanda Spiess-Hegglin. In: Duri Bonin. 9. Mai 2023, abgerufen am 2. Januar 2024 (deutsch).
  21. Wegen Verleumdung - Journalistin Binswanger geht gegen Urteil in Berufung. 25. Mai 2023, abgerufen am 2. Januar 2024.
  22. Erstunterzeichner. In: idw-europe.org. 7. Januar 2020, abgerufen am 25. September 2020.
  23. Ursula Klein: Presserat rügt Tamedia wegen Kesb-Artikel: Gutachter nicht zu Vorwürfen angehört. Abgerufen am 6. Dezember 2021.
  24. Wahrheitspflicht / Unterschlagen wichtiger Informationen / Anhörung. In: Schweizer Presserat. Abgerufen am 6. Dezember 2021.