Sedlec u Mikulova

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Sedlec
Wappen von Sedlec
Sedlec u Mikulova (Tschechien)
Sedlec u Mikulova (Tschechien)
Basisdaten
Staat: Tschechien Tschechien
Region: Jihomoravský kraj
Bezirk: Břeclav
Fläche: 2078[1] ha
Geographische Lage: 48° 47′ N, 16° 42′ OKoordinaten: 48° 46′ 54″ N, 16° 41′ 59″ O
Höhe: 187 m n.m.
Einwohner: 864 (1. Jan. 2023)[2]
Postleitzahl: 691 21
Kfz-Kennzeichen: B
Verkehr
Straße: ValticeMikulov
Bahnanschluss: Břeclav–Hrušovany nad Jevišovkou
Struktur
Status: Gemeinde
Ortsteile: 1
Verwaltung
Bürgermeister: Marian Pánek (Stand: 2018)
Adresse: Sedlec 92
69121 Sedlec u Mikulova
Gemeindenummer: 584878
Website: www.sedlecumikulova.cz

Sedlec (deutsch Voitelsbrunn) ist eine Gemeinde im Jihomoravský kraj, Okres Břeclav in Tschechien. Der Ort ist als ein Linsenangerdorf angelegt.

Sedlec liegt linksseitig des Baches Včelínek/Niklasgraben östlich der Stadt Mikulov (Nikolsburg) nahe der Grenze zu Österreich am Fuße der Milovická pahorkatina. Der nächstgelegene Grenzübergang auf österreichischer Seite ist Drasenhofen. Im Norden erheben sich der Altenberg (253 m n.m.) und der Vlčí lesík (Wolfswald, 304 m n.m.) mit dem Vysoký roh (Hohe Eck, 308 m n.m.), nordöstlich der Blandourek (Bründelberg, 252 m n.m.) und im Nordwesten der Mušlov (Muschelberg, 240 m n.m.). Nördlich befinden sich am Mušlovský potok die Fischteiche Mušlovský horní rybník und Mušlovský dolní rybník.

Die Nachbarorte sind im Milovice (Millowitz) im Norden, Bulhary (Pulgram) und Nejdek (Neudek) im Nordosten, Lednice (Eisgrub) und Hlohovec (Bischofswarth) im Osten, Valtice (Feldsberg) im Südosten, Úvaly (Garschönthal) im Süden, Steinebrunn und Drasenhofen im Südwesten sowie Mušlov und Mikulov (Nikolsburg) im Nordwesten.

1298, bei der Gründung der Herrschaft Falkenstein, wurde das Dorf erstmals urkundlich unter dem Namen „Foydesprvn“ erwähnt, als es von Seifried dem Waisen erworben wurde. 1305 hatte es den Namen „Woisprunie“, 1332 „Foydasprunn“, seit 1408 „Voytesprunn“ und seit den 17. Jahrhundert den Namen Voitelsbrunn. Die Wortendung „prunie“ bzw. „prunn“ deutet auf eine Ortsgründung um 1000 bis 1100 hin. Ebenso weisen die Anlage des Ortes und die „ui“- Mundart (bairisch-österreichisch) mit ihren speziellen Bairischen Kennwörtern, welche bist ins Jahre 1945 gesprochen wurde, auf eine Besiedlung durch bayrische deutsche Stämme hin, wie sie vor allem im 12./13. Jahrhundert erfolgte.[3][4] Sie brachten neue landwirtschaftliche Anbaumethoden und Ackergeräte aus Eisen mit und führten die ertragreiche Dreifelderwirtschaft ein.

Der Ort war zwischen 1332 und 1560 zur Herrschaft Nikolsburg gehörig. Zwischen 1545 und 1591, nach anderen Quellen bis 1623, sind reformatorische Täufer im Ort, die ein Gemeindehaus und drei Bruderhöfe erbauen. 1560 finden sich in dem Verzeichnis der Urbaren (Liegenschaften) nur deutsche Einwohner. Die Rekatholisierung des Ortes zur Bekämpfung der neuen Glaubensrichtungen erfolgte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts unter Adam von Dietrichstein.

Matriken werden seit 1608 geführt.[5] Die Grundbücher wurden seit 1710 geführt.

Während des Dreißigjährigen Krieges wird der Ort durch die Heerscharen Bethlen Gábors schwer verwüstet. Auch werden die letzten Täufer im Jahre 1622 des Landes verwiesen, worauf diese nach Siebenbürgen weiterzogen.[6] Ab 1671 gibt es Schulunterricht. Das Schulhaus ist zugleich Schenke, Rathaus, und Pfarrerswohnung. Um 1680 wird die vorhandene Schwefelquelle von den Dietrichsteinern erworben, 1770 erweitert und zum fürstlichen Badhaus ausgebaut.

Im Jahre 1833 zerstört ein Großbrand 32 Häuser. Während des Deutsch-Österreichischen Krieges, im Jahre 1866, wird durch preußische Soldaten die Cholera im Ort eingeschleppt, welche 60 Tote forderte. Durch den Ausbau der Eisenbahn wird der Ort im Jahre 1872 an das Bahnnetz angeschlossen. Die Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr war im Jahre 1892. Die meisten Einwohner von Voitelsbrunn lebten von der Landwirtschaft (144 bäuerliche Betriebe). Der in Südmähren seit Jahrhunderten gepflegte Weinbau nahm im Ort eine besondere Rolle ein und wurde in großen Mengen verkauft. Durch die Reblausplage, 1864, gingen jedoch die Anbauflächen drastisch zurück und bis 1945 verringerte sich die Weinbaufläche um 80 %.[7] Neben dem Kleingewerbe gab es im Ort noch eine Molkerei und eine Mühle. Der Steindammteich wurde alle zwei Jahre abgefischt und brachte ungefähr 2.500 Doppelzentner Karpfen ein.[8]

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, zerfiel der Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn. 36 Männer waren in den Kampfhandlungen umgekommen. Tschechische Truppen marschierten am 15. Dezember 1918 in Voitelsbrunn ein. Die Ortsbevölkerung war zu diesem Zeitpunkt zu 99 % von deutscher Herkunft. Trotz einer Unterschriftenaktion für den Anschluss an Deutschösterreich wurde der Ort durch den Vertrag von St. Germain,[9] im September 1919 der Tschechoslowakei zuerkannt. 1920 wurde das Gemeindegebiet um Fluren rechts des Niklasgrabens mit dem Haidhof erweitert, die zuvor zur niederösterreichischen Gemeinde Steinebrunn gehört hatten. In der Zwischenkriegszeit kam es verstärkt zum Zuzug von Einwohnern tschechischer Nationalität.[10] Sie wurden vor allem als Grenzposten, Eisenbahner und Postbeamte eingesetzt. 1924 erbauten sie Wohneinheiten, zwei Bauernhöfe sowie einen tschechischen Kindergarten mit Schule. Die Elektrifizierung des Ortes erfolgte im Jahre 1927. Im gleichen Jahr wurde im Ort ein Fernsprecher installiert. Innerhalb des Gemeindegebietes begann ab 1936 der Bau von drei Bunkerlinien für den tschechoslowakischen Wall. Die wachsenden Autonomiebestrebungen der Deutschen führten zu Spannungen innerhalb des Landes und in der Folge zum Münchner Abkommen, das die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an Deutschland regelte. Am 8. Oktober 1938 rückten deutsche Truppen in Voitelsbrunn ein. Im Anschluss daran gehörte der Ort bis 1945 zum Reichsgau Niederdonau.

Der Zweite Weltkrieg forderte 64 Opfer unter den Ortsbewohnern. Bei der Einnahme des Ortes am 21. April 1945 durch die Rote Armee fanden fünf Zivilisten den Tod. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die im Münchener Abkommen 1938 an Deutschland übertragenen Territorien, also auch Voitelsbrunn, wieder der Tschechoslowakei zugeordnet. Viele der deutschen Einwohner flohen vor den einsetzenden Drangsalierungen durch militante Tschechen oder wurden über Grenze nach Österreich wild vertrieben. Durch Nachkriegsexzesse kamen weitere Zivilpersonen zu Tode.[11] Zwischen dem März und Oktober 1946 wurden die letzten 154 Deutschsüdmährer nach Westdeutschland zwangsausgesiedelt.[12][13]

Mit der Renovierung der noch vorhandenen Grabkreuze, des Friedhof-Hauptkreuzes (1994) und eines Marterls vor der Kirche (2006) gedachten die ehemaligen Ortsbewohner von Voitelsbrunn ihrer Ahnen und Gefallenen.

Gemeindegliederung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für die Gemeinde Sedlec sind keine Ortsteile ausgewiesen. Grundsiedlungseinheiten sind Sedlec und Sedlec-kolonie.[14] Zu Sedlec gehört zudem die Einschicht Ovčárna (Haidhof).

Wappen und Siegel

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Siegel ist seit 1583 bekannt. Es zeigt ein Renaissanceschild mit einem Pflugeisen. Spätere Siegel zeigen zusätzlich links und rechts von dem Pflugeisen eine Weinrebe mit jeweils zwei Trauben.[15]

Einwohnerentwicklung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Volkszählung Häuser Einwohner insgesamt Volkszugehörigkeit der Einwohner
Jahr Deutsche Tschechen andere
1793 131 660
1836 153 857
1869 178 893
1880 188 969 955 6 8
1890 200 1.000 955 45
1900 217 1.035 989 42 4
1910 240 1.035 1.023 7 5
1921 246 1.146 933 159 54
1930 282 1.151 895 221 35
1939 1.078
Quelle: 1793, 1836, 1850 aus: Südmähren von A–Z, Frodl, Blaschka
Sonstige: Historický místopis Moravy a Slezska v letech 1848–1960, sv.9. 1984

Reiches Brauchtum sowie zahlreiche Märchen und Sagen bereicherten das Leben der 1945/46 vertriebenen, deutschen Ortsbewohner:

  • Kirchweih am Sonntag nach St. Vitus (15.6.), ab 1880er Jahre am ersten Sonntag nach Mariä Himmelfahrt (15.8.).

Sehenswürdigkeiten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Kirche in Sedlec

Historische Gebäude:

  • Schwefelbad (17. Jahrhundert), Umbau (1780)
  • Pfarrkirche St. Vitus/Veit, ursprünglich eine Wehrkirche (um 1300), im Jahre 1923 renoviert
  • der Meierhof und verschiedene Presshäuser
  • Burg des mährischen Grundherrn mit Keller und Getreidegrube
  • Rathaus (1910)
  • Kriegerdenkmal (1923)
  • Statue des Hl. Johannes von Nepomuk (1657)

Söhne und Töchter des Ortes

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Josef Frodl (* 16. März 1899, † 7. Oktober 1965 in München), Pädagoge, Heimatforscher
  • Otto Holzer (* 21. Juni 1903, † 18. Juni 1987 in Wiesloch-Baiertal), Heimatforscher

Literatur und Quellen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Wilhelm Szegeda: Heimatkundliches Lesebuch des Schulbezirks Nikolsburg. Approbierter Lehrbehelf, Lehrerverein Pohrlitz Verlag, Voitelsbrunn 1935, Seite 40.
  • Gregor Wolny: Die Wiedertäufer in Mähren. Wien 1850.
  • Anton Kreuzer: Geschichte Südmährens. Band I.
  • Franz Josef Schwoy: Topographie vom Markgrafthum Mähren. Voitelsbrunn 1793, Seite 429.
  • Georg Dehio, Karl Ginhart: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler in der Ostmark. Voitelsbrunn 1941, S. 472.
  • Archiv Mikulov: Odsun Němců – transport odeslaný dne 20. kvĕtna. 1946.
  • Otto Holzer: Ortsgeschichte Voitelsbrunn. 1951.
  • Otto Holzer: Liebes Voitelsbrunn 1981.
  • Ilse Tielsch-Felzmann: Südmährische Sagen. 1969, München, Verlag Heimatwerk
  • Wenzel Max: Thayaland, Volkslieder und Tänze aus Südmähren, 1984, Geislingen/Steige
  • Franz Schuster: Erinnerungen an unsere Heimatgemeinde Voitelsbrunn.
  • Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band 3: Die Geschichte der deutschen Südmährer von 1945 bis zur Gegenwart. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0, S. 219, 221, 223, 409, 411, 414, 417, 422, 425, 427, 428, 524, 573, 577 (Voitelsbrunn).
  • Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren. Maurer, Geislingen/Steige 1990, ISBN 3-927498-13-0, Voitelsbrunn S. 18
  • Emilia Hrabovec: Vertreibung und Abschub. Deutsche in Mähren 1945 – 1947, Frankfurt am Main/ Bern/ New York/ Wien (=Wiener Osteuropastudien. Schriftenreihe des österreichischen Ost- und Südosteuropa Instituts), 1995 und 1996
  • Peter Glotz: Die Vertreibung, Ullstein, Hamburg 2003, ISBN 3-550-07574-X
  • Archiv Mikulov: Odsun Němců – transport odeslaný dne 20. kvĕtna 1946
  • Gerald Frodl, Walfried Blaschka: Kreis Nikolsburg von A–Z. 2006, Voitelsbrunn Seite 201f
  • Otto Holzer: Liebes Voitelsbrunn, Verlag Hans Memminger, Freiberg/N., 1981.
Commons: Sedlec – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Voitelsbrunn in „Alte Postkartenmotive der Südmährischen Gemeinden“

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. http://www.uir.cz/obec/584878/Sedlec
  2. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2023 (PDF; 602 kB)
  3. Leopold Kleindienst:Die Siedlungsformen, bäuerliche Bau- und Sachkultur Südmährens, 1989, S. 9
  4. Hans Zuckriegl: Wörterbuch der südmährischen Mundarten. Ihre Verwendung in Sprache, Lied und Schrift. 25,000 Dialektwörter, 620 S. Eigenverlag. 1999.
  5. Acta Publica Registrierungspflichtige Online-Recherche in den historischen Matriken des Mährischen Landesarchivs Brünn (cz, dt). Abgerufen am 19. April 2011.
  6. Bernd Längin: Die Hutterer, 1986, S. 237
  7. Hans Zuckriegl: Ich träum' von einem Weinstock, Kapitel 7, S. 263
  8. Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Nikolsburg von A bis Z, 2006, S. 201f
  9. Felix Ermacora: Der unbewältigte Friede. St. Germain und die Folgen, Amalthea Verlag, Wien, München 1989
  10. Johann Wolfgang Brügel: Tschechen und Deutsche 1918 – 1938, München 1967
  11. Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Nikolsburg von A-Z, Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige, 2006, Totenbuch S. 216
  12. Archiv Mikulov: Odsun Nĕmců - transport odeslaný dne 20. kvĕtna, 1946.
  13. Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band III. Maurer, Geislingen/Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0, S. 222
  14. http://www.uir.cz/zsj-obec/584878/Obec-Sedlec
  15. Bruno Kaukal: Die Wappen und Siegel der südmährischen Gemeinden, 1992, Zemské desky Brno IV/78; Statní oblastní archiv, Brno D7/418B, G125/1230; Liechtenstein-Archiv Wien/Vaduz