Benutzer:Marcus Schätzle/Willy Janke

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Willi Paul Walter Janke (in der Literatur gelegentlich auch als Willy Janke) (* 16. Mai 1902 in Prenzlau[Anmerkungen 1]; † 14. April 1980 in Berlin) war ein deutscher Journalist. Während der deutschen Besatzung der Niederlande im Zweiten Weltkrieg sorgte er als Pressechef des Reichskommissariats für die Gleichschaltung der niederländischen Presse, weitere Aktionen, an denen er maßgeblich beteiligt war, betrafen die Deportation des Theologen Titus Brandsma und ein Einfall der Sicherheitspolizei beim Algemeen Handelsblad mit Verhaftungen und Umbesetzungen als Folge. Zudem versuchte Janke seinen Einfluss auch außerhalb seines eigentlichen Aufgabenbereichs geltend zu machen. Später war er in der Schweiz als Vizekonsul tätig, nach dem Krieg in verschiedenen kaufmännischen Positionen und als Leiter einer Pressestelle.

Janke wurde als Sohn von Johann Ewald Janke und dessen Frau Marie-Louise geb. Brunn in Prenzlau geboren. Nach seinem Abitur im April 1920 studierte er in Berlin bis 1924 Jura, Volkswirtschaft und Geschichte. Vom 1. Januar 1925 an arbeitete er als Vertreter des Wolffs Telegraphischen Bureaus (nach der Machtergreifung in das neue Deutsche Nachrichtenbüro überführt) in Amsterdam. Janke heiratete im November 1927 die Niederländerin Iris Johanna Kersting, aus der Ehe ging die im August 1928 geborene Tochter Ursula hervor.

Nach einem „undurchsichtigen Intrigenspiel“ (Paul Stoop) wurde Janke Ende 1935 entlassen, worauf er einen Prozess anstrengte, den er gewann.[1] Er arbeitete anschließend als Korrespondent der Deutschen Allgemeinen Zeitung und des Zeitungsdiensts Graf Reischach in Brüssel, dann Amsterdam, seit 1937 in den Niederlanden auch als Wirtschaftskorrespondent für die Westfälische Landeszeitung – Rote Erde und Wiener Freie Presse. Ende 1939 trat Janke, der kurz nach der Machtergreifung der NSDAP beigetreten war und hervorragend Niederländisch sprach (Joseph Goebbels nannte ihn einen „halben Niederländer“),[2] in den Dienst der Deutschen Gesandtschaft. Kontakte zu dieser bestanden bereits vorher, so taucht er Ende Februar jenen Jahres mit einem ihm zugeschriebenen Konzept in einem Bericht der Presseabteilung der Gesandtschaft auf, in dem er sich zufriedenstellend über die Auswirkungen eines Angriffs des Völkischen Beobachters vom Mai 1938 auf die sozialdemokratische niederländische Presse äußert (Anlass der Attacke war eine angebliche Hetze jener Zeitungen gegen Deutschland, mit der Folge, dass die Niederländer aus dem Angriff „nützliche Lehren“ gezogen hätten).[3]

Nach dem Einmarsch der deutschen Armee in die Niederlande wurde Janke, der kurzzeitig interniert worden war,[4] im Juni 1940 im Reichskommissariat faktischer Pressechef von Reichskommissar Seyß-Inquart, auch wenn er formell dem Generalkommissar zur besonderen Verwendung Fritz Schmidt unterstand.[5] Früh schon ging er dabei in seinem Handeln über seinen eigentlichen Arbeitsbereich hinaus, so äußerte er während der Bildung eines „Komitees der nationalen Einheit“ (das nach seinem vorläufigen Scheitern später in die Massenorganisation Nederlandsche Unie münden sollte) in einer Presseverlautbarung, dass eine Abkehr von „veralteten und theoretischen Begriffen“ (d.h. der konstitutionellen Monarchie) anstehen sollte, was jedoch nach Schmidt der bis dahin größten pressebezogenen Panne, die sich bis dahin ereignet hatte, gleichkam, da damit der Druck der Besatzungsbehörden offenkundig geworden sei.[6] Die Unie selbst war schon zur Zeit ihrer Entstehung für Janke nur noch ein „Auffang-Reservoir der Kräfte des zusammengebrochenen alten Systems […] und eine getarnte Organisation zur Förderung reaktionärer Bestrebungen“.[7]

Die täglichen Den Haager Pressekonferenzen fanden nach einer Anfangsphase unter Generalkommissar Schmidt unter Jankes Leitung statt, mit deren Hilfe die niederländischen Zeitungen auf deutschen Kurs gebracht wurden. Janke veranlasste zusammen mit Max Blokzijl, der auf seine Veranlassung in die Niederlande zurückgekehrt und in dem neu errichteten Ministerium für Volksaufklärung und Künste für die Presse zuständig war, einen Einfall der Sicherheitspolizei beim Algemeen Handelsblad, das als anti-deutsch beschuldigt wurde. Dieser zog die Verhaftung von Chefredakteur von Ballusek und Direktionsmitglied Boskamp (sie wurden nach einem Monat wieder freigelassen) und eine Neuausrichtung der Zeitung durch hinzugekommene Mitglieder der niederländischen Nationalsozialisten NSB mit sich.[8] Auf Jankes Vorschlag geht auch die Deportation des Theologen Titus Brandsma, geistlicher Berater der katholischen niederländischen Presse, zurück, die schließlich in dessen Tod in einem Konzentrationslager mündete.[9]

Trotz dieser Vorkommnisse galt Janke in seiner Pressepolitik noch als relativ gemäßigt. Nach dem ersten Jahr der Besatzung sollten jedoch die Zügel zunehmend angezogen werden, und Reichskommisar Seyss-Inquart sowie Generalkommissar Schmidt sahen Janke nicht mehr als den richtigen Mann für eine härtere Gangart. Auch wenn er formell noch bis Anfang 1942 Vorsitzender der Presse-Abteilung blieb, erhielt mehr und mehr sein Stellvertreter Hanns Dreves die eigentliche Führung überantwortet.[10] Nach kurzen Stationen als Legationssekretär (Februar bis April 1942) sowie als Referent für Ostasien der Nachrichten- und Pressestelle des Auswärtigen Amtes (April bis August 1942) ging Janke als Vizekonsul nach Zürich. Ende September 1944 wurde er aufgrund des Führererlasses über die Fernhaltung international gebundener Männer von maßgeblichen Stellen in Staat, Partei und Wehrmacht, von dem er wegen seiner Ehe mit einer Niederländerin betroffen war,[11] in den Ruhestand versetzt und im November jenen Jahres aus dem Reichsdienst entlassen.

Im Anschluss an das Kriegsende befand sich Janke bis Oktober 1947 in französischer Kriegsgefangenschaft. Bis 1954 übte er eine kaufmännische Tätigkeit in Innsbruck aus, wechselte dann zu einer Unternehmensberatung in Frankfurt am Main, bis er zuletzt die Leitung der Pressestelle der Gesamtvereinigung der Berliner Bekleidungsindustrie übernahm.[12]

Die Niederlande im Umbruch der Zeiten. Alte und neue Beziehungen zum Reich. (Als Mitherausgeber von Maximilian Freiherr du Prel). Triltsch Verlag, Würzburg 1941

  • Auswärtiges Amt – Historischer Dienst (Hrsg.): Biographisches Handbuch des deutschen auswärtigen Dienstes. Band 2: G–K. Schöningh, Paderborn 2005, ISBN 3-506-71841-X, S. 424

Einzelnachweise

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  1. Paul Stoop: Niederländische Presse unter Druck. Deutsche auswärtige Pressepolitik und die Niederlande 1933–1940. Saur, München 1987 (= Kommunikation und Politik; 17), ISBN 3-598-20547-3, S. 87. Dissertation Amsterdam.
  2. René Vos: Niet voor publicatie. De legale Nederlandse pers tijdens de Duitse bezetting. Sijthoff, Amsterdam 1988, ISBN 90-218-3752-8, S. 66.
  3. Paul Stoop: Niederländische Presse unter Druck. Deutsche auswärtige Pressepolitik und die Niederlande 1933–1940. Saur, München 1987 (= Kommunikation und Politik; 17), ISBN 3-598-20547-3, S. 120–122 und 187. Dissertation Amsterdam.
  4. Gabriele Hoffmann: NS-Propaganda in den Niederlanden: Organisation und Lenkung der Publizistik. Saur, München-Pullach/Berlin 1972 (= Kommunikation und Politik; 5), ISBN 3-7940-4021-X, S. 73. Dissertation München 1972.
  5. Gerhard Hirschfeld: Fremdherrschaft und Kollaboration. Die Niederlande unter deutscher Besatzung 1940–1945. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1984 (= Studien zur Zeitgeschichte; 25), ISBN 3-421-06192-0, S. 238, Fußnote 164. Dissertation Düsseldorf 1980.
  6. Gerhard Hirschfeld: Fremdherrschaft und Kollaboration. Die Niederlande unter deutscher Besatzung 1940–1945. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1984 (= Studien zur Zeitgeschichte; 25), ISBN 3-421-06192-0, S. 47–48 (Dissertation Düsseldorf 1980). Ausführliche Wiedergabe der Verlautbarung bei Konrad Kwiet: Reichskommissariat Niederlande. Versuch und Scheitern nationalsozialistischer Neuordnung. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1968, S. 100 (Dissertation Berlin 1968).
  7. Willi Janke: Regungen des neuen Geistes. In: Maximilian Freiherr du Prel, Willi Janke: Die Niederlande im Umbruch der Zeiten. Alte und neue Beziehungen zum Reich. Triltsch Verlag, Würzburg 1941, S. 47. Zitiert nach Gerhard Hirschfeld: Fremdherrschaft und Kollaboration. Die Niederlande unter deutscher Besatzung 1940–1945. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1984 (= Studien zur Zeitgeschichte; 25), ISBN 3-421-06192-0, S. 59 (Dissertation Düsseldorf 1980).
  8. René Kok: Max Blokzijl: Stem van het nationaal-socialisme, Sijthoff, Amsterdam 1988, ISBN 90-218-0231-7, S. 55 und 65–66.
  9. René Vos: Niet voor publicatie. De legale Nederlandse pers tijdens de Duitse bezetting. Sijthoff, Amsterdam 1988, ISBN 90-218-3752-8, S. 254–256. Dissertation Leiden 1988.
  10. René Vos: Niet voor publicatie. De legale Nederlandse pers tijdens de Duitse bezetting. Sijthoff, Amsterdam 1988, ISBN 90-218-3752-8, S. 454–455. Dissertation Leiden 1988.
  11. Zum Führererlass vgl. Martin Moll (Hrsg.): Führer-Erlasse 1939–1945. Edition sämtlicher überlieferter, nicht im Reichsgesetzblatt abgedruckter, von Hitler während des Zweiten Weltkrieges schriftlich erteilter Direktiven aus den Bereichen Staat, Partei, Wirtschaft, Besatzungspolitik und Militärverwaltung. Steiner, Stuttgart 1997, ISBN 3-515-06873-2, S. 337–338. Janke konnte nur die erste von zwei aufgeführten Personengruppen betreffen: „wenn sie mit Frauen aus den mit uns im Kriegszustand oder politischem Gegensatz befindlichen Ländern verheiratet sind […]“
  12. Gesamtvereinigung nach Ernst Lemmer (Hrsg.): Berlin. Am Kreuzweg Europas. Am Kreuzweg der Welt. Haupt & Puttkammer, Berlin 1959, S. 61.
  1. Zum Geburtsort liegen widersprüchliche Angaben vor, René Vos nennt das österreichische Pressbaum als Geburtsort (René Vos: Niet voor publicatie. De legale Nederlandse pers tijdens de Duitse bezetting. Sijthoff, Amsterdam 1988, ISBN 90-218-3752-8, S. 63. Dissertation Leiden 1988), der Artikel folgt der Darstellung im Biographischen Handbuch des deutschen auswärtigen Dienstes, da der Studienort Berlin im Bezug auf den Geburtsort Prenzlau stimmiger zu sein scheint und den Bearbeitern offensichtlich die entsprechenden Akten vorlagen.


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