Christian Seidenbusch

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Christian Seidenbusch (* 15. Juli 1837 in München; † 15. März 1898 ebenda) war ein bayerischer Unterhaltungskünstler.

Zeitgenössische Angaben bezeichnen ihn als Komiker, Liedautor, Komponist und Volkssänger.[1] Im Hauptberufe gelernter Schriftsetzer, beherrschte er aber auch den Noten-Satz. Die Anregung, eigene Lieder und Couplets zu verfassen, erhielt er am Arbeitsplatz: bei den Druckern, in deren Werkstätten Musik und humoristische Texte für die Volkssänger vervielfältigt wurden.

Gleichsam an der Quelle sitzend, druckte er seine eigenen Werke heimlich nebenbei und schmuggelte sie unter die ausgehenden Lieferungen. Bald hatte er damit erste Erfolge. Er gab die Schriftsetzerei auf und wurde Volkssänger, der sich mit seiner Gitarre selbst begleitete.[2] So zog er übers Land, erst durch die Wirtshäuser[3] und später in die Singspielhallen, wo er als Humorist im schwarzen Frack[4] auftrat.

In einem gereimten Selbstporträt[5] stellte er sich wie folgt vor:

»Schwarzbefrackter
Vielbelachter
Im Wirtshaus singender
Um Beifall ringender
G’sichter schneidender
Unsinn treibender
Rauch verschlingender
Humor bringender
“Bitte sehr” stammelnder
Münzen einsammelnder
Unterhaltungs-Anregungsbeflissener«.

In München schloss er sich zuerst der Sängergesellschaft Helmstädt[6] an, dann dem Komiker Landshammer[7], um schließlich 1872 zu Anderl Welsch zu stoßen, der eben seine Truppe zusammenstellte. Mit den Komikern Jakob Geis und Max Königshöfer bildete er ein Komiker-Trio[8], mit dem er im Gasthaus Oberpollinger „Lachsalven der Zuhörer auslöste“.[9] Geis und Seidenbusch galten damals als die beliebtesten Münchner Komiker.

Seidenbusch war durchaus vielseitig begabt. Zu den Vorstellungen der Gesellschaft von "Papa" Geis trug er nicht nur zahlreiche Vorträge als Verfasser bei, sondern sang auch als Bassist und trat sogar als Damenimitator auf.[10]

Jährlich erschien von ihm „Ein Sträußchen komischer Vorträge“, deren letztes die Nummer 22 trägt. Sie wurden beim Münchener Verlag von Heinrich Bauderer in der Reihe »Münch'ner Blut«[11] veröffentlicht, welche in der Bayerischen Staatsbibliothek einsehbar ist.[12]

Seidenbuschs Gegenstände, die er sowohl in Couplets und Einzelvorträgen als auch in dramatischen Szenen behandelte, waren dem Alltagsleben der kleinen Leute entnommen: sie spielten “im Wartesaal III.Klasse”, vor Gericht, beim Photographen oder bei Festen (wie der Gratulation zum Namenstag), unter Bauern, Kleinbürgern und Handwerksburschen. In den Solovorträgen kamen sprachspielerische Einfälle (wie die Transposition des urmünchnerischen Liedes vom Alten Peter in andere deutsche Mundarten, oder Gedanken darüber, „was sich reimt“), Studien über menschliche Charaktere („Lügen muß man können“, „Die Gutmütigen“) und aktuelle Zeiterscheinungen wie das Veloziped oder die „Vegetarianer“ zum Tragen. Ebenso beherrschte Seidenbusch aber auch die Typenkomik[13], wenn er „Pantoffelritter“, Strohwitwer oder, den eigenen Stand reflektierend, reisende Künstler auf die Bühne stellte.

Seidenbusch starb mit 61 Jahren an den Folgen einer Gesichtsrose.

Als Seidenbusch starb, war das Grammophon gerade einmal drei Jahre alt. So ist es kein Wunder, dass es keine Aufnahmen seiner Stimme gibt; zumindest hat man bis jetzt keine gefunden. Nur in seinen gedruckten Couplets und Vorträgen ist er für die Nachwelt lebendig geblieben.

Werke (Auswahl)

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Vorträge, Couplets

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  • Ein Sträußchen komischer Vorträge (mit Musikangabe) hrsg. von Ch. L. Seidenbusch, f. Gesang mit Gitarre. München, im Selbstverl.
  • Ein Sträußchen humoristischer Damen-Vorträge, hrsg. von Ch. L. Seidenbusch. Freising; Datterer; München; im Selbstverl.
  • Was sich reimt: Couplet. München : Bauderer, ca. 1910. – [3] S. Reihe Münch'ner Blut, Band 195
  • Lügen muß man können: Prosa-Couplet. München : Bauderer, ca. 1910. – [5] S. Reihe: Münch'ner Blut, Band 204
  • So lang der alte Peter..: in versch. Dialekten, von Chr. Seidenbusch. München, Verlag Bauderer, 3 S. Reihe Münch'ner Blut, Band 234
  • Sein Bauernhof. Ländliche Originalscene. Neu bearbeitet für 4 Herren und 2 Damen von Alois Hönle. München; Heinr. Bauderer; [1909]; 16 S.
  • Die Namenstag-Gratulation. Komische Szene für 3 Herren. München; Hch. Bauderer; [ca. 1910]; 8 S.
  • Nach Mitternacht. Komische Duoszene für 1 Herrn und 1 Dame oder für 2 Herren. München; Hch. Bauderer; [ca. 1910]; 7 S.
  • Im Wartesaal III. Klasse. Komische Duoszene für 2 Herren. München ; Hch. Bauderer; [ca. 1910] ; 8 S.
  • Das Vorverhör. Ländlich-komische Szene für 3 Herren. München ; Heinrich Bauderer; [ca. 1912] ; 12 S.
  • Ein Kleeblatt. Komische Handwerksburschen-Szene für 3 Herren. München ; Heinrich Bauderer; [ca. 1912] ; 16 S.
  • Vorgeladen. Komische Bauern-Gerichtsscene für 3 Herren. München ; Hch. Bauderer; [ca. 1912] ; 12 S.
  • Wer hat den Hausschlüssel? oder Eine nächtliche Konversation. Komische Szene für 3 Herren von Chr. Seidenbusch. München; H. Bauderer; [ca. 1914]; 12 S.

Preis führt in ihrer Dissertation noch weitere Werke Seidenbuschs an ; daraus als Beispiele:

a) Vorträge (aus: Münch'ner Blut Abteilung A) :

  • Der Strohwitwer. Solovortrag (Nr. 185)
  • Ein reisender Künstler. Solovortrag (Nr. 186)
  • Ein Mann der Zeit. Kom. Soloscene (Nr. 187)
  • Der Muggendorfer Seppl in der Stadt. Hum. Solovortrag (Nr. 192)
  • Stadt und Land. Couplet (Nr. 193)[14]
  • Die Gutmütigen. Duett (Nr. 201)
  • Ein Pantoffelritter. Kom. Intermezzo (Nr. 232)
  • Ein Straßenbummler. Kom. Intermezzo (Nr. 233)[15]

b) Szenen:

  • Ein sonderbares Veloziped. Komische Scene von Chr. Seidenbusch[16]
  • Heimath, Original-Scene von Ch. Seidenbusch[17]

aus: Münch'ner Blut Abteilung B:

  • Abonnirt. Komische Szene von Chr. L. Seidenbusch (Nr. 28)
  • Kaspar, Melchior und Balthasar. Komische Szene von Chr. Seidenbusch (Nr. 29)
  • Zwei Annoncen. Komische Szene, arrangiert von Chr. Seidenbusch (Nr. 30)[18]
  • Die Vegetarianer. Komische Szene von Ch. L. Seidenbusch (Nr. 31)
  • Nach Amerika. Komische Szene von Chr. Seidenbusch(Nr. 32)
  • Der Brautwerber. Komische Szene für 2 Herren und 1 Dame von Ch. L. Seidenbusch (Nr. 33)
  • Eine Wahlbesprechung in Dummersdorf. Komische Szene für 4 Herren von Chr. Seidenbusch (Nr. 41)
  • Eine unangenehme Nachricht. Komische Szene für 4 Herren von Chr. Seidenbusch (Nr. 47)[19]
  • Die hohle Gasse. Komische Szene mit Gesang für 4 Herren von Chr. Seidenbusch, bearbeitet von A. Hönle (Nr. 48)
  • Die Gemeindesitzung oder der Verschönerungsverein. Ländlich-komische Scene für 4 Herren von Chr. Seidenbusch (Nr. 98)
  • Hans und Hiasl beim Photographen. Komische Szene für 2 Herren von Chr. Seidenbusch (Nr. 143)
  • Werner Ebnet: Sie haben in München gelebt: Biografien aus acht Jahrhunderten. Allitera Verlag, München, 2016, ISBN 978-3-86906-744-5, S. 558.
  • Berthold Leimbach: Tondokumente der Kleinkunst und ihre Interpreten 1898 - 1945. Göttingen, im Selbstverlag, 1991; unpaginiert
  • Claudia Preis: Volkssängerei in München 1870-1930. Zur Produktion von Unterhaltungskultur in der Stadt (PDF; 869 kB). Dissertation, München, 2010
  • Alfons Schweiggert: "Münchner Blut" – Alfons Schweiggert berichtet über die Renaissance des Couplets, in: Bayerische Staatszeitung Nr. 24 – Umschau – Freitag, 11. Juni 2004. couplet-ag.de
  • Wolfgang Till, Sabine Sünwoldt, Florian Dering (Hrsg.): Karl Valentin – Volkssänger? Dadaist? Buchhandelsausgabe des Katalogs zur Ausstellung zum 100. Geburtstag Karl Valentins im Münchner Stadtmuseum. München: Schirmer/Mosel 1982. ISBN 3-88814-106-0. Länge 360 Seiten
  • Susanne von Goessel: Münchener Volkssänger – Unterhaltung für Alle. In: Till, Wolfgang et al. (Hrsg.): Karl Valentin – Volkssänger? Dadaist?, S. 26–49.

Einzelnachweise

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  1. so im BMLO
  2. so bei volkssaengerei.de
  3. vgl. Anzeige „Kleiner Rosengarten-Saal, heute Sonntag Auftreten der Komiker- und Sängergesellschaft Welsch, Königshöfer, Seidenbusch, Eckher, Landshammer und Holz. Anfang 4 Uhr und 8 Uhr. Entree 6kr.“ in: Neueste Nachrichten aus dem Gebiete der Politik, Verlag Wolf, 1873, S. 18
  4. zum Kostümverbot, das die Volkssänger nur noch im schwarzen Frack auftreten ließ, vgl. Von Goessel S. 35–37 und Preis S. 40 nach der Selbstbiographie von Jakob Geis (1905), S. 24
  5. aus: „Ein Sträußchen komischer Vorträge“, 22. Band, München 1895, S. 31 f., wiedergegeben bei Von Goessel S. 30 und bei volkssaengerei.de
  6. Carl Helmstädt, gest. 1913, war Schauspieler am Isarvorstadt-Theater in der Müllerstraße, übernahm 1864 eine selbständige Singspieltruppe, deren Leiter er ein Jahr darauf wurde. Ihr gehörten Seidenbusch und Königshöfer an, vgl. Von Goessel S. 32
  7. Ebnet S. 558; er wird zitiert in dem “lebensroman einer arbeiterfrau ...” der Marie Wegrainer, erschienen im Delphin-Verlag, 1914, auf S. 64: „Dort wollen wir die besten Komiker Münchens, Königshöfer, Welsch, Leierer und Landshammer hören. Sie traten ein: die Stiege gegenüber dem Hauseingang war gedrängt voll von Menschen..."
  8. eine Photographie mit Geis und Seidenbusch vom Jahre 1885 ist abgebildet bei Von Goessel S. 32 und bei volkssaengerei.de
  9. vgl. Georg Heim: Heitere Geschichten - Kapitel 6: Das erste Mal vor Gericht : „Große Heiterkeit im Zuhörerraum. Der Richter verwies dem Publikum seine Aufführung und bemerkte: »Ein Gerichtssaal ist kein Theater, und wenn Sie lachen wollen, müssen Sie zu Geis & Seidenbusch im Oberpollinger.« (Das war die Stätte, wo jeden Abend Geis & Seidenbusch als die beliebtesten Münchner Komiker Lachsalven der Zuhörer auslösten)“. Ein Programm der Singspielhalle im „Hotel und Restaurant Ober-Pollinger“ von 1891/92, auf dem die ‘Komische Scene’ »Berliner, Wiener und Münchner« und die ‘Komische Scene mit Gesang’ »Prinz Cachemir« von (und mit !) Christian Seidenbusch angekündigt werden, ist abgebildet bei Von Goessel S. 34
  10. vgl. Von Goessel S. 35, Preis S. 80 ; dieses Fach haben die süddeutschen Volkssänger mit den obersächsischen Herrensängergesellschaften gemein, bei welchen es ganz hervorragende Damendarsteller gab: man denke an Sascha von Günther, der mit den Dresdner Victoria-Sängern aufgetreten ist, an Fritz Thurm-Silvare in der Gesellschaft von Emil Winter-Tymian, oder zuletzt noch an Rudolf Mälzer, der während der 1920er Jahre in ersten Häusern auftrat und Grammophonaufnahmen in komischen Frauenrollen (als “Die Butterpietsch'n” oder “Die Schmidt'n”) hinterließ.
  11. vgl. Alfons Schweiggert: "Münchner Blut" - Alfons Schweiggert berichtet über die Renaissance des Couplets, in: Bayerische Staatszeitung Nr. 24 - Umschau - Freitag, 11. Juni 2004.: „Die Couplets fanden [...] auch ins Münchner Volkssängertum rasch Eingang und ergänzten den bereits bestehenden Volks- und Moritatengesang. In der heute noch existierenden Sammlung "Münchner Blut", was soviel wie "Münchner Lebensart" bedeutet, sind 429 Titel enthalten.“
  12. Münchner Blut Abteilung A. Sammlung von Couplets, Liedern, Parodien, Duetten, Terzetten, Quartetten, Intermezzo’s etc. hrsg. von Münchner Humoristen. Heinrich Bauderer Verlag München o.a.J. (Vgl. Preis, S. 157 ff.) ; Münchner Blut Abteilung B. Theaterstücke. Einakter und komische Szenen, humorist. Duoszenen etc. Alle: Heinrich Bauderer Verlag München o.a.J. (Vgl. Preis, S. 167 ff.)
  13. „Der Hausknecht, der Dienstmann, der Droschkenkutscher waren köstliche Typen eines unendlichen Repertoirs“, vgl. Von Goessel S. 35
  14. Preis S. 161
  15. Preis S. 162
  16. Programm Oberpollinger um 1900, Nr. 9, vgl. Preis S. 106
  17. Programm Oberpollinger um 1900, Nr. 13, vgl. Preis S. 106
  18. Preis S. 168
  19. Preis S. 170