Hans Reischl

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Hans Reischl (* 6. Dezember 1939 in Heindlschlag) ist ein deutscher Wirtschaftsmanager im Ruhestand. Von 1977 bis 2004 war er Vorstandsvorsitzender der Kölner Handelsgruppe Rewe.

Reischl wuchs als jüngster Spross einer kinderreichen Bauernfamilie zunächst in einem Dorf bei Passau in Niederbayern auf. Er absolvierte dann in Solingen eine Lehre zum Industriekaufmann und war beim Automobilhersteller Ford in Köln tätig. Ab 1961 arbeitete er bei Rewe, machte nebenbei am Abendgymnasium Köln das Abitur und studierte dann bis 1970 an der Universität zu Köln Wirtschaftswissenschaften. Seine Diplomarbeit schrieb er über das Thema Wettbewerbsfähigkeit von Genossenschaften und anderen Rechtsformen.[1]

Zuvor bereits freier Mitarbeiter in der Rewe-Zentrale, erhielt er noch im selben Jahr eine Festanstellung. 1974 wurde er als damals jüngstes Mitglied in den Vorstand berufen, drei Jahre später zum Vorstandsvorsitzenden der zentralen Konzernoorganisationen Rewe-Zentral AG und Rewe Zentralfinanz eG. Unter seiner Leitung wuchs der genossenschaftliche Revisionsverbund vor allem durch Zukäufe (1989 Übernahme von 50 % der Leibbrand-Gruppe, 1990 Umbau von Rewe in eine Konzernstruktur, 1996 Übernahme von Billa, verstärkte internationale Aktivitäten, Einstieg in das Tourismusgeschäft) zu einem der größten Handelskonzerne in Deutschland und Mitteleuropa.[2]

Acht Monate vor seiner Pensionierung legte Reischl nach Korruptionsvorwürfen zum 30. April 2004 alle Ämter bei Rewe nieder und unterzeichnete einen Aufhebungsvertrag zum Jahresende, um einer Entlassung durch den Aufsichtsrat zuvorkommen.[3] Das Kontrollgremium hatte ihn nicht, wie von Reischl und Thomas Middelhoff bereits vorbereitet, in den Aufsichtsrat des in Teilbereichen mit Rewe konkurrierenden Warenhaus-Konzerns KarstadtQuelle einziehen lassen, den dann sein Nachfolger Ernst Dieter Berninghaus übernahm.[4] 2016 erhob das Landgericht Essen Anklage gegen Hans Reischl, fünf weitere frühere Aufsichtsräte von Arcandor und Thomas Middelhoff wegen ungerechtfertigter Bonuszahlungen in Millionenhöhe.[5] Das Verfahren gegen Reischl wurde im Juli 2017 gegen eine Geldauflage eingestellt.[6]

2006 verlieh ihm die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Passau die Ehrendoktorwürde.[7] Außerdem ist Reischl seit 2003 Träger des Verdienstordens des Landes Nordrhein-Westfalen.[8]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Hans Reischl im Munzinger-Archiv, abgerufen am 12. März 2024 (Artikelanfang frei abrufbar)
  2. Rewe-Chef Hans Reischl - Er kauft und kauft und kauft. Handelsblatt, 22. August 2000
  3. Was macht eigentlich Hans Reischl?, ManagerMagazin, 1. August 2008
  4. Rewe-Chef: Spektakulärer Ausstieg nach 30 Jahren, Die Welt, 29. April 2004
  5. Ex-Rewe-Chef soll vor Gericht16. November 2016
  6. Landgericht Essen - Arcandor-Prozess abgeschlossen, Süddeutsche, 7. Juli 2017
  7. Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät verleiht Diplom-Kaufmann Hans Reischl die Ehrendoktorwürde. Universität Passau, 13. Juni 2006
  8. Der Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen