Hyalomma marginatum

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Hyalomma marginatum

Hyalomma marginatum

Systematik
Unterklasse: Milben (Acari)
Überordnung: Parasitiformes
Ordnung: Zecken (Ixodida)
Familie: Schildzecken (Ixodidae)
Gattung: Hyalomma
Art: Hyalomma marginatum
Wissenschaftlicher Name
Hyalomma marginatum
C. L. Koch, 1844

Hyalomma marginatum ist eine Zeckenart mit Verbreitung in subtropischen Regionen der Alten Welt. Die Geschlechtstiere (Imagines) saugen Blut an einer Vielzahl von Säugetierarten, vorzugsweise an Huftieren, gelegentlich aber auch beim Menschen. Immature treten an einer Vielzahl von Wirbeltieren, darunter auch an Zugvögeln, auf. Die Art besitzt medizinische Bedeutung als Vektor des Krim-Kongo-Fiebers und Fleckfiebers. Ihr Nachweis im sehr warmen Sommer 2018 auch in Deutschland hat daher hohe Aufmerksamkeit gefunden, da eine Ausbreitung auch nach Mitteleuropa befürchtet wird.

Wie typisch für die Gattung, handelt es sich um eine relativ große Schildzecke mit einer Körperlänge von etwa 5 bis 6 Millimeter, bei der der Rückenschild (Scutum oder Conscutum) im nicht vollgesogenen Zustand den gesamten Rumpfabschnitt bedeckt. Sie ist merklich größer als die in Europa häufigste Art Gemeiner Holzbock. Die Beine sind heller als der Schild und meist merklich geringelt. Die Art ist von anderen Vertretern der Gattung schwierig, und in der Regel nur im geschlechtsreifen Zustand, unterscheidbar. Immature Stadien (Larven und Nymphen) besitzen möglicherweise artspezifische Merkmale[1], sind aber zu den verwandten Arten so ähnlich, dass sie gewöhnlich als morphologisch unbestimmbar gelten.

Die Bestimmung ist anhand folgender Merkmale möglich[2][3]: Der Schild ist einfarbig braun gefärbt, ohne ein Muster unregelmäßig zusammenfließender weißer Flecken. Er ist oberflächlich rau und matt, mit einer gleichmäßigen, tiefen Punktur aus großen, dicht benachbarten Punkten. Die Hüften (Coxa, das erste Beinglied) des ersten Beinpaars sind tief gespalten, mit zwei ungleich geformten Spornen (einer konisch und zugespitzt, der andere abgeflacht), die etwa gleiche Länge erreichen. Beim Männchen sind die Längsfurchen seitlich auf der Oberseite des Schilds deutlich und von mittlerer Länge, sie erreichen etwa ein Drittel der Schildlänge. Am Hinterende des Schilds ist eine kleine, heller gefärbte Aussparung des Schildrands (Parma genannt) nicht ausgeprägt. Von der nahe verwandten Hyalomma rufipes (die lange als Unterart dieser Art galt) ist die Unterscheidung schwierig: Die Punktierung der Oberseite ist etwas feiner, auf der Unterseite ist die Umgebung der Stigmen spärlich, nicht dicht, behaart, die Stigmenplatte ist nach hinten in einen etwas schmaleren Vorsprung ausgezogen.

Biologie und Ökologie

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Hyalomma marginatum ist eine Zwei-Wirt-Zecke. Larven und Nymphen (das zweite immature Entwicklungsstadium) entwickeln sich nacheinander auf einem Wirt. Die vollgesogenen Nymphen lassen sich schließlich abfallen. Sie warten danach im Lebensraum auf den zweiten Wirt, auf dem die Entwicklung zur Imago und die Paarung stattfinden. Die Art besitzt im natürlichen Lebensraum nur eine Generation pro Jahr. Die Zecken sind nur im Frühjahr und Sommer bei warmen Umgebungstemperaturen aktiv. Larven werden im Juni und Juli, Nymphen ab Juli beobachtet. Die Imagines überwintern, sind ab März aktiv und erreichen ihr Aktivitätsmaximum im Mai. Einzelne Tiere sind aber bis zum Spätsommer oder sogar Frühherbst aktiv. Die Art sucht ihre Wirte aktiv jagend. Sie ist also kein Lauerjäger wie der Gewöhnliche Holzbock, sondern bewegt sich auf der Suche nach Wirten aktiv durch den Lebensraum. Die Wirtssuche beruht vermutlich vor allem auf chemischen Sinnesreizen, bei verwandten Arten wurden aber auch mechanische und optische Stimuli festgestellt.[2]

Wirte der immaturen Stadien sind kleine, bodenlebende Säugetiere, insbesondere Hasenartige und Insektenfresser, und bodenlebende Vogelarten, darunter viele Singvögel. Wirte der adulten Tiere sind große Säugetiere, insbesondere wilde und domestizierte Huftiere, vor allem Rinder. Menschen werden, als Fehlwirte, verhältnismäßig häufig ebenfalls gestochen.

Nachweise der Art (im engeren Sinne) liegen vor aus Nordafrika, dem europäischen Mittelmeerraum und dem Westen und Zentrum Asiens[2], östlich bis zum Süden Russlands, Pakistan und Turkmenistan. Nachweise aus Südafrika beziehen sich auf andere Arten (frühere Unterarten, die nun als eigenständig gelten). Aufgrund der schwierigen Taxonomie der Artengruppe sind vor allem ältere Nachweise nur schwer einer Art zuzuordnen. In Südeuropa ist die Art weit verbreitet. Sie kommt auf dem Balkan bis in den Süden Rumäniens[4], Bosnien und Albanien[2] vor. Populationen im westlichen Mittelmeerraum (Italien, Spanien) sind von diesem Verbreitungsgebiet getrennt. Direkte Nachweise von reproduzierenden Populationen aus dem Süden Frankreichs standen lange aus, gelten jetzt aber als höchst wahrscheinlich.[5] Einzelfunde auf Rindern in Ungarn beziehen sich hingegen auf die nahe verwandte, heute als eigene Art betrachtete Hyalomma rufipes.[6]

Durch vom Menschen durchgeführte Viehtransporte und das Vorkommen von Immaturen auf Zugvögeln wurde die Art sehr weit verschleppt, so dass Einzelfunde fast weltweit vorliegen[2]. So konnten Individuen in Brasilien nachgewiesen werden, ohne dass sie sich dort etablieren konnte.[7]

Ausbreitung nach Norden

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Seit einiger Zeit wird eine Arealausweitung dieser Art nach Norden hin beobachtet. Dies ruft wegen ihrer Bedeutung als Krankheitsüberträger Besorgnis bei Epidemiologen hervor. So gehört die Art in der Türkei, wo sie früher recht selten war, heute zu den häufigsten Zeckenarten, 85 Prozent der auf Rindern nachgewiesenen Zecken im Land gehören inzwischen zu dieser Art.[8]

Individuen der Art (oder zumindest der Artengruppe) wurden schon seit vielen Jahren gelegentlich auf Zugvögeln in Deutschland gefunden.[9][10] Im Sommer 2018 konnten nun erstmals auch Zecken der Art auf Viehbestand (Pferden und Schafen) in Deutschland nachgewiesen werden. Funde liegen aus ganz verschiedenen Regionen (Raum Osnabrück, Hannover, Wetterau in Hessen) vor. Im Dezember 2018 wurde ein Exemplar auf einem Pferdehof in Bokelholm, Schleswig-Holstein, gefunden[11]. Eine Etablierung in Deutschland ist damit noch nicht nachgewiesen, wird aber für die Zukunft befürchtet.[12][13] (Die Art war allerdings einmal schon 2017, in einem Garten, an einem Hosenbein in Tübingen, gefunden worden.[14]) Entgegen der Darstellung in den Medien ist es keine „tropische“ Art, sie kommt in den Tropen nicht vor. Im Juni 2019 wurde erstmals in Oberösterreich nachgewiesen, dass ein Exemplar überwinterte.[15]

Nach Modellabschätzungen erscheint, unter realistischen Klimamodellen, eine Ausbreitung der Art in Süddeutschland, bis in die südlichen Niederlande, realistisch.[16]

In Österreich wurde ein geschlechtsreifes Tier, das mit dem Rickettsia-aeschlimannii-Bakterium (einem Fleckfieber-Erreger, Symptome ähnlich zum Boutonneuse-Fieber) infiziert war, erstmals im Jahr 2018 im Raum Melk festgestellt.[17][18] Die Zecke mit demselben Erreger wurde schon vorher auf einem Teichrohrsänger in Zerbst (Sachsen-Anhalt) genetisch nachgewiesen, dem bisher nördlichsten Fundpunkt.[19]

Phylogenie und Taxonomie

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Die Art gehört innerhalb der Gattung in die Untergattung Euhyalomma, in der sie mit einer Reihe von Verwandten die marginatum-Artengruppe bildet. Es handelt sich um ein taxonomisch schwieriges Aggregat ähnlicher Arten, die überwiegend früher als Unterarten von H. marginatum aufgefasst worden sind. Die Monophylie der Gattung und der Untergattung wurden mit molekularen Methoden bestätigt.[20] Schwesterart ist demnach Hyalomma turanicum, auch Hyalomma rufipes ist nahe verwandt.

Synonyme sind, unter anderem, Hyalomma plumbeum Panzer, 1795 und Hyalomma savignyi (Gervais, 1844).

Medizinische Bedeutung

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Wie viele Arten der Gattung Hyalomma überträgt Hyalomma marginatum die Viruserkrankung Krim-Kongo-Fieber. Die Art gilt in Südeuropa, dem Nahen Osten und Zentralasien als der wichtigste Vektor der Krankheit.

Commons: Hyalomma marginatum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Sobhy Abdel-Shafy, Amira H. El Namaky, Nesreen A. T. Allam, Seham Hendawy (2016): Scanning electron microscopy and morphometrics of nymph and larva of the tick Hyalomma rufipes Koch, 1844 (Acari: Ixodidae). Journal of Parasitic Diseases 40( 1): 1–10. doi:10.1007/s12639-014-0450-6
  2. a b c d e Agustín Estrada-Peña, Andrei Daniel Mihalca, Trevor N. Petney: Ticks of Europe and North Africa: A Guide to Species Identification. Springer Verlag Berlin etc. 2018, ISBN 978-3-319-63760-0.
  3. Asadollah Hosseini-Chegeni, Reza Hosseini, Majid Tavakoli, Zakiyeh Telmadarraiy, Mohammad Abdigoudarzi: The Iranian Hyalomma (Acari: Ixodidae) with a key to the identification of male species. Persian Journal of Acarology 2 (3): 503–529.
  4. A.D. Mihalca, M.O. Dumitrache, C. Magdaş, C.M. Gherman, C. Domşa, V. Mircean, I.V. Ghira, V. Pocora, D.T. Ionescu, S. Sikó Barabási, V. Cozma, A. D. Sándor (2012): Synopsis of the hard ticks (Acari: Ixodidae) of Romania with update on host associations and geographical distribution. Experimental and Applied Acarology 58: 183–206. doi:10.1007/s10493-012-9566-5
  5. Laurence Vial et al. (2012): Strong evidence for the presence of the tick Hyalomma marginatum Koch, 1844 in southern continental France. Ticks and Tick-borne Diseases 7 (6): 1162–1167. doi:10.1016/j.ttbdis.2016.08.002
  6. Sándor Hornok & Gábor Horváth (2012): First report of adult Hyalomma marginatum rufipes (vector of Crimean-Congo haemorrhagic fever virus) on cattle under a continental climate in Hungary. Parasites & Vectors 5: 170. doi:10.1186/1756-3305-5-170
  7. Filipe Dantas-Torres, Valeria Castilla-Onofrio, Darci Moraes Barros-Battesti (2009): The ticks (Acari: Ixodida: Argasidae, Ixodidae) of Brazil. Systematic & Applied Acarology 14: 30–46.
  8. Hyalomma marginatum - Factsheet for experts. ECDC European Centre for Disease Prevention and Control.
  9. Trevor N. Petney, Miriam P. Pfäffle, Jasmin D. Skuballa (2012): An annotated checklist of the ticks (Acari: Ixodida) of Germany. Systematic & Applied Acarology 17(2): 115–170.
  10. Miroslav Capek, Ivan Literak, Elena Kocian, Oldrich Sychr, Tomas Najer, Alfred Trnka, Pavel Kverek (2014): Ticks of the Hyalomma marginatum complex transported by migratory birds into Central Europe. Ticks and Tick-borne Diseases 5 (5): 489–493. doi:10.1016/j.ttbdis.2014.03.002
  11. Gefährliche Zecke in Schleswig-Holstein aufgetaucht. ndr.de, 29. Januar 2019
  12. Tropische Zeckenarten: Mehrere Funde in Deutschland beunruhigen Fachleute Pressemitteilung, Universität Hohenheim, 14. August 2018.
  13. Experten alarmiert: Tropische Zecke erreicht Deutschland tagesschau.de, Stand: 14. August 2018, 17:33 Uhr.
  14. Rainer Oehme, Malena Bestehorn, Silke Wölfel, Lidia Chitimia-Dobler (2017): Hyalomma marginatum in Tübingen, Germany. Systematic & Applied Acarology 22(1): 1–6. doi:10.11158/saa.22.1.1
  15. ORF at/Agenturen red: Wissenschaft: Riesenzecke überwinterte erstmals in Österreich. 12. Juni 2019, abgerufen am 12. Juni 2019.
  16. Agustin Estrada-Peña, Nely Sánchez, Adrián Estrada-Sánchez (2012): An Assessment of the Distribution and Spread of the Tick Hyalomma marginatum in the Western Palearctic Under Different Climate Scenarios. Vector-Borne and Zoonotic Diseases 12 (9): 758–768. doi:10.1089/vbz.2011.0771
  17. Subtropische Zecken erreichen Österreich auf ORF vom 7. Dezember 2018, abgerufen am 9. Dezember 2018.
  18. https://www.vetmeduni.ac.at/de/infoservice/presseinformationen/presseinformationen-2018/hyalomma-marginatum-fund/
  19. Leonid Rumer, Elmara Graser, Timo Hillebrand, Thomas Talaska, Hans Dautel, Oleg Mediannikov, Panchali Roy-Chowdhury, Olga Sheshukova, Oliver Donoso Mantke, Matthias Niedrig (2011): Rickettsia aeschlimannii in Hyalomma marginatum Ticks, Germany. Emerging Infectious Diseases 17(2): 325–326. doi:10.3201/eid1702.100308
  20. Arthur F. Sands, Dmitry A. Apanaskevich, Sonja Matthee, Ivan G. Horak, Alan Harrison, Shahid Karim, Mohammad K. Mohammad, Kosta Y. Mumcuoglu, Rupika S. Rajakaruna, Maria M. Santos-Silva, Conrad A. Matthee (2017): Effects of tectonics and large scale climatic changes on the evolutionary history of Hyalomma ticks. Molecular Phylogenetics and Evolution 114: 153–165. doi:10.1016/j.ympev.2017.06.002