Motorsportschule Kreiensen

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Die Motorsportschule Kreiensen war eine paramilitärische Ausbildungseinrichtung der Nationalsozialisten in dem heute niedersächsischen, damals braunschweigischen Ort Kreiensen.

Die Motorsportschule Kreiensen des Nationalsozialistischen Kraftfahr-Korps (NSKK)[1] bzw. der Motor-SA[2] wurde Ostern 1934 eröffnet. Sie bestand mindestens bis 1940.[3] Mitbegründet wurde sie durch den Gruppenstaffelführer Georg Wagener (1898–1985). Schulleiter wurde der Braunschweiger Motorsturmführer Bruno Winter. Vorgesehen waren 50 Mann kaserniertes Stammpersonal und 200 Lehrgangsteilnehmer.

Die Lehrgangsteilnehmer wurden offiziell als „Motorwehrmänner“ (und nicht etwa als „Motorsportschüler“ oder „Motorsportler“) bezeichnet und waren uniformiert. Ihre Uniform bestand aus langen Stiefeln, olivgrüner Stiefelhose und Bluse im gleichen Farbton, schwarzem Koppel und einer Art Skimütze. Für den Innendienst gab es Drillichjacken, für den Fahrdienst dunkelbraune zweiteilige Überanzüge, dazu bei den Kradfahrern Sturzhelme aus schwarzem Leder.[4] Die Motorwehrmänner, die in Kreiensen kaserniert waren, rückten gelegentlich aus, um Versammlungen ihrer politischen Gegner gewaltsam zu stören.[5]

Die Braunschweiger Büssing-Werke spendeten der Motorsportschule Kreiensen in den Jahren 1933 und 1934 jeweils drei geländegängige Dreiachser-Lastkraftwagen nebst Ersatzteilen und Werkzeug, die NSU Motorenwerke aus Neckarsulm spendeten Einzel- und Beiwagen-Motorräder und die Phänomen-Werke Gustav Hiller AG, Zittau, lieferten einen „Phänomen“-Kübelwagen.[6]

In der nahen Kreisstadt Bad Gandersheim gab es eine weitere Motorsportschule des NSKK mit der Grundsteinlegung 1936 und der Fertigstellung Ende 1938.[7]

Die Firma Burgsmüller & Söhne

In Kreiensen gab es vor der Eröffnung der NSKK-Motorsportschule schon seit 1931[8] oder 1932,[9] also schon vor der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ 1933, eine Ausbildungsstätte für SA- und SS-Angehörige in der ehemaligen Gewehrfabrik H. Burgsmüller & Söhne. Es handelte sich um eine SA-Vorschule und eine SS-Führerschule (auch als „SS-Lehrschule“ bezeichnet).[10]

Die Schule hatte zunächst sechs Lehrkräfte, die unter der Leitung eines 65-jährigen Oberstleutnants a. D. standen.[11] Dort wurden in vierwöchigen Kursen[12] jeweils 110[13] bzw. über 200 Männer pro Lehrgang[14] paramilitärisch ausgebildet.

Unter den Lehrern an der SS-Schule Kreiensen war Günther Pancke (1899–1973),[15] unter den Schülern war Clemens von Wedel Parlow-Wedelsberg.[16]

Als SA und SS am 13. April 1932 verboten wurden,[17] zogen die Schulungsteilnehmer vorübergehend aus Kreiensen ab.[18] Nachdem schon am 14. Juni 1932 die SA wieder zugelassen wurde,[19] wurde die SS-Schule in Kreiensen unter der Bezeichnung „Rednerschule“ wiedereröffnet.[20]

Der Unterhalt für die Schulungsteilnehmer wurde offenbar größtenteils durch Lebensmittelsammlungen bei den Bauern der Umgebung aufgebracht.[21]

Die Lehrgangsteilnehmer der SA- und SS-Schule in Kreiensen waren berüchtigt dafür, die Bevölkerung in der Umgebung zu terrorisieren.[22]

Zeitweilig war der spätere Geschäftsführer der Innungskrankenkasse Gandersheim, der SA-Führer Bunge aus Gandersheim, Leiter des Arbeitskommandos der SS-Schule in Kreiensen.[23]

Einzelnachweise

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  1. Bundesarchiv, NS 24/730 und NS 24/723, Motorsportschule Kreiensen 1935–1938, https://www.bundesarchiv.de/findbuecher/rlg_findm/findb/NS24-26427.xml
  2. Marianne Helms / Hans Langenfeld, „Hülsen, Bad Gandersheim, Adolf-Hitler-Bad Kreiensen“, S. 323–342 (ab S. 330 der PDF-Datei), Kap.: „Die Motorsportschule in Kreiensen“, S. 331–334, S. 331, in: Niedersächsisches Institut für Sportgeschichte (NISH), NISH-Jahrbuch 2009/10, Redaktion: Marianne Helms / Hans Langenfeld, Hoya 2010, ISBN 978-3-932423-36-9, https://nish.de/wp-content/uploads/2022/02/NISH-Jahrbuch-2009-10.pdf
  3. Organisationsbuch der NSDAP (1940), Zentralverlag der NSDAP, Franz Eher Nachf., München 1940, S. 396, https://archive.org/details/organisationsbuch-der-nsdap-1940/page/n579/mode/2up?q=Kreiensen
  4. Marianne Helms / Hans Langenfeld, „Hülsen, Bad Gandersheim, Adolf-Hitler-Bad Kreiensen“, S. 323–342 (ab S. 330 der PDF-Datei), Kap.: „Die Motorsportschule in Kreiensen“, S. 331–334, in: Niedersächsisches Institut für Sportgeschichte (NISH), NISH-Jahrbuch 2009/10, Redaktion: Marianne Helms / Hans Langenfeld, Hoya 2010, ISBN 978-3-932423-36-9, https://nish.de/wp-content/uploads/2022/02/NISH-Jahrbuch-2009-10.pdf
  5. „Der Kampf der Bilder, Braunschweig im Spiegel der Fotografie, 1930-1933“, Arbeitskreis Andere Geschichte e.V., Die Braunschweiger Geschichtswerkstatt http://www.kampf-der-bilder.de/index.php?id=26.
  6. Marianne Helms / Hans Langenfeld, „Hülsen, Bad Gandersheim, Adolf-Hitler-Bad Kreiensen“, S. 323–342 (ab S. 330 der PDF-Datei), Kap.: „Die Motorsportschule in Kreiensen“, S. 331–334, in: Niedersächsisches Institut für Sportgeschichte (NISH), NISH-Jahrbuch 2009/10, Redaktion: Marianne Helms / Hans Langenfeld, Hoya 2010, ISBN 978-3-932423-36-9, https://nish.de/wp-content/uploads/2022/02/NISH-Jahrbuch-2009-10.pdf
  7. Marianne Helms / Hans Langenfeld, „Hülsen, Bad Gandersheim, Adolf-Hitler-Bad Kreiensen“, S. 323–342 (ab S. 330 der PDF-Datei), Kap.: „Die Motorsportschule in Kreiensen“, S. 331–334, in: Niedersächsisches Institut für Sportgeschichte (NISH), NISH-Jahrbuch 2009/10, Redaktion: Marianne Helms / Hans Langenfeld, Hoya 2010, ISBN 978-3-932423-36-9, https://nish.de/wp-content/uploads/2022/02/NISH-Jahrbuch-2009-10.pdf
  8. Rainer Schomann, Michael Heinrich Schormann, Stefan Winghart, Joachim Wolschke-Bulmahn (Hrsg.), „Unter der GrasNarbe. Freiraumgestaltungen in Niedersachsen während der NS-Diktatur als denkmalpflegerisches Thema“, Tagung in Hannover, 26.–29. März 2014, darin: Reinhard Bein, „Rahmenbedingungen der Umgestaltung Braunschweigs zu einem nationalsozialistischen Musterland“, S. 14 (= Seite 15 der PDF-Datei), https://www.cgl.uni-hannover.de/fileadmin/cgl/Forschung/Publikationen/Broschueren/Broschu__re__Unter_der_GrasNarbe_.pdf : „In einer insolventen Gewehrfabrik in Kreiensen (Landkreis Gandersheim) entstanden 1931 eine SA-Vorschule und eine SS-Führerschule, in der NS-Verbände des ganzen Reiches für den Bürgerkrieg geschult wurden.“
  9. Bastian Hein, „Elite für Volk und Führer? Die Allgemeine SS und ihre Mitglieder 1925-1945“, Walter de Gruyter, 18. September 2012, Kap. II „Im braunen Hemd mit schwarzen Knöpfen“, S. 50, https://books.google.de/books?id=fuDoBQAAQBAJ&pg=PA50&lpg=PA50#v=onepage&q&f=false: „1932 wurde in Kreiensen die erste SS-eigene »Lehrschule« [...] eröffnet, [...]“
  10. Rainer Schomann, Michael Heinrich Schormann, Stefan Winghart, Joachim Wolschke-Bulmahn (Hrsg.), „Unter der GrasNarbe. Freiraumgestaltungen in Niedersachsen während der NS-Diktatur als denkmalpflegerisches Thema“, Tagung in Hannover, 26.–29. März 2014, darin: Reinhard Bein, „Rahmenbedingungen der Umgestaltung Braunschweigs zu einem nationalsozialistischen Musterland“, S. 14 (= Seite 15 der PDF-Datei), https://www.cgl.uni-hannover.de/fileadmin/cgl/Forschung/Publikationen/Broschueren/Broschu__re__Unter_der_GrasNarbe_.pdf
  11. Bastian Hein, „Elite für Volk und Führer? Die Allgemeine SS und ihre Mitglieder 1925-1945“, Walter de Gruyter, 18. September 2012, 364 Seiten, Kap. II „Im braunen Hemd mit schwarzen Knöpfen“, S. 50, https://books.google.de/books?id=fuDoBQAAQBAJ&pg=PA50&lpg=PA50#v=onepage&q&f=false
  12. M.H., „»Gut, daß wir sie los sind!« SA-Rekruten verlassen Kreiensen.“, in: Der Funke (Reichsausgabe), Nummer 90 A, Berlin, Sonntag, den 17. April 1932, 21. Jahrgang, Seite 5 der PDF-Datei, http://library.fes.de/inhalt/digital/funke/pdf/1932/19320417.pdf
  13. Bastian Hein, „Elite für Volk und Führer? Die Allgemeine SS und ihre Mitglieder 1925-1945“, Walter de Gruyter, 18. September 2012, 364 Seiten, Kap. II „Im braunen Hemd mit schwarzen Knöpfen“, S. 50, https://books.google.de/books?id=fuDoBQAAQBAJ&pg=PA50&lpg=PA50#v=onepage&q&f=false
  14. M.H., „»Gut, daß wir sie los sind!« SA-Rekruten verlassen Kreiensen.“, in: Der Funke (Reichsausgabe), Nummer 90 A, Berlin, Sonntag, den 17. April 1932, 21. Jahrgang, Seite 5 der PDF-Datei, http://library.fes.de/inhalt/digital/funke/pdf/1932/19320417.pdf
  15. Thierry Tixier, „Allgemeine SS - Polizei - Waffen SS“, Bd. 3, S. 1944, Lulu.com, https://books.google.de/books?id=BvK9DQAAQBAJ&pg=PA1944-IA44&lpg=PA1944-IA44#v=onepage&q&f=false
  16. Wolf Christian von Wedel Parlow, „Ostelbischer Adel im Nationalsozialismus: Familienerinnerungen am Beispiel der Wedel“, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, Juli 2017, S. 69, https://books.google.de/books?id=buMsDwAAQBAJ&pg=PA69&lpg=PA69#v=onepage&q&f=false
  17. Amtliche Dokumente zum SA-Verbot, in: Der Funke, 15. April 1932, Nr. 88/ 1. Jg., S. 3, http://library.fes.de/inhalt/digital/funke/pdf/1932/19320414.pdf
  18. M.H., „»Gut, daß wir sie los sind!« SA-Rekruten verlassen Kreiensen.“, in: Der Funke (Reichsausgabe), Nummer 90 A, Berlin, Sonntag, den 17. April 1932, 21. Jahrgang, Seite 5 der PDF-Datei, http://library.fes.de/inhalt/digital/funke/pdf/1932/19320417.pdf : „Hier [in Kreiensen] herrschte heute besonderes Leben. Von morgens an marschierten Trupps von SA und SS durch die Straßen unter Absingen ihrer faschistischen Marschlieder: es sind die SA-Rekruten, die zum Drill für den vierwöchentlichen Kurs in der SA-Schule hier zusammengezogen waren. Das Verbot der SA betrifft auch diese Schule: sie muß heute die Pforten schließen und die Kursteilnehmer wieder nach Hause schicken. Ich sehe einen Trupp in Richtung Braunschweig abfahren.“
  19. Paul Hoser, „Sturmabteilung (SA), 1921-1923/1925-1945“, in: Historisches Lexikon Bayerns, https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Sturmabteilung_(SA),_1921-1923/1925-1945#Das_SA-Verbot_vom_April.2FJuni_1932
  20. „Naziführer als Betrüger. Kleine Leute die Geschädigten. Getarnte SS.-Schule“, in: Volksstimme, 43. Jahrgang, Nr. 105, 4./5. Mai 1932, S. 2, http://library.fes.de/magdeburg/pdf/1932/1932-105.pdf : „Die SS-Schule in Kreiensen, die anläßlich des Verbots der SS. und der SA. für kurze Zeit geschlossen wurde, ist jetzt wieder eröffnet worden. Sie hat jetzt die Bezeichnung „Rednerschule“ erhalten.“
  21. M.H., „»Gut, daß wir sie los sind!« SA-Rekruten verlassen Kreiensen.“, in: Der Funke (Reichsausgabe), Nummer 90 A, Berlin, Sonntag, den 17. April 1932, 21. Jahrgang, Seite 5 der PDF-Datei, http://library.fes.de/inhalt/digital/funke/pdf/1932/19320417.pdf
  22. Friedrich Wilhelm Rogge, „Die Quellenlage zur Geschichte der Weimarer Republik in Niedersachsen, Anmerkungen und Hinweise zum augenblicklichen Forschungsstand“, in: „Niedersachsen in der Weimarer Republik“, Vorträge auf der Tagung der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen in Lüneburg am 28. / 29. Mai 1981, von S. 15, in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Neue Folge der Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen, Herausgegeben von der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen, Band 54, 1982, https://www.historische-kommission.niedersachsen.de/download/77538/JB_54_1982.pdf : „Die [...] Akten der Kreisdirektion Gandersheim (129 Neu) geben ein authentisches Bild über die seit 1930/31 verstärkt zu beobachtenden terroristischen Übergriffe auf die Bevölkerung in der Umgebung der berüchtigten SA- und SS-Führerschule in Kreiensen.“ Siehe auch: R.O., „Das Nazi-Musterland. Braunschweiger Brief“, Braunschweig, 6. April [1932], in: Der Funke, 1. Jahrgang, Nr. 83 B, 9. April 1932, S. 3, http://library.fes.de/inhalt/digital/funke/pdf/1932/19320409.pdf : „… Kreiensen. Dort ist eine SA-Schule eingerichtet worden, die seit ihrem Bestehen die Bevölkerung der Umgebung in Aufregung versetzt. … Bezeichnend für die Unsicherheit in Kreiensen und in der Umgebung des Ortes sind die Tatsachen, daß Eisenbahnbeamte wegen der Bedrohungen durch die NS eine Beschwerde an die Reichsbahndirektion geschickt haben, und daß in der benachbarten preußischen Stadt Einbeck seit einigen Tagen ein Ueberfallkommando der Polizei stationiert ist, um die Ueberfälle der NS-Banditen auf preußische Ortschaften abzuwehren. …“
  23. „Naziführer als Betrüger. Kleine Leute die Geschädigten. Getarnte SS.-Schule“, in: Volksstimme, 43. Jahrgang, Nr. 105, 4./5. Mai 1932, S. 2, http://library.fes.de/magdeburg/pdf/1932/1932-105.pdf