Nikolaus Wurmser

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Nikolaus Wurmser, auch Mikuláš Wurmser, (* vor 1320 in Straßburg; † 1363? in Prag) war ein elsässischer Maler, der in Böhmen am Hof Karls IV. tätig war.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1357 wird Nikolaus Wurmser erstmals in einer Darlehensurkunde des Stadtrates von Saaz als „Maler Seiner Durchlaucht, des Fürsten Karl, des Römischen Kaisers, Mehrer des Reichs und Königs von Böhmen“ erwähnt.[1] In eben dieser Archivalie wird Wurmser als „Bürger aus Straßburg“ und Ehemann der Saazer Bürgerin Anežka bezeichnet.[2]

Am 6. November 1359 lässt Karl IV. eine Urkunde ausstellen, die es Nikolaus gestattet, über sein Eigentum zu verfügen, um dieses neu ausstatten und gestalten zu können und sich auf diese Weise noch in stärkerem Umfang als Hofmaler und -künstler betätigen zu können als bisher.[3]

Am 25. Januar 1360 gewährt Papst Innozenz VI. in Avignon Meister Nikolaus und seiner Ehefrau die Absolution aller begangenen Sünden durch ihren Beichtvater: „Nicolao pictori et Agneti eius uxori Pragensis diocesis indulgetur ut confessor eorum in mortis articulo plenam omnium peccatorum remissionem eis concedere possit.“[4]

Mit einer am 13. Dezember 1360 in Nürnberg erlassenen Urkunde befreite der Kaiser den Hof Nikolaus Wurmsers in Mořina bei Karlstein lebenslang von allen Steuern.[5][6] Die besondere Stellung Nikolaus' am Hofe Karls stellt die Bezeichnung „familiaris noster“ in dieser Urkunde heraus, die den Maler zum engsten Kreis des Kaisers gesellt.

Am 1. November 1363 wurde in Prag ein Maler Mikuláš ermordet, der vermutlich mit Nikolaus Wurmser aus Straßburg identisch ist.

Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nikolaus Wurmser werden Wandmalereien auf Burg Karlstein aus den Jahren 1362/63 zugeschrieben, u. a. der Luxemburger-Stammbaum, die Porträts Karls IV. und dessen dritter Frau Anna von Świdnica über dem Eingangsportal der Gebetskapelle Karls,[7] ein apokalyptischer Zyklus im kleinen Burgturm an der Ostwand der Passion-Christi-Kapelle sowie die dortigen Gewölbemalereien.[8] Teile der Forschung sprechen sich gegen eine Identifikation Wurmsers mit dem ersten, auf Karlstein tätigen Maler aus.[9]

Zeitgleich hat Wurmser auch als Vorzeichnung dienende Kohlezeichnungen auf Putz in der Heilig-Kreuz-Kapelle, ein vormals profaner Saal im zweiten Geschoss, der für die Schatzkammer der Reichskleinodien sakralisiert wurde, angefertigt.[10] 1363, vielleicht aufgrund der Ermordung Wurmsers, wurde das Ausstattungskonzept des gesamten Turms geändert und dem spätestens seit 1359 in kaiserlichen Diensten stehenden Meister Theoderich übertragen. Theoderich scheint Nikolaus Wurmser im Amt als Hofkünstler nachgefolgt zu sein, da er auch den Hof in Mořina erhält.[11]

Neben den urkundlichen Notizen, die Nikolaus als Straßburger Bürger ausweisen, konnte Jiří Fajt auch künstlerisch enge Beziehung der Malereien auf Burg Karlsstein zu westlicher und insbesondere elsässischer Kunst nachweisen.[12]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unmittelbaren Einfluss soll die Malerei des Meisters Nikolaus auf die Buchmalereiwerkstatt des Meisters des Liber viaticus des Johannes von Neumarkt (1355–60; Prag, Nationalmuseum XIII A12)[13] und des Meister des Breviers des Hochmeisters Leo des Kreuzritters mit dem Roten Stern (entstanden 1356; Prag, Tschechische Staatsbibliothek, XVIII F6)[14] gehabt haben.

Das Stiftungsfenster Ulrichs des Älteren „zur goldenen Rose“ Stromer († 1379) im neu erbauten Ostchor der Ratskirche St. Sebaldus in Nürnberg wurde von Glasmalern angefertigt, die in künstlerischer Nähe zu der böhmischen Hofmalerei der 1360er Jahre – namentlich zu Nikolaus Wurmser und seinem Nachfolger Theoderich – standen.[15][16]

Auch der Nürnberger Maler Sebald Weinschröter griff auf Vorlagen aus dem Kreise Nikolaus Wurmsers zurück und verarbeitete sie etwa in der 1944 zerstörten Wandmalerei eines heiligen Christophorus in der neben der Sebalduskirche befindlichen Moritzkapelle.[17]

In später Nachfolge steht auch ein vermutlich in Würzburg entstandenes Tafelbild mit der Darstellung des himmlischen und irdischen Gerichts (um 1435; Museum am Dom Würzburg, BOW 122).[18]

Literatur (chronologisch)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jospeh Neuwirth: Der Bildercyklus des Luxemburger Stammbaumes aus Karlstein (= Forschungen zur Kunstgeschichte Böhmens, Bd. 2). Prag 1897.
  • Antonín Friedl: Mistr Karlštejneské Apokalypsy. Prag 1950.
  • Antonín Friedl: Mikuláš Wurmser. Mistr královkých portrétů na Karlštejně. Prag 1956.
  • Gerhard Schmidt: Malerei bis 1450. Tafelmalerei – Wandmalerei – Buchmalerei. In: Karl Maria Swoboda (Hrsg.): Gotik in Böhmen. Geschichte, Gesellschaftsgeschichte, Architektur, Plastik und Malerei. München 1969, S. 167–321, hier S. 189–196.
  • Joachim M. Plotzek: Bilder zur Apokalypse. In: Anton Legner (Hrsg.): Die Parler und der Schöne Stil 1350–1400. Europäische Kunst unter den Luxemburgern. Köln 1978, Bd. 3, S. 194–210.
  • Jakub Vítovský: Několik poznámek k problematice Karlštejna. In: Zprávy památkové péče. 11 (1992), S. 1–14.
  • Jaromír Homolka: Umělecká výzdoba paláce a Menší věž hradu Karlštejna. In: Jiří Fajt (Hrsg.): Magister Theodoricus. Dvorní malíř císaře Karla IV. Umělecká výzdoba posvátných prostor hradu Karlštejna. Prag 1997, S. 95–142.
  • Jiří Fajt: Charles IV. Toward a New Imperial Style. In: Barbara Drake Boehm, ders. (Hrsg.): Prague. The Crown of Bohemia 1347–1437. New York 2005, S. 2–21.
  • Jiří Fajt, Wilfried Franzen: Die neue Hofkunst. Von der Nachahmung zum Kaiserstil. In: Jiří Fajt, Markus Hörsch (Hrsg.): Kaiser Karl IV. (1316–2016). Erste Bayerisch-Tschechische Landesausstellung. Ausstellungskatalog. Prag 2016, S. 138–147.
  • Jiří Fajt: Nürnberg als Kunstzentrum des Heiligen Römischen Reichs. Höfische und städtische Malerei in der Zeit Kaiser Karls IV. 1346–1378. Deutscher Kunstverlag, Berlin 2019, insb. S. 190–228.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vgl. Prag, Burgarchiv, Liber erectionem II, fol. 46v–47r.
  2. Vgl. Fajt 2019, S. 199.
  3. Vgl. Dresden, Sächsisches Hauptstaatsarchiv, Bestand 10004 Kopiale 1314b, fol. 10r.
  4. Vatikanstadt, Vatikanisches Archiv, Reg. Av. 144, fol. 432v.
  5. Vgl. Dresden, Sächsisches Hauptstaatsarchiv, Bestand 10004 Kopiale 1314b, fol. 65v.
  6. Zeitgleich wurden auch andere Hofkünstler und -bedienstete mit Privilegien ausgestattet wie etwa der Nürnberger Maler Sebald Weinschröter, der Schreiber Konrad von Bissing oder der Schneider Johann Sartor. Vgl. Fajt 2019, S. 64.
  7. Vgl. Fajt 2005, S. 12.
  8. Vgl. Helge Kuppe: Eine Altarsetzung mit sichtbaren Folgen. Sigismund von Luxemburg und das Dreikönigsportal der Liebfrauenkirche in Frankfurt/Main. In: Jiří Fajt, Markus Hörsch (Hrsg.): Vom Weichen über den Schönen Stil zur Ars Nova. Neue Beiträge zur europäischen Kunst zwischen 1350 und 1470 (= Studia Jagellonica Lipsiensia, Bd. 19). Köln u. a. 2018, S. 47–71, hier S. 57 f.
  9. Vgl. Jan Krofta: Rodokmen císaře Karla na Karlštejně a jeho domnělé kopie. In: Umění 23 (1975), S. 63–66. – Karel Stejskal: Noch einmal über die Datierung und Zuschreibung der Karlsteiner Malereien. In: Jiří Fajt (Hrsg.): Court Chapels of the High and Late Middle Ages and their Artistic Decoration. Prag 2003, S. 47–58, hier S. 56 f.
  10. Vgl. Fajt/Franzen 2016, S. 144.
  11. Vgl. Fajt/Franzen 2016, S. 145.
  12. Fajt 2019, S. 215–228.
  13. Vgl. Fajt 2019, S. 151.
  14. Vgl. Fajt 2019, S. 244–249.
  15. Vgl. Gerhard Weilandt: Die Sebalduskirche in Nürnberg. Bild und Gesellschaft im Zeitalter der Gotik und Renaissance (= Studien zur internationalen Architektur- und Kunstgeschichte, Bd. 47). Imhof Verlag, Petersberg 2007, S. 444 Anm. 102.
  16. Vgl. Hartmut Scholz: Die mittelalterlichen Glasmalereien in Nürnberg. Sebalder Stadtseite (= Corpus vitrearum medii aevi, Bd. 10.2). Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 2013, S. 90–103, hier S. 96 f.
  17. Vgl. Fajt 2019, S. 141 mit Abb. 98.
  18. Vgl. Anton Legner (Hrsg.): Die Parler und der Schöne Stil 1350–1400. Europäische Kunst unter den Luxemburgern. Ausstellungskatalog. Köln 1978, Bd. 1, S. 357–359 (Hans Ramisch). – Barbara Drake Boehm, Jiří Fajt (Hrsg.): Prague. The Crown of Bohemia 1347–1437. Ausstellungskatalog. New York 2005, S. 316 f., Kat. Nr. 151 (Markus Hörsch).