Scherfestigkeit

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Die Scher- oder Schubfestigkeit ist eine Stoffkonstante, die den Widerstand eines Werkstoffs gegen Abscherung beschreibt, also gegen eine Trennung durch tangentiale Scherkräfte, die zwei einander anliegende Flächen längs zu verschieben suchen.

Sie gibt die maximale Schubspannung an, mit der ein Körper vor dem Abscheren belastet werden kann, das heißt die auf die gesamte Bruchfläche bezogene maximale Tangentialkraft :

Die Schubfestigkeit[1] wird bestimmt durch den Schubmodul, auch Gleitmodul genannt.

Die theoretische Schubfestigkeit ist zu unterscheiden von der tatsächlich messbaren Schubfestigkeit, die insbesondere bei Metallen aufgrund von Störungen im Kristallaufbau erheblich geringer sein kann. In manchen Zusammenhängen wird nur die praktisch messbare Schubfestigkeit als Scherfestigkeit bezeichnet. Im Allgemeinen wird zwischen beiden jedoch nicht unterschieden.[2]

Grundlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Scherfestigkeit hängt von der wirkenden Normalkraft ab und misst die zusammenhaltenden Kräfte, im Gegensatz zu den auf Oberflächen wirkenden Reibungskräften. Die Prüfeinrichtungen realisieren das Verhältnis von Normal- zu Scherkraft unterschiedlich: es kann konstant, veränderlich oder unbestimmt sein.

Die Scherfestigkeit hat die Einheit einer Spannung (Kraft pro Fläche) und wird meist angegeben in N/mm² oder MN/m².

Zur Beschreibung des Verformungsverhaltens von technischen Materialien oder Gesteinen wird am häufigsten die Elastizitätstheorie verwendet. Das Hookesche Gesetz beschreibt das proportionale Spannungs-Dehnungs-Verhalten homogener, isotroper, elastischer Materialien.

Materialwissenschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den Materialwissenschaften ist die Scherfestigkeit eine wichtige Kenngröße zur mechanischen Charakterisierung von Werkstoffen, sie drückt die Belastungsfähigkeit eines Werkstoffs auf Abscheren aus.

Ermittelt wird die Scherfestigkeit in einem standardisierten Messverfahren, dem Scherversuch. Dabei wird ein kreiszylindrischer Probestab in eine U-förmige Schervorrichtung eingelegt und mit einem genau in die Aussparung passenden Scherstempel senkrecht zur Längsachse so lange belastet, bis er abschert.

Bodenmechanik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Bodenmechanik spielt die Scherfestigkeit bei der Diskussion der mechanischen Eigenschaften von Böden und Gesteinsformationen eine wichtige Rolle.

Zur Bestimmung der Scherfestigkeit von Fels- oder Bodenproben im Labor verwendet man auch die folgenden Versuchsgeräte (Schergeräte):

Die Scherfestigkeit kann man auch in situ (vor Ort) bestimmen oder ableiten, z. B. mit folgenden Untersuchungsverfahren:

Der Bodenmechaniker quantifiziert die Scherfestigkeit mit dem Bruchkriterium nach Mohr/Coulomb, das als Bodenkennwerte die Kohäsion (Haftfestigkeit der Gemengeteilchen) und den Reibungswinkel sowie als externen Einfluss die Normalspannung enthält.

Die Scherfestigkeit von klüftigem Gestein beeinflusst auch dessen Druckfestigkeit.

Im Bereich der Bodenmechanik wird für Lockergesteine zusätzlich zwischen drainierter und undrainierter Scherfestigkeit unterschieden.[3] Mithilfe der undrainierten Scherfestigkeit können näherungsweise Angaben zur Konsistenz und zur Sensitivität gemacht werden.

Bautechnik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Bautechnik ist die Scherfestigkeit von Bedeutung u. a. bei der zulässigen Belastbarkeit von Gründungen auf Böden und Bauwerken im Felsgestein, im Tunnelbau und bei der Belastbarkeit von Konstruktionswerkstoffen (Stahl, Aluminium, Kunststoff), z. B. bei Schweißnähten, Schrauben und Nieten.

Auch neuerdings eingeführte Berechnungen für die Bemessung von Stahlfaserbeton gehen von der Scherfestigkeit von Mohr-Coulomb aus.[4]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bernd Hillemeier: Skript Baustoffkunde I. (pdf; 2,2 MB) Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. März 2013; abgerufen am 8. Juli 2013.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bau.tu-berlin.de
  2. Siehe hierzu "Otto Lueger: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Eintrag Schubfestigkeit, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 819-821."
    Dort wird ausgesagt: "Ueber eine Unterscheidung von Scherfestigkeit und Schubfestigkeit, die wir jedoch nicht für angebracht halten, s. Mörsch, Schub- und Scherfestigkeit des Betons, Schweiz. Bauztg. 1904, XLIV, S. 295, 307."
  3. Helmut Prinz, Roland Strauß: Ingenieurgeologie. 5. Auflage. Spektrum, Heidelberg, ISBN 978-3-8274-2472-3, S. 73.
  4. Bernhard Wietek: Stahlfaserbeton. Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-8348-0872-1.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]