Teilverhältnis

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Definition des Teilverhältnisses und Spezialfälle

Unter dem Teilverhältnis versteht man in der Geometrie im einfachsten Fall das Verhältnis zweier Teilstrecken einer gegebenen Strecke. Wird z. B. die Strecke durch einen Punkt in zwei Teilstrecken und geteilt (s. erstes Beispiel), so ist die Zahl das zugehörige Teilverhältnis. Man könnte allerdings auch den Kehrwert, der durch Vertauschen von und entsteht, als Teilverhältnis erklären. Beim Umgang mit Teilverhältnissen ist also unbedingt auf die Bezeichnung der Punkte zu achten.

Die große Bedeutung erhält das Teilverhältnis durch die Verallgemeinerung auf beliebige Teilpunkte auf der Geraden durch .

Die große Bedeutung des Teilverhältnisses liegt in seiner Invarianz unter affinen Abbildungen (lineare Abbildungen und Translationen) und Parallelprojektionen. Bei projektiven Abbildungen und Zentralprojektionen bleibt das Teilverhältnis im Allgemeinen nicht invariant, aber das sogenannte Doppelverhältnis.

In der Literatur findet man die folgende Definition für drei Punkte in der euklidischen Ebene:

Für drei verschiedene kollineare Punkte nennt man die Zahl mit der Eigenschaft
das Teilverhältnis, in dem der Punkt das Punktepaar teilt, und bezeichnet sie mit oder .

Der Fall lässt sich mit einbeziehen und liefert . Das Teilverhältnis kann jede reelle Zahl außer −1 annehmen (s. u.).

Das Wort „teilt“ darf man nach der Ausdehnung auf beliebige Punkte nicht zu wörtlich nehmen, denn nur, wenn zwischen liegt, teilt die Strecke .

Es gilt:

  • Liegt zwischen und , so ist und man spricht von einer inneren Teilung.
  • Liegt außerhalb, so ist und man spricht von einer äußeren Teilung. Falls außerhalb auf der Seite von liegt, so ist . Falls auf der Seite von liegt, gilt .
  • Nähert sich von innen an, so strebt gegen , im anderen Fall (von außen) geht gegen .
  • Falls der Mittelpunkt der Strecke ist, ergibt sich .

Man beachte, dass eine Vertauschung von das Teilverhältnis verändert (invertiert), außer im Fall, dass der Mittelpunkt der Strecke ist.

Berechnung des Teilverhältnisses bzw. des Teilpunktes

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Vektoren zur Berechnung des Teilverhältnisses
Teilverhältnis in Abhängigkeit vom Parameter t:

Der Punkt der Geraden durch die Punkte und lässt sich durch

  • mit einem Parameter beschreiben.

Aus und ergibt sich die Gleichung und schließlich

  • .

Löst man die letzte Gleichung nach t auf, so erhält man

  • und damit zu vorgegebenem Teilverhältnis den Teilpunkt mit

Für ist und der Mittelpunkt der Strecke .

Bemerkung:
Falls die Punkte durch ihre Parameter bezüglich einer Parameterdarstellung der zugrunde liegenden Gerade gegeben sind, ergibt sich für ihr Teilverhältnis

  • und für die Umkehrung .

Zeichnerisches Ermitteln des Teilpunkts

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Teilung von A, B im Verhältnis (T, innen) bzw. (S,außen)

Um den Teilpunkt zu finden, verwendet man eine Konstruktion nach dem zweiten Strahlensatz: Soll die Strecke [AB] im Verhältnis m:n geteilt werden, so zeichnet man durch A und durch B zwei parallele Geraden. Auf der Parallelen durch A trägt man m-mal, auf der Parallelen durch B n-mal die gleiche Strecke ab. Bei innerer Teilung muss das Abtragen in verschiedener Richtung, bei äußerer Teilung in gleicher Richtung erfolgen. Man zeichnet die Gerade durch die Endpunkte der abgetragenen Strecken. Ihr Schnittpunkt mit der Geraden AB ist der gesuchte Teilpunkt (S bzw. T).

Invarianz des Teilverhältnisses

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine beliebige affine Abbildung der reellen Koordinatenebene lässt sich folgendermaßen darstellen:

  • , wobei eine lineare Abbildung ist.

Also wird auf

abgebildet. Hieraus ergibt sich
  • , die Invarianz des Teilverhältnisses.

Eine Parallelprojektion lässt sich als affine Abbildung oder, bei geeigneter Koordinatisierung, sogar als lineare Abbildung darstellen (siehe Ellipse (Darstellende Geometrie)). Also ist das Teilverhältnis auch bei Parallelprojektion invariant.

Verallgemeinerung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da zur Definition des Teilverhältnisses nur Zahlen und Vektoren verwendet wurden, lässt sie sich wörtlich auf eine affine Koordinaten-Ebene über einem beliebigen Körper ausdehnen. (Die reellen Zahlen werden als Koordinatenbereich einfach durch einen beliebigen Körper ersetzt.) Allerdings gelten die obigen Aussagen, die typische Eigenschaften der reellen Zahlen („“ und „“) verwenden, nicht mehr. Die Invarianz des Teilverhältnisses gilt auch in diesem allgemeinen Fall.

  • dtv-Atlas zur Mathematik, Band 1, 1978, ISBN 3-423-03007-0, S. 157
  • Siegfried Krauter, Christine Bescherer: Erlebnis Elementargeometrie, ISBN 978-3-8274-3026-7, S. 159
  • Hermann Schaal, Ekkehart Glässner: Lineare Algebra und analytische Geometrie, Band 1, 255 Seiten, Vieweg; Braunschweig, Wiesbaden 1976, ISBN 3-528-03056-9
  • Uwe Storch, Hartmut Wiebe: Lehrbuch der Mathematik, Band II: Lineare Algebra. BI-Wissenschafts-Verlag, 1990, ISBN 3-411-14101-8