„Einkommenseffekt“ – Versionsunterschied

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Als '''Einkommenseffekt''' wird in der [[Mikroökonomik]] die Änderung der [[Nachfrage]] nach einem [[Gut (Wirtschaftswissenschaft)|Gut]] bezeichnet, die sich infolge einer Änderung des (realen) Einkommens einstellt. Genauer spricht man von einem Einkommenseffekt, wenn sich aufgrund einer Preisänderung auf einem Markt das Realeinkommen eines Akteurs verändert; diese Realeinkommensänderung bedingt dann wiederum die besagte Änderung der Nachfrage.<ref>Vgl. Breyer 2011, S. 145; Varian 2010, S. 137, 141 ff.; Wied-Nebbeling/Schott 2007, S. 64 ff.</ref>


Vom ''Einkommenseffekt'' unterscheidet man bei der Betrachtung der Folgen einer Preisänderung einen zweiten auftretenden Effekt, den so genannten ''[[Substitutionseffekt]].'' Je nach Szenario verstärken sich die Effekte gegenseitig oder stehen einander entgegen.
Als '''Einkommenseffekt''' wird in der [[Mikroökonomik]] die Änderung der [[Nachfrage]] nach einem [[Gut (Wirtschaftswissenschaft)|Gut]] bezeichnet, die sich infolge einer Änderung des (realen) Einkommens einstellt. Der Einkommenseffekt kann positiv ([[superiores Gut]]), negativ ([[inferiores Gut]]) oder Null sein.


Zur isolierten Betrachtung des Einkommens- und Substitutionseffektes verwendet man häufig die so genannten [[Slutsky-Zerlegung]]; insbesondere bei der graphischen Analyse wird daneben auch oft auf die (analytisch allerdings weniger ergiebige) [[Hicks-Zerlegung]] zurückgegriffen.
Der [[Substitutionseffekt]] steht dem Einkommenseffekt gegenüber. Durch die [[Slutsky-Zerlegung]] können beide Effekte getrennt betrachtet werden.


== Beispiel im Zwei-Güter-Fall ==
== Formale Definition ==
Der Einkommenseffekt ergibt sich direkt aus der Slutsky-Gleichung (zum Beweis und zur Erklärung der einzelnen Funktionen und Variablen wird auf den Artikel ''[[Slutsky-Zerlegung]]'' verwiesen)
=== Effekte ===
:<math>\underbrace{\frac{\partial x_{i}(\mathbf{p},y)}{\partial p_{j}}}_{\mathrm{Gesamteffekt}}=\underbrace{\frac{\partial x_{i}^{h}(\mathbf{p},\overline{u})}{\partial p_{j}}}_{\mathrm{Substitutionseffekt}}\underbrace{-x_{j}(\mathbf{p},y)\frac{\partial x_{i}(\mathbf{p},y)}{\partial y}}_{\mathrm{Einkommenseffekt}}</math>.
Man betrachtet eine Situation, in der es nur zwei Gütern gibt: Gut 1 und Gut 2. Zu untersuchen ist, wie sich der Konsum beider Güter ändert, wenn der Preis von Gut 1 sinkt. Diese Preissenkung bewirkt zweierlei:
# Zum einen führt die Preissenkung von Gut 1 dazu, dass Gut 1 für den Konsumenten verglichen mit Gut 2 relativ preiswerter und so attraktiver wird. Der Haushalt wird daher mehr Einheiten von Gut 1 nachfragen und entsprechend weniger von Gut 2. Weil hier Gut 2 durch Gut 1 ersetzt (substituiert) wird, spricht man hierbei von einem ''[[Substitutionseffekt]].''
# Zum anderen steht dem Haushalt dadurch, dass der Preis für Gut 1 sinkt, insgesamt ein größeres Einkommen zur Verfügung, von dem er weitere Güter nachfragen kann. Der Haushalt setzt das gestiegene Einkommen sodann ein, um mehr Einheiten ''beider Güter'' zu konsumieren. Diesen Effekt bezeichnet man als '''Einkommenseffekt.'''


Dabei wird es in der Literatur unterschiedliche gehandhabt, ob der Einkommenseffekt nun wie überstehend definiert wird oder man das Minuszeichen von dem Ausdruck ausnimmt, womit für den Einkommenseffekt dann nur noch <math>x_{j}(\mathbf{p},y)\cdot\left[\partial x_{i}(\mathbf{p},y)/\partial y\right]</math> stehen bleiben würde. Dies ist freilich für den Anwendungsfall essenziell, denn die Vorzeichen des Effektes kehren sich in diesem Fall um (sodass beispielsweise der Einkommenseffekt bei normalen Gütern stets positiv wäre, siehe weiter unten). Wir verwenden im Folgenden durchgehend erstere Definition.<ref>Mit Breyer 2011, S. 148; Endres/Martiensen 2007, S. 138; Anton Barten und Volker Böhm: ''Consumer Theory.'' In: Kenneth J. Arrow and Michael D. Intrilligator (Hrsg.): ''Handbook of Mathematical Economics.'' Bd. 2. North Holland, Amsterdam 1982, ISBN 978-0-444-86127-6, S. 382–429, hier S. 417; Jochen Schumann, Ulrich Meyer und Wolfgang Ströbele: ''Grundzüge der mikroökonomischen Theorie.'' 9. Aufl. Springer, Heidelberg u.a. 2011, ISBN 978-3-642-21225-3, S. 85; Harald Wiese: ''Mikroökonomik. Eine Einführung.'' Springer, Heidelberg u.a. 2010, ISBN 978-3-642-11599-8 (auch online: {{DOI|10.1007/978-3-642-11600-1}}), S. 110 f.; [[Thorsten Hens]] und Paolo Pamini: ''Grundzüge der analytischen Mikroökonomie.'' Springer, Heidelberg u.a. 2008, ISBN 978-3-540-28157-3 (auch online: {{DOI|10.1007/978-3-540-28158-0}}), S. 58. Entgegen Wied-Nebbeling/Schott 2007, S. 75; Nolan H. Miller: ''Notes on Microeconomic Theory.'' Online via http://www.hks.harvard.edu/nhm/notes2006/firsthalf.pdf (PDF-Datei, 1MB), S. 65, abgerufen am {{subst:LOCALDAY}}. {{subst:LOCALMONTHNAME}} {{subst:LOCALYEAR}}; Carl P. Simon und Lawrence Blume: ''Mathematics for Economists.'' W. W. Norton, New York und London 1994, ISBN 0-393-95733-0, S. 556.</ref>
''Gesamteffekt:'' In diesem Beispiel sind der Substitutionseffekt und der Einkommenseffekt für Gut 1 positiv. Beide Effekte addieren sich zu einem positiven Gesamteffekt – die Nachfrage nach Gut 1 steigt. Für Gut 2 wirken der Substitutionseffekt (negativ) und der Einkommenseffekt (positiv) gegeneinander. Eine klare Aussage über den Gesamteffekt ist nicht möglich. Wenn der Substitutionseffekt den Einkommenseffekt überwiegt, sinkt der Konsum von Gut 2; überwiegt jedoch der Einkommenseffekt, steigt der Konsum von Gut 2 – obwohl es der Preis für Gut 1 war, der in der Ausgangssituation gesenkt wurde.


Für <math>i=j</math> gibt der Term rechts des Gleichheitszeichens entsprechend die Auswirkung der Preisänderung eines Gutes auf die Nachfrage nach demselben Gut an (Eigenpreisfall).
===Superiore (normale) Güter===
Handelt es sich bei Gut 1 um ein superiores Gut, so wird der Einkommenseffekt für Gut 1 positiv sein - das zusätzliche Einkommen wird für eine größere Gütermenge ausgegeben. Das heißt: Einkommenseffekt positiv + Substitutionseffekt positiv = Gesamteffekt positiv. Gegebenenfalls steigt dann auch die Nachfrage nach Gut 2.


== Eigenschaften ==
===Inferiore Güter===
=== Uneindeutigkeit des Vorzeichens ===
Ist Gut 1 jedoch ein inferiores Gut, wird man trotz zusätzlichen Einkommens nicht mehr oder sogar weniger von Gut 1 konsumieren wollen. Der Einkommenseffekt ist also negativ. Ist der Einkommenseffekt derart stark negativ, dass er den positiven Substitutionseffekt ausgleicht und der Gesamteffekt negativ wird, so ist das inferiore Gut 1 zudem ein so genanntes [[Giffen-Gut]].
Man bezeichnet den Einkommenseffekt einer Preisänderung als positiv, wenn die Vorzeichen der Einkommens- und der Nachfrageänderung identisch sind. Andernfalls spricht man von einem negativen Einkommenseffekt.<ref>Vgl. Breyer 2011, S. 147.</ref> (Beachte, dass demgegenüber der Substitutionseffekt als positiv bezeichnet wird, wenn die Vorzeichen der Preis- und der ''Nachfrage''änderung identisch sind.) Die Begründungen hierfür finden sich jeweils in der Slutsky-Definition.


;Beispiel
Normale Güter werden mit sinkendem Einkommen auch weniger nachgefragt. Inferiore Güter werden dagegen mit sinkendem Einkommen verstärkt nachgefragt.
Man betrachte eine Situation, in der es nur zwei Gütern gibt: Gut 1 und Gut 2. Zu untersuchen ist, wie sich die Nachfrage nach diesen beiden Güter ändert, wenn der Preis von Gut 1 sinkt. Die Preissenkung bewirkt zweierlei:
# Zum einen führt die Preissenkung von Gut 1 dazu, dass Gut 1 für den Konsumenten verglichen mit Gut 2 relativ preiswerter und somit attraktiver wird. Der Haushalt wird daher mehr Einheiten von Gut 1 nachfragen und entsprechend weniger von Gut 2. Weil hier Gut 2 durch Gut 1 ersetzt (substituiert) wird, spricht man hierbei vom ''[[Substitutionseffekt]].''
# Zum anderen steht dem Haushalt dadurch, dass der Preis für Gut 1 sinkt, insgesamt ein größeres Einkommen zur Verfügung, von dem er weitere Güter nachfragen kann. Der Haushalt setzt das gestiegene Einkommen sodann ein, um mehr Einheiten ''beider Güter'' zu konsumieren (es handelt sich bei den beiden Gütern also um normale Güter, siehe unten). Diesen Effekt bezeichnet man als ''Einkommenseffekt.''


''Gesamteffekt:'' In diesem Beispiel sind sowohl der Substitutionseffekt als auch der Einkommenseffekt für Gut 1 negativ (Preissenkung → Nachfragesteigerung bzw. Einkommenserhöhung → Nachfragesteigerung). Beide Effekte addieren sich zu einem negativen Gesamteffekt auf – die Nachfrage nach Gut 1 steigt in der Konsequenz also. In Bezug auf Gut 2 wirken hingegen der Substitutionseffekt (positiv) und der Einkommenseffekt (negativ) gegeneinander. Eine klare Aussage über den Gesamteffekt ist hier nicht möglich. Wenn der Substitutionseffekt den Einkommenseffekt überwiegt, sinkt der Konsum von Gut 2; überwiegt jedoch der Einkommenseffekt, steigt der Konsum von Gut 2.
=== Inferiorität===

Über die Inferiorität von Gut 2 kann man nur dann eine Aussage treffen, wenn der Gesamteffekt der Preisänderung bekannt ist. Sinkt der Preis für Gut 1 und der Gesamteffekt für Gut 2 ist positiv, so handelt es sich um ein inferiores Gut, da der negative Substitutionseffekt für Gut 2 nur durch einen positiven Einkommenseffekt ausgeglichen werden kann. Ist der Gesamteffekt für Gut 2 negativ, so handelt es sich nur dann um ein inferiores Gut, wenn der Einkommenseffekt auch negativ ist, denn eigentlich müsste mit dem gestiegenen Einkommen eine größere – oder zumindest gleiche – Menge von Gut 2 konsumiert werden.
;Verallgemeinerung
Tatsächlich handelt es sich hier um eine allgemeine Einsicht. Während der Substitutionseffekt infolge der Preisänderung eines Gutes bei konvexen [[Indifferenzkurve]]n stets negativ für die Nachfrage nach diesem Gut ist (ein höherer relativer Preis für Gut 1 führt für einen ausgabenminimierenden Konsumenten stets zu einer Verringerung der Nachfrage nach diesem Gut), erschließt sich das Vorzeichen des Einkommenseffektes (und somit auch des Gesamteffektes) regelmäßig nur aus weiteren Annahmen.<ref>Vgl. Breyer 2011, S. 146; Varian 2010, S. 143 f.</ref> Häufig ist die Frage, welcher der Effekte überwiegt, auch bei gegebener Ausstattung der Akteure davon abhängig, in welchem Bereich der jeweiligen Budgetgerade man sich befindet.<ref>Illustrativ Wied-Nebbeling/Schott 2007, S. 68 f.</ref>

=== Einkommenseffekt bei verschiedenen Güterarten ===
Die Bezeichnungen von Gütern als inferior und normal beziehen sich jeweils auf die Richtung des Gesamteffektes bezüglich der Nachfrage bei einer Einkommensänderung (unter Konstanz der Preise). So bezeichnet man (nach einer gebräuchlichen Klassifikation) ein Gut als ''inferior,'' wenn eine Einkommenssteigerung eine Verringerung der Nachfrage nach dem Gut nach sich zieht und als ''normal,'' wenn eine Einkommenssteigerung zu einer Erhöhung der Nachfrage führt.<ref>Die Terminologie ist in der Literatur (insbesondere der deutschsprachigen) chronisch uneinheitlich. Die hiesige Unterscheidung folgt jedenfalls Varian 2010, S. 143 ff.; Varian 1992, S. 117; Jehle/Reny 2011, S. 56; Mas-Colell/Whinston/Green 1995, S. 25. Zur terminologischen Heterogenität vgl. Wied-Nebbeling/Schott 2007 (für die nur solche Güter ''normal'' sind, deren Anteil an den gesamten Ausgaben des Haushalts mit steigendem Einkommen sinkt, während er bei ''Luxusgütern'' steigt, wobei normale und Luxusgüter beide zu ''superioren Gütern'' zusammengefasst werden, nämlich solche, bei denen die Nachfrage mit steigendem Einkommen steigt; dem gegenüber stellen sie die inferioren Güter, deren Nachfrage mit steigendem Einkommen absolut sinkt): „Leider besteht hier in der Literatur keine Einigkeit. Teilweise wird nur zwischen inferioren und superioren Gütern unterschieden, teilweise nur zwischen inferioren und normalen [wie in diesem Wikipedia-Artikel, Anm. v. Wikipedia], wobei jeweils die zweite Kategorie alle Güter umfasst, bei denen die Nachfrage mit steigendem Einkommen zunimmt. Andere Autoren kennzeichnen unsere normalen Güter auch als relativ inferior und unsere inferioren als absolut inferior.“ (S. 49)</ref> Es zeigt sich, dass der Einkommenseffekt bei normalen Gütern stets negativ ist, bei inferioren hingegen positiv.<ref>Vgl. u.a. Harald Wiese: ''Mikroökonomik. Eine Einführung.'' Springer, Heidelberg u.a. 2010, ISBN 978-3-642-11599-8 (auch online: {{DOI|10.1007/978-3-642-11600-1}}), S. 110; [[Thorsten Hens]] und Paolo Pamini: ''Grundzüge der analytischen Mikroökonomie.'' Springer, Heidelberg u.a. 2008, ISBN 978-3-540-28157-3 (auch online: {{DOI|10.1007/978-3-540-28158-0}}), S. 58. Man beachte die obige Definition des Einkommenseffektes (Abschnitt „Formale Definition“). Verwendet man die beschriebene Alternativdefinition, gölte hier genau das Gegenteil.</ref> Dies geht unmittelbar aus der formalen Definition hervor, denn nach Definition ist <math>\partial x_{i}(\mathbf{p},y)/\partial y>0</math> bei normalen Gütern und <math>\partial x_{i}(\mathbf{p},y)/\partial y<0</math> bei inferioren Gütern.


==Siehe auch==
==Siehe auch==
[[Einkommenselastizität]]
* [[Einkommenselastizität]]

== Literatur ==
* Friedrich Breyer: ''Mikroökonomik.'' Eine Einführung. 5. Aufl. Springer, Heidelberg u.a. 2011, ISBN 978-3-642-22150-7.
* Alfred Endres und Jörn Martiensen: ''Mikroökonomik.'' Eine integrierte Darstellung traditioneller und moderner Konzepte in Theorie und Praxis. Kohlhammer, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-17-019778-7.
* Geoffrey A. Jehle und Philip J. Reny: ''Advanced Microeconomic Theory.'' 3. Aufl. Financial Times/Prentice Hall, Harlow 2011, ISBN 978-0-273-73191-7.
* Andreu Mas-Colell, Michael Whinston und Jerry Green: ''Microeconomic Theory.'' Oxford University Press, Oxford 1995, ISBN 0-195-07340-1.
* [[Hal Varian]]: ''Microeconomic Analysis.'' W. W. Norton, New York und London 1992, ISBN 0-393-95735-7.
* [[Hal Varian]]: ''Intermediate Microeconomics.'' A Modern Approach. 8. Aufl. W. W. Norton, New York und London 2010, ISBN 978-0-393-93424-3.
* Susanne Wied-Nebbeling und Helmut Schott: ''Grundlagen der Mikroökonomik.'' Springer, Heidelberg u.a. 2007, ISBN 978-3-540-73868-8.

== Anmerkungen ==
<references />


[[Kategorie:Haushaltstheorie]]
[[Kategorie:Haushaltstheorie]]

Version vom 24. September 2012, 18:22 Uhr

Slutsky-Zerlegung: Einkommenseffekt und Substitutionseffekt

Als Einkommenseffekt wird in der Mikroökonomik die Änderung der Nachfrage nach einem Gut bezeichnet, die sich infolge einer Änderung des (realen) Einkommens einstellt. Genauer spricht man von einem Einkommenseffekt, wenn sich aufgrund einer Preisänderung auf einem Markt das Realeinkommen eines Akteurs verändert; diese Realeinkommensänderung bedingt dann wiederum die besagte Änderung der Nachfrage.[1]

Vom Einkommenseffekt unterscheidet man bei der Betrachtung der Folgen einer Preisänderung einen zweiten auftretenden Effekt, den so genannten Substitutionseffekt. Je nach Szenario verstärken sich die Effekte gegenseitig oder stehen einander entgegen.

Zur isolierten Betrachtung des Einkommens- und Substitutionseffektes verwendet man häufig die so genannten Slutsky-Zerlegung; insbesondere bei der graphischen Analyse wird daneben auch oft auf die (analytisch allerdings weniger ergiebige) Hicks-Zerlegung zurückgegriffen.

Formale Definition

Der Einkommenseffekt ergibt sich direkt aus der Slutsky-Gleichung (zum Beweis und zur Erklärung der einzelnen Funktionen und Variablen wird auf den Artikel Slutsky-Zerlegung verwiesen)

.

Dabei wird es in der Literatur unterschiedliche gehandhabt, ob der Einkommenseffekt nun wie überstehend definiert wird oder man das Minuszeichen von dem Ausdruck ausnimmt, womit für den Einkommenseffekt dann nur noch stehen bleiben würde. Dies ist freilich für den Anwendungsfall essenziell, denn die Vorzeichen des Effektes kehren sich in diesem Fall um (sodass beispielsweise der Einkommenseffekt bei normalen Gütern stets positiv wäre, siehe weiter unten). Wir verwenden im Folgenden durchgehend erstere Definition.[2]

Für gibt der Term rechts des Gleichheitszeichens entsprechend die Auswirkung der Preisänderung eines Gutes auf die Nachfrage nach demselben Gut an (Eigenpreisfall).

Eigenschaften

Uneindeutigkeit des Vorzeichens

Man bezeichnet den Einkommenseffekt einer Preisänderung als positiv, wenn die Vorzeichen der Einkommens- und der Nachfrageänderung identisch sind. Andernfalls spricht man von einem negativen Einkommenseffekt.[3] (Beachte, dass demgegenüber der Substitutionseffekt als positiv bezeichnet wird, wenn die Vorzeichen der Preis- und der Nachfrageänderung identisch sind.) Die Begründungen hierfür finden sich jeweils in der Slutsky-Definition.

Beispiel

Man betrachte eine Situation, in der es nur zwei Gütern gibt: Gut 1 und Gut 2. Zu untersuchen ist, wie sich die Nachfrage nach diesen beiden Güter ändert, wenn der Preis von Gut 1 sinkt. Die Preissenkung bewirkt zweierlei:

  1. Zum einen führt die Preissenkung von Gut 1 dazu, dass Gut 1 für den Konsumenten verglichen mit Gut 2 relativ preiswerter und somit attraktiver wird. Der Haushalt wird daher mehr Einheiten von Gut 1 nachfragen und entsprechend weniger von Gut 2. Weil hier Gut 2 durch Gut 1 ersetzt (substituiert) wird, spricht man hierbei vom Substitutionseffekt.
  2. Zum anderen steht dem Haushalt dadurch, dass der Preis für Gut 1 sinkt, insgesamt ein größeres Einkommen zur Verfügung, von dem er weitere Güter nachfragen kann. Der Haushalt setzt das gestiegene Einkommen sodann ein, um mehr Einheiten beider Güter zu konsumieren (es handelt sich bei den beiden Gütern also um normale Güter, siehe unten). Diesen Effekt bezeichnet man als Einkommenseffekt.

Gesamteffekt: In diesem Beispiel sind sowohl der Substitutionseffekt als auch der Einkommenseffekt für Gut 1 negativ (Preissenkung → Nachfragesteigerung bzw. Einkommenserhöhung → Nachfragesteigerung). Beide Effekte addieren sich zu einem negativen Gesamteffekt auf – die Nachfrage nach Gut 1 steigt in der Konsequenz also. In Bezug auf Gut 2 wirken hingegen der Substitutionseffekt (positiv) und der Einkommenseffekt (negativ) gegeneinander. Eine klare Aussage über den Gesamteffekt ist hier nicht möglich. Wenn der Substitutionseffekt den Einkommenseffekt überwiegt, sinkt der Konsum von Gut 2; überwiegt jedoch der Einkommenseffekt, steigt der Konsum von Gut 2.

Verallgemeinerung

Tatsächlich handelt es sich hier um eine allgemeine Einsicht. Während der Substitutionseffekt infolge der Preisänderung eines Gutes bei konvexen Indifferenzkurven stets negativ für die Nachfrage nach diesem Gut ist (ein höherer relativer Preis für Gut 1 führt für einen ausgabenminimierenden Konsumenten stets zu einer Verringerung der Nachfrage nach diesem Gut), erschließt sich das Vorzeichen des Einkommenseffektes (und somit auch des Gesamteffektes) regelmäßig nur aus weiteren Annahmen.[4] Häufig ist die Frage, welcher der Effekte überwiegt, auch bei gegebener Ausstattung der Akteure davon abhängig, in welchem Bereich der jeweiligen Budgetgerade man sich befindet.[5]

Einkommenseffekt bei verschiedenen Güterarten

Die Bezeichnungen von Gütern als inferior und normal beziehen sich jeweils auf die Richtung des Gesamteffektes bezüglich der Nachfrage bei einer Einkommensänderung (unter Konstanz der Preise). So bezeichnet man (nach einer gebräuchlichen Klassifikation) ein Gut als inferior, wenn eine Einkommenssteigerung eine Verringerung der Nachfrage nach dem Gut nach sich zieht und als normal, wenn eine Einkommenssteigerung zu einer Erhöhung der Nachfrage führt.[6] Es zeigt sich, dass der Einkommenseffekt bei normalen Gütern stets negativ ist, bei inferioren hingegen positiv.[7] Dies geht unmittelbar aus der formalen Definition hervor, denn nach Definition ist bei normalen Gütern und bei inferioren Gütern.

Siehe auch

Literatur

  • Friedrich Breyer: Mikroökonomik. Eine Einführung. 5. Aufl. Springer, Heidelberg u.a. 2011, ISBN 978-3-642-22150-7.
  • Alfred Endres und Jörn Martiensen: Mikroökonomik. Eine integrierte Darstellung traditioneller und moderner Konzepte in Theorie und Praxis. Kohlhammer, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-17-019778-7.
  • Geoffrey A. Jehle und Philip J. Reny: Advanced Microeconomic Theory. 3. Aufl. Financial Times/Prentice Hall, Harlow 2011, ISBN 978-0-273-73191-7.
  • Andreu Mas-Colell, Michael Whinston und Jerry Green: Microeconomic Theory. Oxford University Press, Oxford 1995, ISBN 0-195-07340-1.
  • Hal Varian: Microeconomic Analysis. W. W. Norton, New York und London 1992, ISBN 0-393-95735-7.
  • Hal Varian: Intermediate Microeconomics. A Modern Approach. 8. Aufl. W. W. Norton, New York und London 2010, ISBN 978-0-393-93424-3.
  • Susanne Wied-Nebbeling und Helmut Schott: Grundlagen der Mikroökonomik. Springer, Heidelberg u.a. 2007, ISBN 978-3-540-73868-8.

Anmerkungen

  1. Vgl. Breyer 2011, S. 145; Varian 2010, S. 137, 141 ff.; Wied-Nebbeling/Schott 2007, S. 64 ff.
  2. Mit Breyer 2011, S. 148; Endres/Martiensen 2007, S. 138; Anton Barten und Volker Böhm: Consumer Theory. In: Kenneth J. Arrow and Michael D. Intrilligator (Hrsg.): Handbook of Mathematical Economics. Bd. 2. North Holland, Amsterdam 1982, ISBN 978-0-444-86127-6, S. 382–429, hier S. 417; Jochen Schumann, Ulrich Meyer und Wolfgang Ströbele: Grundzüge der mikroökonomischen Theorie. 9. Aufl. Springer, Heidelberg u.a. 2011, ISBN 978-3-642-21225-3, S. 85; Harald Wiese: Mikroökonomik. Eine Einführung. Springer, Heidelberg u.a. 2010, ISBN 978-3-642-11599-8 (auch online: doi:10.1007/978-3-642-11600-1), S. 110 f.; Thorsten Hens und Paolo Pamini: Grundzüge der analytischen Mikroökonomie. Springer, Heidelberg u.a. 2008, ISBN 978-3-540-28157-3 (auch online: doi:10.1007/978-3-540-28158-0), S. 58. Entgegen Wied-Nebbeling/Schott 2007, S. 75; Nolan H. Miller: Notes on Microeconomic Theory. Online via http://www.hks.harvard.edu/nhm/notes2006/firsthalf.pdf (PDF-Datei, 1MB), S. 65, abgerufen am {{subst:LOCALDAY}}. {{subst:LOCALMONTHNAME}} {{subst:LOCALYEAR}}; Carl P. Simon und Lawrence Blume: Mathematics for Economists. W. W. Norton, New York und London 1994, ISBN 0-393-95733-0, S. 556.
  3. Vgl. Breyer 2011, S. 147.
  4. Vgl. Breyer 2011, S. 146; Varian 2010, S. 143 f.
  5. Illustrativ Wied-Nebbeling/Schott 2007, S. 68 f.
  6. Die Terminologie ist in der Literatur (insbesondere der deutschsprachigen) chronisch uneinheitlich. Die hiesige Unterscheidung folgt jedenfalls Varian 2010, S. 143 ff.; Varian 1992, S. 117; Jehle/Reny 2011, S. 56; Mas-Colell/Whinston/Green 1995, S. 25. Zur terminologischen Heterogenität vgl. Wied-Nebbeling/Schott 2007 (für die nur solche Güter normal sind, deren Anteil an den gesamten Ausgaben des Haushalts mit steigendem Einkommen sinkt, während er bei Luxusgütern steigt, wobei normale und Luxusgüter beide zu superioren Gütern zusammengefasst werden, nämlich solche, bei denen die Nachfrage mit steigendem Einkommen steigt; dem gegenüber stellen sie die inferioren Güter, deren Nachfrage mit steigendem Einkommen absolut sinkt): „Leider besteht hier in der Literatur keine Einigkeit. Teilweise wird nur zwischen inferioren und superioren Gütern unterschieden, teilweise nur zwischen inferioren und normalen [wie in diesem Wikipedia-Artikel, Anm. v. Wikipedia], wobei jeweils die zweite Kategorie alle Güter umfasst, bei denen die Nachfrage mit steigendem Einkommen zunimmt. Andere Autoren kennzeichnen unsere normalen Güter auch als relativ inferior und unsere inferioren als absolut inferior.“ (S. 49)
  7. Vgl. u.a. Harald Wiese: Mikroökonomik. Eine Einführung. Springer, Heidelberg u.a. 2010, ISBN 978-3-642-11599-8 (auch online: doi:10.1007/978-3-642-11600-1), S. 110; Thorsten Hens und Paolo Pamini: Grundzüge der analytischen Mikroökonomie. Springer, Heidelberg u.a. 2008, ISBN 978-3-540-28157-3 (auch online: doi:10.1007/978-3-540-28158-0), S. 58. Man beachte die obige Definition des Einkommenseffektes (Abschnitt „Formale Definition“). Verwendet man die beschriebene Alternativdefinition, gölte hier genau das Gegenteil.