Benutzer:Benatrevqre/Grundgesetz = Verfassung

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Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ist nicht „nur“ de facto die Verfassung Deutschlands, sondern vor allem auch de jure, also bereits aus der Rechtsgrundlage ergibt sich wegen Erfüllung der materiellen Voraussetzungen der Verfassungscharakter. Hinzu kommt, dass das Grundgesetz seit 1990 die vollumfänglich und mit dem Anspruch auf Dauer ausgerichtete (siehe hier Rn 34), sich vom Transitorium verfassungsrechtlich und verfassungspolitisch zur endgültigen gewandelte und perpetuierte Verfassung des geeinten Deutschland ist, siehe dazu hier und hier und hier.

Es erfüllt unabhängig davon, dass es ursprünglich als ein Provisorium gedacht war, trotzdem alle formellen und materiellen Anforderungen und ist daher allein aus verfassungsrechtlicher Sicht schon als Verfassung anzusehen, weil das deutsche Grundgesetz die tragenden Strukturprinzipien für den Staat der Bundesrepublik Deutschland, der seit 1990 auch in amtlicher Kurzform Deutschland genannt wird, festlegt und damit maßgeblich ihre Staatsorganisation bestimmt.
Von der Bezeichnung „Bundesgrundgesetzgericht“ in den Art. 92 ff. GG wurde außerdem nicht etwa aus sprachlichen Gründen abgesehen. Siehe auch z. B. Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3 Satz 2 oder Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG. Zudem ist es eine Verfassung im formellen Sinne, weil die Inhalte in einer Verfassungsurkunde niedergelegt sind, die nur in einem besonderen Verfahren durch die nötige Zweidrittelmehrheit in den gesetzgebenden Körperschaften Deutscher Bundestag und Bundesrat geändert werden können, wofür also erhöhte Hürden bestehen.

Das Grundgesetz wurde inzwischen zum Definitivum, weil es sich als gesamtdeutsche Verfassung behauptet hat. Sein Legitimationsdefizit wurde beseitigt, weil die Verfassungsfrage in und mit der Verfassungskommission gestellt wurde.“ (D. Heckmann)

Eine Volksabstimmung ist rechtlich weder zwingend noch allgemein Voraussetzung für eine Verfassung. Das Grundgesetz wurde durch die Re­prä­sen­tanten der Länder – wenn auch nicht unmittelbar – demokratisch legitimiert, und das ist nicht ungewöhnlich angesichts des Konzeptes der repräsentativen Demokratie. Wie der in die Zukunft blickende Art. 146 GG n.F. klarstellt, würde der Weg zu einer neuen Verfassung über eine freie Entscheidung des deutschen Volkes führen, was aber an der Verfassungsqualität des Grundgesetzes nichts ändert. – Deutschland benötigt mithin keine neue Verfassung, die Deutschen haben mit dem Grundgesetz eine lesbare und praktikable Vollverfassung, die ersichtlich eine möglichst vollständige Regelung des formellen Verfassungsrechts anstrebt (K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 1984, § 3 sub III 3 a, S. 83).
Dass die Verfassung „Grundgesetz“ resp. „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“ heißt, ist belanglose Makulatur, was letztlich heute auch keine wesentliche Rolle spielt. Sie könnte auch „Deutsche Grundordnung“ oder „Bundesrepublikanische Verfassung“ heißen, was verfassungsrechtlich ebenso unbedeutend wäre. „Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages sieht keine Notwendigkeit, eine neue deutsche Verfassung zu schaffen, da die Bundesrepublik Deutschland mit dem Grundgesetz bereits eine gültige Verfassung besitzt. […] Die Bezeichnung Grundgesetz wurde beibehalten, da das Grundgesetz nach über 40 Jahren zu einem Synonym für eine freiheitliche Verfassung geworden war.“ Zit. n. Deutscher Bundestag – Petitionsausschuss, Schreiben vom 29.01.2009. Vgl. dazu J. Ipsen, Staatsrecht I, § 2, Rn 26:

„Das Grundgesetz vom 23. Mai 1949 ist die Verfassung Deutschlands (geworden). Von seinem Inkrafttreten bis zum 3. Oktober 1990 galt das Grundgesetz [zunächstso der Wortlaut in Art. 23 Satz 1 GG a.F., Anm.] nur in den (zehn) Bundesländern der ‚alten‘ Bundesrepublik. Aus dem beschränkten Geltungsbereich erklärt sich auch die vom Parlamentarischen Rat bewußt gewählte Bezeichnung ‚Grundgesetz‘, die das Provisorische dieser rechtlichen Grundordnung widerspiegeln sollte.“

Da das GG seit 1990 aber im gesamten Deutschland und somit „nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt“ (Art. 146 GG n.F.), es also „in anderen Teilen Deutschlands […] nach deren Beitritt in Kraft [gesetzt]“ worden ist (Art. 23 S. 2 GG a.F. sowie die Eingangsformel des Einigungsvertrages), ist der räumliche Geltungsbereich nun nicht mehr beschränkt (vgl. Präambel a.F. und Art. 23 S. 1 GG a.F.), sondern er erstreckt sich heute über das gesamte Bundesgebiet. Dies ist eine verfassungskräftige Grundregel (K. Ipsen); siehe auch hier.
Hätte es also 1948/49 keine Teilung Deutschlands gegeben, wäre das Grundgesetz folglich wohl sofort als Verfassung bezeichnet worden.
Mit der Tatsache, dass es nicht in freier Entscheidung beschlossen wurde, hat die Bezeichnung „Grundgesetz“ nichts zu tun; es gibt auch andere Verfassungen souveräner Staaten, die Grundgesetz heißen: die Verfassung Finnlands (finn. perustuslaki, dt. „Grundgesetz“), die niederländische Verfassung (Grondwet), Verfassung von Dänemark (Danmarks Riges Grundlov), das Grundgesetz Ungarns (Magyarország Alaptörvénye), das Grundgesetz der Republik Estland (Eesti Vabariigi põhiseadus), die Verfassung des Staates der Vatikanstadt (Legge fondamentale dello Stato della Città del Vaticano) u.v.m.

Dass die formellen Anforderungen einer Verfassung vermeintlich nicht erfüllt seien, kann insbesondere auch nicht Art. 146 GG entnommen werden, denn wie bereits ausgeführt und belegt, braucht es für eine gültige Verfassung keine Volksabstimmung; die Behauptung, dass eine Verfassung stets in einem Plebiszit von jedem Bürger zu beschließen sei, greift also völlig ins Leere, wenn man sich einmal anschaut, in wie vielen Staaten dies tatsächlich der Fall war. Die „freie Entscheidung des deutschen Volkes“, von der Art. 146 GG spricht – also jenes „unvollkommen-plebiszitäre Element“ – ist keineswegs eine umzusetzende „Pflicht“ (siehe dazu hier), sondern nach h.M. vielmehr ein eingeräumtes „Gut“ für die Zukunft, eine Art Normreserve (näher dazu hier). „Diese Vorschrift dient als verfassungsrechtliche Grundlage einer Verfassungsreform, die verfassungstheoretisch zwischen Verfassungsänderung und Verfassunggebung anzusiedeln ist.“ Hierzu erging auch eine Entscheidung des BVerfG vom 31. März 2000, 2 BvR 2091/99. In der Begründung heißt es:

Der Beschwerdeführer könnte allenfalls dann ein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und 2, Art. 146 GG auf Herbeiführung einer Volksabstimmung über die Verfassung haben, wenn aus Art. 146 GG die Pflicht staatlicher Stellen zur Durchführung einer Volksabstimmung folgte. Weder aus dem Wortlaut noch aus der Entstehungsgeschichte dieses Grundgesetzartikels ergibt sich dafür ein Anhaltspunkt. (ohne Hervorhebung im Original)

Durch den Einigungsvertrag trat die DDR der Bundesrepublik bei, sodass das Grundgesetz zur legitimierten gesamtdeutschen Verfassung werden konnte: „Der Einigungsvertrag wurde von den Parlamenten beider deutscher Staaten jeweils mit Zweidrittelmehrheit bestätigt; dies ist in einer parlamentarischen Demokratie als ausreichende Legitimation zu betrachten.“

Fazit: Das Grundgesetz ist so lange die deutsche Verfassung (BVerfG, 2 BvR 1481/04 v. 14.10.2004, Absatz-Nrn. 33, 35; auch als „Verfassung der Deutschen“ bezeichnet: 2 BvE 2/08 v. 30.6.2009, Absatz-Nr. 218), bis eine andere und neue vom deutschen Volk verabschiedet wird.

Zu guter Letzt sind folgende Link besonders lesenswert, insbesondere für die Herren (und Frauen) Reichsdeppen: