Deckelpyxis mit Spiralverzierung

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Die Deckelpyxis mit Spiralverzierung (Antikensammlung Berlin, Inventarnummer 8102), oft auch vereinfacht als Hüttenpyxis bezeichnet, ist ein aufwändig verziertes Steingefäß der bronzezeitlichen Kykladenkultur. Sie wird in die frühkykladische Zeit zwischen dem 27. und dem 23. Jahrhundert v. Chr. (FK II) datiert. Das Steatitgefäß wurde 1885 durch Ferdinand Dümmler am Fundort Dokathismata auf der Kykladen-Insel Amorgos ausgegraben, 1886 publiziert und 1889 von ihm erworben.

Beschreibung

Pyxis mit Spiralmuster, Antikensammlung Berlin 8102
Zeichnung von 1886, mit Unterseite und Ansicht des Inneren

Die Deckelpyxis aus grünlichem Speckstein[A 1] besteht aus einem 6,5 cm hohen konischen Gefäß und misst mit dem flach kegelförmigen Deckel 10 cm. Der Durchmesser beträgt maximal 13 cm.[A 2] Zwei Paare von aufeinander passenden, senkrechten Zwillingsösen verbinden an den gegenüberliegenden Seiten Gefäß und Deckel. Am Boden bilden zwei Reliefstreifen ein unregelmäßiges Kreuz, die Enden gehen in die vier Füße über. Die Pyxis ist mit zwei Reihen von ineinander greifenden, einlinigen Spiralen verziert, die wiederum durch weitere Linien mit ihren jeweiligen Nachbarn verbunden sind. Der Deckel ist ebenfalls mit dem gleichen Muster dekoriert. Es beginnt mit einer zentralen Deckelspirale und endet am Deckelrand mit einem Kerbschnittband.

Das Gefäß mit einer graublauen Oberfläche ist sehr gut erhalten. Es zeigt nur wenige, unbedeutende Fehlstellen.[1] Der Innenraum ist durch eine dünne Scheidewand unterteilt, der Übergang von Wandung zum Boden ist gerundet. Die Pyxis ist sorgfältig gearbeitet, einzelne Unregelmäßigkeiten finden sich aus Raummangel an verschiedenen Spiralreihen.[2]

Einordnung

Im Oktober 1885 untersuchte Ferdinand Dümmler auf Amorgos die „dortigen prähistorischen Nekropolen“, darunter fünf Gräber am Fundort Dokathismata. Unter der Bodenplatte des Kistengrabes A fand sich „ein Gefäss aus grünlichem (mit Chlorit durchsetztem) Marmor“. Insgesamt zeigten die aufgefundenen Artefakte eine große Vielfalt, Idole oder Waffen waren in den Gräbern nicht enthalten. Durch ihre übereinstimmende Grabarchitektur sah er die Zugehörigkeit zu einer Epoche.[3] Er beabsichtigte aber keine chronologische Zuordnung der Funde vorzunehmen.[4]

Aufgrund der von Dümmler beschriebenen stratigraphischen Fundsituation könnte nach Jörg Rambach die Pyxis gegenüber den übrigen nach FK II datierten Grabbeigaben zu einer älteren Bestattung gehören. In ihrem Erscheinungsbild zeigt sie Ähnlichkeiten zu den konisch-zylindrischen Tonpyxiden der Kampos-Gruppe. Die Unterteilung des Gefäßinnenraums findet sich auch bei konischen Tonpyxiden von Agia Photia auf Kreta, das ebenfalls der Kampos-Gruppe zugeordnet wird. Die zur Henkelbildung verwendeten Zwillingsösen finden sich auf den Kykladen erst bei Gefäßen der späteren Aplomata-Stufe.[5]

Bedeutung

Gefäße mit ineinander greifenden Spiralen aus Chloritschiefer oder Speckstein der Kykladenkultur sind selten. Sie zählen zu den bemerkenswertesten Stücken frühbronzezeitlicher Handwerkskunst in der Ägäis.[6] Nur von wenigen sind die Fundzusammenhänge bekannt, davon stammen zwei aus Naxos sowie die Pyxis in Gestalt eines Gebäudemodells aus Milos. Zusätzlich zu diesen seit langem bekannten Beispielen wurden bei den Ausgrabungen von Keros-Daskalio Fragmente von sechs weiteren Gefäßen gefunden, darunter drei aus Chloritschiefer. Über den Kunsthandel fanden vier weitere bekannte Gefäße unbekannter Herkunft den Weg in Sammlungen, davon drei Pyxiden sowie eine Kykladische Griffschale. Diese stammen aus illegalen Ausgrabungen und wurden aus Griechenland illegal ausgeführt.[7] Auch aus dem minoischen Kreta sind Gefäße aus Chloritschiefer mit Spiraldekor bekannt. Ob es sich dabei um Stücke kykladischer Herkunft oder auf Kreta hergestellte Stücke handelt, ist nicht geklärt und wird seit den 1960er Jahren unter Wissenschaftlern diskutiert.[8]

Literatur

  • Ferdinand Dümmler: Mittheilungen von den griechischen Inseln. Reste vorgriechischer Bevölkerung auf den Cykladen. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung 11, 1886, S. 18 Online.
  • Jürgen Thimme (Hrsg.): Kunst und Kultur der Kykladeninseln im 3. Jahrtausend vor Christus. C. F. Müller, Karlsruhe 1976, ISBN 3-7880-9568-7, S. 516 Abb. 361.
  • Jörg Rambach: Kykladen II. Die frühe Bronzezeit – Grab- und Siedlungsbefunde. Habelt, Bonn 2000, ISBN 3-7749-2831-2, S. 213.
  • Sophia Voutsaki: The stone vessels: The marble open bowls. C. Renfrew, C. Doumas, L. Marangou, G. Gavalas (Hrsg.) In: Keros, Dhaskalio Kavos: the investigations of 1987-88. McDonald Institute for Archaeological Research, Cambridge 2008, S. 344–349.
  • Claus Hattler (Hrsg.): Kykladen - Lebenswelten einer frühgriechischen Kultur. Primus Verlag 2011, ISBN 978-3-86312-016-0, S. 265 Nr. 50.

Einzelnachweise

  1. Thimme 1976, S. 516
  2. Dümmler 1886, S. 18
  3. Dümmler 1886, S. 25
  4. Dümmler 1886, S. 17
  5. Rambach 2000, S. 213
  6. Renfrew 2008, In: Sophia Voutsaki: The stone vessels: The marble open bowls. S. 340
  7. Voutsaki 2008, S. 344–346
  8. Thimme 1976, S. 151; Voutsaki 2008, S. 349

Anmerkungen

  1. Chloritschiefer bei Hattler 2011, S. 265; chlorite schist bei Voutsaki 2008, S. 344
  2. Maßangaben aus Deckelpyxis mit Spiralverzierung, Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin; abweichende Maßangaben für 9,4 cm Höhe bei Thimme 1996, S. 516 ; Hattler 2011, S. 265; für 12,0 cm Durchmesser bei Hattler 2011, S. 265

Weblinks

Commons: Pyxis in Antikensammlung Berlin, Misc. 8102 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien