Frische Fahrt

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Joseph von Eichendorff

Frische Fahrt ist ein Gedicht von Joseph von Eichendorff. Es wurde 1815 in dem Roman Ahnung und Gegenwart publiziert.[1]

Struktur

Die Strophenform ist ein Achtzeiler, als doppelter Vierzeiler[2] aus trochäischen Vierhebern.[3] Die Kadenzen wechseln im Kreuzreim der Gestalt ababcdcd von weiblich zu männlich. Die Zeitform ist das Präsens, womit das euphorische Gefühl des Frühlings nie an Gültigkeit verlieren wird.

Wortlaut

Die Schreibung folgt der zitierten Textausgabe, S. 185, 1. Z.v.o.

Frische Fahrt

Laue Luft kommt blau geflossen,
Frühling, Frühling soll es sein!
Waldwärts Hörnerklang geschossen,
Mut’ger Augen lichter Schein,
Und das Wirren bunt und bunter
Wird ein magisch wilder Fluß,
In die schöne Welt hinunter
Lockt dich dieses Stromes Gruß.

Und ich mag mich nicht bewahren!
Weit von Euch treibt mich der Wind,
Auf dem Strome will ich fahren,
Von dem Glanze selig blind!
Tausend Stimmen lockend schlagen,
Hoch Aurora flammend weht,
Fahre zu! ich mag nicht fragen,
Wo die Fahrt zu Ende geht!

Interpretation

In seiner Besprechung erschließt Helmut Koopmann den Sinn des Gedichts aus dem oben genannten Roman „Ahnung und Gegenwart“, in den die Verse in „einer unendlich schmiegsamen, anpassungsfähigen Sprache“[4] eingelegt sind. Es sei ein heidnisches Lied. Die es gedichtet hat und es Rosa darbietet, ist die Heidin Romana. Beide Gräfinnen gehen, jede für sich, den falschen Weg. Gräfin Rosa, die Geliebte des Romanhelden Graf Friedrich, lässt sich vom lüsternen Fürsten verführen. Sie wird allerdings von dem Verführer geheiratet. Graf Friedrich lässt sich von der leidenschaftlichen, amazonenhaften, freiheitsliebenden Gräfin Romana nicht verführen. Die schöne Frau verfällt darauf dem Wahnsinn, zündet ihr Schloss an und erschießt sich. Dabei hatte doch der „Lebensaufbruch“ der Gräfin Romana, im Gedicht durch die Jahreszeit Frühling vorgestellt, so hoffnungsvoll begonnen. Doch bei aller Aufbruchsfreude war es der Ausbruch aus einem Garten Eden. Jener Wind, der Romana erfasst hat, trieb sie aus dem Garten der wohl behüteten Kindheit in eine wilde Welt, in der sie untergeht. Nach Koopmann ist das Gedicht ein Memento mori vor dem Abgrund, in den fällt, der „verwildert“. Eichendorff warne vor dem Abfall von der Religion. Im selben Atemzug verurteile der Dichter die verhängnisvolle Reise, zu der das Abendland ausgangs des Mittelalters aufgebrochen ist. Auf jenem Wege sei die Menschheit der „ursprünglichen Harmonie“ verlustig gegangen und steuere auf ihre „Selbstzerstörung“ zu. Jedoch ist die Natur der Freund des Menschen. Daran erkennt man den Romantikbezug des Gedichts.

Zitierte Textausgabe

  • Ahnung und Gegenwart. Ein Roman. Mit einem Vorwort von de la Motte Fouqué. In: Wolfgang Frühwald, Brigitte Schillbach (Hrsg.): Joseph von Eichendorff. Ahnung und Gegenwart. Erzählungen I (= Joseph von Eichendorff. Werke in fünf Bänden. Band 2). Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-618-60120-4, S. 53–382.

Literatur

  • Helmut Koopmann: Romantische Lebensfahrt. In: Wulf Segebrecht (Hrsg.): Gedichte und Interpretationen. Band 3: Klassik und Romantik (= Reclam UB. Bd. 7892). Reclam, Stuttgart 1984 (Neuauflage 1994), ISBN 3-15-007892-X, S. 293–305.
  • Horst Joachim Frank: Handbuch der deutschen Strophenformen. Hanser, München; 2. Auflage, Francke, Tübingen 1993, ISBN 3-7720-2221-9.

Weblinks

Wikisource: Frische Fahrt – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Quelle, S. 613 oben
  2. Frank, S. 180
  3. Frank, S. 621
  4. Koopmann, S. 297, 5. Z.v.o.