„Mietskaserne“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Berlin, Mitte, Max-Beer-Strasse 18, Mietshaus.jpg|miniatur|hochkant|Mietshaus in Berlin, erbaut 1879]]
Als '''Mietskaserne''' (in Österreich '''Zinskaserne''') bezeichnet man eine mehrgeschossige [[Innenstadt|innerstädtische]] Wohnanlage mit einem oder mehreren [[Innenhof|Innenhöfen]] aus der Zeit der [[Industrialisierung]] ([[Gründerzeit]]) für die breite [[Bevölkerung]]sschicht der [[Arbeiter]] und [[Angestellter|Angestellten]]. Mietskasernen wurden in der Regel von [[Großgrundbesitzer]]n oder sogenannten Terraingesellschaften, den Vorläufern heutiger [[Wohnungsbaugesellschaft]]en, in [[Geschlossene Bauweise (Baurecht)|geschlossener Bauweise]] errichtet. Beim Bau einer Mietskaserne wurde die [[Grundstück]]sfläche im Rahmen der [[Baupolizei|Bauvorschriften]] bestmöglich ausgenutzt.

Nachdem viele Mietskasernen durch die [[Sanierung (Bauwesen)|Sanierungen]] der letzten Jahre und Jahrzehnte baulich aufgewertet wurden, spricht man heute eher von [[Altbau]]gebieten oder Altbauquartieren, oder zeitbezogen von Gründerzeitquartieren.

== Bauliche Gliederung ==
[[Datei:Mietshaus.jpg|miniatur|hochkant=1.2|Entwicklung der Grundstücksbebauung durch Mietskasernen]]
Die Mietskaserne gliedert sich in mehrere Gebäudeteile:
* '''Vorderhaus''' - straßenseitige [[Baublock|Blockrandbebauung]]
* '''Seitenflügel''' - Erweiterung des Vorderhauses im 90°-Winkel an einer oder beiden seitlichen [[Grundstücksgrenze]]n; meist mit eigenem Treppenaufgang.
* '''Quergebäude''' (auch ''Hinterhaus'' oder ''Gartenhaus'' genannt) - rückseitige Hofbebauung, die parallel zum Vorderhaus steht, oft im Anschluss an Seitenflügel. Bei mehreren Höfen gibt es dementsprechend mehrere Hinterhäuser.
* '''[[Remise]]''' - meist ein- oder zweigeschossiges Nebengebäude, das als Garage oder gewerblich genutzt wird, früher oft auch als Stallgebäude für Pferde oder Kühe.

== Baunorm und Bauform ==
[[Datei:Alsergrund_um1900.jpg|miniatur|hochkant=1.2|Zinshäuser (im Hintergrund) ersetzten im stark wachsenden Wien der Gründerzeit fast die gesamte dörflich geprägte Bebauung der ehemaligen Vorstädte.]]
[[Datei:Hinterhöfe Kastanienallee 12, Berlin, 2007-06-09.jpg|miniatur|Wie hier im [[Berlin]]er Ortsteil [[Prenzlauer Berg]] sind bei Mietskasernen oft mehrere Hinterhöfe miteinander verbunden.]]
[[Datei:Heinrich Zille Lieschen im Jrünen.jpg|miniatur|Zeitgenössische Kritik an der ''Mietskasernenstadt'' in einer Zeichnung von [[Heinrich Zille]] – ''„Mutta, jib doch die zwee Blumtöppe raus, Lieschen sitzt so jerne ins Jrüne!“'']]
Grundlage der [[Bauvorschrift]]en bildete der in [[Berlin]] von [[James Hobrecht]] erstellte erste ''[[Bebauungsplan]]'' mit 14 Abteilungen von 1862. Der Innenhof eines Miethauses musste nach Polizeivorschrift mindestens so groß geplant werden, dass eine pferdegezogene [[Feuerspritze|Feuerwehrspritze]] darin wenden konnte. Laut [[Baupolizeiordnung]] waren das genau 5,34 × 5,34 Meter. Eine Abfolge von drei oder vier Höfen war keine Seltenheit. Die Höfe waren meist über Durchfahrten von der Straße aus erreichbar. Mehrere Mietskasernen bildeten einen [[Wohnblock|Baublock]]. Die unglaublich enge Bauweise dieser Wohnblöcke kam einer ''[[Kaserne|Kasernierung]]'' der Bewohner gleich, was den Namen begründet hat.

Das Vorderhaus war mit seiner aufwändigeren Gestaltung an das [[Bürgerhaus]] angelehnt. Die Straßenfassaden waren oftmals mit [[Stuck]]aturen [[Ornament (Bildende Kunst)|ornamentiert]] und reichhaltig durch Gesimse gegliedert. Die Geschosse des Vorderhauses waren meist höher als in Seitenflügel und Hinterhaus, sodass die Wohnverhältnisse auch aufgrund besserer Besonnung gut waren, und diese von sozial höheren Schichten bewohnt wurden. Zum Vorderhaus gehörte meistens noch das in der Ecke des Seitenflügels befindliche [[Berliner Zimmer]] als Durchgangszimmer zu den Stuben des Seitenflügels.
In den Hinterhäusern bestanden die Wohnungen aus einer Küche, einem Schlafzimmer und manchmal noch einer Kammer. Beheizbar war nur die Wohnküche, wo sich auch das Familienleben abspielte. Im Erdgeschoss und im Souterrain siedelten sich meistens Gewerbebetriebe an.

Nur ein geringer Teil der Wohnungen war an das sanitäre System angeschlossen. Die meisten Gründerzeitbauten wurden erst in den 1920er-Jahren mit Sanitäreinrichtungen nachgerüstet. Meist teilten sich mehrere Mietparteien eine Toilette auf dem Gang oder im Treppenhaus.

Die ersten Mieter zogen bereits ein, während die Bauleute auf den Gerüsten noch die Fassaden verputzten. Man sprach daher vom ''[[Trockenwohnen]]'' der Wohnungen.
Die oft mangelhaften hygienischen Zustände, Kälte, Feuchtigkeit und Dunkelheit verursachten ein gesundheitsschädliches Wohnklima, das sich in den Wohnungen im [[Tiefparterre]] und [[Dachgeschoss]] noch verschärfte. Dennoch mussten die Bewohner 25 bis 30 Prozent ihres Einkommens für die Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen ausgeben.

Um die Mieten finanzieren zu können, wurden die zusätzlichen Räume der beengten Wohnungen meistens wieder untervermietet oder Betten an ''[[Schlafgänger]]'' vermietet. Einen Schlafplatz teilten sich mehrere Personen „im Schichtbetrieb“. Bis zu 30 Personen lebten zusammen in einer Wohnung. Sogar auf dem Flur hausten Menschen notdürftig auf einer Matratze. In den engen Lichthöfen sammelte sich oft der Müll.

== Typische Mietskasernen ==

Mietskasernen existierten in Deutschland vor allem in [[Berlin]] und [[Hamburg]], wo die großen Grundstücke großflächig überbaut wurden. Ansonsten wurde dieser Gebäudetyp im damaligen Deutschland im Westen seltener als im Osten errichtet.
In [[Österreich]] wurde er in [[Wien]] ab 1880 vor allem im 10., 14., 15., 16. und dem 17. Bezirk unter der Bezeichnung '''Zinshaus''' gebaut.

Als besonders extremes Beispiel galt [[Meyers Hof]] in der Berliner [[Ackerstraße]], der sechs Hinterhöfe umfasste und etwa 2000 Menschen in 300 Wohnungen beherbergte. Die Wohnanlage ''Meyers Hof'' wurde im Zuge der Sanierungsmaßnahmen im [[Sanierung (Bauwesen)#Sanierungsgebiet|Sanierungsgebiet]] [[Brunnenstraße]] abgerissen.

Einer der größten geschlossenen Häuserblocks befindet sich in Berlin am Prenzlauer Berg. Er hat über 30 Hinterhöfe verschiedener Größe und liegt zwischen den Straßen Prenzlauer Allee, Marienburger Straße, Winsstraße und Immanuelkirchstraße.

Der Architekt [[Franz Hoffmann (Architekt)|Franz Hoffmann]], Mitinhaber der Architektengemeinschaft [[Taut & Hoffmann]] hat bei einem öffentlichen Vortrag folgende Einschätzung einer Mietskaserne gegeben:<ref>Vortrag von Franz Hoffmann um 1950: ''Über sozialistisches Bauen und über Arbeitersiedlungen in der Vergangenheit und Zukunft''; Archivnummer 90-01-14 im Baukunstarchiv der Berliner Akademie der Künste</ref> {{Zitat|[...] Früher waren die Baublocks von Berlin fast ausschließlich mit Vorderhäusern bebaut. Die grossen Innenflächen der Baublocks bildeten Gärten. - Durch die Bauordnung von 1858 wurde es möglich, auch Tiefgrundstücke zu bebauen und nicht, wie am Anfang, in der Hauptsache nur Randbebauung durchzuführen. Dadurch entstanden die entsetzlichen Mietskasernen in allen grösseren Städten der Welt und auch in Berlin. Es wurden an engen Höfen mit ausserordentlich schlechten Grundrissen Wohnungen gebaut, die jeder Hygiene widersprachen und zu einer Verelendung seiner Bewohner führen mussten. [...] Wenn man ausserdem bedenkt, dass viele, die in diesen schlechten lichtarmen Wohnungen leben mussten, den Tag über in hässlichen und unhygienischen Fabriken tätig waren, [...] so kann man sich vorstellen, dass die Arbeiter der damaligen Zeit meistens schon mit 50 Jahren in die Grube sanken.}}

Als einer der letzten vollständig erhaltenen Mietskasernen gilt der [[Loests Hof]] in [[Halle (Saale)]]. Der Loests Hof wurde von 1884–1890 vom Bauunternehmer Rudolf Loest errichtet. Bei einer Länge von 250 Metern, vier Stockwerken, geschlossener Blockrandbebauung und in der Form eines profanen Backsteinfunktionalismus ist er als einer der größten seiner Art errichtet worden. Die durchschnittliche Belegungszahl pro Wohneinheit betrug sechs Personen, insgesamt wohnten einst 2700 Menschen im Loests Hof. Der Hof war ursprünglich eng bebaut mit Ställen, Schuppen und Gewerbebetrieben. Der Loests Hof gilt als Paradebeispiel der städtebaulich und hygienisch problematischen Mischkultur der gründerzeitlichen Arbeiterviertel.<ref>Holger Brülls, Thomas Dietzsch: ''Architekturführ Halle an der Saale.'' 2000, S. 181.</ref>

== Entstehungsbedingungen ==
[[Datei:Tempo der gruenderzeit.jpg|miniatur|Bau von Mietskasernen in Berlin um 1875 (Friedrich Kaiser, ''Tempo der Gründerzeit'')]]
Gründe für das Entstehen der Mietskasernen in den wachsenden Großstädten war die durch starken [[Landflucht|Zuzug]] während der [[Industrialisierung]] sowie hohes [[Bevölkerungswachstum]] in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandene Wohnungsnot, die Ausweisung großer Baugrundstücke und eine Bauordnung, die den Bauherren die genaue Ausgestaltung der Bebauung weitgehend frei ließ. Da die Wohnungsspekulanten nur geringe Mieten von den Arbeitern verlangen konnten, versuchten sie die Rendite durch enge Bebauung und auf Kosten der Qualität zu erzielen.

== Reaktion auf das Wohnungselend ==
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-15091-0008, Berlin, Hinterhof, spielende Kinder.jpg|thumb|Berliner Hinterhof, 1952]]
Die städtische Verwaltung reagierte auf das entstandene Wohnungselend nur zögerlich, weil die Arbeiterschaft in den städtischen Gremien kaum vertreten war. Weil das Bürgertum aber einen mit der Überbelegung einhergehenden Sittenverfall befürchtete, begann man sich ab den 1890er Jahren Gedanken zur Lösung des Problems zu machen. Kommunaler Wohnungsbau wurde als Eingriff in die Marktwirtschaft zunächst abgelehnt. Einigen konnte man sich höchstens auf eine verbilligte Abgabe von Bauland, Minderung von Straßenerschließungskosten, Erleichterungen im Kreditwesen und auf eine strengere Aufsicht durch die Behörden.
Um die Untervermietung einzudämmen, wurden bei späteren Bauten für die Arbeiter die Küchen bewusst klein gehalten, damit die Familie auch die übrigen Räume der Wohnung benutzen musste, z.B. so ausgeführt beim [[Sozialer Wohnungsbau|sozialen Wohnungsbau]] in [[Stuttgart]] bei den Siedlungen ''Ostheim'' und ''Südheim'' (allerdings sind dies keine Mietskasernen).

Als programmatische Gegenentwürfe zum Wohnungselend der Mietskasernen entstanden zum Beispiel das sozialistische [[Einküchenhaus]], die ''[[Gartenstadtbewegung]]'' und ab den 1920er Jahren ein [[Wohnungsbaugenossenschaft|genossenschaftlicher]] Wohnungsbau, in Wien die [[Gemeindebau]]ten.

== Siehe auch ==
* [[Adolf Damaschke]]
* [[Heinrich Zille]]
* [[Werner Hegemann#Das steinerne Berlin|''Das Steinerne Berlin'']]

== Literatur ==
* Adolf Damaschke: ''Die Bodenreform. Grundsätzliches und Geschichtliches''. Berlin 1902.
* [[Jonas Geist|Johann Friedrich Geist]], Klaus Kürvers: ''Das Berliner Mietshaus''. (Drei Bände, in denen auf über 1.500 Seiten die Entwicklung Berlins in den vergangenen 300 Jahren nachgezeichnet wird. Eine Pflichtlektüre, wenn man zur Berliner Historie arbeitet.)
* Adelheid von Saldern: ''Häuserleben. Zur Geschichte städtischen Arbeiterwohnens vom Kaiserreich bis heute''. Bonn 1995.

== Einzelnachweise ==
<references />


[[Kategorie:Stadtbaugeschichte]]
[[Kategorie:Bauform (Wohngebäude)]]
[[Kategorie:Wohnungsmarkt]]

[[en:Tenement]]
[[pl:Kamienica (architektura)]]

Version vom 25. Mai 2012, 10:02 Uhr

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