Normativer Rechtsbegriff

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Ein normativer Rechtsbegriff ist ein Rechtsbegriff, der auslegungsbedürftig ist. Dabei handelt es sich um Generalklauseln wie „Treu und Glauben“, die „Verkehrssitte“ oder um Begriffe, die eine Wertung erfordern wie „sittenwidrig“, „verwahrlost“ und dergleichen.

Normative und deskriptive Tatbestandsmerkmale

Normative Tatbestandsmerkmale sind solche, die nicht aufgrund der bloßen Wahrnehmung, sondern nur aufgrund einer rechtlichen Bewertung der wahrgenommenen Tatsachen oder Umstände als vorhanden festgestellt werden können.

Deskriptive Tatbestandsmerkmale sind demgegenüber beschreibende Merkmale, die allein aufgrund der sinnlichen Wahrnehmung festgestellt werden können. Es bedarf dabei keiner rechtlichen Bewertung.

Ein normatives Tatbestandsmerkmal ist beispielsweise die Fremdheit einer Sache beim Diebstahl gemäß § 242 Abs. 1 StGB. Die Fremdheit ist dabei im objektiven Tatbestand nach den allgemeinen zivilrechtlichen Kriterien zu bestimmen. Der Vorsatz, als Kriterium des subjektiven Tatbestands muss sich unter anderem auch auf die Fremdheit beziehen. Hier zeigt sich, dass die Fremdheit kein reines deskriptives Tatbestandsmerkmal ist, sondern ein normatives. Der Täter muss also wissen, dass die Sache fremd ist. Dafür muss er eine rechtliche Bewertung vornehmen, sodass es nicht allein auf die Faktenkenntnis, sondern auch auf die rechtliche Bewertung ankommt. Ausreichend ist dafür die Parallelwertung in der Laiensphäre. Nach der herrschenden Meinung ist daher ein Irrtum über die Fremdheit ein Tatbestandsirrtum nach § 16 Absatz 1 StGB.[1][2]

Literatur

Einzelnachweis

  1. OLG Hamm, Beschluss vom 15. Januar 2002, Az. 3 Ss 1170/01.
  2. Maurach, Reinhart/Schroeder, Friedrich-Christian/Maiwald, Manfred, Strafrecht Besonderer Teil, Teilband 1: Straftaten gegen Persönlichkeits- und Vermögenswerte, 10. Aufl., Heidelberg 2009, § 32 Rn. 21.