Seelgerätstiftung

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Eine Seelgerätstiftung ist eine Bezeichnung für eine Gottesdienststiftung, etwa zum sich jährenden Todestag eines Stifters eine Heilige Messe abzuhalten. Im mittelalterlichen Denken sollte durch ein solch wiederkehrendes Gebet oder Opfer der „armen Seele“ wie mit einem Gerät zum ewigen Heil verholfen werden.[1] Durch solche Stiftungen sind beträchtliches Vermögen und Landbesitz an die Katholische Kirche bzw. an christliche Klöster und Bistümer übertragen worden. Die Kirche übernahm im Gegenzug die Verpflichtung, Totengottesdienste und Vigilien für den Stifter oder die Stifterfamilie abzuhalten.

Grundsätze

  • Zugrunde liegt der Gedanke, ewige Seligkeit und Errettung aus dem Fegefeuer für sich und andere zu erkaufen. Das Seelgerät spielt deshalb eine herausragende Rolle in mittelalterlichen Testamenten. Bei Totschlägen ist es dem Erschlagenen ja nicht mehr möglich, für sein Seelenheil zu sorgen. Er kann seine Rechnung mit Gott nicht begleichen, er ist geschädigt. Daher ist der Urheber des plötzlichen Todes zum Seelgerät verpflichtet, d. h. zu allem, was der armen Seele nützen kann und den angerichteten Schaden bessert. Er kann im Seelgerät ein bestimmtes Maß an geistlichen Gütern der Seele des Erschlagenen zukommen zu lassen. Das Seelgerät setzt sich zusammen aus Schenkungen zum Erwerb von Bruderschaften, dem jährlichen Totenamt mit Vigilien und Meßopfer (in den Urkunden häufig anniversarius genannt) oder der Stiftung eines ewigen Lichtes. Hinzu kommen Seelenmessen und Pilgerfahrten nach Rom, Aachen oder zum Heiligen Blut nach Wilsnack (um nur die für diese Zwecke gebräuchlichsten Wallfahrtsorte zu nennen).[2]
  • Zu den Spenden gehören auch die sogenannten Seelbäder. Die Sitte der Seelbäder besteht darin, dass der eine oder andere Arme eines Ortes einmal oder jährlich an einem bestimmten Tag auf Kosten des Täters in der öffentlichen Badestube baden darf, wobei ihm eine Mahlzeit in Brot und Bier verabreicht wird.[2]
  • Ein wesentlicher Bestandteil des Seelgeräts ist das Begängnis, das in vielen Sühneurkunden schlechthin Leichzeichen genannt wird. Es war deshalb so ungeheuer wichtig, weil ein Erschlagener ohne Glockenklang beerdigt wurde. ... Wurde der Täter nicht ermittelt oder gefaßt, so durfte das Leibzeichen nicht geweihter Erde übergeben werden, der Getötete wurde gleichsam der Kategorie der Selbstmörder zugeordnet.[2]

Weblinks

Literatur

  • Paul Frauenstädt: Blutrache und Totschlagsühne im deutschen Mittelalter Leipzig 1881
  • Georg Grüll: Burgen und Schlösser in Oberösterreich, Band 1: Mühlviertel. Birken-Verlag, Wien 1962.

Einzelnachweise

  1. Seelgerätstiftungen von 1379 und 1396. In Gemeinde Kleinzell (Hrsg.): Kleinzell in Geschichte und Gegenwart. Kleinzell 1995, S. 72.
  2. a b c Lothar Schott: Totschlagsühne und Steinkreuzerrichtung. Wissenschaftliche Zeitschrift der pädagogischen Hochschule Potsdam, 3. Jg., 1957, Heft 1, S. 47–53