Edition Nautilus

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Die Edition Nautilus ist ein unabhängiger deutscher Verlag für Biografien, Belletristik und politische Sachbücher mit Sitz in Hamburg.

Die Edition Nautilus wurde 1973 von Pierre Gallissaires, Hanna Mittelstädt und Lutz Schulenburg (1953–2013)[1][2][3] gegründet, zunächst als MaD-Verlag. Alle drei wurden von der 68er-Bewegung geprägt. Vor dem Hintergrund der linkspolitischen Richtungen versuchten sie, den undogmatischen Geist jener Zeit am Leben zu erhalten, indem sie sich darum bemühten, die undogmatische Avantgarde der 1920er Jahre wiederzuentdecken.[4] Sie begannen mit der Herausgabe der Zeitschrift MaD im MaD-Verlag. Nach einer Klage des gleichnamigen MAD-Magazins benannte sich der Verlag 1977 in Edition Nautilus um und die Zeitschrift MaD in „Revolte!“.

2013 starb Schulenburg, Mittelstädt führte den Verlag übergangsmäßig weiter und übergab ihn 2016 an fünf Mitarbeiter, die ihn seither im Kollektiv in Form einer GmbH weiterführen.[5]

Von Beginn an fanden sich im Verlagsprogramm politische, anarchistische, dadaistische und situationistische Schriften – wozu literarische Texte neuerer Autoren wie Ingvar Ambjørnsen, Franz Dobler und Johannes Muggenthaler traten. Die erste verlegerische „Großtat“ war die Veröffentlichung der deutschen Übersetzung der kompletten Zeitschriften der „Situationistischen Internationale“ (1958 bis 1969), die in zwei Bänden 1976 und 1977 erschien. Das größte Projekt des Verlages war die zwischen 1981 und 1997 in zwölf Bänden erschienene Werkeausgabe von Franz Jung. Von 1981 bis 2013 erschien die Zeitschrift Die Aktion. Eine weitere Programmschiene des Verlags waren Autobiographien gegen die Zeit, die 1977 mit Die Feuer der Freiheit von James Carr begannen und später mit Autobiographien von Billie Holiday, Franz und Cläre Jung, Emma Goldman u. v. a. fortgesetzt wurden. In neuerer Zeit veröffentlichte die Edition Nautilus unter anderem Bücher von und über Buenaventura Durruti, Wiglaf Droste, Peter Hacks, Abbas Khider, Subcomandante Marcos, Errico Malatesta, Laurie Penny, Horst Stowasser, Jochen Schimmang, Deniz Yücel.

Ein Markenzeichen des Verlags ist die „Kleine Bücherei für Hand und Kopf“, in der vergessene Texte der klassischen Moderne, u. a. von Enrico Baj, Max Ernst, Francis Picabia, Kurt Schwitters und Tristan Tzara wieder aufgelegt wurden.

Mit der Krimi-Reihe und dem Erstlingswerk Tannöd der Autorin Andrea Maria Schenkel, die für ihren Roman den Deutschen Krimi-Preis 2007 erhielt, schaffte es der Verlag erstmals auf „Platz 1“ der Sparte Belletristik in der vom Fachmagazin buchreport ermittelten Bestsellerliste. 2008 erhielt Schenkel zum zweiten Mal den Deutschen Krimi-Preis für ihren Roman Kalteis. Die Krimireihe startete 1988 mit der deutschen Erstausgabe von Léo Malets Schwarzer Trilogie (Das Leben ist zum Kotzen, Die Sonne scheint nicht für uns, Angst im Bauch) und wird bis heute fortgesetzt.

  • Jan-Frederik Bandel: „Laumeierei gibt’s hier nicht!“ Gespräch mit Hanna Mittelstädt und Lutz Schulenburg, den Verlegern der Edition Nautilus. Über Minderheitenpositionen, die siebziger Jahre und Bücher, auf die man stolz sein darf. In: Junge Welt vom 30. Dezember 2006
  • Hanna Mittelstädt, Anna Rheinsberg: Liebe Hanna, Deine Anna. Briefe über Liebe und Literatur. Hamburg, 1999. ISBN 3-89401-299-4 (U.a. kommt der Verlagsalltag zur Sprache).
  • Zwanzigtausend Meilen für die Anarchie. Nina Nadig und Bernd Drücke im Gespräch mit den Edition Nautilus-Verlegerinnen Hanna Mittelstädt und Katharina Picandet. In: Bernd Drücke (Hrsg.): Anarchismus Hoch 3. Utopie, Theorie, Praxis. Interviews und Gespräche. Unrast Verlag, Münster 2016, ISBN 978-3-89771-219-5, S. 65–75 (online in der Graswurzelrevolution Nr. 390, Sommer 2014 [abgerufen am 25. November 2018]).
  • Hanna Mittelstädt: Arbeitet nie! Die Erfindung eines anderen Lebens. Chronik eines Verlags, Edition Nautilus, Hamburg 2023. ISBN 978-3-96054-317-6

Einzelnachweise

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  1. Sebastian Hammelehle: Politischer Verleger: Lutz Schulenburg gestorben. In: Spiegel Online. 2. Mai 2013, abgerufen am 2. Mai 2013.
  2. Hajo Steinert: Der progressive Unbeugsame. Zum Tod des Verlegers Lutz Schulenburg. In: dradio.de
  3. Christoph Twickel: Zum Tode Lutz Schulenburgs – Ein radikaler Optimist. In: Spiegel Online, 3. Mai 2013.
  4. Stefan Kleie: Vom Spürsinn der Kopffüßer. Linkes Kunststück: Die Hamburger Edition Nautilus ist seit mehr als vierzig Jahren als Kleinverlag im Geschäft. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. September 2016, S. 13.
  5. Die Crew tritt an. In: boersenblatt.net, 26. April 2018, abgerufen am 30. September 2018.
  6. Zillmer-Verlegerpreis geht an die Edition Nautilus. In: Badische Zeitung online, 7. Juli 2018, abgerufen am 6. Januar 2024.
  7. Das sind die Gewinner des Deutschen Verlagspreises 2023. buchreport, 18. Juli 2023, abgerufen am 18. Juli 2023.