Domizid

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Ein Domizid (von lateinisch domus ‚Haus‘ und lateinisch caedere ‚morden‘, ‚metzeln‘) ist laut Definition der Vereinten Nationen eine systematische und großflächige Zerstörung von Wohnraum und ziviler Infrastruktur, von der insbesondere der Gazastreifen und große Teile der Ukraine betroffen sind.

Der Domizid ist zu unterscheiden vom Demozid, welcher vorsätzliche Massentötungen von bestimmten Menschengruppen durch eine Regierung bezeichnet.

Domizid in Bezug auf Palästina[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zusammenhang mit dem Krieg in Israel und Gaza seit 2023 wurde der israelischen Seite ein Domizid als Mittel der Kriegsführung vorgeworfen. Es sollen nicht nur die Tunnel der Hamas, sondern mitunter auch in gezielter Absicht Wohnhäuser infolge der massiven Bombardements zum Einsturz gebracht worden sein, was immer wieder menschliche Tragödien zur Folge hat. Laut Untersuchungen der Oregon State University waren im Mai 2024 mehr als die Hälfte der Häuser in Gaza schwer beschädigt oder vollständig zerstört. Zwei Millionen Menschen seien zu dem Zeitpunkt obdachlos.[1]

Als Folge der weitreichenden Zerstörungen und aus Gründen der rechtlichen und moralischen Verantwortung fordern die UN-Experten entsprechende Reparationen seitens Israels und aller Länder, die den Krieg und die Besatzung militärisch, materiell und politisch unterstützt haben.[2]

Forderung nach Einstufung des Domizids als Verbrechen gegen die Menschlichkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von zahlreichen UN-Experten wird der Domizid als Mittel der Kriegsführung sehr kritisch betrachtet. Bisher wird der Domizid nach internationalem Recht nicht eindeutig als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft. Im Oktober 2023 legte der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für das Recht auf Wohnraum einen Bericht an die UN vor, in dem er die Forderung darlegte, dass es sich hierbei um eine sehr große Gesetzeslücke handele, die unbedingt gefüllt werden müsse.

Auch vertreten immer mehr Rechtswissenschaftler und andere Gelehrte die Meinung, dass die systematische und wahllose Zerstörung ganzer Stadtviertel durch Sprengstoffwaffen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet werden sollte, und zwar nicht nur im Gazastreifen, sondern ebenso in Städten wie Aleppo, Mariupol, Grosny oder in Myanmar. Diese Forderung wurde untermauert durch den am 15. April 2024 von Expertinnen und Experten der Vereinten Nationen veröffentlichten Bericht, nach welchem sechs Monate nach Beginn der Militäroffensive im Gazastreifen prozentual mehr Wohnungen und zivile Infrastrukturen zerstört wurden als in jedem anderen bewaffneten Konflikt seit Menschengedenken.[3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • J. Douglas Porteous, Sandra E. Smith: Domicide: The Global Destruction of Home McGill-Queen's University Press, Montreal & Kingston, London, Ithaca, 2001

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gaza: Domizid durch die israelische Armee? Weltspiegel vom 12. Mai 2024, abgerufen am 12. Mai 2024
  2. Gaza: UN experts deplore use of purported AI to commit ‘domicide’ in Gaza, call for reparative approach to rebuilding Bericht des Büros des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 15. April 2024, abgerufen am 16. Mai 2024
  3. Widespread destruction in Gaza puts concept of domicide in focus The Guardian vom 7. Dezember 2023, abgerufen am 12. Mai 2024