Basilica di San Lorenzo (Florenz)

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Koordinaten: 43° 46′ 29,6″ N, 11° 15′ 13,9″ O

Gesamtansicht mit Kreuzgang, Bibliothek und der Kuppel der Fürstenkapelle (2022)
Außenansicht von der Piazza San Lorenzo

Die Basilica di San Lorenzo ist eine dem heiligen Laurentius von Rom geweihte Pfarrkirche in Florenz. Sie ist eine der wichtigsten und mit dem Weihejahr 393 auch eine der ältesten Kirchen von Florenz. San Lorenzo war dreihundert Jahre die Bischofskirche von Florenz, bis Santa Reparata, heute Santa Maria del Fiore, zur Kathedrale bestimmt wurde. Sie trägt den Titel einer Basilica minor.

Der heutige Bau aus dem 15. Jahrhundert wurde in wesentlichen Teilen von Cosimo de’ Medici gestiftet und von Filippo Brunelleschi entworfen und gilt als Hauptwerk der Architektur der Frührenaissance. Die Kirche bildet den Kern eines Komplexes, der einige der bedeutendsten Baudenkmäler der Renaissance beherbergt: die 1421 begonnene Alte Sakristei, ebenfalls von Brunelleschi, die Neue Sakristei und die Biblioteca Laurenziana von Michelangelo.

In der Kirche und den Sakristeien befinden sich die Gräber von Mitgliedern der Medici-Familie; im Westen schließt die Fürstenkapelle, die im frühen 17. Jahrhundert errichtete Grabkapelle der Medici-Herzöge, an den Chorbereich der Kirche an.

Plan der Kirche: 1. Alte Sakristei, 2. Neue Sakristei, 3. Fürstenkapelle, 4. Erster Kreuzgang, 5. Zweiter Kreuzgang, 6. Biblioteca Laurenziana

San Lorenzo liegt leicht nördlich des rasterartig angelegten Altstadtkerns. Schräg gegenüber des Ostportals der Kirche befindet sich der Palazzo Medici Riccardi und 200 Meter südöstlich der Basilika der Dom.

Während der Komplex aus Basilika, Kreuzgängen und weiteren Gebäuden im Süden direkt an die umliegende Wohnbebauung angrenzt, existiert im Norden und Osten ein L-förmiger Platz um die Basilika, die Piazza San Lorenzo. Westlich der Basilika verläuft die Via del Canto de’ Nelli, die im Südwesten auf die kleine Piazza Madonna degli Aldobrandini stößt.

Die Basilika mit ihren zugehörigen Gebäuden bildet einen umfassenden Komplex aus mehreren Epochen, überwiegend aus dem 15.–17. Jahrhundert. Die wichtigsten architektonischen Strukturen des Komplexes sind:

  • die eigentliche Basilika, Architekt Filippo Brunelleschi (posthum vollendet), erbaut 1421 bis nach 1482
  • Alte Sakristei, Architekt Filippo Brunelleschi, erbaut 1422–28
  • Erster Kreuzgang, Architekt Antonio Manetti Ciaccheri, 1457–61[1]
  • Neue Sakristei, Architekt Michelangelo, erbaut 1520–34
  • Biblioteca Laurenziana, Architekt Michaelangelo, erbaut 1559–68
  • Fürstenkapelle, Architekten Matteo Nigetti, Bernardo Buontalenti, erbaut 1605.
Alt-San Lorenzo, um 1450

Der Vorgängerbau der heutigen Kirche, Alt-San Lorenzo, war ein um 1060 errichteter Bau der Proto-Renaissance.[2][3]

Planungen zum Ausbau der alten Kirche gab es bereits ab 1384, sie wurden ab 1416 jedoch erst konkreter. Im Dezember 1418 wurde durch die Signoria ein Gesuch des Kapitels genehmigt, Gebäude westlich der Alten Kirche zu enteignen und die Gebäude abzureißen, um einen größeren Kirchenbau zu ermöglichen.[3] Bereits 1419 soll nach den Erinnerungen des Priors Benedetto Schiattesi mit dem Bau auf dem freigewordenen Gelände westlich der alten Kirche begonnen worden sein, wahrscheinlicher ist jedoch erst ein Baubeginn 1421, da eine feierliche Fundamentaushebung am Laurentiustag, dem 10. August 1421 urkundlich belegt ist und Abrissarbeiten noch 1422–23 stattfanden.[3]

Ebenfalls nach Schiattesi soll es 1425 zu einer Unterbrechung der Bauarbeiten gekommen sein, da dem Kapitel wegen Kriegsabgaben die notwendigen Gelder zum Weiterbau fehlten. Einzig an der von Giovanni di Bicci de’ Medici gestifteten Sakristei (heute als Alte Sakristei bezeichnet) und der östlich angrenzenden Cosmas- und Damian-Kapellen des gleichen Stifters wurde weitergebaut, so dass Sakristei und Kapellen 1428 fertiggestellt werden konnten.[3]

Im August 1442 verpflichtete sich dann schließlich Cosimo de’ Medici binnen sechs Jahren die „Cappella Maggiore, die Vierung und drei Joche des Langhauses bis zum alten Hochaltar“ errichten zu lassen.[4][3] Kurz vor 1457 wurde die Vierungskuppel errichtet[3] und 1461 war schließlich das Querhaus fertiggestellt. Zwischen 1457 und 1461 wurde das neue Kanonikerhaus südlich des Langhauses errichtet.[3] Der neue Altar im Querschiff wurde schließlich am 9. August 1461 geweiht.[2]

Ob Brunelleschi von Anfang an für die Neubauarbeiten als Architekt vorgesehen war oder anfangs nur für die Sakristei ist umstritten. Manche Forscher argumentieren, dass der Prior Matteo Dolfini († 1422) bereits Pläne für den Neubau vorgelegt habe, die von Brunelleschi teilweise übernommen worden seien. Kernpunkt dieses Streits in der Forschung ist die Frage nach den Gründen des mittelalterlichen Proportionssystems, welches San Lorenzo zugrunde liegt. Dieses könnte entweder darauf zurückgehen, dass ursprünglich nur eine westliche Erweiterung von Alt San Lorenzo geplant war und man sich daher an den Altbau anpasste oder dass bereits realisierte Abschnitte des Baus nach Entwürfen Dolfinis integriert werden mussten, die dieses Proportionssystem aufwiesen.[2][3][4]

Für April 1463 sind Bauarbeiten an den südlichen Langhauskapellen bezeugt, die im April 1465 im Rohbau fertiggestellt worden sind. Kurz nach 1465 wurde Alt San Lorenzo abgerissen[3] und das eigentliche Langhaus begonnen. Wann das Langhaus fertiggestellt wurde, ist nicht bekannt, es muss aber nach 1481/82 gewesen sein, da erst zu diesem Zeitpunkt der alte Campanile abgerissen wurde, der dem Neubau im Weg stand.[2]

Ab 1519 wurde die Neue Sakristei nach Plänen Michelangelos errichtet. Das Bauwerk war 1525 so weit vollendet, dass die Spitze der Laterne angebracht werden konnte, die Arbeiten am Skulpturenprogramm zogen sich mit Unterbrechungen jedoch bis 1534 hin und wurden letztlich nie vollständig vollendet.[5]

Michelangelo plante auch eine Hauptfassade, die jedoch nicht realisiert wurde, so dass sich bis heute nach Osten das rohe Backsteinmauerwerk zeigt.

Ab 1605 wurde die Fürstenkapelle (Cappella dei Principi) durch Matteo Nigetti und den mediceischen Hausarchitekten Bernardo Buontalenti westlich des Chores errichtet.

1740 wurde der Campanile errichtet.

San Lorenzo ist eine gewestete dreischiffige Basilika. Das achtjochige Langhaus ist beiderseits mit Seitenkapellen versehen, die an die sechs östlichen Joche zu beiden Seiten anschließen. Im siebten Joch (von Osten) ist beiderseits ein Vorraum zu den Seiteneingängen angebracht, um die Flucht mit den Kapellenreihen zu wahren. An das Querhaus grenzen im Norden und Süden je zwei Kapellen an und im Osten zwei. Die östlichen Kapellen grenzen nördlich und südlich an das achte Joch von Osten des Langhauses an. Westlich an das Querhaus grenzen beiderseits des Chors je zwei Kapellen an. Über der quadratischen Vierung erhebt sich eine Kuppel.

Hinter dem Chor grenzt im Westen die Fürstenkapelle an, ein großes, oktogonales Gebäude, dessen Breite etwa dem des Querhauses entspricht. Nordwestlich an das Querhaus grenzt die Neue Sakristei, südwestlich die Alte Sakristei. Südöstlich an das Querhaus grenzt die Treppe zur Biblioteca Laurenziana an, die südlich davon liegt. Östlich der Bibliothek und damit südlich der Langhauskapellen grenzen zwei Kreuzgänge an.

Der Innenraum – Brunelleschi und die Zentralperspektive

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Innenansicht mit Blick auf den Hochaltar
Innenansicht mit Blick auf den Haupteingang
Chorkuppel

Die Medici hatten um 1418 noch einen gotischen Bau geplant, als Brunelleschi die Bauleitung übernahm. Brunelleschi änderte in diesem Plan bis 1421 praktisch alles. Er begann mit einem ganz neuen Plan, es war eine schlagartige Entscheidung für einen neuen Baustil.

Dieser Innenraum ist ein hervorragendes Beispiel für die Architektur der Frührenaissance in einem traditionellen längsgerichteten Gebäude, das damit also außerhalb des Ideals vom reinen Zentralbau stand. Hier wurde zum ersten Mal Brunelleschis neuartige Konzeption von einem an der Linearperspektive orientierten Raum verwirklicht, der durch Fluchtlinien bestimmt ist, die alle in einem Punkt zusammenzulaufen scheinen – Brunelleschi war mit dem Mathematiker Manetti und anderen der Erfinder der wissenschaftlichen Zentralperspektive.

Vor Brunelleschi hatte man sich in solchen Fällen verschiedener Kunstgriffe bedient, um in Gemälden und Zeichnungen Entfernungen zu suggerieren. Brunelleschi aber erarbeitete ein System, mit dessen Hilfe Raum auf exakt messbare Weise darzustellen war. Er beobachtete, dass auf einen Betrachter parallel zulaufende Linien in der Ferne zu konvergieren scheinen. Ins Bild übertragen erzeugen solche Fluchtlinien (Orthogonale), die in der Tiefe des Bildes in einem Fluchtpunkt zusammenlaufen, eine stark räumliche Wirkung.[6]

Hier wird die Abkehr von der mittelalterlichen Architektur und die Opposition gegen die deutsch-französischen Einflüsse der Gotik besonders deutlich, die ein ekstatisches Streben nach Höhe und dramatischer Wirkung gezeigt hatten. Beim Bau der Domkuppel war Brunelleschi daran gehindert worden, solche Prinzipien zu verwirklichen, weil dort die Grundmaße und die Idee bereits vorgegebenen waren. In seiner Architektur wollte er aber eigentlich etwas anderes.

In Italien und besonders jetzt in der Renaissance war es kein Selbstzweck mehr, ein repräsentatives Bauwerk größer und höher errichten zu wollen. Man orientierte sich an dem, was in der Literatur gerne als das „menschliche Maß“ (misura dell'uomo) bezeichnet wird.

„Die Renaissance konsolidiert endgültig das Primat der formalen Schönheit vor jedem anderen Aspekt […] Die Grundlage ihres Stils, in denen die Tugenden ihrer Seele auf die Architektur übertragen werden, heißen: Ordnung, Klarheit, Harmonie“.[7]

Als erstes fällt auf, dass Brunelleschi strenge, klare geometrische Formen bevorzugte, um die Linearperspektive zu betonen. Ein Gestaltungsmittel dazu war das Prinzip der Reihung gleicher Elemente. Da vor allem die Säulen Träger dieses Prinzips sind, stehen sie sehr frei und offen zwischen Haupt- und Seitenschiff, sind also als Einzelelemente deutlich hervorgehoben.

Parallel dazu verwendet die Wandgliederung der Seitenschiffe Pilaster. Die Kirchenschiffe sind durch regelmäßige, große Rundbögen voneinander getrennt, nicht wie in der Gotik mit den weniger harmonischen Spitzbögen. Das Hauptschiff wird von einer Kassettendecke abgeschlossen, nicht mehr von einem Rippengewölbe. Der ganze Raum verzichtet auf eine Steigerung nach oben, sondern bevorzugt eine ruhige, klassische Lagerung mit starker Betonung von waagerechten Elementen – wie dem sog. Gebälk, das als durchgehende Linie über den Arkaden des Mittelschiffes und über den Pilastern der Seitenschiffe liegt und in der Flachdecke eine Parallele hat.

Die senkrechten Bauglieder sind in exakt berechneter Proportion und Perspektive hintereinander gesetzt. Dieses rationale Ordnungsprinzip lässt die verbleibenden Wandflächen weiß und ungestaltet. Sie werden nicht mehr, wie im Mittelalter, für Malereien genutzt, das würde das Erleben der Perspektive nur stören. Außerdem wäre auch kaum mehr Platz dafür übrig. Das, was an Dekoration aufgetragen wird, ist kein eigenständiges Bildprogramm, sondern „gemalte Architektur“, unterstreicht also das Grundkonzept des Raumes zusätzlich.

Die Kirchenschiffe sind durch weite Bogenstellungen miteinander verbunden. Das waren sie in den italienischen gotischen Bauten auch vorher schon, beispielsweise beim Florentiner Dom. Aber in S. Lorenzo ist der Eindruck des Einheitsraumes noch stärker als im Dom 30 Jahre zuvor. Das Licht ist hell und klar und nicht schummrig-mystisch wie in der Zeit des Mittelalters davor.

Es ist in der Fachliteratur umstritten, welche Vorbilder Brunelleschi hier im Innenraum von S. Lorenzo aufgegriffen hat. Es wird teilweise behauptet, er habe klassische antike Bauten vor Augen gehabt. Andererseits wird darauf verwiesen, dass der Einfluss von Bauten der toskanischen Romanik des 11. und 12. Jahrhunderts doch größer sei. Auch das gotische Raumgefühl, wie es sich in Italien entwickelt hatte, wird als denkbare Quelle genannt. Mithin werden in der Literatur für die Entstehung der Architektur Brunelleschis also alle Kunstepochen mit herangezogen, die es in Italien bis zu diesem Zeitpunkt 1420 überhaupt nur gab.

Es lassen sich für jede der angeführten Theorien Belege erbringen. Es ist unzweifelhaft, dass Brunelleschi alle Baustile gut gekannt hat und dass Elemente aus allen Bereichen irgendwie vertreten sind. Entscheidend ist bei Brunelleschi aber nicht das Zitieren älterer Kunst, sondern der Entwurf einer neuen Architektur, wie sie unter dem Stichwort der Zentralperspektive in ihren entscheidenden Formen beschrieben wurde.

„Brunelleschi wählte aus toskanischen Bauten des 11. bis 14. Jahrhunderts alle Elemente seines Stiles und ordnete sie neu entsprechend den neuen Beziehungen, die durch die neuentdeckte perspektivische Sehweise gefordert wurden.“[8]

Gleichzeitig hatte er mit diesem Bau das Vorbild der frühchristlichen Basiliken wieder aufgegriffen. Durch diesen Innenraum weckte er das Verständnis der Künstler für die Perspektive. Ein Stil entstand, der die gesamte florentinische Architektur des Jahrhunderts lenkte und in dem „Lineal und Zirkel“ wieder ihren Platz einnahmen, um mit den Mitteln der Symmetrie und mit der gemessenen Regelmäßigkeit der Konstruktionen den Begriff geometrischer Schönheit durchzusetzen.[9] Das Langhaus bildet ein in sich funktionierendes System, die Raumteile sind klar aufeinander bezogen. Das Verhältnis von Mittelschiff zu Seitenschiff zu Kapellentiefe ist 4:2:1. Höhe der Schiffe ist zweimal die Breite. Mathematische Grundverhältnisse bestimmen also die Ausmaße des Baues.

Schiff und Kapellen

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  • Bronzino: Fresko Das Martyrium des hl. Laurentius im Nordflügel
  • Desiderio da Settignano: Pala del Sacramento, Tabernakel im Südflügel
  • Rosso Fiorentino: Hochzeit der Jungfrau in einer der Kapellen des Südflügels
  • Die zwei Bronzekanzeln auf schmalen Marmorsäulen mit Szenen der Passion Christi und seiner Auferstehung zählen zu den letzten Werken Donatellos am Ende der 1450er Jahre. Zum Abschluss gebracht wurden sie durch Bartolomeo Bellano, Bertoldo di Giovanni und wahrscheinlich weiteren Mitarbeiter. Ob die Reliefs ursprünglich so als Kanzeln konzipiert waren, ist nicht dokumentiert. In diese Form gebracht wurden sie erst im 16. Jahrhundert.

Die „alte Sakristei“ ist der erste überkuppelte Zentralbau der Renaissance, das Gründungswerk für den Zentralbau der modernen Kunstgeschichte. Vollendet wurde sie 1428. Der Wandschmuck und die den Altarraum flankierenden Bronzetüren stammen von Donatello. Die zwölfgeteilte „Schirmkuppel“ stellt eine Sonderform dar, sie zeigt in ihrer Zahlensymbolik (Christus und die Apostel) bereits die Möglichkeit, die im Barock zur Kuppel als dem großen Himmelsbild führt.

Wir haben hier – wie dann später im Langhaus – einen geometrisch klar gegliederten Raum, der mit wenigen Gestaltungsmitteln auskommt: Rundbögen, kannelierte Pilaster und einem Gebälk, das die Wand in zwei Zonen einteilt. Teilweise ist die weiße Wandfläche ganz ungegliedert gelassen. Die wichtigen Bauglieder sind durch klare Bänder von grauem Stein („pietra serena“) nachgezeichnet, ein sehr eindrucksvolles, hier erstmals angewendetes Dekorationsprinzip.

Der älteste Teil der Renaissance-Anlage wurde von Brunelleschi (ab 1422) in Zusammenarbeit mit Donatello geschaffen, der für einen Großteil der dekorativen Ausstattung verantwortlich war und das größte zusammenhängende Werk Donatellos darstellt, an dem er zwischen 1434 und 1443 arbeitete. An der Dekoration der Sakristei in gefärbtem und bemaltem Stuck wurde von oben nach unten gearbeitet, wonach der mit einem Goldband gewundene Stoff, mit dem die Auflager der Kuppeln geschmückt sind und der Fries mit Spiritelli in kleinen Tondi vor den acht über zwei Meter großen Tondi mit den Evangelisten und den vier Szenen aus dem Leben des Evangelisten Johannes gearbeitet wurden. Neu an dem traditionellen Motiv der an ihren Schreibpulten sitzenden Evangelisten über den Bögen, sind die mit ihnen verbundenen Tiere, die ihnen aktiv bei der Lektüre helfen. Zudem sind die Möbel und die Podeste mit spielerischen Spiritelli geschmückt, die antiken Vorbilder der christlicher Engel, meist ebenso geflügelt, aber jünger, ersetzten sie, angestoßen durch Donatello, diese im Verlauf der Renaissance immer häufiger. Die vier Johannesszenen in den Zwickeln sind elaborierte Entwürfe zentralperspektivischer Projektion, wie sie von Brunelleschi erstmals umgesetzt und damals viel diskutiert wurde. Später sind die Lünettenreliefs mit den Hl. Stephan und Lorenzo, sowie Cosmas und Damian über den antikischen Türgiebeln und schließlich die bronzenen Türflügel entstanden. Über die nicht mit Brunelleschi abgesprochene Türrahmung soll es, laut Brunelleschis Nachfolger und Biografen Antonio Manetti, zum Bruch zwischen den Freunden gekommen sein. Die insgesamt zwanzig Reliefs der Türen zeigen Paare diskutierender Märtyrer (links) und Apostel. Filarete meinte despektierlich in seinem Architekturtrakat aus den 1460er Jahren, Donatellos Figuren sähen aus wie „Fechter“ und bezog sich damit vermeintlich auf Leon Battista Alberti, der auch über die unbedingt würdige Darstellung heiliger Figuren sprach (moderatio). Doch über die vorbildhafte Differenziertheit des Ausdrucks jeder einzelnen Figur besteht kein Zweifel.[10]

Im linken Hinterraum befindet sich ein, von Donatello begonnenes und von Andrea Verrocchio ergänztes Waschbecken aus weißem Marmor (zum rituellen Gebrauch siehe Lavabo). Verrocchio schuf auch den Bronze-Sarkophag für Giovanni und Piero di Lorenzo de’ Medici im Durchbruch zur Kapelle Cosmas und Damians, die ebenso den Medici gehörte.

Der Altar, die trennende Balustrade und der zentrale Sarkophag für Giovanni di Bicci de’ Medici und seine Frau Piccarda Bueri mit einer Art Tisch darüber sind Entwürfe Brunelleschis und gehören zur Gesamtkonzeption. Ausgeführt wurden sie unter anderem von seinem Adoptivsohn Buggiano (eigtl. Andrea de Lazzaro Cavalcanti), doch die Sarkophagdekoration trägt ebenfalls die Handschrift Donatellos, und wurde zumindest auch von Bildhauern seiner Werkstatt bearbeitet.[11]

Im Gewölbe über dem kleinen Altarraum (ein Neuntel des Hauptraums) ist eine der ersten naturgetreuen Darstellungen des Sternenhimmels zu sehen. Die Positionen von Sonne, Mondsichel und Planeten auf der skalierten Ekliptik sind derart genau wiedergegeben, dass sich das von Toscanelli dargestellte Datum, der 4. Juli 1442 um 10:40 Uhr, rekonstruieren lässt. Das Kruzifix über dem Altar schließlich stammt von Simone di Nanni Ferrucci.

Biblioteca Laurenziana

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Fürstenkapelle

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Kuppel der Fürstenkapelle

In der Fürstenkapelle befindet sich die Grablege jener späteren Angehörigen der Familie, die in der alten und der neuen Sakristei der Basilika keinen Platz mehr fanden. Sie stammt aus der Zeit nach der Erhebung der Medici in den Großherzogsstand. Die Ausstattung in Marmorintarsien (pietra dura) gilt als Meisterwerk der Florentiner Steinschneiderschule Opificio delle Pietre Dure. Fast fünfzig weniger bedeutende Familienmitglieder sind in der Krypta begraben.

In der Basilika gibt es drei Orgeln. Die Hauptorgel wurde 1864–1865 von den Orgelbauern Fratelli Serassi (Bergamo) erbaut. Das Instrument hat 35 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Trakturen sind mechanisch.[12]

I Echowerk
Principale (B/D) 8′
Ottava (B/D) 4′
Quintadecima 2′
Due di Ripieno
Viola (B) 8′
Flauto a Camino (D) 8′
Flauto in Ottava (B) 4′
Arpone (B) 8′
Clarino (D) 16′
Violoncello (B/D) 8′
Corna Musa (D) 8′
Voce Umana (D) 8′
II Hauptwerk
Principale I (B/D) 16′
Principale II (B/D) 8′
Principale III (B/D) 8′
Ottava I (B/D) 4′
Ottava II 4′
Duodecima 223
Quintadecima (B/D) 2′
Due di Ripieno
Quattro di Ripieno
Terza Mano
III Schwellwerk
Ottava (B) 4′
Zampogna (S) 4′
Viola (B) 4′
Violetta (D) 8′
Voce Flebile (D) 8′
Cromorno (B) 8′
Oboe (D) 16′
Tremolo
Pedalwerk
Contrabbasso 16′
Basso 8′
Violone 8′
Bombarda 16′
Trombone 8′
Timballo
  • Isabelle Hyman: Notes and Speculations on S. Lorenzo, Palazzo Medici, and an Urban Project by Brunelleschi. In: Journal of the Society of Architectural Historians. Nr. 34, 1975, S. 98–120.
  • Piero Roselli: Brunelleschi in San Lorenzo, contributi alla cronologia dell'edificazione. In: Antichità viva. Band 18, Nr. 2, 1979, S. 39–43.
  • Piero Roselli, Orietta Superchi: L’edificazione della Basilica di San Lorenzo. Una vicenda di importanza urbanistica. Florenz 1980.
  • Frank Salmon: The Site of Michelangelo's Laurentian Library. In: Journal of the Society of Architectural Historians. Band 49, Nr. 4, 1. Dezember 1990, ISSN 0037-9808, S. 407–429, doi:10.2307/990568 (ucpress.edu [abgerufen am 19. Februar 2024]).
  • Caroline Elam: Cosimo de’ Medici and San Lorenzo. In: Francis Ames-Lewis (Hrsg.): Cosimo ›il Vecchio‹ de’ Medici, 1389-1464. Oxford 1992, S. 157–180.
  • Howard Saalman: Filippo Brunelleschi. The Buildings. London 1993, S. 106–209.
  • Uta Schedler: Giovanni di Bicci, Filippo Brunelleschi und der Bau von S. Lorenzo in Florenz. In: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst. Nr. 44, 1993, S. 47–71.
  • Riccardo Pacciani: Testimonianze della basilica di San Lorenzo a Firenze, 1421-1442. In: Prospettiva. Nr. 75–76, 1994, S. 85–99.
  • Paolo Viti (Hrsg.): Il capitolo di San Lorenzo nel Quattrocento. Convegno di studi, Firenze, 28–29 marzo 2003 [Centro di Studi e Documentazione San Lorenzo]. Florenz 2006.
  • Arnaldo Bruschi: Filippo Brunelleschi. Mailand 2006, S. 108 ff.
Commons: Basilica di San Lorenzo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Frank Salmon: The Site of Michelangelo's Laurentian Library. In: Journal of the Society of Architectural Historians. Band 49, Nr. 4, 1. Dezember 1990, ISSN 0037-9808, S. 407–429, doi:10.2307/990568 (ucpress.edu [abgerufen am 19. Februar 2024]).
  2. a b c d Volker Herzner: »How much Brunelleschi?«. Matthew Cohen und sein Phantom-Architekt von San Lorenzo in Florenz. In: In: Kunstgeschichte. Texte zur Diskussion. Band 2009, Nr. 26, 13. März 2009, ISSN 1868-0542 (kunstgeschichte-ejournal.net [abgerufen am 15. Februar 2024]).
  3. a b c d e f g h i Jens Niebaum: Phantom oder Architekt? Zur Diskussion zwischen Matthew Cohen und Volker Herzner um Matteo Dolfini und San Lorenzo in Florenz (Kunstgeschichte. Texte zur Diskussion 2009-26). In: In: Kunstgeschichte. Texte zur Diskussion. Band 2009, Nr. 44, 6. August 2009, ISSN 1868-0542 (kunstgeschichte-ejournal.net [abgerufen am 15. Februar 2024]).
  4. a b Volker Herzner: Ein Phantom ist ein Phantom ist ein Phantom - Antwort auf Jens Niebaums Versuch, in der Diskussion um die Baugeschichte von San Lorenzo die Position Matthew Cohens hinsichtlich des Phantoms Dolfini als Architekten zu untermauern (Kunstgeschichte. Texte zur Diskussion 2009-44). In: In: Kunstgeschichte. Texte zur Diskussion. Band 2009, Nr. 47, 24. August 2009, ISSN 1868-0542 (kunstgeschichte-ejournal.net [abgerufen am 15. Februar 2024]).
  5. Frederick Hartt: Michelangelo. The Complete Sculpture. 1968, S. 168 ff.
  6. Hugh Honour, John Fleming: Weltgeschichte der Kunst. Jubiläumsausgabe, 5. Auflage. Prestel, München 1999, ISBN 3-7913-2094-7, S. 332.
  7. Bertrand Jestaz: Die Kunst der Renaissance (= Große Epochen der Weltkunst. Serie 3, Bd. 4). Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 1985, ISBN 3-451-19404-X, S. 25.
  8. André Corboz, Henri Stierlin (Hrsg.): Frühes Mittelalter (= Architektur der Welt. Bd. 14). Taschen, Köln 1994, ISBN 3-8228-9534-2, S. 127.
  9. Alain J. Lemaître: Florenz und seine Kunst im 15. Jahrhundert. Photogrien von Erich Lessing. Terrail, Paris 1993, ISBN 2-87939-067-2, S. 70.
  10. Ulrich Pfisterer: Donatello und die Entdeckung der Stile. Römische Studien der Bibliotheca Hertziana, Bd. 17. Hirmer, München 2002, S. 283ff. (Volltext online der Universität München).
  11. Francesco Caglioti (Hrsg.) mit Laura Cavazzini, Aldo Galli und Neville Rowley: Donatello. The Renaissance. Katalog zur Ausstellung im Palazzo Strozzi und dem Museo Nazionale del Bargello, Florenz, Marsilio Arte, Venedig 2022, ISBN 979-12-5463-006-8, S. 68–72, 232–235, (englisch).
  12. Informationen zur Orgel
  13. Letzte Vertreterin der Medici-Dynastie wird im Herbst exhumiert. Forscher wollen sterbliche Überreste von Maria Luisa de’ Medici untersuchen. In: Die Welt, 2. Juli 2012.