Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts

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Basisdaten
Titel: Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts
Kurztitel: Patientenverfügungsgesetz (nicht amtlich)
Abkürzung: 3. BtÄndG (nicht amtlich)
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Erlassen aufgrund von: Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG
Rechtsmaterie: Betreuungsrecht,
Recht der Freiwilligen Gerichtsbarkeit
Erlassen am: 29. Juli 2009
(BGBl. I S. 2286)
Inkrafttreten am: 1. September 2009
GESTA: C146
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts wurde das Rechtsinstitut der Patientenverfügung in Deutschland erstmals gesetzlich geregelt. Das Gesetz wird daher umgangssprachlich auch als Patientenverfügungsgesetz bezeichnet. Es trat nach intensiver gesellschaftlicher und parlamentarischer Diskussion am 1. September 2009 in Kraft.

Das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts besteht aus drei Artikeln. Artikel 1 änderte das Bürgerliche Gesetzbuch. Zwei neue Paragrafen wurden eingefügt:

Der bisherige § 1901a – Schriftliche Betreuungswünsche, Vorsorgevollmacht – wurde zu § 1901c. § 1904 – Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen – wurde neu formuliert.[1]

Artikel 2 des Dritten Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts passte das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, also das Verfahrensrecht, an die neuen Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch an.

Artikel 3 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

Gesetzgebungsverfahren

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Im September 2006 hatte sich der 66. Deutsche Juristentag mit großer Mehrheit für eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe und der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen ausgesprochen.[2] Behandlungsabbrüche und das Unterlassen lebenserhaltender Maßnahmen sollten auch schon vor der Sterbephase rechtlich erlaubt sein und ausdrücklich klargestellt werden, dass sich Ärzte in solchen Fällen nicht strafbar machen. Es kam zu einer breiten, kontroversen Debatte in der Öffentlichkeit. Im Deutschen Bundestag wurden mehrere Gesetzesentwürfe eingebracht, die unterschiedlich weit reichten und unterschiedlich hohe Anforderungen an eine wirksame Patientenverfügung stellten.[3] Der Fraktionszwang im Bundestag wurde aufgehoben.

Ausgehend von der Beratung am 29. März 2007 wurden drei neue Entwürfe vorgelegt.[4] Als erstes brachten am 6. März 2008 der Abgeordnete Joachim Stünker und 205 weitere Abgeordnete verschiedener Fraktionen einen gemeinsamen Gesetzentwurf[5] in den Bundestag ein, der nach der ersten Lesung im Bundestag am 26. Juni 2008, an die Ausschüsse Recht, Finanzen, Familie und Gesundheit überwiesen wurde[6].

Am 21. Oktober 2008 stellten der Abgeordnete Wolfgang Bosbach und 50 weitere Abgeordnete einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag vor, der auf dem Entwurf Bosbachs aus dem März 2007 basierte, aber unter anderem dahingehend geändert wurde, dass eine Patientenverfügung vom Betreuer durchzusetzen war, wenn sie notariell (nach Belehrung über die rechtlichen Wirkungen und Widerrufsmöglichkeiten) errichtet und nicht älter als fünf Jahre war. Der abermals erweiterte Entwurf, der auch noch Bestimmungen zu Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen, zum Behandlungsverzicht sowie zur Finanzierung von Beratungsleistungen durch die Krankenkassen enthielt, wurde dem Bundestag am 16. Dezember 2008 vorgelegt.[7]

Ein weiterer Gesetzentwurf wurde am 11. November 2008 von einer Gruppe von 33 Bundestagsabgeordneten um die Abgeordneten Wolfgang Zöller und Hans Georg Faust vorgelegt. Er beschränkte sich bewusst darauf, nur das unbedingt Erforderliche zu regeln. Eine nochmals geänderte Fassung dieses Entwurfs, die zusätzlich Regelungen zur Form der Patientenverfügung und zur Ermittlung des Patientenwillens bei Entscheidungsunfähigkeit enthielt, wurde am 18. Dezember 2008 in den Bundestag eingebracht.[8] Die erste Beratung zu diesen beiden Gesetzentwürfen fand im Bundestag am 21. Januar 2009 statt.[9]

Nach einer Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestags am 4. März 2009 fanden die zweite und dritte Lesung aller Entwürfe am 28. Mai 2009 statt; die Gruppen um Stünker und um Zöller nahmen Anfang Mai letzte Änderungen an ihren Entwürfen vor. Am 18. Juni 2009 wurde über die drei vorliegenden Gesetzesentwürfe abgestimmt, sowie über einen Antrag[10] einer kleinen Gruppe von Abgeordneten, der darauf abzielte, das Thema Patientenverfügung überhaupt nicht gesetzlich zu regeln.[11] Mit einer Mehrheit von 317 Stimmen bei 233 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen nahm der Bundestag schließlich den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts der Abgeordneten Stünker, Kauch, Jochimsen und weiterer Abgeordneter an.[12]

  • Wolfram Höfling: Das neue Patientenverfügungsgesetz. In: Neue Juristische Wochenschrift. 2009, S. 2849–2852.
  • Rolf Cloeppus: Offene Fragen zum „Patientenverfügungsgesetz“. In: Neue Juristische Wochenschrift. 2011, S. 2085 ff.
  • Wolfgang Lange: Das Patientenverfügungsgesetz – Überblick und kritische Würdigung. In: Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge. 2009, S. 537–544.

Einzelnachweise

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  1. vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2014 – XII ZB 202/13
  2. Beschlüsse des 66. Deutschen Juristentags zur Sterbehilfe auf der Website IG Kritische Bioethik, aufgerufen am 17. November 2020
  3. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 91. Sitzung am 29. März 2007 (Debatte S. 9120–9158, zu Protokoll gegebene Reden S. 9275–9285, PDF) (2,27 MB); Volltexte aller Gesetzentwürfe und ergänzende Materialien; Stellungnahme des Vormundschaftsgerichtstages e.V. (Memento vom 6. August 2007 im Internet Archive) (PDF; 157 kB); Übersicht über die Gesetzentwürfe;Die derzeitige Rechtslage im Vergleich zum Gruppenantrag Bosbach, Röspel, Winkler, Fricke MdB et al.
  4. Synopse der drei am 15. Mai 2009 vorliegenden Diskussionsentwürfe (Bosbach, Zöller, Stünker). In: Online-Lexikon Betreuungsrecht. 17. Mai 2009, abgerufen am 24. Juni 2009.
  5. Gesetzentwurf der Abgeordneten Joachim Stünker, Michael Kauch, Dr. Lukrezia Jochimsen, Jerzy Montag und anderer: Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts. (PDF; 631 kB) In: BT-Drs. 16/8442. Deutscher Bundestag, 6. März 2008, S. 4, abgerufen am 29. Juni 2009.
  6. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 172. Sitzung am 26. Juni 2008 (S. 18260–18274, PDF) (3,31 MB)
  7. Entwurf eines Gesetzes zur Verankerung der Patientenverfügung im Betreuungsrecht (Patientenverfügungsgesetz – PatVerfG, BT-Drs. 16/11360, PDF) (368 kB)
  8. Entwurf eines Gesetzes zur Klarstellung der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen (Patientenverfügungsverbindlichkeitsgesetz – PVVG, BT-Drs. 16/11493, PDF) (232 kB)
  9. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 199. Sitzung am 21. Januar 2009 (S. 21492–21511, PDF) (1,50 MB)
  10. Gesetzliche Überregulierung der Patientenverfügung vermeiden (Bt-Drs. 16/13262, PDF) (56 kB)
  11. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 227. Sitzung am 18. Juni 2009 (S. 5094–25127, PDF) (2,97 MB)
  12. Entwicklungsprotokoll des Gesetzgebungsverfahrens zum 3. Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts auf ethikzentrum.de, aufgerufen am 17. November 2020