Eiweißpulver

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Shaker mit Milch, Proteinpulver und Shake (v. l. n. r.)

Eiweißpulver oder Proteinpulver sind Mischungen von Proteinen zur Verwendung als diätetisches Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel. Der Begriff Eiweißpulver ist missverständlich, da im engeren Sinne auch das Pulver aus dem Eiklar von Vogeleiern gemeint sein kann.

Durch Proteinpulver lässt sich der Proteinanteil der Ernährung steigern ohne zugleich auch andere Nahrungsbestandteile wie Fette zu sich zu nehmen. Sie werden oft als Protein-Shakes, teilweise aber auch in Tablettenform, konsumiert.

Insbesondere Kraftsportler versuchen, durch erhöhte Proteinzufuhr Muskelmasse aufzubauen. Zur Vorbeugung gegen den Abbau von Muskelmasse und anderen Körperproteinen,[1][2] empfehlen manche Ernährungsmediziner Kraftsportlern eine tägliche Proteinzufuhr von bis zu 2 g für jedes Kilogramm des Körpergewichts. Für Amateur- und Freizeitsportler ist auch eine geringere Proteinmenge ausreichend. Der Nutzen von Proteinpulver zur Verhinderung des Muskelabbaus ist umstritten.[3] Im Bereich des Kraft- und Leistungssports kann unter Umständen eine partielle Leistungssteigerung erreicht werden.[4]

Die Einnahme höher dosierter Proteinpulver während der Schwangerschaft ist mit geringerem fötalem Wachstum verbunden.[5]

Proteinpulver unterscheiden sich nach der Geschmacksrichtung und dem Massenanteil der Proteine, der im Bereich zwischen circa 72 % und circa 98 % in der Trockenmasse (i. Tr.) liegt. Die meisten Produkte enthalten vollständige oder abgebaute Milchproteine und Molkenproteine. Einige Hersteller verwenden Hühnerei-Proteine (Eiklarprotein, Ovalbumin), Sojaprotein oder auch Kollagen. Da die Herstellung von Kollagen mit geringeren Kosten verbunden ist als z. B. die von Laktalbumin, findet es sich in preiswerten Produkten. Die biologische Wertigkeit von Kollagen ist der von Laktalbumin oder Milchprotein allerdings unterlegen.

Proteinpulver können je nach Reinigungsverfahren einen bitteren Beigeschmack haben. Dies beruht unter anderem auf der Hydrolyse von Proteinen zu teilweise bitter schmeckenden Peptiden.[6] Bei manchen Prozessen kann eine Desaminierung von Asparagin und Glutamin zu Asparaginsäure bzw. Glutaminsäure erfolgen, was mitunter die Bitterkeit erhöht.[7] Der bittere Geschmack kann auch von der Aminosäurezusammensetzung der Proteine (Asparaginsäure-haltige Peptide, hydrophobe Peptide mit Prolin)[8] abhängig sein.[6]

Athleten im antiken Griechenland wurde empfohlen, große Mengen von Fleisch und Wein zu konsumieren. Aus dieser Zeit stammen Rezepte für Kräuterpräparate, die über kulturelle Grenzen hinweg gehandelt wurden und positive Effekte auf Stärke, Ausdauer, Vitalität und Tapferkeit versprachen.[9] In den 1910er Jahren propagierte Eugen Sandow, der erste moderne Bodybuilder der westlichen Welt, die Aufnahme großer Mengen von Proteinen zur Anregung des Muskelwachstums.[10] Später empfahl der Bodybuilder Earle Liederman den Konsum von Fleischsaft und Fleischextrakt als einen Weg zur Muskelzunahme.[11] In den 1950er Jahren wurde mit der steigenden Popularität sowohl des gelegentlichen als auch des gewerbsmäßigen Bodybuildings Irvin P. Johnson bekannt, welcher Ei-basierte Proteinpulver verkaufte, die als Zielgruppe Bodybuilder und Athleten ansprechen sollten.[11]

Molkenproteinpulver

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Mit dem Wert 104 besitzt das aus Molke hergestellte Molkenproteinpulver die höchste biologische Wertigkeit aller aus einer einzigen Quelle stammenden Nahrungsproteine. Durch die Mischung verschiedener Proteine kann die biologische Wertigkeit allerdings gesteigert werden. Molkenproteinpulver hat einen hohen Anteil an Laktalbumin und an den verzweigtkettigen Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin. Aufgrund verschiedener Herstellungsverfahren wird zwischen Molkenprotein-Konzentrat, -Isolat und -Hydrolysat unterschieden. Der Proteinanteil liegt abhängig vom Herstellungsverfahren zwischen 70 und 96 % i. Tr.

Molkenprotein wird vom Körper schneller als nahezu jede andere Proteinquelle resorbiert. Diverse Studien gehen davon aus, dass hierbei keine Unterschiede in der Synthese der verschieden veredelten Molkenproteinkonzentrate nachzuweisen sind. Nach bereits 40 bis 60 Minuten erreicht die Proteinsynthese im Muskel ihren Höchststand. Gemessen an der Aminosäure Leucin stellt Molkenprotein eine maximale Blutkonzentration von 347±50 nmol/min/100 ml dar. Als Vergleichswert dient Milchprotein, dessen Höchstwert bei 133±45 nmol/min/100 ml liegt.[12] Allerdings oxidiert das Protein im Fall von Molkenprotein schneller als bei Kasein. Diesem Umstand verdankt Kasein den Beinamen „Langzeitprotein“.[13]

Molke enthält neben 4–5 % Milchzucker nur rund ein Prozent Protein und wird vor der Trocknung zunächst durch Mikro- bzw. Ultrafiltration entwässert.

Milchproteinpulver

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Milchproteinpulver (auch: Kaseinpulver) besteht zu circa 80 % aus Proteinen. Mit einem Wert von 77 verfügt es über eine geringere biologische Wertigkeit. Bei Personen mit Laktoseintoleranz kann Kaseinpulver aufgrund seines Milchzuckergehaltes von zirka 4,5 % allerdings zu Verdauungsbeschwerden führen.

Eiklar-Proteinpulver

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Wegen des bitteren Geschmackes wird Eiprotein (auch Ovalbumin) oftmals als Kapsel angeboten. Die biologische Wertigkeit liegt bei 100.[14] Durch seine Laktosefreiheit kann Eiproteinpulver auch von Personen mit Milchzuckerunverträglichkeit verwendet werden.

Sojaproteinpulver

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Aufgrund seiner Cholesterinfreiheit ist das rein pflanzliche Sojaproteinpulver für Personen mit erhöhtem Cholesterinspiegel geeignet. Eine Studie der Food and Drug Administration kam zu dem Ergebnis, dass die Einnahme von 25 Gramm Sojaprotein pro Tag den LDL-Cholesterinwert und damit das Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen senken kann.

Die in Sojaproteinpulver enthaltenen Phytoöstrogene (Daidzein und Genistein) standen bei Wettkampfathleten lange Zeit unter Verdacht, die natürliche Testosteronproduktion im Körper zu unterdrücken. Eine testosteronmindernde Wirkung wurde zwar in einigen Studien festgestellt, neuere wissenschaftlichen Analysen (unter Einbezug dieser Studien) konnten diesen Effekt jedoch nicht nachweisen.[15]

Reisproteinpulver

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Für Milchprotein-, Eiprotein- oder Sojaprotein-Allergiker ist Reisprotein eine Alternative. Für Reisprotein-Allergiker ist es dagegen nicht geeignet.[16] Bis zu 80 % der Allergiker mit Nahrungsmittel- und Pollenallergien weisen erhöhte Immunglobulin-E-Werte gegen Reisproteine auf.[17] Es hat eine biologische Wertigkeit von 81. Sofern es aus dem ganzen Korn hergestellt wurde, ist es eine Proteinquelle, die sehr leicht verdaulich ist. Da Reisprotein wenig Lysin enthält, wird es häufig mit Erbsenproteinpulver kombiniert, um ein besseres Aminosäurenprofil zu erhalten.

Mehrkomponenten-Proteinpulver

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Eine weitere gängige Variante bei Proteinsupplementen sind Mischungen aus verschiedenen Sorten. Ein Mehrkomponenten-Proteinpulver besteht somit aus zwei oder mehr Sorten, die in unterschiedlichen Verhältnissen kombiniert sein können. Durch die gegenseitige Ergänzung der unterschiedlichen Aminosäureprofile der einzelnen Sorten können höhere biologische Wertigkeiten erzielt werden. Zusätzlich sind, je nach individueller Zielsetzung, positive Effekte durch die Ergänzung der sonstigen Eigenschaften der einzelnen Sorten wie z. B. der Resorptionszeit möglich.

Rechtliche Situation

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Rechtlich zählt Proteinpulver zu den Nahrungsergänzungsmitteln und fällt damit in die Richtlinie 2002/46/EG der Europäischen Union, die insbesondere die zugelassenen Inhaltsstoffe regelt.[18] Auf dieser Richtlinie basiert die Nahrungsergänzungsmittelverordnung, nach der Nahrungsergänzungsmittel als Lebensmittel definiert werden, welche die allgemeine Ernährung ergänzen sollen, ein Konzentrat von Nährstoffen darstellen und in dosierter Form in Verkehr gebracht werden. Aufgrund der Kategorisierung als Lebensmittel dürfen laut der Verordnung Nr. 1924/2006 (Health Claims) keine gesundheits- und indikationsbezogene Aussagen getätigt werden.[19]

Nach einem Bericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung aus dem Jahr 2000 besteht auch bei erhöhter körperlicher Aktivität keine Notwendigkeit, den Proteinanteil in der Nahrung zu erhöhen.[20] Eine Einnahme von mehr als 2 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht und Tag könne sogar negative Folgen haben.[21] „Unsere übliche Ernährung deckt auch den Eiweißbedarf von Sportlern ab“, heißt es etwa dazu in einem Bericht des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg. Die durchschnittliche deutsche Mischkost enthalte mit 100 Gramm pro Tag demnach mehr als genug Proteine. Problematisch können Proteinpulver werden, wenn zu wenig Flüssigkeit getrunken wird und bei Personen mit Nierenerkrankungen, da hohe Konzentrationen von Proteinen die Nieren belasten können. In der Schwangerschaft wird von einer Nahrungsergänzung mit Proteinpulvern abgeraten.[5]

Eine ausgewogene Ernährung mit natürlichen Lebensmitteln liefert in aller Regel ausreichend Protein für den durchschnittlichen Menschen. Neben Fleisch, Fisch, Eiern, Milchprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und Vollkornprodukten enthalten auch Kartoffeln und die meisten Gemüsesorten einen bedeutenden Proteingehalt.

Veganer können den Proteingehalt der Nahrung erhöhen, indem sie beispielsweise Nüsse, Seitan, Spirulina (eine proteinreiche Mikroalge) und verschiedene Hülsenfrüchte wie Linsen, Kichererbsen und Soja, auch in Form traditioneller Zubereitungen wie Tempeh, zu sich nehmen.[22]

Einzelnachweise

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  1. H. K. Biesalski: Ernährungsmedizin. Thieme, 2010, ISBN 978-3-13-154384-4.
  2. Peter Schauder: Ernährungsmedizin. Elsevier, 2006, ISBN 978-3-437-22921-3.
  3. T. P. Stein, S. Blanc: Does protein supplementation prevent muscle disuse atrophy and loss of strength? In: Critical reviews in food science and nutrition. Band 51, Nummer 9, 2011, S. 828–834. doi:10.1080/10408398.2010.482679.
  4. N. M. Cermak, P. T. Res, L. C. de Groot, W. H. Saris, L. J. van Loon: Protein supplementation augments the adaptive response of skeletal muscle to resistance-type exercise training: a meta-analysis. In: The American journal of clinical nutrition. Band 96, Nummer 6, Dezember 2012, S. 1454–1464. doi:10.3945/ajcn.112.037556.
  5. a b E. Ota, R. Tobe-Gai, R. Mori, D. Farrar: Antenatal dietary advice and supplementation to increase energy and protein intake. In: The Cochrane database of systematic reviews. Band 9, 2012, S. CD000032. doi:10.1002/14651858.CD000032.pub2.
  6. a b Leo M. L. Nollet: Handbook of Food Analysis: Physical characterization and nutrient analysis. Band 138 von Food Science and Technology. CRC Press, 2004. ISBN 978-0-8247-5036-7. S. 126 f.
  7. Navam S. Hettiarachchy, Kenji Sato, Maurice R. Marshall, Arvind Kannan: Food Proteins and Peptides: Chemistry, Functionality, Interactions, and Commercialization. CRC Press, 2012, ISBN 978-1-4200-9341-4. S. 184 f.
  8. C. J. Zhao, A. Schieber, M. G. Gänzle: Formation of taste-active amino acids, amino acid derivatives and peptides in food fermentations - A review. In: Food research international. Band 89, Pt 1November 2016, S. 39–47, doi:10.1016/j.foodres.2016.08.042, PMID 28460929.
  9. A. Dalby: Food in the Ancient World A-Z. (2008) Routledge
  10. Plaque to father of body-building
  11. a b Abdullah F. Shrit: Creativity of God in the human body "Bodybuilding". ISBN 978-1-4840-1198-0, S. 1892 (google.com).
  12. Y. Boirie, M. Dangin, P. Gachon, M. P. Vasson, J. L. Maubois: Slow and fast dietary proteins differently modulate postprandial protein accretion. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 94, Nr. 26, 23. Dezember 1997, ISSN 0027-8424, S. 14930–14935, PMID 9405716.
  13. Søren Reitelseder, Jakob Agergaard, Simon Doessing, Ida C. Helmark, Peter Lund: Whey and casein labeled with L-[1-13C]leucine and muscle protein synthesis: effect of resistance exercise and protein ingestion. In: American Journal of Physiology. Endocrinology and Metabolism. Band 300, Nr. 1, Januar 2011, ISSN 1522-1555, S. E231–242, doi:10.1152/ajpendo.00513.2010, PMID 21045172.
  14. Stadt Wien: Eiweißqualität (Proteinqualität) - Biologische Wertigkeit. (Memento vom 15. November 2016 im Internet Archive) Abgerufen am 14. November 2016.
  15. Jill M. Hamilton-Reeves, Gabriela Vazquez, Sue J. Duval, William R. Phipps, Mindy S. Kurzer, Mark J. Messina: Clinical studies show no effects of soy protein or isoflavones on reproductive hormones in men: results of a meta-analysis. In: Fertility and Sterility Volume 94, Ausgabe 3, Seiten 997–1007 (August 2010)
  16. C. Venter, M. Groetch: Nutritional management of food protein-induced enterocolitis syndrome. In: Current opinion in allergy and clinical immunology. Band 14, Nummer 3, Juni 2014, S. 255–262, ISSN 1473-6322. doi:10.1097/ACI.0000000000000054. PMID 24699338. PMC 4011627 (freier Volltext).
  17. J. Goliás, Z. Humlová, P. Halada, V. Hábová, I. Janatková, L. Tucková: Identification of rice proteins recognized by the IgE antibodies of patients with food allergies. In: Journal of agricultural and food chemistry. Band 61, Nummer 37, September 2013, S. 8851–8860, ISSN 1520-5118. doi:10.1021/jf402759f. PMID 24016103.
  18. RICHTLINIE 2002/46/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel (PDF)
  19. VERORDNUNG (EG) NR. 1924/2006 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (PDF)
  20. Reference Values for Nutrient Intake (Memento vom 21. August 2010 im Internet Archive) S. 31.
  21. Reference Values for Nutrient Intake (Memento vom 21. August 2010 im Internet Archive) S. 33.
  22. Ernährung mit Extraportion Eiweiß: selbst für Sportler:innen überflüssig. In: Verbraucherzentrale.de. 9. Juni 2022, abgerufen am 9. Mai 2023 (deutsch).