Josef Lapp

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Josef Lapp (* 18. Oktober 1909 in Franzfeld, Banat; † 18. Februar 1993 in Hamburg) war ein Banater Schwabe und von 1941 bis 1944 Vizebanus des Banats.

Lapp wuchs als Sohn eines Bauern auf. Ab 1915 besuchte er die ungarische Grundschule in Franzfeld, ab 1921 das deutsche Realgymnasium in Pančevo, dann von 1925 bis 1929 das dortige serbische staatliche Realgymnasium. Dort legte er das Abitur ab. 1937 heiratete er.

Leutnant der Reserve, 1936

Josef Lapp ist Nachkomme des Georg Lapp aus Gundelfingen im Breisgau,[1] der 1791 zu den ersten Ansiedlern in Franzfeld im Banat gehörte.[2] Franzfeld lag in der „Militärgrenze“,[3] einem durch Kriege und Seuchen entvölkerten, mehrere hundert Kilometer langen Gebietsstreifen nördlich der auf dem Balkan von Türken beherrschten Gebiete.

Lapp absolvierte von 1929 bis 1937 ein Jura-Studium in Zagreb mit abschließendem Diplom, unterbrochen durch einen Studienaufenthalt in Innsbruck (1930 bis 1933) und den Wehrdienst beim jugoslawischen Heer von 1934 bis 1936. Nach bestandener Reserveoffiziersprüfung wurde er zum „Leutnant der Reserve“ ernannt.[4]

Berufliche Tätigkeiten

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Ab 1937 war Josef Lapp als Jurist beim Amtsgericht und Landgericht in Pantschowa tätig. Von 1939 bis 1941 führte er mit einem serbischen Rechtsanwalt eine Rechtsanwaltskanzlei.

Im Mai 1941 – nach der Besetzung Jugoslawiens durch Truppen des Deutschen Reiches – wurde Josef Lapp durch den deutschen Standortkommandanten als kommissarischer Landrat von Pantschowa eingesetzt. Am 17. Juni 1941 erfolgte die Ernennung zum Vizebanus des Banats.[5] Als Vizebanus/Kreischef war Josef Lapp verantwortlich für die Neuordnung der gesamten Verwaltung des Banats, des Schulwesens, der Polizei, der Verkehrs-Infrastruktur (Straßen, Post und Eisenbahn), der Wirtschaftsförderung und nicht zuletzt für die Sicherstellung der Lieferungen von Nahrungsmitteln an das Deutsche Reich. Bis August 1944 wurden diese umfangreichen Aufgaben erfolgreich mit Hilfe tüchtiger Verwaltungs-Mitarbeiter, die allen im Banat vertretenen Ethnien entstammten, durchgeführt.[6] Die Besetzung des Banates durch russische Truppen, gefolgt von Partisanen, beendete diese Aufbautätigkeiten.[7]

Flucht, Zivilinternierung

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Im Oktober 1944 flüchtete Josef Lapp nach Deutschland. Mitte 1945 wurde er in Bayern von der amerikanischen Besatzungsmacht verhaftet und in das Zivilinternierungslager Moosburg (bei München) verbracht. Im Juni 1946 floh er aus dem amerikanischen Gewahrsam, um sich der Auslieferung an die Justiz des kommunistischen Jugoslawiens zu entziehen.

Neubeginn in Deutschland

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Von 1946 bis 1952 war Josef Lapp in verschiedenen Berufen in Norddeutschland tätig. Ab März 1952 war er Mitarbeiter im Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes Hamburg.[8] Zunächst war er zuständig für die „Nachforschung nach verschollenen Zivilgefangenen in den südosteuropäischen Ländern“ und danach für den Bereich „Hilfs- und Beratungsdienst für Deutsche in Ost- und Südosteuropa“. Ab Januar 1975 war Lapp im Ruhestand.

Bürgerschaftliches Engagement

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1925 wurde Josef Lapp, um perfekt Serbisch zu lernen, von seinem Vater nach Pantschowa zu dessen serbischen Kriegskameraden aus dem Ersten Weltkrieg in Pension gegeben. Im Haus dieses Serben lebte Josef Lapp, der evangelische Schwabe, vier Jahre lang. Wie ein eigener Sohn behandelt, erlebte er bei diesem serbischen, orthodoxen Ehepaar, dass die Jahrhunderte alten, schweren Konflikte zwischen den Ethnien auf dem Balkan keineswegs zwingend seien. Josef Lapp stellte später, als Vizebanus im Banat, seine tolerante, verständnisvolle und ausgleichende Einstellung zu anderen Ethnien vielfach unter Beweis.

Während des Studiums in Innsbruck trat Lapp dem „Verein Deutscher Studenten Innsbruck“ bei.[9] Diese Studentenverbindung sah sich in der besonderen Verantwortung, deutsche Volksgruppen, die außerhalb der deutschen und österreichischen Grenzen lebten, kulturell zu unterstützen.

Engagement im Banat

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Für Josef Lapp galt, dass die „Geschulten“ in jeder Hinsicht Vorbild und Lehrmeister für alle anderen im Dorf zu sein hatten.[10] Während der Sommerferien wurden die Dorfbücherei durchgesehen, neue Bücher bestellt, Theaterstücke einstudiert, kulturelle Veranstaltungen organisiert, eine Trachtengruppe aufgebaut und Volkstänze eingeübt.[11]

Im Mai 1941, nach der Besetzung Jugoslawiens durch deutsche Truppen, herrschte zunächst verwaltungsmäßig Chaos im Banat, u. a. weil viele der vordem dort tätigen serbischen Verwaltungsbeamten beim Einmarsch der Deutschen geflohen waren. Aus eigener Initiative sandte Josef Lapp Handlungsempfehlungen an die Landkreise und kreisfreien Städte des Banats und bewirkte so ein weitgehend einheitliches Vorgehen in aktuellen Verwaltungsfragen.[12]

Engagement in Deutschland

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Von 1956 bis 1979 war Josef Lapp Vorsitzender der Landsmannschaft der Donauschwaben in Hamburg. Nach Büroschluss beriet er in Sprechstunden Landsleute, die zum Teil gerade erst aus den südosteuropäischen Ländern nach Deutschland gekommen waren.[13] 1954 bis 1974 war Josef Lapp Betriebsratsvorsitzender beim Suchdienst des DRK Hamburg.

  • Goldene Ehrennadel des Bundesverbandes der Landsmannschaften der Donauschwaben
  • Ehrenvorsitzender der Landsmannschaft der Donauschwaben Hamburg-Schleswig-Holstein[14]

Einzelnachweise

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  1. Werner Hacker: Auswanderungen aus Baden und dem Breisgau, Obere und mittlere rechtseitige Rheinlande im 18. Jahrhundert, archivarisch dokumentiert. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart und Aalen, 1980, ISBN 3 806 2 0251 6, S. 468
  2. Gemeinde Franzfeld, Hrsg., Geschichte der Gemeinde Franzfeld, 1792–1892, Pancsova, Druck von Brüder Jovanovic, 1893, Anhang I (Nachdruck der Originalausgabe von 1893 durch fotografische Reproduktion. Druck: Ulrich Göppel, Ravensburg)
  3. Gemeinde Franzfeld, 1792–1892, S. 3 ff.
  4. LEGITIMATZIJA SA OFITZIRE I WOJNE TSCHINOWINKE, RESERWNE, PENSIONICANE I U OCTAWTSI,KOMANDA PANTSEWATSKOG WOJNOG OKRYGA; Pow. Br. 4146 4. Jyno 1936 Y Pantsewy
  5. Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte: Das Schicksal der Deutschen in Jugoslawien, DOKUMENTATION DER VERTREIBUNG DER DEUTSCHEN AUS OST-MITTELEUROPA, Band V, 1961, Oskar Leiner-Druck K.G., Düsseldorf, Erkrather Straße 206, 55E
  6. Mirna Zakic: Ethnic Germans and National Socialism in Yugoslavia in World War II, 2017, Cambridge University Press, ISBN 978-1-316-62295-7, S. 92, S. 142
  7. Johann Wuescht:JUGOSLAWIEN UND DAS DRITTE REICH, Eine dokumentierte Geschichte der deutsch-jugoslawischen Beziehungen von 1933 bis 1945, Seewald Verlag Stuttgart, 1969, Seite 265, 266
  8. Kind, Franz: Hervorragender Banater Schwabe, In Hamburg verstarb Josef Lapp aus Franzfeld, von 1941-44 Vizebanus des Banats, Der Donauschwabe, Organ der Landsmannschaft der Donauschwaben in Baden-Württemberg e.V., 25. April 1993, S. 10 (Familiennachrichten)
  9. Marc Zirlewagen: Biographisches Lexikon der Vereine Deutscher Studenten: Band 1-Mitglieder A-L. Books on Demand, 2014. ISBN 978-3-73572-288-1, „L“
  10. Franzfelder kulturelle Interessengemeinschaft e.V. Reutlingen, Hrsgb, Zum Tode von Josef Lapp, Der Franzfelder Nr. 16, Mai, Jahrgang 1993, Seite 8/9
  11. Franzfelder Kulturelle Interessengemeinschaft e.V. Reutlingen: Franzfeld, 1792–1945, Geschichte einer donauschwäbischen Großgemeinde im Banat, 1982 im Eigenverlag, Druckerei Tübinger Chronik eG, S. 191
  12. Franzfelder Kulturelle Interessengemeinschaft e.V. Reutlingen 1982, Hrsg. S. 367
  13. Kind, Franz: Hervorragender Banater Schwabe, In Hamburg verstarb Josef Lapp aus Franzfeld, von 1941-44 Vizebanus des Banats, Der Donauschwabe, Organ der Landsmannschaft der Donauschwaben in Baden-Württemberg e.V., 25. April 1993, S. 10 (Familiennachrichten)
  14. Kind, Franz: Hervorragender Banater Schwabe, In Hamburg verstarb Josef Lapp aus Franzfeld, von 1941-44 Vizebanus des Banats, Der Donauschwabe, Organ der Landsmannschaft der Donauschwaben in Baden-Württemberg e.V., 25. April 1993, S. 10 (Familiennachrichten)