Rape-and-Revenge-Film

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Ein Rape-and-Revenge-Film ist ein Film, der zum Subgenre der sogenannten Exploitationfilme gehört. Diese Art von Filmen, deren Übersetzung „Vergewaltigung-und-Rache-Film“ lautet, war ein vor allem in den 1970er und frühen 1980er Jahren populäres Genre, welches nach der Jahrtausendwende eine Renaissance erlebte.

Klassischer Aufbau

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Rape-and-Revenge-Filme folgen im Wesentlichen einem dreiaktigen Handlungsmuster:

  • Akt I: Ein (meist weibliches) Opfer wird vergewaltigt und mitunter zusätzlich gefoltert. Der oder die Täter lassen ihr Opfer zurück und halten es mitunter für tot. In älteren Filmen starb das Opfer mitunter an den Folgen, wurde getötet oder nahm sich das Leben.
  • Akt II: Das Opfer überlebt und kommt wieder zu sich oder stirbt, wird entdeckt und die Familie nimmt Rache.
  • Akt III: Das Opfer (mitunter von Partnern, Familienangehörigen oder nah stehenden Personen begleitet) nimmt Rache, wobei ehemalige Peiniger z. T. getötet, entehrt oder selbst vergewaltigt werden.

Entwicklung des Genres

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Die 1970er und 1980er

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In älteren Filmen stirbt das Opfer oft am Ende des ersten Aktes und die Rache wird von ihrer Familie durchgeführt. Die Jungfrauenquelle (Jungfrukällan) von 1960 ist ein bemerkenswerter Film, der als erster Film dieses Genres gilt und vom Regisseur Ingmar Bergman stammt. In Ausnahmefällen, wie dem Film Open Season – Jagdzeit, rächt der Täter nicht nur eine ihm bekannte Person, sondern beseitigt die Vergewaltiger auch zum Wohle der Allgemeinheit.

Insbesondere bei den Filmen aus den 1970er Jahren, kam es oft vor, dass weibliche Opfer nicht überlebten, so dass ihre Männer, Väter oder Brüder sie rächen, wie in klassischen Western (Der letzte Zug von Gun Hill, 1959), aber auch Selbstjustiz-Dramen, die außerhalb des Western-Genres angesiedelt sind (wie Ein Mann sieht rot von 1976 und Auge um Auge von 1996). In moderneren Vertretern des Genres überlebt die Frau (fast) immer und ihre Rache kennt mitunter so gut wie keine Grenzen.[1][2]

Zu Beginn der 1970er Jahre erfuhr das Genre einen ersten großen Aufschwung, welcher unter anderem durch die Erfolge von Wer Gewalt sät (1971) und Beim Sterben ist jeder der Erste (1972) ausgelöst wurde.[3] Als die ersten Genre-Klassiker, in denen das Opfer nicht nur überlebt, sondern persönlich Rache nimmt, gelten Thriller – ein unbarmherziger Film (1973) und Ich spuck auf dein Grab (1978). Die Entwicklung zur übermächtigen Rächerin wird dabei häufig mit Hilfe von standardisierten Szenen dargestellt, bei denen entweder Training absolviert oder der Racheakt gezielt vorbereitet wird.[1]

Nach der Jahrtausendwende

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Die kommerziell erfolgreichen Remakes alter Rape-and-Revenge-Filme, waren erste Anzeichen für ein neues Interesse an Geschichten, bei denen es um Verbrechen und Vergeltung, Schuld und Sühne, sowie Gesetz und Gerechtigkeit ging. Zusätzlich wurden die Geschlechterrollen modern interpretiert und das Spannungsfeld zwischen Sexualität und Gewalt neu ausgelotet. Filme, die nach 2000 gedreht wurden zählten The Last House on the Left (2009), bei dessen Neuverfilmung der ehemalige Regisseur Wes Craven am Drehbuch beteiligt war. Die Neuverfilmung des umstrittenen Filmes Ich spuck auf dein Grab kam 2010 heraus. Auch Muttertag bekam eine Fortsetzung, ebenso wie Wer Gewalt sät (1971) mit dem 40 Jahre später produzierten Straw Dogs – Wer Gewalt sät.[1]

In Gaspar Noés Film Irréversible (2002) wurde die klassische Struktur aufgelöst, wobei der erste Akt der Darstellung der Rache gewidmet ist und erst die Rückverfolgung die Ereignisse zeigt, die zu diesem Punkt geführt haben. Roger Ebert argumentierte, dass der Film daher nicht als Exploitationfilm gelten könne, da hier keine Ausbeutung („Exploitation“) des Themas stattfinden würde.[4]

Wissenschaftliche Betrachtung

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Durch die Weiterentwicklung des Genres, bei dem das Opfer zunehmend zur Akteurin der eigenen Rache wird, begann die wissenschaftlichen Rezeption meist aus der Sichtweise des feministischen Empowerments.[1] Ein Großteil dieser kritischen Aufmerksamkeit kommt von feministischen Kritikerinnen, die die komplexe Politik in diesem Genre und ihre Auswirkungen auf das Kino im Allgemeinen untersuchen. Im Buch Rape-Revenge Films: A Critical Study von Alexandra Heller-Nicholas wurde eine Analyse der Rape-and-Revenge-Filme vorgenommen und veröffentlicht. Das Buch wendet sich gegen eine vereinfachende Verwendung des Begriffs Rape-Revenge, da es in einigen Filmen oft auch ernsthaft um die Frage der Moralität der Rache gehe.[5]

Dennoch äußerten sich im Laufe der Zeit zunehmend unterschiedlichste Filmkritiker zu dem Genre und beleuchteten dabei unter anderem Aspekte wie Rassismus, Gender, Geschlechterpolitik und Homosexualität in Rape-and-Revenge-Filmen.[6][7][8][9][1]

Einige der hier genannten Filme wurden von Rikke Schubart in „Super Bitches and Action Babes“ (2007)[3] oder Alexandra Heller-Nicholas in „Rape-Revenge Films: A Critical Study“ (2011)[2] vorgestellt.

Jahr Filmtitel Land Regie Anmerkungen Tipp
1960 Die Jungfrauenquelle Schweden Ingmar Bergman Als Vorlage diente eine mittelalterliche Ballade. Wes Craven adaptiert den Stoff 1972 für Das letzte HAus links. [2][10]
1971 In einem Sattel mit dem Tod GB Burt Kennedy Western (Originaltitel: „Hannie Caulder“) [3]
1971 Wer Gewalt sät GB Sam Peckinpah Verfilmung des Romans The Siege of Trencher's Farm. Neuverfilmung als Straw Dogs – Wer Gewalt sät (2011) [3][2]
1972 Das letzte Haus links USA Wes Craven Remake; The Last House on the Left (2009)[11] [10][11]
1972 Beim Sterben ist jeder der Erste USA John Boorman Nach dem Roman Flussfahrt von James Dickey. Hier ist das Opfer ein Mann. [3]
1973 Lady Snowblood JAP Toshiya Fujita Verfilmung des gleichnamigen Mangas Lady Snowblood. Fortsetzung Lady Snowblood 2: Love Song of Vengeance (1974)
1973 Thriller – ein unbarmherziger Film Schweden Bo Arne Vibenius Der Film war bis 2004 zensiert, da er in der Herleitung der Heldin auch das Thema Kindesmissbrauch filmisch umsetzt. [12]
1974 Ein Mann sieht rot USA Michael Winner Selbstjustiz-Krimi, Fortsetzung: Der Mann ohne Gnade (1982) [3]
1976 Eine Frau sieht rot USA Lamont Johnson Selbstjustiz-Drama [2]
1978 Ich spuck auf dein Grab USA Meir Zarchi Remake I Spit on Your Grave, 2010[11] [3][2][11]
1981 Die Frau mit der 45er Magnum USA Abel Ferrara Blutiger Rachefeldzug mit feministischen Zügen. [2][11]
1983 Dirty Harry kommt zurück USA Clint Eastwood Polizeifilm
1985 Red Sonja USA Richard Fleischer Actionfilm mit Brigitte Nielsen [13]
1986 Extremities USA Robert M. Young Das Drehbuch basiert auf einem Theaterstück. Die Umsetzung erinnert an ein Kammerspiel. [2]
Jahr Filmtitel Land Regie Anmerkungen Tipp
1996 Auge um Auge USA John Schlesinger Das Drehbuch basiert auf einem Roman von Erika Holzer [3]
1996 Sleepers USA Barry Levinson Nach dem gleichnamigen Roman von Lorenzo Carcaterra
1999 Der Woroschilow-Schütze Russland Stanislaw Goworuchin Das Drama wurde mehrfach ausgezeichnet.
1996 Titus USA/IT Julie Taymor Moderne Splatter-Adaptation von Shakespeares Titus Andronicus
2000 Baise-moi (Fick mich!) FR Virginie Despentes Pseudo-dokumentarische Literaturverfilmung, zensiert aufgrund von pornografischen Szenen
2002 Irréversible FR Gaspar Noé Auf dem Stockholm Film Festival ausgezeichnet und 2002 für die Goldene Palme nominiert. [11]
2002 Sympathy for Mr. Vengeance Südkorea Park Chan-wook 2003: Best Asian Film beim Fant-Asia Film Festival
2003 Dogville div. nordeurop. Länder Lars von Trier Im Stil eines Theaterstücks orientiert sich die Handlung des vielfach prämierten Dramas an Bertolt Brechts Seeräuber-Jenny (Dreigroschenoper) [2]
2004 Shutter Thailand Banjong Pisanthanakun,
Parkpoom Wongpoom
Horrorfilm, US-Remake als Shutter – Sie sehen dich (2008), Regie: Masayuki Ochiai
2005 Bad Reputation USA Jim Hemphill Low-Budget-Film mit Slasher-Elementen [2]
2005 Hard Candy USA David Slade Selbstjustiz-Thriller, erhielt diverse Auszeichnungen beim Sitges Festival Internacional de Cinema de Catalunya
2005 One Way DE/CAN Reto Salimbeni Thriller mit Til Schweiger [2]
2007 Rise: Blood Hunter USA/Neuseeland Sebastian Gutierrez Vampirfilm
2009 Verblendung Schweden, Dänemark, Norwegen, DE Niels Arden Oplev Basiert auf dem ersten Roman von Stieg Larssons Millennium-Trilogie.
Zwei weitere Teile: Verdammnis und Vergebung
[2][14]
2010 6 Guns USA Shane Van Dyke Western
2010 I Spit on Your Grave USA Steven R. Monroe Remake von Ich spuck auf dein Grab von 1978
2012 American Mary CAN Jen und Sylvia Soska Erzwungene Körpermodifikation ist hier Teil der Selbstjustiz
2013 I Spit on Your Grave 2 USA Steven R. Monroe Inhaltlich allein stehende Fortsetzung zu I Spit on Your Grave von 2010[11]
2013 Savaged USA Michael S. Ojeda Horrorfilm
2013 We Are Monsters Schweden Sonny Laguna und Tommy Wiklund Horrorfilm
2016 Elle FR Paul Verhoeven Zahlreiche Auszeichnungen, insbesondere für Hauptdarstellerin Isabelle Huppert
2017 Revenge FR Coralie Fargeat Diverse Auszeichnungen u. a. beim Sitges Festival [10]
2019 The Perfection USA Richard Shepard Horror-Thriller um zwei begnadete Cellistinnen [11]
  • Julia Reifenberger: Girls with Guns. Rape & Revenge Movies: Radikalfeministische Ermächtigungsfantasien? Bertz + Fischer, Berlin 2013, ISBN 978-3-86505-721-1.
  • Tilo Renz: Gewalt weiblicher Figuren als resignifizierendes Sprechen. Thelma and Louise, Baise-moi und Judith Butlers Politik des Performativen. In: Jochen Fritz Jochen, Neil Stewart (Hrsg.): Das schlechte Gewissen der Moderne. Kulturtheorie und Gewaltdarstellung in Literatur und Film nach 1968. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2006, ISBN 978-3-412-32805-4, S. 179–210.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Julia Reifenberger (2012): "Getting even evener". Revenge-Rape und Geschlechterpolitik im aktuellen Rape-Revenge-Film.. In: Navigationen - Zeitschrift für Medien- und Kulturwissenschaften, Jg. 12 (2012), Nr. 1, S. 45–58, doi:10.25969/mediarep/975
  2. a b c d e f g h i j k l Alexandra Heller-Nicholas: Rape-Revenge Films: A Critical Study. MacFarland & Co Inc, Jefferson 2021, ISBN 978-0-7864-4961-3.
  3. a b c d e f g h i Rikke Schubart: Super Bitches and Action Babes. McFarland and Company Inc., Publishers, 2007, ISBN 978-0-7864-2924-0, S. 83–104 (englisch).
  4. Roger Ebert: Irreversible :: rogerebert.com :: Reviews. Rogerebert.suntimes.com, abgerufen am 25. Januar 2010 (englisch).
  5. Alexandra Heller-Nicholas: Rape-Revenge Film:. A Critical Study. McFarland, New York 2011, ISBN 978-0-7864-4961-3, S. 230 (englisch, rape-revenge.com (Memento des Originals vom 19. März 2013 im Internet Archive) [abgerufen am 25. März 2019]).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rape-revenge.com
  6. Carol J. Clover: Men, Women, and Chainsaws: Gender in the Modern Horror Film. Princeton University Press, Princeton (NJ) 1992, ISBN 0-691-00620-2.
  7. B. Creed: The Monstrous-Feminine: Film, Feminism, Psychoanalysis. Routledge, New York 1993, ISBN 0-415-05259-9.
  8. Claire Sisco King: „Review von Thelma & Louise von Marita Sturken und von The New Avengers: Feminism, Femininity, and the Rape-Revenge Cycle von Jacinda Read.“ (2003, abgerufen am 6. Oktober 2007)
  9. Jacinda Read: The New Avengers: Feminism, Femininity, and the Rape-Revenge Cycle. Manchester University Press, Manchester 2000, ISBN 0-7190-5905-4.
  10. a b c Christopher Dieckhaus: Wiedergeboren, um zu richten Kinozeit, aufgerufen am 28. Februar 2024
  11. a b c d e f g h "Rape 'n' Revenge", Moviepilot, aufgerufen am 28. Februar 2024
  12. "Thriller – ein unbarmherziger Film", Moviepilot, aufgerufen am 28. Februar 2024
  13. Film / Red Sonja TV Tropes, aufgerufen am 28. Februar 2024
  14. Vergewaltigung als Vorgeschichte von Ermittlerinnen: Ein Kampf gegen die rape culture? Antiheldin, Magazin für feministische Popkultur, aufgerufen am 31. Januar 2022