Theorie II. Ordnung

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Die vier Eulerfälle in einem Experiment

Die Theorie II. Ordnung, auch Verformungstheorie[1] genannt, ist in der Baustatik eine Theorie, bei der das Gleichgewicht am verformten System bestimmt wird. Somit sind die Schnittgrößen von der Belastung und von der Auslenkung abhängig.

Im Bauwesen müssen druckbeanspruchte Stäbe und Platten auf Stabilitätsgefährdung (i. d. R. Knicken) geprüft werden und gegebenenfalls nach Theorie II.Ordnung nachgewiesen werden. Im Stahlbau, im (Stahl-)Betonbau als auch im Holzbau sind laut aktueller Normung stabilitätsgefährdete Stäbe auf Knicken nachzuweisen.

Um Knicken zu beschreiben, muss man nach der Theorie II. Ordnung rechnen, bei der die Biegesteifigkeit von der Normalkraft abhängt. Wenn die Steifigkeit auf Null abfällt, tritt – unter Vernachlässigung nichtlinearer Versteifungseffekte - bei imperfekten Systemen ein Stabilitätsversagen ein, z. B. Knicken.

Stabilitätsversagen, abgesehen von Knicken, die nur mit der Theorie II. Ordnung gelöst werden können:

In der Theorie II. Ordnung können Imperfektionen, sogenannte Vorverformungen, berücksichtigt werden, dies wird beispielsweise in Stahlbau­normen bei Berechnungen nach der Theorie II. Ordnung verlangt.

Theorie I. und II. Ordnung[4]

Theorie I., II. und III. Ordnung

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Durchschlagproblem

Zwischen den Theorien I. und II. Ordnung kann man klar trennen, da die Theorie I. Ordnung keine Exzentrizitäten zufolge Auslenkungen berücksichtigt.

Hingegen kann man zwischen den Theorien II. und höherer Ordnung nicht so klar trennen, da diese unterschiedliche Annahmen[5] zugrunde legen:

  • in der Theorie II. Ordnung nimmt man typischerweise an, dass der Querschnittsdrehwinkel viel kleiner ist als eins und somit die Kleinwinkelnäherung gilt.
  • ist diese Linearisierung nicht mehr zulässig, so wird dies oft als Theorie III. Ordnung bezeichnet; dies ist bei Seilnetzen und Durchschlagsproblemen oftmals der Fall.
  • Petersen, Christian: Stabilitätsnachweise (Knicken – Kippen – Beulen). In: Stahlbau. Grundlagen der Berechnung und baulichen Ausbildung von Stahlbauten, 4. Aufl. Wiesbaden: Springer-Fachmedien 2013, S. 289–435, ISBN 978-3-528-38837-9.
  • Kurrer, Karl-Eugen: Theorie II. Ordnung. In: Geschichte der Baustatik. Auf der Suche nach dem Gleichgewicht. Berlin: Ernst & Sohn 2016, S. 114–121, ISBN 978-3-433-03134-6.

Einzelnachweise

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  1. Yoshio Namita: Die Theorie II. Ordnung von krummen Stäben und ihre Anwendung auf das Kipp-Problem des Bogenträgers. In: Transactions of the Japan Society of Civil Engineers. Band 1968, Nr. 155. Japan Society of Civil Engineers, 1968, S. 32–41.
  2. a b Karlheinz Roik, Jürgen Carl, Joachim Lindner: Biegetorsionsprobleme gerader dünnwandiger Stäbe. 1972.
  3. Dieter Kraus, K.-H. Ehret: Berechnung kippgefährdeter Stahlbeton- und Spannbetonträger nach der Theorie II. Ordnung. In: Beton- und Stahlbetonbau. Band 87, Nr. 5. Wiley Online Library, 1992, S. 113–118.
  4. FRYDRÝŠEK, Karel: Some Selected Tasks of Elasticity and Plasticity 4 (Basic Nonlinear Mechanics of Deformable Bodies in Examples). VSB – Technical University of Ostrava, Faculty of Mechanical Engineering, Ostrava, Czech Republic 2016, ISBN 978-80-248-4152-6, S. 139.
  5. U. Quast: Traglastnachweis für Stahlbetonstützen nach der Theorie II. Ordnung mit Hilfe einer vereinfachten Moment-Krümmungsbeziehung. In: Beton- und Stahlbetonbau. Band 65, Nr. 11, 1970.