Elektromagnetischer Schauer

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein elektromagnetischer Schauer ist ein Begriff aus der Teilchenphysik und beschreibt eine Kaskade aus Photonen und Elektron-Positron-Paaren. Der übergeordnete Begriff ist Teilchenschauer. Grundlage der Schauerbildung sind die Prozesse der Paarerzeugung und der Bremsstrahlung, die die Anzahl an Teilchen in der Kaskade erhöhen. Neben dem elektromagnetischen Schauer gibt es noch hadronische Schauer.

Heitler-Schauer-Modell

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein einfaches Modell eines elektromagnetischen Schauers, das auf Walter Heitler zurückgeht, verwendet die Materialkonstanten der Strahlungslänge und der kritischen Energie um die Schauerentwicklung zu beschreiben. Die kritische Energie ist dabei die Energie, bei der der Energieverlust von Elektronen durch Ionisation und durch Bremsstrahlung gleich ist.

Das Modell beruht auf der Annahme, dass Elektronen und Photonen im Mittel nach einer Strahlungslänge wechselwirken und sich damit die Anzahl der Teilchen im Schauer verdoppelt, wobei sich die Energie zu gleichen Teilen auf die Tochterteilchen verteilt. Wird die dimensionslose Variable

verwendet, so lässt sich die Energie der Teilchen nach durchlaufener Materiesäule als

schreiben, wobei die Anfangsenergie des Primärteilchens ist. Das Schauerwachstum endet, wenn die Energie der Sekundärteilchen die kritische Energie erreicht. Damit ergibt sich für die Eindringtiefe des Schauermaximums

.

Dies zeigt, dass die Eindringtiefe eines Schauers logarithmisch mit der Energie wächst. Dies ist insbesondere wichtig für die Konstruktion von Kalorimetern in Teilchendetektoren. Die maximale Anzahl an Teilchen lässt sich in diesem Modell mit

berechnen. Sie ist proportional zur Eingangsenergie, was eine Messung der Primärenergie durch eine Messung der Teilchenzahl erlaubt.

Für Messungen werden genauere Monte-Carlo-Simulationen verwendet, die auch statistische Fluktuationen eines solchen Schauers abbilden können. Ein Programm, das solche Simulationen durchführen kann, ist z. B. Geant4.

Die transversale Ausdehnung eines Schauers wird von der Vielfachstreuung niederenergetischer Teilchen bestimmt und wird daher von diesem einfachen Modell nicht beschrieben. Die relevante Größe für die transversale Ausdehnung ist der Molière-Radius.

Die Vermessung von elektromagnetischen Schauern in einem Kalorimeter erlaubt in der Teilchenphysik die Messung der Energie von Photonen und Elektronen. Auch für die Vermessung von hochenergetischer Gammastrahlung aus dem All können die elektromagnetischen Schauer in der Luft herangezogen werden.

  • Wei-Ming Yao et al. (Particle Data Group): 2006 Review of Particle Physics. In: J. Phys. G. 33, 2006 (Kap. 27.4).
  • B.R. Martin und G. Shaw: Particle Physics. John Wiley & Sons Ltd, Chichester, UK. (2012), Kap. 4.4, ISBN 978-0-470-03293-0.