Hörereignisort

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Zur Abgrenzung des (physikalischen) Stimulus des Ortes eines Schallereignisses zur zugehörigen (psychoakustischen) Empfindung hat Jens Blauert[1] den Begriff Hörereignis und Hörereignisort im Jahre 1966 eingeführt.

Ein Hörereignisort ist beschrieben durch die Hörereignisrichtung (Horizontalwinkel und Höhenwinkel) und die wahrgenommene Distanz (Hörereignisentfernung)[2].

Psychoakustische Größen und Effekte des Räumlichen Hörens

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine weitere beschreibende Größen des räumlichen Hörens ist die Lateralisation. Dies ist wahrgenommene die seitliche Auslenkung (links<->rechts)

Ein Hörereignisort kann von einem Schallereignisort stark abweichen. Speziell bei Kopfhörerwiedergabe kann der wahrgenommene Ort „im Kopf“ liegen. Dies nennt man Im-Kopf-Lokalisation (kurz IKL). Eine Verwechslung der Hörereignisrichtung zwischen vorne und hinten tritt vermehrt bei Nähe zur Medianebene auf. Dieses wird als Vorne-Hinten-Inversion (kurz VHI) bezeichnet.

Bei mentaler Fokussierung auf einen Hörereignisort kann ein Hörer durch den Cocktailparty-Effekt sich auf einzelne Schallquellen konzentrieren. Durch den binauralen Effekt wird die Unterdrückung von Hintergrundgeräuschen verbessert.

Akustische Signale

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Quelle steht kurz für eine einzelne Schallquelle. Entsprechende ist eine Quellkomponente eines akustischen Signals eine akustische Signal-Komponente (d. h. Bestandteil) einer Quelle. Ein Schallereignis wird gebildet aus akustische Signalen einer oder mehrerer Schallquellen und besteht damit aus einer (oder mehreren) Quellkomponente(n).

Konfiguration verschiedene Anzahl an Schallquellen
Quellenzahl Wiedergabe-Art Quellen-konfiguration
1 Monophonie mit einem einzelnen Lautsprecher
2 Stereo-Kopfhörer mit zwei Kopfhörermuscheln
2 Stereo-Lautsprecher mit zwei Lautsprechern
4 Quadrofonie via vier Lautsprecher
N > 4 Surround-Audio z. B. 5.1, 7.1 oder 11.x

Wahrnehmungs-Effekte bei mehreren (Schall-)Quellkomponenten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die zugehörige Gesamtwahrnehmung kann bei Vorliegen mehrerer Quellkomponenten von der Summe der Wahrnehmungen einzelner abweichen.

Stereophonie via Lautsprecher auch mit mehreren Signalbestandteilen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch Panoramaregler, Intensitätsstereophonie, Auditive Wahrnehmung.

Vom Schallereignisort abweichender Hörereignisort mit Stereo-Lautsprecher
Für mehrerer Quellen (wie Stereo- oder Surround-Lautsprecher) kann ein geeignetes Stereophones Audiosignal verschiedene vorgebbaren Hörereignisorte zwischen den eigentlichen (Schall-)Quellen erzeugen.

D. h. die Hörereignisorte sind in der Regel nicht deckungsgleich mit den Positionen der Schallquellen.[3]

Das menschliche Gehör kann simultan mehrere Signalbestandteile (Quellkomponenten) gleichzeitig verschiedene Hörereignisorte zuordnen.

Im einfachsten Fall z. B. bei identischen Signalen auf zwei Quellen B1 und B2 folgt aus der Duplex-Theorie am Ort A des menschlichen Hörers eine Laufzeitdifferenz zwischen dem akustischen Signal am linken Ohr bezogen auf das rechte Ohr. Simultan entsteht durch Kopf -Abschattungseffekte (frequenzabhängige) Pegeldifferenzen zwischen beiden Ohren.

Hier (im Fall identischer Signale mit 2 Lautsprechern) wird der Ort des Schallereignis in der Regel zwischen der Stereobasis der Lautsprecher B1 und B2 wahrgenommen. Dieser wahrgenommen Ort C ist der zugehörige Hörereignisort.

Hörereignisort zwischen zwei Stereolautsprechern

Räumliches Audio via Stereo Kopfhörer

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine räumliche Orts-Wahrnehmung in Form von Hörereignisrichtungen aus der Horizontaleben ist spätestens seit 1996 mit Kopfhörer Stand der Technik[4]. Für räumliche Wahrnehmung via Kopfhörer werden die akustischen Signale für die linke und rechte Ohrmuschel mit speziellen Signalverarbeitungsalgorithmen prozessiert.

Vorne-hinten-Inversion eines Hörereignisses

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Verwechslung von Vorne<->Hinten, die vermehrt beim Hörereignisort nahe der Medianebene auftritt.

Ein Schallereignis und Vorne Hinten Inversion eines Hörereignisses
Schallereignis
vorne-links
zugehöriges
Hörereignis
Hörereignis bei
Vorne-Hinten-Inversion
schematische Darstellung eines Schallereignisortes schematische Darstellung der Wahrnehmung eines Hörereignisorts schematische Darstellung der Wahrnehmung eines Hörereignisortes bei vorne Hinten Inversion
physikalischer
Stimulus
stimmige
psychoakustische
Empfindung
abweichende
psychoakustische
Empfindung
  • Jens Blauert: Räumliches Hören. S. Hirzel-Verlag, Stuttgart 1974, ISBN 3-7776-0250-7.
  • Ken Greenebaum, Ronen Barzel: Head-Related Transfer functions and the Physics of Spatial Hearing. In: Audio anecdotes: tools, tips, and techniques for digital audio. Band 3. A. K. Peters, Natick, Mass. 2019, ISBN 0-367-45285-5, S. 269 ff., doi:10.1201/9781439864869 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – Leseprobe).

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Jens Blauert: Räumliches Hören. S. Hirzel-Verlag, Stuttgart 1974, ISBN 3-7776-0250-7.
  2. Stefan Kerber, Helmut Wittek, Hugo Fastl: Ein Anzeigeverfahren für Psychoakustische Experimente zur Distanzwahrnehmung (= DAGA). Deutschen Akustischen Gesellschaft, Berlin 2005 (dega-akustik.de [PDF]).
  3. Markus Krohn: Aequivalenz Und Trading. (PDF) Gleichsinniges und gegensinniges Auftreten von Laufzeitdifferenzen und Pegeldifferenzen bei der 2-Kanaligen Lautsprecherwiedergabe - Kapitel 4.1. In: www.sengpielaudio.com. 3. Mai 2005, S. 9, abgerufen am 26. Juli 2022.
  4. System zur Erzeugung vorgebbarer Hörereignisorte F. Haferkorn, W. Schmid: System zur Erzeugung vorgebbarer Hörereignisorte (= DEGA). Deutschen Gesellschaft für Akustik, Bonn 1996 (tum.de [PDF; abgerufen am 31. Juli 2022]).