Leopold Pölzl

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Leopold Pölzl (* 14. November 1879 in St. Aegyd am Neuwalde, Niederösterreich, Österreich-Ungarn; † 1. September 1944 in Aussig) war ein tschechoslowakischer Kommunalpolitiker und Dissident.

Erinnerungstafel an den deutschen Bürgermeister von Aussig Leopold Pölzl

Pölzl war der Sohn eines Feilenhauers. Er ergriff den Beruf des Vaters, schloss sich aber der Gewerkschaftsbewegung und der Österreichischen Arbeiterbewegung an. Durch seine Liebe zum Schreiben und den Wunsch die Arbeiterklasse zu emanzipieren gelangte er zum Journalismus. Von 1919 bis 1938 war er für die Deutsche Sozialdemokratische Arbeiterpartei abwechselnd stellvertretender Bürgermeister und Bürgermeister von Aussig. Pölzl bezichtigte das Hitler-Regime öffentlich des Terrors und der Unmenschlichkeit. Nach der Annexion des Sudetenlandes durch das Deutsche Reich 1938 wurde Pölzl verhaftet. Im Gefängnis schnitt er sich nach Folter aus Verzweiflung die Pulsadern auf. Er überlebte diesen Selbstmordversuch. Nach seiner Freilassung lehnte er es ab, in die noch selbstbestimmte Tschechoslowakei zu fliehen. Obgleich er weiter von der Gestapo beobachtet wurde, gründete er eine der wenigen Widerstandsgruppen im Sudetenland gegen die deutschen wie die sudetendeutschen Nationalsozialisten. Die Gruppe Leopold Pölzl, wie sie genannt wurde, unterstützte die Familien von Verhafteten, gab Flugblätter heraus und half später Kriegsgefangenen.

Pölzl starb am 1. September 1944 – unter Umständen, die nie geklärt wurden – im Krankenhaus von Aussig. Als er beerdigt wurde, verboten die NS-Behörden jegliche Traueransprachen. Dennoch kamen mehrere tausend Menschen aus Aussig und Umgebung.[1][2]

Sozialdemokraten aus dem Kreis um Leopold Pölzl verhinderten am 7. Mai 1945 die Sprengung der zwei Elbbrücken und der Elbestaustufe in Aussig.

Am Aussiger Platz in München steht seit 1996 eine Gedenktafel für Leopold Pölzl.[3] Es gab Bestrebungen, die Edvard-Beneš-Brücke in Aussig, auf der seit 2005 eine Gedenktafel an Leopold Pölzl erinnert,[1][4] nach Leopold Pölzl zu benennen.[1][5]

  • Bernhard Böttcher: Gefallen für Volk und Heimat: Kriegerdenkmäler deutscher Minderheiten in Ostmitteleuropa während der Zwischenkriegszeit. Studia Transylvanica, 2009, ISBN 978-3-412-20313-9, S. 179, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c Thomas Schmid: Der Vergessene. Ein mutiger Sozialdemokrat im Sudetenland. welt.de, 3. August 2015, abgerufen am 20. Juni 2018.
  2. Thomas Schmid: Leopold Pölzl. Tapfer gegen die Nazis – bis zum Tod. vorwaerts.de, 17. September 2015, abgerufen am 4. April 2016.
  3. Leopold Pölzl zum Gedenken. Aussiger Bote, 1. November 1996, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 5. Mai 2015; abgerufen am 4. April 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/archiv.pixelprint.info
  4. Katrin Bock: Usti nad Labem und seine deutsche Vergangenheit. Radio Prag, 9. Juli 2005, abgerufen am 4. April 2016.
  5. Gerolf Fritsche: Leopold Pölzl – ein würdiger Namensgeber für die Aussiger Elbebrücke III (von 3). Jan Šinagl - Voice of Freedom and Democracy, 11. Februar 2016, abgerufen am 4. April 2016.