Psychologisches Gutachten

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Bei einem psychologischen Gutachten handelt es sich um eine fachkundige Bewertung mit dem Ziel, psychische Komplikationen eines Sachverhaltes verständlich zu machen und Interventionen zu ermöglichen.[1] Die Begutachtung übernimmt ein qualifizierter Sachverständiger. Bei Fragen der Psychopathologie ist dies in der Regel ein approbierter Arzt oder Psychotherapeut, bei Fragestellungen außerhalb der Heilkunde auch ein entsprechend anderweitig qualifizierter Sachverständiger, bspw. ein Psychologe oder Sozialpädagoge.[2][3] Psychologische Gutachten haben den Anspruch objektiv, unabhängig und neutral zu sein. Allerdings fließen unweigerlich die Normen und Vorannahmen des Begutachtenden ein.[4]

Formen gutachterlicher Tätigkeit

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Da psychologisch relevante Fragestellungen verschiedene Teilbereiche der wissenschaftlichen Psychologie (u. a. klinische Psychologie, forensische Psychologie, Wirtschaftspsychologie, Kommunikationspsychologie, Neuropsychologie) und benachbarter Fächer (bspw. Pädagogik, Kommunikationswissenschaft, Sozialarbeit) umfasst, gibt es eine entsprechend große Bandbreite an verschiedenen Formen von psychologisch relevanten Gutachten.

Das psychologische Gutachten

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Nach den Richtlinien des Berufsverbands Deutscher Psychologen[5] gilt innerhalb der psychologischen Diagnostik, dass ein psychologisches Gutachten „eine wissenschaftliche Leistung (ist), die darin besteht, aufgrund wissenschaftlich anerkannter Methoden und Kriterien nach feststehenden Regeln der Gewinnung und Interpretation von Daten zu konkreten Fragestellungen Aussagen zu machen“.[6] Man könne zudem das psychologische Gutachten von unten genannten Formen der Befunderhebung abgrenzen.[7][8]

Die gutachterliche Stellungnahme

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Im Gegensatz zum psychologischen Gutachten ist die gutachterliche Stellungnahme eine aus der wissenschaftlichen Psychologie abgeleitete Antwort auf eine eingeschränkte Detailfrage. Die psychologische Stellungnahme stellt eine fachliche Bewertung eines bereits vorliegenden psychologischen Gutachtens oder einer gegebenen Fragestellung ohne eine eigene Datenerhebung dar. Der psychologische (Untersuchungs-)Befund ist eine für Nicht-Psychologen verständlich aufbereitete Aussage über Ergebnisse einer psychologischen Untersuchung. Das bedeutet, dass rein deskriptiv abgefasste Ergebnisse dargelegt werden.[9]

Gutachten mit psychologischem Bezug

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Gutachterliche Stellungnahmen zu Fragestellungen, die psychologische Sachverhalte mit berücksichtigen – jedoch keine psychologische Diagnostik im engeren Sinne enthalten – sind rechtlich betrachtet keine „psychologischen Gutachten“. Derartige Gutachten, die bspw. im Bereich der Personalentwicklung, im Familienrecht und in der Berufsberatung zum Einsatz kommen, behandeln zwar oft psychologische Aspekte, erbringen jedoch keine psychologische Diagnostik im engeren Sinne.[10][11]

Standespolitische Kritik

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Laut dem Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP), stelle es ein Problem dar, dass sich quasi „in der Tat jeder“ zur Erstellung eines (rechts-)psychologischen Gutachtens anbieten dürfe. Allerdings müsse jeder Bewerber „dazu Unterlagen über seine Qualifikation und Berufserfahrung einreichen und wird vom Gericht dann entweder auf die Gutachterliste des jeweiligen Gerichts gesetzt oder nicht.“ Unter den Kandidaten seien nicht nur Psychologen, „sondern vor allem auch Ärzte, Pädagogen oder Sozialarbeiter oder sogar Heilpraktiker“. Für die Auswahl eines kompetenten Sachverständigen habe der BDP daher ein Register zertifizierter Rechtspsychologen geschaffen. Alle Gerichte könnten auf dieses Reservoir zugreifen, um die erforderliche Qualität der Gutachten sicherzustellen.[12] Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen sieht für Verfahren in Betreuungssachen entgegen der Forderung des Berufsverbandes der Psychologen als Sachverständigen einen Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie vor (§ 280 FamFG).

Qualitätsstandards für psychologisch-diagnostische Gutachten

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Aus den Empfehlungen der Arbeitsgruppe "Qualitätsstandards für psychodiagnostische Gutachten im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Psychologie DGPs:[13]

Auftragsannahme

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Die Auftragsannahme erfolgt erst nach positiver Prüfung

  • der eigenen Sachkunde
  • des zu erwartenden Erkenntnisgewinns für den Auftraggeber
  • ob der Auftrag neutral (ergebnisoffen) bearbeitet werden kann
  • ob der Auftrag mit den gesetzlichen Vorschriften sowie
  • dem eigenen Gewissen vereinbar ist

Psychologische Fragen

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Die Herleitung der psychologischen Fragen

  • erfolgt anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse und anderer begründeter Annahmen
  • wird im schriftlichen Gutachten explizit dargestellt
  • begründet die Festlegung von Entscheidungskriterien für die Beantwortung der Fragen

Die Verfahren zur Beantwortung der psychologischen Fragen

  • sind zu den einzelnen psychologischen Fragen in Bezug zu setzen
  • sind in ihrer Auswahl zu begründen und
  • sind in der schriftlichen Darstellung exakt zu benennen

Der Verlauf der Untersuchung ist so zu dokumentieren, dass er eindeutig nachvollziehbar und ggf. wiederholbar ist.

  • Es werden nur die Ergebnisse berichtet, die zur Beantwortung der psychologischen Fragen nötig sind
  • Es ist jeweils anzugeben, auf welchem Verfahren ein Ergebnis basiert
  • Die Besonderheit der Verfahren wird bei der Darstellung der Ergebnisse berücksichtigt
  • Die Ergebnisse werden adressatengerecht erläutert
  • Die Verhaltensbeobachtung bei der Untersuchung (Testbearbeitung, Interview) ist notwendiger Bestandteil der Ergebnisse

Interpretation der Ergebnisse

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  • Die Ergebnisse sind mit Bezug auf die psychologischen Fragen und die Fragestellung zu interpretieren
  • Eine kritische Bewertung der individuellen Gültigkeit der einzelnen Ergebnisse ist vorzunehmen
  • Alle für die psychologischen Fragen relevanten Ergebnisse sind bei der Interpretation zu berücksichtigen
  • Widersprüche/Diskrepanzen zwischen einzelnen Ergebnissen sind besonders zu beachten. Stehen einzelnen Ergebnisse im Widerspruch zu einer Interpretation, erfordert das Festhalten an der Interpretation eine besondere Begründung
  • Es ist zu prüfen, ob die vorgenommene Interpretation die einzig mögliche ist oder ob die vorhandenen Ergebnisse auch mit andern Interpretationen vereinbar sind. Ist das der Fall, erfordert das Festhalten an der Interpretation eine besondere Begründung
  • Fakten (Ergebnisse) und deren Interpretation müssen voneinander abgegrenzt und deutlich unterscheidbar sein
  • Interpretationen müssen ausführlich begründet werden. Der unter a) bis e) beschriebene Interpretationsprozess muss schriftlich nachvollzogen werden
  • Bei allen Schlussfolgerungen ist anzugeben, auf welchen Ergebnissen sie basieren
  • Nicht Aufklärbares ist zu benennen

Beantwortung der Fragen des Auftraggebers

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  • Die Fragestellung des Auftraggebers ist vollständig zu beantworten
  • Es werden nur Fragen beantwortet, die auch gestellt worden sind

Einzelnachweise

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  1. Marion Sonnenmoser: Psychologische Berichte und Gutachten: Missverständnisse vorprogrammiert. In: Deutsches Ärzteblatt International. Nr. 5, 2006, S. 511.
  2. Klaus D. Kubinger: Psychologische Diagnostik: Theorie und Praxis psychologischen Diagnostizierens. Göttingen 2009. Kapitel 1.
  3. Pauschale Gutachterschelte hilft niemandem. BDP nimmt Stellung zur Qualitätssicherung bei gerichtlichen Gutachten. Berufsverbands Deutscher Psychologen – Pressemitteilung Nr. 03/12, 16. Februar 2012. (bdp-verband.de Abgerufen am 22. Februar 2015)
  4. Gunter Heinz: Fehlerquellen forensisch-psychiatrischer Gutachten : eine Untersuchung anhand von Wiederaufnahmeverfahren. Heidelberg 1982, ISBN 3-7832-1481-5.; Gunter Heinz: Fehler in der psychiatrischen Begutachtung. In: Dtsch Arztebl. Band 95, Nr. 41, 1998, S. A-2552/ B-2194/ C-2041.
  5. Richtlinien für die Erstellung psychologischer Gutachten. Deutscher Psychologen Verlag., Bonn 1988, ISBN 3-925559-09-4.
  6. Richtlinien für die Erstellung psychologischer Gutachten. Deutscher Psychologen Verlag, Bonn 1988, ISBN 3-925559-09-4, S. 3.
  7. Karl Westhoff, Marie-Luise Kluck: Psychologische Gutachten: schreiben und beurteilen. Springer, 2013.
  8. Klaus D. Kubinger: Psychologische Diagnostik: Theorie und Praxis psychologischen Diagnostizierens. Göttingen 2009. Kapitel 1
  9. K. D. Kubinger: Psychologische Diagnostik: Theorie und Praxis psychologischen Diagnostizierens. 2., überarb. und erw. Auflage. Hogrefe, Göttingen 2009, ISBN 978-3-8017-2254-8.
  10. Joseph Salzgeber: Familienpsychologische Gutachten: rechtliche Vorgaben und sachverständiges Vorgehen. Beck, 2011.
  11. Karl Westhoff, Patricia Terlinden-Arzt, Antje Klüber: Entscheidungsorientierte psychologische Gutachten für das Familiengericht. Berlin 2000.
  12. Pauschale Gutachterschelte hilft niemandem BDP nimmt Stellung zur Qualitätssicherung bei gerichtlichen Gutachten. Berufsverbands Deutscher Psychologen – Pressemitteilung Nr. 03/12, 16. Februar 2012. (bdp-verband.de Abgerufen am 22. Februar 2015)
  13. Qualitätsstandards für psychologisch-diagnostische Gutachten. (Version 2.2) auf: tu-chemnitz.de