Sammlung Phillipps

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Exlibris der Königlichen Bibliothek Berlin für ein Stück der Sammlung Thomas Phillipps

Als Sammlung Phillipps werden diejenigen Handschriften, Drucke und anderen Objekte bezeichnet, die der Sammler Thomas Phillipps (1792–1872) im Lauf seines Lebens zusammentrug. Die Handschriftensammlung (auch bekannt als Bibliotheca Phillippica, Cheltenham-Handschriften oder Phillippici) gilt als größte, die jemals von einer Privatperson gesammelt wurde.

Es handelt sich um etwa 60.000 meist mittelalterliche Handschriften sowie ähnlich viele gedruckte Bücher, die Phillipps erst in Middlehill, später in Thirlestaine House in Cheltenham aufstellte. Die Sammlung umfasste viele ausgesprochen wertvolle Stücke. Zeitweise besaß Philipps unter anderem die Maciejowski-Bibel, eine Erstausgabe von Shakespeares Hamlet und ein First Folio-Exemplar.[1] Eine seine frühen Erwerbungen war der Ankauf großer Teile der Sammlung Meerman.[2] Neben Büchern sammelte Philipps auch Münzen, Urkunden, Gemälde und andere Kunstgegenstände. Er selbst beschrieb das Ziel seiner Sammlung damit, „alles in seiner Reichweite“ zu sammeln, vor allem aber Pergament-Codices.[3]

Nachdem er es zu Lebzeiten nicht erreicht hatte, dass seine Sammlung von der Bodleian Library oder vom British Museum übernommen wurde, formulierte Phillipps in seinem Testament eine Reihe Auflagen, die den dauerhaften Verbleib der Sammlung in Thirlestaine House sicherstellen sollten. Diese Bestimmungen wurden aber 1885 für nichtig erklärt. Nach und nach verkauften seine Erben die Sammlung an Bibliotheken und private Sammler. Größere Bestände wurden unter anderem von der Königlichen Bibliothek in Berlin (der heutigen Staatsbibliothek) angekauft,[4][5] wo sie bis heute teilweise eine eigene Signaturengruppe („Ms. Phill.“) bilden. Die Verkäufe begannen im späten 19. Jahrhundert; 1946 wurde das meiste des verbleibenden ‚Restes‘ (respektlos residue genannt) für 100.000 Pfund an das Antiquariat von W.H. Robinson verkauft. In einer großen Reihe von Auktionen bei Sotheby’s in London wurden westliche wie östliche Handschriften, Papyri und Fragmente bis in die 1970er Jahre verkauft, der Restbestand wurde 1977 als residue of the residue en bloc von dem New Yorker Antiquar Hans Peter Kraus, der wichtige Handschriften auf den Auktionen ersteigert hatte, erworben und in mehreren Katalogen vermarktet.[6][7]

Die Sammlung war nie vollständig katalogisiert. Der von Phillipps selbst erstellte, sehr summarische Katalog erfasste ‚nur‘ 23.837 Handschriften.[8] Die Nummern dieses Katalogs dienen bis heute zur Bezeichnung der Handschriften. In den 1950er veröffentlichte Alan Munby eine umfangreiche Darstellung der Sammlung und ihres Endes.[9][10] Als Grundlage diente ihm ein durchschossenes Exemplar von Phillipps Katalog, das er umfangreich annotierte; Photokopien von Munbys Exemplar in der Universitätsbibliothek Cambridge und der Bodleian Library wurden um weitere Notizen zu Provenienz und Verbleib der Handschriften erweitert. Die British Library und das Institut de recherche et d’histoire des textes haben ebenfalls Findmittel zu den Philipps-Handschriften angelegt. Einige Teilbestände der Sammlung wurden monographisch erforscht. Zwischen 2014 und 2016 erforschte Toby Burrow den Verbleib der Handschriften im Rahmen einer Marie Curie Fellowship und dokumentierte die Ergebnisse in einer Datenbank mit Einträgen zu etwas mehr als 10.000 der Phillipps-Handschriften.[11]

Die Sammlung ist nicht zu verwechseln mit dem Museum namens Phillips Collection in Washington.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Robert Priebsch: Deutsche Handschriften in England. Bd. 1, Erlangen 1896, S. 42–142 Google Books – Verzeichnis der deutschsprachigen Handschriften (137 Nummern)
  • William Younger Fletcher: English book collectors. London 1902, S. 367–372 Internet Archive.
  • Alan N. L. Munby: Phillipps studies. 5 Bände. Cambridge University Press, Cambridge 1951–1960.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Eric Rasmussen: The Shakespeare thefts. In search of the first folios. Palgrave Macmillan, New York 2011, S. 87–89.
  2. Verzeichniss der von der Königlichen Bibliothek zu Berlin erworbenen Meerman-Handschriften des Sir Thomas Phillipps. Schade, Berlin 1892. Digitalisat.
  3. Fletcher: English Book Collectors. London 1902, S. 368–369.
  4. Verzeichniss der von der Königlichen Bibliothek zu Berlin erworbenen Meerman-Handschriften des Sir Thomas Phillipps. Schade, Berlin 1892. Digitalisat.
  5. Emil Jacobs: Die von der Königlichen Bibliothek zu Berlin aus der Sammlung Philipps erworbenen Handschriften. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen, Band 28, 1911, S. 23–38 DigiZeitschriften.
  6. Eric Rasmussen: The Shakespeare thefts. In search of the first folios. Palgrave Macmillan, New York 2011, S. 89.
  7. Toby Burrows: Where have all the Phillipps Manuscripts Gone? In: History of the book, manuscript and print studies and textual scholarship research. The Institute of English Studies, University of London, 29. Juni 2021, abgerufen am 10. Mai 2024.
  8. Catalogus librorum manuscriptorum in bibliotheca D. Thomae Phillipps. Typis Medio-Montanis, Middlehill 1837. Digitalisat.
  9. Alan N. L. Munby: Phillipps studies. 5 Bände. Cambridge University Press, Cambridge 1951–1960.
  10. Toby Burrows: The History and Provenance of Manuscripts in the Collection of Sir Thomas Phillipps: New Approaches to Digital Representation. In: Speculum 92 (S1), 2017, S. S39–S64. doi:10.1086/693438
  11. Reconstructing the Phillipps Manuscript Collection: using Linked Data technologies to analyse the creation and dispersal of a major European cultural heritage collection. In: Cordis. Europäische Kommission, 15. September 2016, abgerufen am 10. Mai 2024.