Staudinger-Reaktion

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Staudinger-Reaktion (auch Staudinger-Reduktion) ist eine Namensreaktion aus dem Bereich der organischen Chemie. Sie ist nach ihrem Entwickler Hermann Staudinger benannt.[1]

Übersicht der Staudinger-Reaktion
Übersicht der Staudinger-Reaktion

Die Staudinger-Reaktion dient der Synthese von primären Aminen aus Aziden. Die Staudinger-Reaktion ist eine milde Alternative zu anderen Aminsynthesen, z. B. zur Gabriel-Synthese. Die benötigten Azide sind meist gut durch Substitution aus den entsprechenden Halogenalkanen zugänglich.

Sie ist nicht mit der Keten-Cycloaddition nach Staudinger[2] zu verwechseln (manchmal auch als Staudinger-Reaktion bezeichnet).[3]

Reaktionsmechanismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Reaktionsmechanismus der Staudinger-Reaktion ist nicht vollständig geklärt.[4] Die Staudinger-Reaktion beginnt mit dem nukleophilen Angriff von Triphenylphosphan am eingesetzten Azid 1. Das entstandene Phosphazid 2 cyclisiert nun zu einer Vierringstruktur 3, die unter Abspaltung molekularen Stickstoffs zu einem Phosphazen 4 reagiert. Durch wässrige Aufarbeitung wird das Phosphazen in ein Amin 5 überführt und Triphenylphosphinoxid abgespalten.[5]

Reaktionsmechanismus der Staudinger-Reaktion
Reaktionsmechanismus der Staudinger-Reaktion

Beim Rest R des Azids handelt es sich meist um einen Alkyl- oder Arylrest. Anstelle des Triphenylphosphans kann nahezu jedes andere organische Phosphan verwendet werden.[5]

Staudinger Ligation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine im Jahr 2000 entdeckte Weiterentwicklung zur Peptid- bzw. Proteinligation ist als Staudinger-Ligation bekannt.[6][7] Eine spezielle Form ist dabei die sogenannte spurlose Staudinger-Ligation.

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Atomökonomie der Staudinger-Reaktion ist schlecht, da bei der Synthese stöchiometrische Mengen Triphenylphosphinoxid anfallen. Deshalb ist die Reaktion vorwiegend als Laborverfahren und weniger als technisches Verfahren von Interesse.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. H. Staudinger, J. Meyer: Über neue organische Phosphorverbindungen III. Phosphinmethylenderivate und Phosphinimine. In: Helv. Chim. Acta 1919, 2, 635; doi:10.1002/hlca.19190020164.
  2. Jie Jack Li, Name reactions, 4. Auflage, Springer, 2009, Staudinger ketene cycloaddition, S. 521
  3. Zum Beispiel Thomas T. Tidwell, The first century of Ketenes (1905-2005): the birth of a family of reactive intermediates, Angewandte Chemie, Int. Edition, Band 44, 2005, S. 5779.
  4. Fiona L. Lin, Helen M. Hoyt, Herman van Halbeek, Robert G. Bergman, and Carolyn R. Bertozzi: Mechanistic Investigation of the Staudinger Ligation In: J. Am. Chem. Soc., 2005, 127 (8), S. 2686–2695 doi:10.1021/ja044461m.
  5. a b László Kürti, Barbara Czakó: Strategic Applications of Named Reactions in Organic Synthesis. Elsevier Academic Press, Burlington/San Diego/London 2005, S. 428–429, ISBN 0-12-369483-3.
  6. Eliana Saxon, Carolyn R. Bertozzi: Cell Surface Engineering by a Modified Staudinger Reaction In: Science 2000, 287, 2007–2010; doi:10.1126/science.287.5460.2007.
  7. B. L. Nilsson, L. L. Kiessling, R. T. Raines: Staudinger Ligation: A Peptide from a Thioester and Azide, In: Org. Lett. 2000, 2, 1939–1941; doi:10.1021/ol0060174.