Themista

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Themista (altgriechisch Θεμίστα Themísta, auch Θεμίστη Themístē) war eine antike griechische Philosophin. Sie lebte zu Beginn des 3. Jahrhunderts v. Chr. in Lampsakos und gehörte der epikureischen Schule an.

Laut Clemens von Alexandria war sie Tochter des Zoilos von Lampsakos[1] und mit Leonteus verheiratet.[2] Das Paar hatte einen Sohn namens Epikuros.[3]

Themista und Leonteus hatten regen Kontakt zu Epikur, der gegen Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. in Lampsakos weilte. Diogenes Laertios überliefert, dass Epikur mehrere Briefe an Leonteus und Themista geschrieben hat.[4] Das älteste Zeugnis für diesen Briefverkehr findet sich auf einem Papyrus aus Herkulaneum, der das Werk Pragmateiai des im 1. Jahrhundert v. Chr. lebenden Philodemos von Gadara in Fragmenten enthält.[5] Hier wird ein Brief an Themista erwähnt,[6] der während des Archontats des Philippos,[7] das heißt im Jahr 292/291 v. Chr., geschrieben worden ist.[8] Diogenes Laertios zitiert aus einem der Briefe, in dem Epikur ankündigt, sie sofort zu besuchen, sollten sie einen Ort für dieses Treffen nennen.[9] Für ein weiteres Briefzitat, dessen Inhalt bis heute rätselhaft bleibt,[10] beruft er sich auf die Schrift Gegen Epikur eines nicht näher zu bestimmenden Theodoros.[11] In seiner Liste der wichtigsten Schriften Epikurs nennt Diogenes Laertios auch ein Werk mit dem Titel Neokles – gemeint ist wohl der gleichnamige Bruder Epikurs –,[12] das Themista gewidmet war.[13]

Von Schriften Themistas selbst ist nichts bekannt,[14] doch stellt Cicero ihre Weisheit rühmend heraus – oder setzt ihre Kenntnis als bekannten Topos voraus –, wenn er in seiner Invektive In L. Calpurnium Pisonem dem geschmähten Piso entgegenhält: „und wärest Du weiser als Themista“ (sis licet Themista sapientior).[15] Doch könnte Ciceros Vergleich auch ironisch gemeint gewesen sein,[16] zumal er an anderer Stelle den Epikureern vorwirft, sie würden sich nie zu wichtigen Männern wie Lykurg, Solon, Miltiades etc. äußern, dafür aber ganze Bände über Themista füllen.[17]

  1. Clemens von Alexandria, Stromata 4,19,121.
  2. Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen 10,25. 26; Clemens von Alexandria, Stromata 4,19,121.
  3. Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen 10,26.
  4. Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen 10,25.
  5. Luigi Spina: Il trattato di Filodemo su Epicuro e altri (PHerc. 1418). In: Cronache Ercolanesi. Band 7, 1977, S. 43–83; Cesira Militello: Filodemo, Memorie Epicuree (PHerc. 1418 e 310). Bibliopolis, Neapel 1997.
  6. PHerc. 1418, col. X 8–10.
  7. Johannes Kirchner: Philippos 3. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XIX,2, Stuttgart 1938, Sp. 2264 (Digitalisat).
  8. Siehe auch Diskin Clay: Epicurus in the Archives of Athens. In: Studies in Attic Epigraphy, History and Topography. Presented to Eugene Vanderpool (= Hesperia Supplements. Band 18). American School of Classical Studies at Athens, Princeton 1982, S. 17–26, hier S. 25; Tiziano Dorandi: Gli arconti nei papiri ercolanesi. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik. Band 84, 1990, S. 121–138, hier S. 124.
  9. Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen 10,5.
  10. Pamela Gordon: Epistolary Epicureans. In: Owen Hodkinson, Patricia Rosenmeyer, Evelien Bracke (Hrsg.): Epistolary Narratives in Ancient Greek Literature (= Mnemosyne, Supplements. Band 359). Brill, Leiden/Boston 2013, S. 133–151, hier S. 139 mit Anm. 23.
  11. Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen 10,5; zu diesem Theodoros siehe Wilhelm Capelle: Theodoros 33. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band V A,2, Stuttgart 1934, Sp. 1831 (Digitalisat).
  12. So Robert Philippson: Neokles 5. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XVI,2, Stuttgart 1935, Sp. 2416 (Digitalisat).
  13. Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen 10,28: Νεοκλῆς πρὸς Θεμίσταν.
  14. Laut Tiziano Dorandi mit Verweis auf Cicero, In L. Calpurnium Pisonem 26,63, soll sie zahlreiche Schriften (tanta volumina) verfasst haben; siehe Tiziano Dorandi: Themista. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 12/1, Metzler, Stuttgart 2002, ISBN 3-476-01482-7, Sp. 303. Dem folgt Maria Nühlen: Philosophinnen der griechischen Antike. Eine Spurensuche. Springer, Wiesbaden 2021, S. 312–313. Weder gibt die entsprechende Stelle bei Cicero eine solche Aussage her, noch lässt eine andere Quelle darauf schließen; vielmehr scheint hier eine Verwechslung mit Cicero, De finibus bonorum et malorum 2,21,67–68 vorzuliegen.
  15. Cicero, In L. Calpurnium Pisonem 26,63.
  16. So Jörg-Dieter Gauger: Antike „Philosophinnen“ – Ein historisch-kritischer Bericht. In: Philosophisches Jahrbuch. Band 105, 1998, S. 422–445, hier S. 439 Anm. 103 (Digitalisat); auf Ciceros ambivalente Haltung weist auch Maria Nühlen: Philosophinnen der griechischen Antike. Eine Spurensuche. Springer, Wiesbaden 2021, S. 312, hin.
  17. Cicero, De finibus bonorum et malorum 2,21,67–68: nonne melius est de his aliquid quam tantis voluminibus de Themista loqui?