Vorasidenib

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Strukturformel
Strukturformel von Vorasidenib
Allgemeines
Freiname Vorasidenib[1]
Andere Namen

6-(6-Chlor-2-pyridinyl)-N,N’-bis[(2R)-1,1,1-trifluor-2-propanyl]-1,3,5-triazin-2,4-diamin (IUPAC)

Summenformel C14H13ClF6N6
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 1644545-52-7
PubChem 117817422
ChemSpider 64835242
Wikidata Q122240747
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Tumorbehandlung

Wirkmechanismus

Hemmung der IDH1 und 2 (Isocitrat-Dehydrogenase 1 und 2)

Eigenschaften
Molare Masse 414,74 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[2]

Löslichkeit

löslich in DMF und DMSO[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​315​‐​319​‐​335
P: 261​‐​264​‐​270​‐​271​‐​280​‐​301+312​‐​330​‐​302+352​‐​321​‐​304+340​‐​305+351+338​‐​332+313​‐​362+364​‐​337+313​‐​403+233​‐​405​‐​501[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Vorasidenib ist ein Arzneistoff, der die Enzyme Isocitrat-Dehydrogenase-1 und -2 (IDH1 und IDH2) hemmt. Mutationen in diesen Enzymen spielen eine Rolle bei verschiedenen Krebserkrankungen. In einer Phase-III-Studie verlängerte Vorasidenib das bildmorphologisch progressionsfreie Überleben (PFS) bei Patienten mit IDH1 oder IDH2-mutierten niedriggradigen Gliomen.[3]

Vorasidenib ist ein oral verfügbarer Hemmstoff für mutierte Formen sowohl der Isocitrat-Dehydrogenase Typ 1 (IDH1, IDH1 [NADP+] löslich) im Zytoplasma als auch Typ 2 (IDH2, Isocitrat-Dehydrogenase [NADP+], mitochondrial) in den Mitochondrien, mit potenzieller antineoplastischer Aktivität. Nach der Verabreichung hemmt Vorasidenib spezifisch die mutierten Formen von IDH1 und IDH2 und verhindert somit die Bildung des Onkometaboliten 2-Hydroxyglutarat (2HG) aus Alpha-Ketoglutarat (a-KG). Dies verhindert die 2HG-vermittelte Signalgebung und führt sowohl zur Induktion der zellulären Differenzierung als auch zur Hemmung der zellulären Proliferation in Tumorzellen, die IDH-Mutationen aufweisen. Zusätzlich ist Vorasidenib in der Lage, die Blut-Hirn-Schranke (BBB) zu durchdringen. IDH1 und 2 sind Stoffwechselenzyme, die die Umwandlung von Isocitrat in a-KG katalysieren und Schlüsselrollen in der Energieproduktion spielen. Sie sind in verschiedenen Krebszelltypen mutiert. Zudem katalysieren die mutierten Formen von IDH1 und 2 die Bildung von 2HG und fördern das Krebswachstum, indem sie die zelluläre Differenzierung blockieren und die zelluläre Proliferation induzieren.

Bei Tumoren von Patienten mit Gliomen, AML, Gallengangskarzinom oder Chondrosarkom wurden somatische Mutationen der IDH1 und IDH2 festgestellt. Eine R132-IDH1-Mutationen (IDH1m) wurde bei 9,6 % der Patienten mit AML beobachtet, eine R172-IDH2-Mutationen (IDH2m) in 3 %. IDH1m- und IDH2m-Patienten hatten eine höhere Rezidivrate und ein küzeres Gesamtüberleben.[4] Auch bei Gliomen, insbesondere bei Astrozytomen und Oligodendromen der Grade 2 und 3 fanden sich in 70–100 % R132-IDH1-Mutationen. Im Gegensatz zur AML haben Gliom-Patienten mit einer IDH1-Mutation eine günstigere Prognose als mit IDH1w (unmutierte Wildform).[5]

Für den Wirkmechanismus gibt es folgende Hypothese: Tumoren mit IDH-Mutationen zeigten eine verminderte Umwandlung von Isocitrat in α-Ketoglutarsäure.

Die mutierte IDH1 kann aus Isocitrat 2-Hydroxyglutarsäure anstelle von α-Ketoglutarat bilden.

Häufig verbinden sich ein mutiertes und ein nichtmutiertes IDH zu einem Dimer mit veränderten biochemischen Eigenschaften. Es wird (R)-2-Hydroxyglutarat (2HG), ein Onkometabolit gebildet. Erhöhte 2HG-Konzentrationen führen zu vermehrter Ansammlung reaktiver Sauerstoffspezies. Ferner kommt es zu einer kompetitiven Hemmung von Glutamat- oder α-Ketoglutarat-abhängigen Enzymen. In der Folge entstehen epigenetische Veränderungen, welche die Differenzierung haematopoetischer Zellen bremst.[6]

In einer Phase-III-Studie wurde die Wirksamkeit bei der Behandlung von niedriggradigen Gliomen, die eine IDH1- oder IDH2-Mutation aufwiesen, geprüft. Im Vergleich zur Placebo-Gruppe verlängerte sich bei den mit Vorasidenib behandelten Patienten das bildmorphologisch progressionsfreie Überleben.[3]

Einzelnachweise

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  1. INN Recommended List 79, World Health Organisation (WHO), 9. März 2018.
  2. a b c d Vorasidenib (CAS 1644545-52-7). In: caymanchem.com. Abgerufen am 8. September 2023 (englisch).
  3. a b Ingo K. Mellinghoff, et al.: Vorasidenib in IDH1- or IDH2-Mutant Low-Grade Glioma. In: New England Journal of Medicine. Band 389, Nr. 7, 17. August 2023, S. 589–601, doi:10.1056/NEJMoa2304194, PMID 37272516.
  4. Nicolas Boissel, Olivier Nibourel, Aline Renneville, Claude Gardin, Oumedaly Reman: Prognostic Impact of Isocitrate Dehydrogenase Enzyme Isoforms 1 and 2 Mutations in Acute Myeloid Leukemia: A Study by the Acute Leukemia French Association Group. In: Journal of Clinical Oncology. Band 28, Nr. 23, 10. August 2010, S. 3717–3723, doi:10.1200/JCO.2010.28.2285.
  5. Hai Yan, D. Williams Parsons, Genglin Jin, Roger McLendon, B. Ahmed Rasheed: IDH1 and IDH2 Mutations in Gliomas. In: New England Journal of Medicine. Band 360, Nr. 8, 19. Februar 2009, S. 765–773, doi:10.1056/NEJMoa0808710, PMID 19228619, PMC 2820383 (freier Volltext).
  6. Ingo K. Mellinghoff, Benjamin M. Ellingson, Mehdi Touat, Elizabeth Maher, Macarena I. De La Fuente: Ivosidenib in Isocitrate Dehydrogenase 1 – Mutated Advanced Glioma. In: Journal of Clinical Oncology. Band 38, Nr. 29, 10. Oktober 2020, S. 3398–3406, doi:10.1200/JCO.19.03327, PMID 32530764, PMC 7527160 (freier Volltext).