Wahlen in Südafrika 2024

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Die allgemeinen Wahlen in Südafrika 2024 sollen am 29. Mai 2024 stattfinden. Gewählt werden die südafrikanische Nationalversammlung und die neun Provinzversammlungen. Es handelt sich um die siebte Wahl seit Ende der Apartheid.[1]

Entwicklungen seit der letzten Wahl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die letzte nationale Wahl im Jahr 2019 wurde vom African National Congress (ANC) gewonnen, der 57,5 Prozent der Mandate in der Nationalversammlung gewann und mit Ausnahme der Provinz Westkap auch in allen Provinzen erfolgreich war. Die wichtigste Oppositionspartei Democratic Alliance (DA) gewann 20,8 Prozent und die linkspopulistischen Economic Freedom Fighters (EFF) kamen auf 10,8 Prozent. Der ANC konnte damit mit komfortabler Mehrheit weiter alleine regieren. Allerdings zeigte sich im längeren zeitlichen Verlauf, dass der Stimmenanteil des ANC seit den Wahlen 2004 bei jeder Wahl kontinuierlich abgenommen hatte. Für die anstehende Wahl 2024 sagten viele Prognosen den Verlust der absoluten Stimmenmehrheit für den ANC voraus.[2]

Der ANC unter der Führung von Staatspräsident Cyril Ramaphosa sah sich auch diesmal massiver Kritik von Seiten der Opposition ausgesetzt. Bemängelt wurden die unbefriedigende wirtschaftliche Lage Südafrikas mit einer auf hohem Niveau stagnierenden Arbeitslosenquote (32 Prozent im Jahr 2023), wirtschaftlicher Ungleichheit, massiven Korruptionsvorwürfen gegenüber verantwortlichen Politikern und einer chronisch instabilen Energieversorgung durch das staatliche Unternehmen Eskom mit regelmäßigen Stromausfällen. Ein weiterer Kritikpunkt war die hohe Verbrechensrate. Mit 130 Vergewaltigungen und 80 Morden pro Tag im letzten Quartal 2023 zählte Südafrika statistisch zu den gefährlichsten Staaten der Welt. In Reaktion auf die Vorwürfe wies die ANC-Führung auf Erfolge der ANC-Politik hin. Die Armutsquote sei gefallen und immer mehr Südafrikaner lebten in menschenwürdigen Verhältnissen und Wohnungen. Auch die Gesundheitsversorgung habe sich verbessert.[1]

Am 16. Dezember 2023 erklärte Ex-Präsident Jacob Zuma, der 2018 vor dem Hintergrund von Korruptions- und Vergewaltigungsvorwürfen zum Rücktritt gedrängt worden war, seinen Austritt aus dem ANC und seine Unterstützung für eine neue Partei, Umkhonto we Sizwe (MK). Jede Stimme für den ANC, so Zuma, sei „Verrat“, und der ANC unter Ramaphosa sei eine „Stellvertreterpartei für das weiße Monopolkapital“.[3] Der ANC versuchte daraufhin auf juristischem Weg, die neue Partei zu sanktionieren, zum einen wegen der Nutzung des Namens der historischen Kampforganisation des ANC und zum anderen wegen der früheren Verurteilung Zumas durch ein südafrikanisches Gericht. Beides misslang jedoch zunächst und Zuma und seine Partei wurden zur Wahl zugelassen.[4][5][6] Am 20. Mai entschied das Verfassungsgericht der Republik Südafrika über die Berufung und erklärte Zuma für die Wahl als nicht zugelassen.[7]

Am 13. März 2024 trafen sich in Kapstadt Vertreter von elf politischen Parteien, darunter Democratic Alliance, ActionSA, Inkatha Freedom Party, African Christian Democratic Party (ACDP), zu Gesprächen über die Bildung einer Multiparteien-Regierung nach einer möglichen Wahlniederlage des ANC (Multi-Party Charter).[8]

Im Vorfeld der Wahl wurde über mögliche Koalitionen nach der Wahl spekuliert, falls der ANC die absolute Mandatsmehrheit verlieren sollte. Koalitionen sind in Südafrika seit längerem auf kommunaler Ebene gang und gäbe. Diese haben aber bei Beobachtern und den südafrikanischen Wählern nicht den besten Ruf, weil sie als instabil, kurzlebig, und von politischem Abenteurertum und Interessenpolitik geprägt gelten. Eine direkte Koalition zwischen ANC und DA wurde schon aufgrund der völlig divergenten Ansichten zum Israel-Palästina-Konflikt ausgeschlossen. Andererseits wurden der DA-geführten Multi-Party Charter keine großen Chancen eingeräumt, die absolute Mandatsmehrheit zu erringen, da die darin vertretenen Parteien bisher ihren Wahlkampf kaum aufeinander abstimmten und auch die Interessen zu heterogen waren. Als zwei mögliche „Königsmacher“, d. h. Unterstützer einer ANC-Minderheitsregierung galten die radikal-marxistischen Economic Freedom Fighters und die neue Zuma-Partei Umkhonto we Sizwe. Zu beiden bestehen seitens des ANC allerdings erhebliche programmatische Differenzen bzw. persönlichen Animositäten.[9]

Wahlmodus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2021 urteilte das Verfassungsgericht Südafrikas, dass das bisherige Wahlsystem modifiziert werden müsse, um auch die Wahl parteiloser Einzelkandidaten zu ermöglichen. Bei den bisherigen Wahlen war nur die Wahl von Parteien möglich gewesen. Die Wahlordnung wurde daraufhin dahingehend geändert, dass der Wähler statt bisher zwei Stimmzetteln (einer für die Parteien der Nationalversammlung und einer für die Parteien der jeweiligen Provinzialversammlung) künftig drei Stimmzettel anzukreuzen hat.[10] Mit dem ersten Stimmzettel können Parteien für die Nationalversammlung gewählt werden. Mit dem zweiten (neu eingeführten) Stimmzettel können Parteien oder parteilose Einzelkandidaten aus der jeweiligen Provinz für die Nationalversammlung gewählt werden. Mit dem dritten Stimmzettel werden Parteien oder parteilose Einzelkandidaten für die jeweilige Provinzialversammlung gewählt.[11] Die Stimmzettel sind mit den Symbolen der Parteien und Miniaturfotos der Spitzenkandidaten versehen, um analphabetischen Wählern die Stimmabgabe zu erleichtern.[12] Die Provinzen zählen als Wahlkreise für die Nationalversammlung. In der Praxis werden 200 der 400 zu vergebenden Sitze der Nationalversammlung über die Ergebnisse der Provinzen (den zweiten Stimmzettel) vergeben. Die restlichen 200 Sitze werden über die landesweiten Parteilisten aufgefüllt, so dass sich für die Parteien ein dem landesweiten Stimmenanteil entsprechender Sitzanteil (festgelegt durch den ersten Stimmzettel) ergibt. Eine Sperrklausel gibt es nicht. Dieser Wahlmodus gilt als Übergangslösung bis ein neues Wahlrecht ausgearbeitet worden ist.[10]

Für die Wahl der Nationalversammlung wurden 52 registrierte politische Parteien zugelassen.[13] Für die Wahl der Provinzialversammlungen betrug die Zahl der zugelassenen Parteien zwischen 24 (Provinz Nordkap) und 45 (Gauteng).[14]

Meinungsumfragen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Umfrageinstitut Ipsos führte drei ausführliche Umfragen im Vorfeld der Wahlen durch. In den Umfragen kam auch eine erhebliche Unzufriedenheit mit der politischen Klasse im Allgemeinen zum Ausdruck. Mehr als ein Drittel der Wähler (35 %) konnten sich mit keiner politischen Partei wirklich identifizieren. 23 Prozent der Befragten äußerten die Ansicht, dass sich Südafrika auf dem richtigen Weg befinde und 66 Prozent meinten, dass dies nicht der Fall sei.[15]

Partei ANC DA EFF MK IFP ActionSA VF+ Andere
27. Oktober 2023 43 % 20 % 18 % 5 % 4 % 2 % 8 %
6. Februar 2024 40,5 % 20,5 % 19,6 % 4,9 % 4,3 % 2,1 % 8,1 %
27. April 2024 40,2 % 21,9 % 11,5 % 8,4 % 4,4 % 3,4 % 1,8 % 8,4 %

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Damian Zane: South Africa election 2024: When is the poll and what is at stake for the ANC? In: BBC News. 10. Mai 2024, abgerufen am 11. Mai 2024 (englisch).
  2. Siyabonga Mkhwanazi: Elections 2024: A fight to the finish, as ANC faces fierce opposition. www.iol.co.za, 18. März 2024, abgerufen am 11. Mai 2024 (englisch).
  3. Mogomotsi Magome: South African ex-President Jacob Zuma has denounced the ANC and pledged to vote for a new party. AP, 16. Dezember 2023, abgerufen am 11. Mai 2024 (englisch).
  4. Stephan Ueberbach: Ex-Staatschef Zuma vor Comeback? In: Tagesschau. 14. März 2024, abgerufen am 11. Mai 2024.
  5. Mogomotsi Magome: South Africa’s ANC fails in bid to ban former leader Zuma’s party from polls. In: AP. 26. März 2024, abgerufen am 11. Mai 2024 (englisch).
  6. Amanda Khoza: UPDATE | Jacob Zuma can contest elections, Electoral Court rules. In: news24.com. 9. April 2024, abgerufen am 11. Mai 2024 (englisch).
  7. Rafieka Williams: South Africa's top court bars Zuma from being lawmaker. BBC, 20. Mai 2024, abgerufen am 20. Mai 2024 (englisch).
  8. Zolani Sinxo: Multi-Party Charter unveils an anti-crime action plan. www.iol.co.za, 14. März 2024, abgerufen am 11. Mai 2024 (englisch).
  9. Christopher Vandome: The South African election campaign season marks a shift to a volatile new politics. In: Chatham House. 16. April 2024, abgerufen am 13. Mai 2024 (englisch).
  10. a b Explainer: The Three Ballot System and Amendment of Section 24A of the Electoral Act. Electoral Institute for Sustainable Democracy in Africa (EISA), 3. Mai 2024, abgerufen am 12. Mai 2024 (englisch).
  11. Vote in the 2024 Elections. (pdf) IEC, abgerufen am 12. Mai 2024 (englisch).
  12. Your guide to vote using three ballot papers. In: sanews.gov.za. 19. April 2024, abgerufen am 13. Mai 2024 (englisch).
  13. 2024 NATIONAL ELECTIONS. (pdf) IEC, abgerufen am 12. Mai 2024 (englisch).
  14. 2024 PROVINCIAL ELECTIONS (Sample List ‐ Not per ballot draw). (pdf) IEC, abgerufen am 12. Mai 2024 (englisch).
  15. 30 Years of Democracy: South Africa's 2024 elections marked by uncertainty and a desire for change. In: Ipsos. 26. April 2024, abgerufen am 13. Mai 2024 (englisch).