Elisabeth Böhm van Endert

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Elisabeth Böhm van Endert (geb. Elisabeth Maria Anna van Endert, * 23. März 1877 in Neuss;[1]27. Februar 1956 in Zürich) war eine deutsche Opern- und Konzertsängerin (Sopran), Kammersängerin und Gesangspädagogin.

Leben und Wirken

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Elisabeth Böhm van Endert als „Mignon“ in der gleichnamigen Oper von Ambroise Thomas

Herkunft und Familie

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Elisabeth Böhm van Endert wurde laut Heiratsurkunde am 23. März 1877 in Neuss geboren. Andere Quellen geben als Geburtsdatum den 31. Dezember[2] 1876 an.[3][4] Sie war die Tochter des Möbel- und Seidenwarenfabrikanten Rudolf van Endert (1835–1881) und seiner Frau Elisabeth, geb. van Endert (1847–1928), die das Unternehmen nach dem frühen Tod ihres Mannes weiterführte. Beide Elternteile entstammten zwei verschiedenen Linien einer flämischen Tuchhändlerfamilie. Elisabeth war eines von zehn Kindern; drei ihrer Geschwister verstarben bereits im Kindesalter. Ihre jüngere Schwester war Katharina von Kardorff-Oheimb,[5] deren Tochter Elisabeth in zweiter Ehe mit Wilhelm Furtwängler verheiratet war.

Elisabeth van Endert war in erster Ehe mit dem Komponisten Adolph Paul Böhm (1878–1911) verheiratet,[6] der während der späteren schwebenden Ehescheidungsklage Suizid beging.[7] In zweiter Ehe heiratete sie 1916 Leo Bernhard Curth (1875–1933),[8] Direktor der Deutschen Grammophon-Gesellschaft und später der Electrola GmbH.[9][10][11][12][2]

Künstlerische Laufbahn

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Elisabeth van Endert erhielt in ihrer Jugend Gesangs- und Klavierunterricht und unternahm mit ihrer Mutter und ihren beiden Schwestern Katharina und Amélie ausgedehnte Bildungsreisen nach Frankreich und Italien, unter anderem nach Paris, Venedig, Pisa, Nizza, Monte Carlo.[5] Ihre Gesangsstudien absolvierte sie bei Wally Schauseil in Düsseldorf, bei Richard Müller (1853–1917) in Dresden und bei Adelina Paschalis-Souvestre (1847–1925).[13] 1906 begann sie ihre künstlerische Laufbahn als Konzert- und Oratoriensängerin in Köln, Mannheim, Frankfurt am Main und Dresden.[14]

Auf Intention des Generalmusikdirektors Ernst von Schuch wechselte sie ins Opernfach und debütierte 1907 als Marguerite in Charles Gounods Faust an der Dresdner Hofoper, wo sie bis 1910 engagiert war. Hier sang sie unter anderem im Jahr 1909 bei der Uraufführung der Oper Elektra von Richard Strauss die „Schleppträgerin“. Ab 1910 wirkte sie in Berlin, zunächst bis 1913 an der Berliner Hofoper, anschließend bis 1919 am Deutschen Opernhaus Berlin.[15] In der Spielzeit 1913/14 übernahm sie dort in Neuinszenierungen die Titelrolle in Undine und die Freia in Das Rheingold.[16] In der Sommersaison 1915 sang sie die Rosalinde in einer Neuproduktion der Strauß-Operette Die Fledermaus.[17] In der Spielzeit 1915/16 folgte die Hosenrolle des Titelhelden in der Boccaccio-Premiere.[18] In der Spielzeit 1922/23 sang sie nochmals an der Staatsoper.[19] 1913 wurde sie zur königlichen Kammersängerin ernannt.[20] Gastspiele und Tourneen führten sie unter anderem nach England, Holland, Belgien und in die Schweiz. In den 1920er Jahren unternahm sie zwei große Tourneen durch Nordamerika.[2]

Van Endert trat ab 1923 nur noch vereinzelt im Rahmen von Gastspielen auf der Opernbühne auf und wirkte wieder als Konzertsängerin. 1926 unternahm sie eine Tournee nach Holland und trat außerdem in London auf. Nach Beendigung ihrer Laufbahn als Sängerin unterrichtete sie als Gesangspädagogin und wanderte 1935 nach Nordamerika aus.[2] Sie starb auf der Rückreise von einem Urlaubsaufenthalt in einem Zürcher Hotel. Beigesetzt wurde sie in der Grabstätte ihrer Eltern auf dem Städtischen Friedhof Neuss.[21]

Ton- und Filmdokumente

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Platte von Elisabeth van Endert (Berlin, April 1913)

Von Elisabeth van Endert existieren zahlreiche Schallplatten. Die ersten erschienen um 1911 auf Anker-Record, Homokord, Parlophon und Pathé, von 1912 bis 1925 dann ausschließlich für Gramophone, von 1926 bis 1932 folgten elektrische Aufnahmen für Electrola.[22]

1915 wurde die einzige (Stumm-)Filmaufnahme mit Elisabeth Böhm van Endert produziert. Hier spielte sie Elsa in Lohengrin von Richard Wagner neben Felix Dahn (Lohengrin), Ernst Lehmann (König Heinrich), Max Salzinger (Telramund) und Frieda Langendorff (Ortrud) unter der Leitung des Dirigenten Hermann Stange.[23][24]

Opernrollen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Dr -e-: Kammersängerin Elisabeth Boehm van Endert : eine Unterredung mit der Künstlerin in: Die Stimme seines Herrn, 5. Jahrgang, Nr. 1, Januar 1913, S. 5–7
  • Karl-Josef Kutsch, Leo Riemens: Endert, Elisabeth Böhm van. In: Großes Sängerlexikon. Vierte, erweiterte und aktualisierte Auflage. De Gruyter Saur, Berlin/Boston 2012, ISBN 3-598-44088-X, S. 1332, doi:10.1515/9783598440885 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Alan Kelly: His Master's Voice/Die Stimme seines Herrn. The German Catalogue. Greenwood Press, Westport Connecticut ISBN 0-313-29220-5
  • Andreas Fahrländer: Als eine Neusserin die Welt eroberte : neuer Film über Elisabeth van Endert in: Neuß-Grevenbroicher Zeitung vom 3. Januar 2024, S. 20[26]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Standesamt Wannsee, Heiratsurkunde Nr. 7 vom 22. April 1916 (Böhm van Endert–Curth), abrufbar unter ancestry.com (kostenpflichtig)
  2. a b c d Karl-Josef Kutsch, Leo Riemens: Endert, Elisabeth Böhm van. In: Großes Sängerlexikon. Vierte, erweiterte und aktualisierte Auflage. De Gruyter Saur, Berlin/Boston 2012, ISBN 3-598-44088-X, S. 1332, doi:10.1515/9783598440885 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Friedrich Kracke: Das königliche Dresden: Erinnerungen an Sachsens Landesväter u. ihre Residenzstadt. Boldt, 1972, ISBN 978-3-7646-1569-7, S. 265 (google.com [abgerufen am 9. Dezember 2023]).
  4. Elisabeth Böhm van Endert, Hüftbild. 2003 (uni-frankfurt.de [abgerufen am 9. Dezember 2023]).
  5. a b Cornelia Baddack: Katharina von Kardorff-Oheimb (1879–1962) in der Weimarer Republik: Unternehmenserbin, Reichstagsabgeordnete, Vereinsgründerin, politische Salonnière und Publizistin (= zugleich Dissertation, Universität zu Köln, 2013/2014). V & R unipress, Göttingen 2016, ISBN 978-3-8471-0614-2.
  6. Hugo Riemann: Musik-Lexikon. Band 1. TP Verrone Publishing House, Nikosia, Zypern 2017, ISBN 978-9925-07751-9, S. 120, links Mitte (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – Erstausgabe: 1916).
  7. Am Namenstage der Gattin . In: Illustrierte Kronen-Zeitung, 21. November 1911, S. 7 linke Mitte (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/krz
  8. Anmerkung: Leo Bernhard Curth (* 28. Juni 1875 in Ratibor; † 22. März 1933 in London)
  9. Leo Bernard Curth. In: Recording Pioneers. Abgerufen am 20. September 2020 (englisch, Lebensdaten, Positionen).
  10. Titel Unbekannt. In: Phonographische Zeitschrift. Band 34, Nr. 6, 1933, S. 160.
  11. Curth, Leo Bernhard. In: Deutsche Biographie. Abgerufen am 20. September 2020.
  12. Todesnachricht Leo Bernhard Curth. In: Zeitschrift für Instrumentenbau. Band 53, Nr. 1. Leipzig 1. April 1933, S. 201–216, hier S. 214 rechte Spalte obere Mitte, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00004278-4 (Seite mit Todesnachricht [abgerufen am 20. September 2020] Genaues Todesdatum).
  13. Boston Symphony Orchestra: Programme. The Orchestra, 1913 (google.de [abgerufen am 20. Juni 2020]).
  14. Ein Gespräch mit der Kammersängerin Böhm von Endert . In: Neues Wiener Journal, 1. Juni 1913, S. 7–8 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwj
  15. Detlef Meyer zu Heringdorf: Das Charlottenburger Opernhaus von 1912 bis 1961. Dissertation. Deutsche Oper Berlin 1988, ISBN 3-926412-07-0, S. 600
  16. Detlef Meyer zu Heringdorf: Das Charlottenburger Opernhaus von 1912 bis 1961: Von der privat-gesellschaftlich geführten Bürgeroper bis zur subventionierten Berliner «Städtischen Oper». 2 Bde. Seiten 227, 229. Verlag: Deutsche Oper, Berlin 1988. ISBN 978-3-926412-07-2.
  17. Detlef Meyer zu Heringdorf: Das Charlottenburger Opernhaus von 1912 bis 1961: Von der privat-gesellschaftlich geführten Bürgeroper bis zur subventionierten Berliner «Städtischen Oper». 2 Bde. Seite 236. Verlag: Deutsche Oper, Berlin 1988. ISBN 978-3-926412-07-2.
  18. Detlef Meyer zu Heringdorf: Das Charlottenburger Opernhaus von 1912 bis 1961: Von der privat-gesellschaftlich geführten Bürgeroper bis zur subventionierten Berliner «Städtischen Oper». 2 Bde. Seite 242. Verlag: Deutsche Oper, Berlin 1988. ISBN 978-3-926412-07-2.
  19. Preußische Staatstheater zu Berlin / Georg Droescher: Statistischer Rückblick auf die künstlerische Tätigkeit und die Personalverhältnisse während der Zeit vom 1. Januar 1886 bis 31. Dezember 1935. Berlin 1936, Seite 129
  20. Artikel 'Endert, Elisabeth van' in: Erich H. Müller: Deutsches Musiker-Lexikon. Limpert, Dresden 1929. Spalte 286
  21. Nachruf in: Deutsches Bühnen-Jahrbuch 65. Jahrgang 1957. Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger, Hamburg 1956. S. 86
  22. The Gramophone Co. discography [1]
  23. J. H. Wallfisch: Lichtspieloper: der komplette Lohengrin im Kino. In: Neue Zeitschrift für Musik. Jg. 83, Nr. 42, 19. Oktober 1916, S. 326–327 (Artikel als Digitalisat).
  24. Lohengrin bei IMDb
  25. Die Stimme seines Herrn (= Universitätsbibliothek Eichstätt [Hrsg.]: Schriften der Universitätsbibliothek Eichstätt. Band 16,2). Band 2 (1913/1918). Deutsche Grammophon Aktiengesellschaft, Berlin 1992, ISBN 3-7952-0705-3 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 20. Juni 2020]).
  26. Artikelanfang abrufbar unter rp-online