Lesche (Architektur)

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Lesche (altgriechisch λέσχη [les-chē], Plural: λέσχαι leschai) bezeichnet in der Antike einen Versammlungsraum oder ein Gebäude, in dem man zusammensitzen, verhandeln und reden konnte.

Bei Homer[1] und Hesiod[2] war die Lesche ein warmer, geschützter Ort, insbesondere eine Schmiede, und eine Herberge oder Übernachtungsstätte der Mittellosen, daher manchmal etwas verrufen als ein Sammelpunkt von Müßiggängern und Schwätzern. Es gab sie häufig in der Nähe von griechischen Marktplätzen und Heiligtümern.

Lesche konnte aber auch den Versammlungsort eines Rats oder einer Körperschaft bedeuten. In Sparta hatte jede Phyle eine eigene Lesche, offenbar Gebäude von einiger Bedeutung. Pausanias erwähnt insbesondere die λέσχη Κροτανῶν lesche Krotanon und die λέσχη ποικίλη lesche poikile.[3]

Bei Plutarch erscheint die Lesche als Ort des Müßiggangs und Aufenthaltsort der Älteren, wo sie den größten Teil des Tages verbringen:

„In diesen kamen sie zusammen und unterhielten sich gemütlich miteinander, ohne irgendwie an Dinge zu denken, die mit Gelderwerb oder Marktgeschäften zu tun hatten, sondern ihr Zeitvertreib bestand hauptsächlich darin, gute Handlungen zu loben und schlechte zu tadeln, unter Scherz und Gelächter, das unvermerkt zu Zurechtweisung und Besserung führte.“[4]

Kurz gesagt: die Trinkhalle als moralische Anstalt. An anderer Stelle erwähnt Plutarch die spartanische Lesche als Ort einer düsteren Entscheidung. Dorthin würden nämlich die Neugeborenen von ihren Vätern gebracht, damit die Ältesten der Phyle sie untersuchten. Waren die Kinder wohlgeformt und frei von Missbildung, so durften sie leben, andernfalls wurden sie in einen Abgrund am Taygetos namens Ἀποθεταί Apothetai („die Ausgesetzten [sc. Kinder]“; von ἀπόθεσις „Ablage, Aussonderung“) geworfen.[5]

Lesche der Knidier

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Weiter gab es allgemein den Tempeln des Apollon zugehörige Versammlungs- und Beratungsorte, die dem Apollo Leschenorios (Λεσχηνόριος) geweiht waren.[6]

Die bekannteste solche Weihung ist die der Knidier in Delphi, ein rechteckiger Saalbau mit 8 Innensäulen. Der Innenraum war geschmückt mit berühmten Gemälden des Polygnotos. Die rechte Wand zeigte die Eroberung Trojas und die Abfahrt der Hellenen, die linke den Besuch des Odysseus in der Unterwelt. Die Gemälde sind nicht erhalten, aber durch die detaillierte Beschreibung Pausanias[7] in ihrem Aufbau rekonstruierbar, eine Aufgabe, mit der sich auch Goethe beschäftigte.

Es wurde schon im 19. Jahrhundert eine Beziehung vermutet zwischen dem griechischen Wort lescha (ionisch: lesche) und dem semitischen lischkah (hebräisch לשכה), das ein Nebengebäude eines Tempels für das gemeinsame Opfermahl bezeichnet, zum Beispiel mehrfach in Jer 35 EU.[8][9] Der Wortklang legt eine Entlehnung des griechischen Wortes aus dem semitischen nahe, und eine entsprechende These wurde auch aufgestellt.[10]

Eine Untersuchung von Walter Burkert von 1990[11] kommt aber zu dem Ergebnis, dass (wenn überhaupt) es sich bei dem hebräischen Wort um eine Entlehnung aus dem Griechischen oder einer anderen indogermanischen Sprache (möglicherweise über die Philister) handelt. Für eine solche Richtung der Entlehnung spricht schon die griechische Etymologie aus der Wurzel λεχ- (griechisch λεχος lechos „Bett“; verwandt mit deutsch „liegen“, englisch „lie“), während das Wort im semitischen Raum außer im Tanach nicht belegt ist. Alternativ wird auch eine Ableitung von λέγειν legein („sprechen, reden“) angenommen.[12]

  • Walter Burkert: Lescha-liskah: Sakrale Gastlichkeit zwischen Palästina und Griechenland. In: B. Janowski u. a. (Hrsg.): Religionsgeschichtliche Beziehungen zwischen Kleinasien, Nordsyrien und dem Alten Testament. Internationale Symposion Hamburg, 17.–21. März 1990. (Orbis Biblicus et Orientalis 129). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1993, ISBN 3-525-53764-6, S. 19–38
  • Walter Hatto Groß: Lesche. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 3, Stuttgart 1969, Sp. 587.
  • Robert B. Kebric: The paintings in the Cnidian Lesche at Delphi and their historical context. Brill, Leiden 1983, ISBN 90-04-07020-6.
  • Michael Maass: Das antike Delphi. Orakel, Schätze und Monumente. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1993, ISBN 3-534-10940-6, S. 178–180.
  • Philip Smith: Lesche. In: William Smith: A Dictionary of Greek and Roman Antiquities. John Murray, London 1875, S. 681 (online auf: penelope.uchicago.edu)
  • Klaus Stähler: Die Lesche der Knidier – ein Neoptolemosheroon? In: Boreas. Münstersche Beiträge zur Archäologie. Bd. 12 (1989) S. 15f.

Einzelnachweise

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  1. Homer Odyssee 18.329
  2. Hesiod Werke und Tage 493
  3. Pausanias Beschreibung Griechenlands 3.14.2, 3.15.8
  4. Plutarch Lykurg 25.2
  5. Plutarch Lykurg 16
  6. Plutarch Über das E in Delphi 385B
  7. Pausanias Beschreibung Griechenlands 10.25ff
  8. William Robertson Smith: Die Religion der Semiten. Originaltitel: Lectures on the religion of the Semites. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1967. Nachdruck der Ausgabe von 1899, S. 406.
  9. Originaltext: BHS
  10. Otto Schrader: Sprachvergleichung und Urgeschichte Jena 1907. Neudruck: Olms, 1980, S. 497.
  11. Walter Burkert: Lescha-liskah. 1990. Siehe Literatur.
  12. Christoph Höcker: Lesche. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 7, Metzler, Stuttgart 1999, ISBN 3-476-01477-0, Sp. 87.