Natriumphenylbutyrat

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Strukturformel
Struktur von Natriumphenylbutyrat
Allgemeines
Name Natriumphenylbutyrat
Andere Namen

Natrium(4-phenylbutanoat)

Summenformel C10H11NaO2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 1716-12-7
EG-Nummer (Listennummer) 605-612-7
ECHA-InfoCard 100.130.318
PubChem 5258
ChemSpider 5068
DrugBank DB06819
Wikidata Q7553358
Arzneistoffangaben
ATC-Code

A16AX03

Eigenschaften
Molare Masse 186,2 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Natriumphenylbutyrat, das Natriumsalz der 4-Phenylbuttersäure, ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Natriumsalze aromatischer kurzkettiger Fettsäuren. Sie wird als Arzneistoff zur Behandlung von Hyperammonämie (zu hoher Ammonium­gehalt im Blut), besonders von angeborenen Störungen des Harnstoffzyklus wie Harnstoffzyklusdefekt, eingesetzt.

Das im Darm gut resorbierbare Phenylbutyrat wird beim Menschen mittels der β-Oxidation (Kurzkettenacyl-CoA Dehydrogenase, SCAD) zu Phenylacetat abgebaut. Phenylacetat kann dann in der Leber an die Aminosäure Glutamin gekoppelt werden, wodurch Phenylacetylglutamin entsteht, das gut wasserlöslich ist und mit dem Urin ausgeschieden werden kann.[2] Das Konjugationsprodukt wird innerhalb von 24 Stunden zu etwa 80–100 % mit dem Urin ausgeschieden.[3]

Pro 1 Mol verabreichten Phenylbutyrats werden maximal 2 Mol Stickstoff ausgeschieden.[4]

Neben der Wirkung von Phenylbutyrat durch Konjugatbildung seines Metaboliten Phenylacetat im Rahmen der Stickstoffelimination aus dem Körper sind Funktionen sowohl als Enzyminhibitor (z. B. Hemmung der Histondeacylase)[5] als auch als Chaperon[6] bekannt.

Verwendung in der Humanmedizin

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Hyperammonämie

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Die Eliminierung von Ammoniak mittels Phenylbutyrat wird bei Patienten mit Hyperammonämien, vorwiegend bei Patienten mit angeborenen Harnstoffzyklusdefekten, eingesetzt.[2] Natriumphenylbutyrat ist unter dem Namen Ammonaps als Medikament zur Behandlung von Patienten mit Harnstoffzyklusstörungen zugelassen. Schwangerschaft, Stillzeit, Leber- und/oder Niereninsuffizienz sowie Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff stellen Kontraindikationen für Phenylbutyrat dar.[3]

Die biologische Halbwertszeit von Natriumphenylbutyrat beträgt etwa 0,8 Stunden.[3]

Bei der Anwendung von Natriumphenylbutyrat ist zu beachten, dass es sich um eine Natriumverbindung handelt und deshalb mit dem Medikament zu berücksichtigende Mengen an Natrium zugeführt werden.[3]

Amyotrophe Lateralsklerose

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Die fixe Kombination von Natriumphenylbutyrat mit Ursodoxicoltaurin ist in Kanada und den USA zur Behandlung der amyotrophen Lateralsklerose (ALS) zugelassen.[7] Allerdings wurde Anfang April 2024 auf der Webseite der Herstellerfirma berichtet, aufgrund fehlender Wirksamkeit in einer größeren klinische Studie verzichte man auf die weitere Vermarktung des Medikaments.[8]

Potentielle Anwendungsgebiete

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Natriumphenylbutyrat hemmt in einigen Fällen das Tumorwachstum und zeigt seine Wirkung wegen seiner guten Liquor­gängigkeit besonders bei Hirntumoren (z. B. Astrozytomen). Erfolge zeigten sich aber auch in der Behandlung von Prostata- und anderen Krebsarten.[9] Behandlungsversuche sind zusätzlich bei spinaler Muskelatrophie, amyotropher Lateralsklerose, Sichelzellenanämie und bei Thalassämien, Mukoviszidose sowie bei Morbus Huntington, bei angeborem Defekt der Pyruvatdehydrogenase und auch bei der Alzheimer-Krankheit durchgeführt worden bzw. sind noch nicht abgeschlossen.[9][10][11][12] Zur Behandlung seltener Krankheiten wie der 5q-spinalen Muskelatrophie, Citrullinämie Typ I (=Argininosuccinat-Synthase-Mangel), Carbamylphosphatsynthetase-Mangel und Ornithintranscarbamylase-Mangel hat Natriumphenylbutyrat den Status eines Orphan-Arzneimittels.[13]

Generell wird Natriumphenylbutyrat gut vertragen. Allerdings kann es nach Gabe von Phenylbutyrat zu Nebenwirkungen kommen. An erster Stelle steht das Auftreten von Amenorrhöen bzw. Dysmenorrhöen, gefolgt von Beeinträchtigungen der Blutbildung, Magen-Darm-Beschwerden, Müdigkeit, u. a.[3]

Bei zu hoher Dosierung von Phenylbutyrat (z. B. 1000 mg/kg Körpergewicht und Tag) kann es zu Durchfällen, Elektrolytverschiebungen (Hypokaliämie) mit oder ohne Ödembildung und zur metabolischen Acidose kommen.[3] Ein Großteil des resorbierten Phenylbutyrates wird dann unverstoffwechselt wieder ausgeschieden.[14]

Bei Langzeittherapie ist zu beachten, dass es durch die permanente Bindung von Glutamin im Körper zur vermehrten Synthese von Glutamat und Glutamin kommt, was zu Lasten vor allem der essentiellen verzweigtkettigen Aminosäuren einhergeht, bei denen sich dann ein Mangel entwickeln kann.

Werden Natriumphenylbutyrat und Probenecid (Arzneistoff zur Behandlung der Hyperurikämie) gleichzeitig verabreicht, kann die Ausscheidung von Phenylacetylglutamat verändert werden.[3] Die gemeinsame Gabe von Natriumbenzoat (auch zur Behandlung der Hyperammonämie) und Phenylbutyrat in hohen Dosen kann zur Bildung von Phenylacetylbenzoat führen und beide Substanzen stehen zur Ammoniakeliminierung dann nicht mehr zur Verfügung.[14]

Fertigarzneimittel

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Ammonaps (EU), Pheburane (EU), Buphenyl (USA)

Einzelnachweise

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  1. a b c Datenblatt 4-Phenylbuttersäure Natriumsalz European Pharmacopoeia (EP) Reference Standard bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 1. Januar 2024 (PDF).
  2. a b M. L. Batshaw, R. B. MacArthur, M. Tuchman: Alternative pathway therapy for urea cycle disorders: twenty years later. In: J Pediatr. 138 (1 Suppl), 2001, S. 46–54.
  3. a b c d e f g Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels Ammonaps (SOBI, Swedish Orphan Biovitrum International) bei der EMA.
  4. S. W. Brusilow: Phenylacetylglutamine may replace urea as a vehicle for waste nitrogen excretion. In: Pediatr Res. 29, 1991, S. 147–150.
  5. A. G. Kazantsev, L. M. Thompson: Therapeutic application of histone deacetylase inhibitors for central nervous system disorders. In: Nat Rev Drug Discov. 7, 2008, S. 854–868. PMID 18827828.
  6. U. Ozcan, E. Yilmaz, L. Ozcan, M. Furuhashi, E. Vaillancourt, R. O. Smith, C. Z. Görgün, G. S. Hotamisligil: Chemical chaperones reduce ER stress and restore glucose homeostasis in a mouse model of type 2 diabetes. In: Science. 313, 2006, S. 1137–1140.
  7. I.V. Maucher: EMA lehnt Zulassung von Albrioza bei ALS ab | Gelbe Liste. In: gelbe-liste.de. 29. Juni 2023, abgerufen am 14. Februar 2024.
  8. Amylyx Pharmaceuticals Announces Formal Intention to Remove RELYVRIO®/ALBRIOZA™ from the Market; Provides Updates on Access to Therapy, Pipeline, Corporate Restructuring, and Strategy, auf Amylyx Pharmaceuticals Announces Formal Intention to Remove RELYVRIO®/ALBRIOZA™ from the Market; Provides Updates on Access to Therapy, Pipeline, Corporate Restructuring, and Strategy
  9. a b T. Iannitti, B. Palmieri: Clinical and experimental applications of sodium phenylbutyrate. In: Drugs R D. 11, 2011, S. 227–249. PMID 21902286.
  10. R. Ferriero, G. Manco, E. Lamantea, E. Nusco, M. I. Ferrante, P. Sordino, P. W. Stacpoole, B. Lee, M. Zeviani, N. Brunetti-Pierri: Phenylbutyrate therapy for pyruvate dehydrogenase complex deficiency and lactic acidosis. In: Sci Transl Med. 5, 2013, S. 175. PMID 23467562.
  11. M. Cuadrado-Tejedor, A. García-Osta, A. Ricobaraza, J. Oyarzabal, R. Franco: Defining the mechanism of action of 4-phenylbutyrate to develop a small-molecule-based therapy for Alzheimer's disease. In: Curr Med Chem. 18, 2011, S. 5545–5553.
  12. A. L. Ricobaraza, R. Torrijo, R. Franco, A. Garcia-Osta: Phenylbutyrate is a multifaceted drug that exerts neuroprotective effects and reverses the Alzheimer’s disease-like phenotype of a commonly used mouse model. In: Curr Pharm Des. 19, 2013, S. 5076–5084. PMID 23448463.
  13. Register of designated Orphan Medicinal Products of the European Commission
  14. a b E. Mönch: Defekte des Harnstoffzyklus – Klinische Bedeutung und Therapie. 2. Auflage. UNI-Med-Verlag, Bremen 2011, ISBN 978-3-8374-1309-0.