Sekundärheilung

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Unter der Sekundärheilung von Wunden (lat. sanatio per secundam intentionem = p.s.), auch Sekundäre Wundheilung genannt, versteht man die Abheilung von Hautdefekten mit breiter Narbenbildung. Im Vergleich zu der Primären Wundheilung und der Epithelialen Wundheilung treten langwierigere und komplexere Prozesse auf.[1]

Im Gegensatz zur Primären Wundheilung, bei der die Epidermis durch Naht, Klammerung oder Pflaster zusammengehalten wird und so meist narbenfrei abheilt, beginnt die Abheilung bei der Sekundären Wundheilung in der Tiefe. Von der Subkutis oder der Faszie aus granuliert die Wunde nach und nach zu.[2] Im Verlauf der Sekundärheilung wird verlorenes Gewebe zunächst durch Granulationsgewebe ersetzt und die Hautintegrität anschließend durch Epithelisierung wiederhergestellt. Das neu entstandene Gewebe ist in hinsichtlich der Funktion den ursprünglichen Strukturen nicht gleichwertig.[1] Zudem bleiben oft auffällige Narben zurück, die dem Betroffenen Probleme bereiten können, wenn sie sich über Gelenken befinden.[3] Wenn es bei der Sekundärheilung zu Störungen des Heilungsverlaufs kommt, kann sich eine Chronische Wunde ausbilden.[1]

Eine sekundäre Wundheilung beobachtet man vorwiegend

  • bei Verbrennungen
  • bei klaffenden Wunden oder Defektwunden, wenn
    • der Patient ärztliche Behandlung verweigert oder
    • die Sechsstundenfrist für einen primären Wundverschluss verstrichen ist oder
    • eine Infektion einen primären Wundverschluss verbietet
  • nach Wundinfektion einer primär verschlossenen Wunde
  • nach Eröffnung von Abszesshöhlen
  • bei anderen fistelnden Prozessen mit Gewebszerfall
  • nach Zahnextraktionen

Die Sekundärheilung führt über den Umweg des Granulationsgewebes zum narbigen Ersatz der Gewebslücke. Ihr steht die wünschenswerte Primärheilung gegenüber, die nach operativem Wundverschluss, zum Beispiel durch chirurgische Naht, eintreten kann. Nur diese lässt eine minimale Narbenbildung erwarten. Unter bestimmten Umständen können Wunden, die im Verlauf einer Operation entstehen, und die eigentlich primär abheilen würden, eine Wundheilungsstörung entwickeln und somit zu sekundär heilenden Wunden werden. Mögliche Gründe sind Medikation, Diabetes mellitus, Adipositas, Durchblutungsstörungen und weitere Vorerkrankungen. Auch eine Chirurgische Wundinfektion kann eine entsprechende Wundheilungsstörung auslösen.[2]

In Wundstatistiken wird das Ergebnis p.s. ebenso wie das Antonym p.p., welches für „Primärheilung“ steht, festgehalten. Unter vergleichbaren Bedingungen, d. h. gleiche Operation und vergleichbare Patienten, ist die relative Anzahl sekundär geheilter Wunden ein negativer Gradmesser für die Qualität chirurgischer Operationen.

Einzelnachweise

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  1. a b c Hans Lippert (Hrsg.): Wundatlas - Kompendium der komplexen Wundbehandlung, Thieme Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-13-140812-X, Seite 31–33
  2. a b Matthias Augustin und weitere: Optimierte Wundtherapie und -pflege. UKE-Wundfibel. Standards in der Diagnostik und Therapie von Wunden für das UKE. Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, 3. Auflage, Hamburg 2015, Seite 9–10
  3. Anke Blütemann, Harald Daum, Werner Sellmer: Wundfibel. Wunden versorgen, behandeln, heilen, Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin 2018, ISBN 978-3-95466-370-5, Seite 70