ADB:Lachner, Wolfgang

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Artikel „Lachner, Wolfgang“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 481–483, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lachner,_Wolfgang&oldid=- (Version vom 27. April 2024, 03:01 Uhr UTC)
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Lachner: Wolfgang L., gelehrter Buchhändler zu Basel zu Ende des 15. und im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts. Sein Vorleben bis zu seinem Auftreten in Basel ist in Dunkel gehüllt. Geboren zu Neuburg a. d. D. in Baiern um das J. 1465 kam er Mitte der achtziger Jahre nach Basel und erwarb sich hier 1488 nach Ausweis des Rathsprotokolls das Bürgerrecht. Zuerst als selbständiger Buchhändler und Verleger thätig, erscheint indessen als solcher sein Name nur auf wenigen Werken, welche von den Basler Druckern Michael Furter und Jacob von Pforzheim so wie Heinrich Gran zu Hagenau gedruckt wurden. Unter diesen trägt beispielsweise der Furter’sche Druck „Divi Thomae de Aquino commentaria in omnes epistolas beati Pauli Apostoli …“, 1495. Fol. die Worte: „ductu et expensis Wolfgangi Lachner studiosis in medium data …“ Von ungleich wichtigerer Bedeutung wurde sein Name, nachdem er mit dem Buchdrucker Johann Froben zu Basel seit 1500 in Verbindung getreten war. Dieser heirathete nämlich in diesem Jahre des ersteren Tochter Gertrud und von nun an war er ausschließlich und bis zu seinem Tode in dessen Druckerei und zwar neben Marcus Heiland, Wolfg. Musculus, Joh. Oecolampadius. Wilhelm Nesenius und später Des. Erasmus (Maittaire I, 292) theils als Corrector und Castigator thätig, theils aber und vorzugsweise unterzog er sich der eigentlichen Leitung der Officin in Betreff nicht nur des Absatzes der Preßerzeugnisse seines Schwiegersohnes[WS 1] selbst, sondern auch der anderer Druckereien und wurde so einer der bedeutendsten Buchhändler der damaligen Zeit. Denn, wenn allerdings die Buchdrucker anfänglich den Absatz der Erzeugnisse ihrer Pressen selbst besorgten, so konnte dies doch wol nur kurze Zeit möglich sein, da der Absatz einer, wenn auch nur kleinen Auflage unmittelbar an ihrem Wohnorte nicht auszuführen war, sie selbst aber durch ihr Gewerbe behindert wurden, Reisen zum Behufe des Absatzes zu unternehmen, oder Messen und Jahrmärkte zu beziehen. Sie waren deshalb [482] bald genöthigt, sich zum Betriebe des mercantilischen Theiles ihres Geschäfts Gesellschafter anzunehmen, die nun bereits neben ihnen als Buchhändler dastehen. So wurde Konrad Henckis (Hanequis, Henlif) in Mainz nach Johann Fust’s Tode Peter Schöffer’s Gesellschafter (Schaab, Gesch. d. Erfind. d. Buchdruckerkunst I, 519), so Adolf Rusch von Ingweiler der von Johann Mentel zu Straßburg. Besonders war es die Frankfurter Messe, wohin es L. nicht überflüssig fand, einen seiner gelehrten Correctoren, Wilhelm Nesenius, gleichsam als litterarischen Beirath mitzunehmen und wo er auch geschäftliche Verbindungen mit den damals ausgezeichneten Buchhändlern und Verlegern, den Brüdern Leonhard und Lucas Alantsee zu Wien (1498–1522) und Franz Birckmann zu Köln und Antwerpen (1510–1530) anknüpfte. Namentlich geschah es durch des letzteren Vermittelung, daß 1510 Erasmus mit Froben und L. in Verbindung kam, eine Geschäftsverbindung, die sich später zu einer so hohen Freundschaft ausbildete, daß Erasmus endlich ganz nach Basel übersiedelte, Froben bei seinen Verlagsunternehmungen unterstützte und sich seiner ausschließlich zur Veröffentlichung seiner späteren Arbeiten bediente. Und in den Briefen des B. Rhenanus an Erasmus wird des L. Vorliebe für den Verlag großer und umfangreicher theologischer Werke des öfteren hervorgehoben, weshalb er auch mit Erasmus nicht selten in Streit gerieth. Auch mit einem der Nürnbergischen Buchdrucker Johann oder Anton Koburger stand er in näherer Geschäftsbeziehung, wie aus einem Briefe des B. Rhenanus vom 10. Mai 1517 an Erasmus hervorgeht. Er schreibt nämlich (Erasmi opera III, 1606): „Credimus te jamdudum copiam, hic impressam, cum litteris nostris ex Colonia accepisse. Commendari se tibi jussit Lachnerus. Pollicetur erga tuos labores se gratum fore. De recognoscendis divi Augustini operibus, ad proximum Septembrem aliquid accipies, nam Francfordiae cum Combergiap (für Cobergio = Koburger) Noriburgensi super hac re confert.“ Aber neben der eigenen ausgebreiteten Baseler Verlagsthätigkeit bietet das Leben unseres L. für die Geschichte des deutschen Buchhandels noch das weitere Interesse, daß er auch in geschäftlichen Verkehr mit Italien, nämlich mit Aldus Manutius in Venedig trat. Denn wenn auch L. und Froben in ihrem Interesse, da sie selbst einen starken philologischen Verlag cultivirten, des Vertriebes der Aldinischen Ausgaben nach Kräften sich wol eine Zeitlang zu erwehren suchten, so vermochten sie sich doch schwerlich für die Länge der Zeit mit ihren Concurrenzausgaben im alleinigen Besitz des Büchermarktes zu halten, da die compendiösen Octavausgaben der Classiker, wie Aldus dieselben mit dem J. 1501 herauszugeben begann, zu viel Aufsehen und Nachfrage erregten, als daß ein so bedeutender Buchhändler, wie L. es war, sich des Vertriebes an einem Orte wie Basel und zumal bei der herrschenden förmlichen Aldinenmanier ganz hätte entschlagen können. Und so finden wir denn gerade zu derselben Zeit, als auch die Brüder Alantsee zu Wien und aus demselben Grunde mit Aldus sich in Verbindung setzten, auch L. zu Basel mit ebendemselben in Geschäftsverkehr. Wie weit aber die Vorliebe für die Aldinischen Ausgaben damals ging, ist am besten aus einem Briefe des Heinrich Glarean an Zwingli vom 19. Octbr. 1516 zu ersehen, worin es (Füßli, Schweizer. Museum 1790, 611–612) heißt: „Hiernächst darf ich nicht unbemerkt lassen, daß gerade zu dieser Stunde L., unseres Frobenius Schwiegervater, aus Venedig einen ganzen Leiterwagen voll Classiker, von den besten Aldinen-Ausgaben kommen läßt. Willst du davon etwas haben, so sag es geschwind und schick mir baar Geld. Denn kaum langt eine solche Gallion an, so stehen immer ihrer dreißig für einen da, fragen nur: Was kost’s? und katzbalgen sich noch darum. Und kurz, das Gelüst nach diesen Schätzen ist einer ordentlichen Raserey ähnlich und befällt zum Theil auch Leute, die von solchen Büchern [483] doch gar keinen Gebrauch machen und sie auch nicht einmal verstehen würden.“ Die Thätigkeit dieses ausgezeichneten Verlagsbuchhändlers reicht bis zum Januar oder Februar 1518, wo er an einer in Basel wüthenden Seuche starb, nachdem fast die gesammten Druckwerke Froben’s bis dahin (gegen 80) zu seinem Verlage zu rechnen sind. Sein Grab fand er zu St. Peter in Basel. Nach Froben’s Tode (1527) heirathete dessen Freund Johannes Herwagen, in Verbindung mit dem ältesten Sohne des Joh. Froben von Gertrude L. der Nachfolger in der Froben’schen Officin, die Wittwe L., diese aber starb 1560 und hat gleichfalls ihre letzte Ruhestätte zu St. Peter gefunden.

Stockmeyer, Beitr. zur Basler Buchdruckergesch. S. 86. 115. 117. Panzer, A. t. I., 179. Lalanne, Curiosités bibliogr. p. 82–86. Haßler, Ulmische Buchdruckergesch. S. 193. Wolf, Monum. typogr. II, 386–93. Allgem. literar. Anzeiger 1801. S. 1392.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schwiegervaters